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Wenn der Körper fremdbestimmt wird

Der Schwangerschaftsabbruch war in den USA lange durch ein Gerichtsurteil abgesichert. Der Supreme Court, das oberste Gericht der USA, hat dieses nun gekippt. Nun kann jeder Bundesstaat selbst entscheiden, ob er Abtreibungen erlaubt oder verbietet. Eine katastrophale Entscheidung – für Betroffene und für Demokratie.

Ein Dorn im Auge war es konservativen Kräften in den USA schon immer. Bisher ist es ihnen aber nicht gelungen, das Recht auf Abtreibung aufzuheben. Selbst konservative Höchstrichter:innen haben es nicht gewagt, am Grundsatzurteil Roe v. Wade aus dem Jahre 1973 zu rütteln. Bis jetzt. Bundesstaaten können erstmals seit fast 50 Jahren wieder selbst entscheiden, ob sie Abtreibungen erlauben oder verbieten. In 16 Bundesstaaten ist der Schwangerschaftsabbruch künftig verboten, in fünf wird er stark eingeschränkt. Auch nach Vergewaltigungen oder in Fällen von Inzest.

  • Roe v. Wade: Die Grundsatzentscheidung des Supreme Courts aus dem Jahr 1973 sprach Frauen das verfassungsmäßige Recht zu, selbst über einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden. Eine Abtreibung ist demnach bis zur 24. Schwangerschaftswoche möglich, so lange bis der Fötus überlebensfähig ist. Klägerin war damals eine 22-Jährige, die aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lebenssituation abtreiben wollte, in Texas aber nicht durfte.

Mississippi ist einer jener Bundesstaaten, die Abtreibungen komplett verbieten werden. Mississippi ist auch jener Bundesstaat, der erreicht hat, dass sich der Supreme Court, und damit das Höchstgericht, mit dem Recht auf Abtreibung beschäftigt hat. Der republikanische Bundesstaat hatte die Frist für einen Schwangerschaftsabbruch verkürzt. Frauen durften daraufhin nur noch bis zur 15. Schwangerschaftswoche abtreiben. Eine klar verfassungswidrige Regelung. Und das mit Absicht. Denn nur so konnte der Supreme Court überhaupt über Roe v. Wade erneut beraten.

Abtreibung zählt zum Recht auf Privatheit

Das Urteil Roe v. Wade begründeten die Richter:innen 1973 mit dem Recht auf Privatheit. Sie haben sich dabei auf den 14. Verfassungszusatz aus dem Jahr 1868 berufen. Dieser sichert allen US-Amerikaner:innen dieselben Rechte zu – ungeachtet ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts. Die sechs konservativen Richter:innen am Supreme Court argumentieren, dass die Entscheidung aus 1973 grundlegend falsch sei. Weil es im 19. Jahrhundert noch kein Recht auf Abtreibung gegeben habe. Es gibt noch weitere Rechte, die auf dem Verfassungszusatz beruhen. Zum Beispiel die Ehe für alle oder das Recht auf Verhütungsmittel. Ob der Supreme Court auch an ihnen rütteln wird, ist noch unklar. Mit Sicherheit ausschließen kann man es aber nicht. Vor einem Monat hätte sich auch niemand wirklich vorgestellt, dass in einer liberalen Demokratie das Recht auf Abtreibung tatsächlich verboten oder eingeschränkt wird.

Selbstbestimmung über Körper entrissen

Dass Roe v. Wade gekippt wurde, zeigt, dass es vielen immer noch ein Bedürfnis ist, über den weiblichen Körper zu bestimmen – mit fatalen Folgen für Frauen und Personen, die schwanger werden können. Das Höchstgericht hat ihnen damit die Kontrolle über ihren eigenen Körper entrissen. Wie sie mit einer ungewollten Schwangerschaft umgehen, dürfen sie nicht mehr selbst entscheiden. Sie sind dem Willen des jeweiligen Bundesstaates unterworfen. Genau das, was Grundrechte eigentlich verhindern sollen. Sie schützen Bürger:innen vor unzulässigen Eingriffen des Staates in das Privatleben.

Abtreibung ist nun ein Privileg

Die Richter:innen des Supreme Courts haben Abtreibung von einem Tag auf den anderen zu einem Privileg gemacht. Ungewollt Schwangere haben nun zwei Möglichkeiten: Entweder sie fahren in einen Bundesstaat, in dem Abtreibungen weiterhin erlaubt sind, oder sie lassen illegal abtreiben. Für jene, die gut verdienen oder reich erben, ist zumindest das Finanzielle kein Problem. Sie können in ein Flugzeug steigen und zum Beispiel von Mississippi nach New York fliegen. Für viele sieht die Realität aber anders aus. 2020 lebten in den USA 37,2 Millionen Menschen in Armut. Ihnen bleiben nur illegale Abtreibungen – und damit ein hohes Gesundheitsrisiko. Laut der Weltgesundheitsorganisation werden weltweit fast zwei Drittel aller ungeplanten Schwangerschaften abgebrochen. Fast jede Zweite davon ist nicht sicher. Fünf bis 13 Prozent der Müttersterblichkeit können auf unsichere Abtreibungen zurückgeführt werden. Todesfälle, die vermeidbar sind.

Kommen beide Optionen nicht infrage, bleibt Frauen und jenen Personen, die schwanger werden können, nur eine Möglichkeit: Sie müssen das Kind zur Welt bringen. Und das verschärft ihre finanzielle Situation noch mehr. Es gibt keine gesetzliche Karenz in den USA, Kinderbetreuung ist teuer. Die ohnehin schon große soziale Ungleichheit wächst weiter – und schadet langfristig der Demokratie. Denn je mehr Bürger:innen an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, desto weniger beteiligen sie sich am politischen Prozess. Die Unzufriedenheit mit der Politik steigt. Das wiederum hilft Populist:innen und Gegner:innen der Demokratie.

Schaden für die Demokratie

Dass Roe v. Wade gekippt wurde, schadet also nicht nur ungewollt Schwangeren. Es schadet allen. Wichtige Ämter werden mit loyalen Personen besetzt, um gewünschte, mitunter auch antidemokratische Entscheidungen herbeizuführen und so die Demokratie auszuhöhlen. Das Prinzip Checks and Balances soll das eigentlich verhindern. Diese Gewaltenteilung sieht vor, dass Kongress, Präsident und Supreme Court sich gegenseitig kontrollieren und ein Machtungleichgewicht verhindern. Der Präsident schlägt die Richter:innen des Supreme Courts vor, mit Zustimmung des Senats werden sie in das Amt berufen.

Der Supreme Court wird also politisch besetzt – und das wurde in den letzten Jahrzehnten von den Republikaner:innen ausgenutzt. Ronald Reagan hat den Kampf gegen Roe v. Wade in den 1980er Jahren in das Parteiprogramm der Republikaner:innen aufgenommen.  Loyale Richter:innen und bekennende Abtreibungsgegner:innen schafften es nach und nach in das Höchstgericht. Donald Trump konnte während seiner Amtszeit sogar drei ernennen. Es stehen nun sechs konservative drei liberalen Richter:innen gegenüber. Und sie üben ihr Amt auf Lebenszeit aus. Die konservativen Höchstrichter:innen werden das Land noch für Jahrzehnte prägen.

Ein Rückschritt droht

Die Entscheidung des Supreme Courts ist aber auch eine Machtdemonstration. Eine überwiegend weiße, christliche und männliche Gruppe hat gezeigt, dass sie Bürger:innen ihre lang erkämpften Grundrechte einfach wegnehmen kann. Diese Gruppe ist aber eine Minderheit. Aber gerade, weil sie eine Minderheit ist, fühlt sich diese Gruppe vom gesellschaftlichen Wandel bedroht, befürchtet einen Machtverlust durch Gleichberechtigung.

Schwangerschaft und Kindererziehung sind zeitintensiv. Müttern fällt es schwerer, an ihrer beruflichen Karriere zu arbeiten. Somit fallen sie als Konkurrent:innen am Arbeitsmarkt weg. Zudem macht die Möglichkeit, ungewollte Schwangerschaften abzubrechen, unabhängig. Ohne Kind eine Partnerschaft zu beenden, ist einfacher als mit Kind.

Die überwiegend weiße, christliche und männliche Gruppe will die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen umformen – und wie die Aufhebung von Roe v. Wade zeigt, könnte das einen gesellschaftlichen Rückschritt bedeuten. Letztlich ist das aber nichts anderes als ein Zeichen von Schwäche.

Grundrechte verteidigen

Dass Roe v. Wade gekippt wurde, zeigt uns allen, dass Grundrechte und Demokratie nicht so selbstverständlich sind, wie sie es sein sollten. Mehr als 60 Prozent sind in den USA dafür, dass das Abtreibungsrecht in allen Bundesstaaten beibehalten wird. Dennoch wurde Roe v. Wade gekippt. Es wird immer Kräfte geben, die dagegen ankämpfen – und es wird immer die brauchen, die demokratische Werte verteidigen. Wir müssen wachsam bleiben, wir müssen kritisch sein. Denn das, was gerade in den USA passiert, kann überall passieren.

Richtig ernährt im Sommer

Wer an heißen Sommertagen zu den richtigen Lebensmitteln greift, wird nicht nur satt, sondern kann sich auch abkühlen.

Temperaturen jenseits der 30 Grad sind für unseren Körper extrem anstrengend. Denn damit unsere Organe und folglich unser Stoffwechsel optimal arbeiten können, muss unsere Körpertemperatur immer konstant bleiben. So geben wir beim Schwitzen überschüssige Wärme ab und kühlen uns dadurch. Bei Kälte lässt ein Selbstschutzmechanismus unsere Muskeln arbeiten. Wir zittern und erzeugen dadurch Wärme. Auch eine richtige Ernährung kann uns helfen, unsere Körpertemperatur zu regulieren. Deswegen sollte man seine Lebensmittel auch der Jahreszeit entsprechend anpassen.

Leicht soll es sein

Die durchschnittliche Temperatur unseres Körpers beträgt 37 Grad Celsius. Bei starker Hitze schaltet der Körper seine Funktionen einen Gang runter. Es wird langsamer verdaut. Schweres und fettiges Essen wie Schweinsbraten mit Knödel bleiben dadurch länger im Magen. Die Folgen: Uns wird übel, der Blutdruck sinkt und wir fühlen uns schlapp und müde. Deswegen sollte man im Sommer zu leichten Mahlzeiten wie Salaten oder Gemüse greifen. Zudem haben viele Obst- und Gemüsesorten im Sommer Saison und schmecken daher besonders gut. Auch der Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen ist bei ausgereiften Obst- und Gemüsesorten am höchsten.

Essen in Maßen, trinken in Massen

Noch wichtiger, als das Richtige zu essen, ist, ausreichend und kontinuierlich zu trinken. In der Regel benötigt der Körper am Tag um die eineinhalb bis zwei Liter Flüssigkeit. Wer aber viel schwitzt, sollte auch viel trinken. An heißen Tagen können wir daher ruhig bis zu zwei bis drei Liter Wasser trinken – wenn ärztlich nicht anders verordnet. Das einfachste und beste Getränk ist Leitungswasser oder kohlensäurearmes Mineralwasser. Aufpassen sollte man bei Fruchtsäften und Mineralwasser mit verschiedenen Geschmäckern – diese sind oft richtige Zuckerbomben.

Besser warm statt kalt

Eiskalte Getränke sind im Sommer zwar verlockend, haben aber einen gegenteiligen Effekt: Zuerst wirken sie erfrischend. Da der Körper die heruntergekühlten Körperregionen wieder auf Normaltemperatur bringen will, kurbelt er die Wärmeproduktion an – und uns wird wieder heiß. Auch heiße Getränke sind im Sommer nicht optimal. Durch die heiße Flüssigkeit kommen wir zu stark ins Schwitzen und es wird noch schwerer, den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.

Warme Getränke hingegen können den Körper kühlen. In vielen warmen Ländern trinken die Menschen deshalb warmen Tee – trotz starker Hitze. Durch die warme Flüssigkeitsaufnahme setzt ein leichtes Schwitzen ein. Der Schweiß auf der Hautoberfläche kühlt den Körper, ohne den Kreislauf auf Hochtouren zu bringen. Warmer Pfefferminztees oder Salbeitees sind besonders beliebt. Durch ihren frischen Geschmack kühlt die Pfefferminze. Salbeitee hilft, die Schweißproduktion zu reduzieren.

Mit Maß und Ziel

Auch wenn ein kühles Bier an heißen Tagen allzu verlockend ist, sollte man auf Alkohol im Sommer besser verzichten. Durch die Hitze werden die Blutgefäße erweitert. Wenn wir Alkohol trinken, wird dieser Effekt verstärkt. Da kann es dann rasch zu Kreislaufproblemen kommen. Außerdem entzieht Alkohol dem Körper Flüssigkeit und Mineralstoffe. Wer dennoch nicht auf sein Bier verzichten möchte, sollte genügend Wasser dazu trinken.

Auch für Sportler:innen gilt: Wer trotz Sommertemperaturen nicht aufs Sporteln verzichten möchte, muss ausreichend trinken. Durch das Schwitzen verlieren wir wichtige Mineralstoffe wie Natrium, Chlorid, Kalium, Kalzium oder Magnesium. Tipp: Apfelsaft mit Mineralwasser gespritzt enthält viele dieser Mineralien und ist ein guter Durstlöscher.

Erfrischende Lebensmittel

Folgende Lebensmittel schlagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie erfrischen und unterstützen den Wasserhaushalt des Körpers:

  • Wassermelone: Die Wassermelone ist die absolute Nummer eins unter den erfrischenden Lebensmitteln. Sie besteht zu 95 Prozent aus Wasser.
  • Gurken: Gurken haben einen extrem hohen Wasseranteil. Dadurch kühlen und erfrischen sie den Körper. Sie enthalten zudem viel Vitamin C, was die Haut vor den ultravioletten (UV) Strahlen der Sonne schützt und vorbeugend gegen Falten und Sonnenschäden wirkt.
  • Tomaten: Genau wie Gurken haben Tomaten einen sehr hohen Wasseranteil. Zudem enthalten sie den Farbstoff Lycopin, der auch für ihre rote Färbung verantwortlich ist. Studien haben gezeigt, dass der Farbstoff der Haut hilft, die Eigenschutzzeit beim Sonnen zu verlängern. Das bedeutet, wer viel Tomaten isst, kann länger in der Sonne bleiben. Der Tomaten-Sonnenschutz wirkt aber nur, wenn man mindestens zehn Wochen täglich 40 Gramm Tomatenpaste isst. Gänzlich auf herkömmlichen Sonnenschutzfaktor zu verzichten, sollte man aber trotzdem nicht – da durch das Lycopin nur ein Lichtschutzfaktor von 1,5 oder 2 erreicht wird.
  • Joghurt: Joghurt hat gleich zwei tolle Effekte: Es kühlt und spendet Energie. Durch die Eiweißbausteine ist es gut verdaulich und liefert uns Energie – ohne den Körper zu belasten.
  • Grüntee: Der grüne Tee ist das ideale Sommergetränk. Einerseits wirkt er kühlend. Andererseits besitzt der Grüntee die sekundären Pflanzenstoffe Polyphenole. Diese schützen unsere Zellen vor der Sonne. Sie vermindern, dass die Zellen auf der Haut (beispielsweise durch einen Sonnenbrand) geschädigt werden. Aber Vorsicht: Grüner Tee allein reicht selbstverständlich nicht als Sonnenschutz. Er wirkt nur unterstützend.
  • Minze: Minze gehört zu den ältesten Heilkräutern. Sie belebt den Geist und kühlt den Körper. Wer an heißen Sommertagen unter Kopfschmerzen leidet, kann sich ein paar Tropfen Pfefferminzöl auf die Schläfen geben.
Hitzetelefon

Besonders älteren und kranken Menschen sowie Kleinkindern macht die langanhaltende und extreme Hitze große Probleme. Laut AGES sind 2018 766 Personen an gesundheitlichen Folgen der Hitze wie Herzinfarkt, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch Nierenversagen gestorben. Zum Vergleich sind bei Verkehrsunfällen 2018 409 Personen gestorben.

Unter der kostenlosen Hotline 050-555-555 geben Fachleute Ratschläge, wie man sich vor den hohen Temperaturen am besten schützt.

Klimakrise trocknet unsere Seen aus

Boote stehen im Schotter, Stege führen ins Nichts und Badegäste sitzen im Trockenen. Die Badeseen in Wiener Neustadt sind fast ausgetrocknet. Schuld ist ein beunruhigend niedriger Grundwasserspiegel in vielen Regionen Ostösterreichs.

Achtersee, Anemonensee und Föhrensee. Für Neustädter:innen sind das klingende Namen. Sie wecken Bilder von ersten Schwimmversuchen, Picknicks und Wasserballmatches. All das spielt es heuer nicht. Das Wasser ist fast zur Gänze weg, zurück bleibt eine staubige Mondlandschaft. Die Menschen in der Umgebung verlieren ihre lieb gewonnenen Naherholungsgebiete.

Die Schottergrube kehrt zurück

Wenn das Wasser fehlt, werden die Seen wieder zu dem, was sie früher waren: Schottergruben. Über Jahrzehnte haben Betriebe am Neustädter Stadtrand Schotter aus dem Boden geschaufelt. Später hat man die Schottergruben dann mit Grundwasser gefüllt. Seither hat sich viel getan. Um manche Seen sind ganze Stadtviertel entstanden, andere wie der Achtersee haben sich zu beliebten Freizeitoasen entwickelt. Es gibt Tennisplätze, einen Spielplatz und einen Beach Club. Nur das Wasser fehlt.

DIE SEEN MACHEN DEN GRUNDWASSERSPIEGEL FÜR ALLE SICHTBAR.

Der See als riesiger Messstab

Die Wiener Neustädter Badeseen werden mit Grundwasser gespeist. Das heißt: Die Menge an Wasser ist unmittelbar an den Pegel des Grundwassers gekoppelt. Die Seen machen damit sichtbar, was sich sonst unseren Augen entzieht: den Spiegel des Grundwassers. Gibt es viel Regen und Schnee, steigt der Grundwasserspiegel und damit das Wasser in den Seen. Sinkt es, dann trocknen die Seen aus. Das macht die Badeseen zu einem riesigen Messstab.

Badeseen Wiener Neustadt
Wenig Wasser und viel Staub. Im Sommer 2022 gibt der Achtersee ein jämmerliches Bild ab.
Riesenreservoir unter Wiener Neustadt

Unter Wiener Neustadt und großen Teilen des Wiener Beckens liegt eines der größten Grundwasserreservoirs Europas, die Mitterndorfer Senke. Sie erstreckt sich 40 Kilometer quer durch Niederösterreich, von Neunkirchen bis Fischamend.  Die Senke ist durch einen tektonischen Grabenbruch entstanden. Während der letzten Eiszeit hat sich der Riss dann mit Schotter gefüllt und ist damit an der Oberfläche nicht mehr sichtbar. Aber das Schmelzwasser aus dem nahe gelegenen Schneeberggebiet kennt den Weg. Unterirdisch folgt es dem Graben und versorgt die Pumpwerke der umliegenden Gemeinden. Nur leider kommt immer weniger Wasser im Wiener Becken an.

Grundwasser nahe am historischen Tiefststand

Die Abteilung Wasserwirtschaft der niederösterreichischen Landesbehörde erfasst den Grundwasserspiegel seit den 1950er Jahren. Die letzte Messung am 29. Juni in Wiener Neustadt zeigt einen Wasserpegel von 257 Meter über der Adria. Das ist nah dran am historischen Tiefstand. 2019 lag der Wasserspiegel noch satte 6 Meter höher. Seither sinkt der Pegel durchgehend.

März 2022 ist unter den drei heißesten und trockensten Märzmonaten in der Messgeschichte.

Der Klimakrise setzt dem Grundwasser zu

Schuld ist die Trockenheit in der Region. Der Sommer 2021 war österreichweit der achtwärmste in der Messgeschichte – und im Osten Österreichs auch einer der trockensten. Der vergangene Winter hat den Trend fortgesetzt. März 2022 ist unter den drei heißesten und trockensten Märzmonaten in der Messgeschichte, meldet Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Zwar gab es in der Vergangenheit auch schon Trocken- und Hitzeperioden, die dem Grundwasser zugesetzt haben. Aber mit dem Voranschreiten der Klimakrise werden diese Extremwetterereignisse deutlich häufiger. Diesen Zusammenhang belegt eine kürzlich veröffentlichte Meta-Studie von Forscher:innenteams aus Neuseeland und Großbritannien, eindeutig. Hinzu kommt, dass wir durch den Klimawandel nicht nur weniger neues Grundwasser bekommen, sondern auch mehr Wasser brauchen. Etwa, um Felder zu bewässern.

Wasser wird auch in Österreich zum knappen Gut

Egal ob unter der Dusche, in der Küche oder beim Gießen im Garten. Zukünftig werden wir genauer auf unseren Wasserverbrauch im Haushalt schauen müssen. Eine Studie des Landwirtschaftsministeriums rechnet damit, dass wir bis 2050 ein Viertel des österreichischen Grundwassers verlieren. Am größten ist das Problem im Südosten Österreichs. Messdaten der ZAMG zeigen, dass dort die Niederschlagsmenge in den letzten 200 Jahren deutlich abgenommen hat.

Badeseen Wiener Neustadt
Natürliche Flussläufe ohne betonierten Flussbett heben den Grundwasserspiegel. © Adobe Stock
Wasser in der Region halten

Oft schafft es das Regenwasser gar nicht in die Böden. Betonierte Flächen wie Straßen, Parkplätze oder Hausdächer können kein Wasser aufnehmen. Der Regen fließt in den Kanal und verlässt über Flüsse die Region. Und auch hier verhindert ein betoniertes Flussbett oft, dass Wasser in den Boden sickert. Wenn wir Flüsse wieder in ihren natürlichen Zustand bringen und unsere Böden entsiegeln, wirkt sich das sofort positiv auf den Grundwasserspiegel aus. Ein willkommener Nebeneffekt solcher Maßnahmen: Die Hochwassergefahr sinkt. Ein Großteil des Wassers versickert im Boden und landet gar nicht erst im Fluss. Und das Wasser, das letztlich im Fluss landet, hat in renaturierten Wasserläufen deutlich weniger zerstörerische Kraft.

Und eine kurzfristige Lösung? Die Badeseen einfach mit Wasser zu befüllen, hat jedenfalls keinen Zweck. Das eingeleitete Wasser würde praktisch sofort in den kiesigen Untergrund der Mitterndorfer Senke versickern, solange der Grundwasserspiegel so niedrig ist. Die Wiener Neustädter:innen bekommen ihre Seen also nur zurück, wenn es über längere Zeit regnet und das Wasser auch ins Grundwasser gelangen kann. Und das liegt bekanntlich nicht in unserer Hand. Was wir aber ändern können, ist unseren Umgang mit Wasser.

Linkliste Instagram – FREDA Magazin

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Brot vor Stahl – der Gasnotfallplan Österreichs

Russland dreht Europa den Gashahn zu. Seit Mitte Juni kommt nur noch die Hälfte der vereinbarten Mengen in Europa an. Das trifft Österreich besonders hart, denn wir decken 80 Prozent unseres Verbrauchs mit russischem Gas. FREDA zeigt, wie Österreichs Gasnotfallplan aussieht.

Schon lange vor der Ukraine-Invasion hat Österreich einen Plan erstellt, der die Versorgungssicherheit mit Gas gewährleisten soll. Der Plan hat drei Krisenstufen. Jede Stufe sieht genau festgelegte Maßnahmen vor. Wann welche Krisenstufen ausgerufen wird, entscheidet nicht die Bundesregierung, sondern die E-control-Behörde. Die drei Krisenstufen sind:

  • Frühwarnstufe
  • Alarmstufe
  • Notfallstufe
Österreich ist in der Frühwarnstufe

Ende März hat die e-control für Österreich die Frühwarnstufe ausgerufen. Sollte die Behörde der Meinung sein, dass „eine erhöhte Wahrscheinlichkeit“ besteht, dass Österreich mehr Gas verbraucht als zur Verfügung steht, tritt die Alarmstufe ein. In dieser Phase müssen große Gasverbraucher täglich ihren geplanten Gasverbrauch an die E-Control melden. Über die Plattform FlexMOL haben sie außerdem die Möglichkeit, nicht benötigtes Gas aus ihren Speichern mit anderen Unternehmen zu handeln. In dieser Stufe ist die Teilnahme allerdings nur eine Option, keine Verpflichtung.

Das passiert im Notfall

Wenn eine Unterversorgung „mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist“, tritt letztlich die Notfallstufe ein. Dieser Schritt ist notwendig, wenn Russland seine Gaslieferungen nach Österreich völlig einstellt. In der Notfallstufe kann die Regierung in Abstimmung mit dem Hauptausschuss des Nationalrats und des Energielenkungsbeirats sogenannte Energielenkungsmaßnahmen treffen. Das oberste Ziel dieser Eingriffe ist es, Haushalte und wichtige Einrichtungen wie Krankenhäuser, Altenheime und Kindergärten mit Gas versorgen zu können. In dieser Stufe müssen alle großen Energieunternehmen an dem FlexMOL teilnehmen.

„Die Lage wird engmaschig überwacht und stündlich neu bewertet“

Deutschland ruft Alarmstufe aus

Deutschland hat einen ähnlichen Notfallplan und ruft Ende Juni die Alarmstufe aus. Noch sei die „Versorgungssicherheit gewährleistet“. Aber die Lage sei „ernst“, sagt der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck. Klimaministern Leonore Gewessler steht in regelmäßigem Austausch mit Deutschland. Um jederzeit auf Veränderungen reagieren zu können, wurde im Klimaministerium ein eigener Krisenstab eingerichtet. „Die Lage wird engmaschig überwacht und stündlich neu bewertet“, sagt die Klimaministerin.

Gasnotfallplan Infografik
Österreich hat 45 Prozent des jährlichen Gasverbrauchs bereits in seinen Speichern.
Das Ziel für den Winter sind volle Speicher

Die Bundesregierung hat beschlossen, dass Österreichs Gasspeicher mit 1. November und damit zu Beginn der Heizsaison zu 80 Prozent voll sein sollen. Sollte dieses Ziel gefährdet sein, schließt Gewessler nicht aus, in die Alarmstufe zu wechseln. Vorsichtsmaßnahmen wie die umstrittene Umrüstung eines alten Kohlekraftwerks sind bereits getroffen.

Betroffen sind zuerst große Industriebetriebe

Ausdrücklich festgehalten ist im Gasnotfallplan, dass etwaige Kürzungen zuerst die Industrie betreffen soll. Insbesondere 35 große Industriestandorte in Österreich, die besonders viel Energie benötigen. Diese 35 Unternehmen alleine machen im Sommer die Hälfte des österreichischen Gasverbrauchs aus.

Erst dann könnten auch Maßnahmen für Endkonsument:innen kommen. Und auch bei den Industriebetrieben will das Ministerium genau abwägen, wie wichtig sie für die Versorgung Österreichs sind. Lebensmittelerzeuger werden von Gaskürzungen nicht betroffen sein. Brot vor Stahl heißt die Devise.

Femizide müssen verhindert werden

Der Ruf nach Maßnahmen gegen Femizide in Österreich bleibt laut: In den letzten sechs Monaten wurden 16 Frauen ermordet, jede Dritte davon in Wien. Die Wiener Grünen fordern nun einen Gewaltschutzgipfel. Das Präventionsprojekt Stadtteile ohne Partnergewalt wird bis Mai 2023 österreichweit ausgebaut.

Sie wurden erschlagen, erschossen, erstochen und erwürgt. Auf einem Parkplatz und in den meisten Fällen in den eigenen vier Wänden. Allein aus einem Grund: weil sie Frauen sind. 16 mutmaßliche Femizide wurden seit Jahresbeginn verübt. Die Täter sind in allen Fällen männlich und sie stehen in allen Fällen in einem Naheverhältnis zu den Opfern. Der (Ex-)Partner, der Vater, der Sohn, ein Bekannter.

  • Femizid: „Vorsätzliche Tötung einer Frau durch einen Mann aufgrund ihres Geschlechts bzw. aufgrund von ‚Verstößen‘ gegen die traditionellen sozialen und patriarchalen Rollenvorstellungen, die Frauen zugeschrieben werden.“ (Definition der AÖF)

Fünf Frauen wurden allein dieses Jahr in Wien ermordet. Die Wiener Grünen fordern daher einen Gewaltschutzgipfel. „Fast jeder dritte Femizid in Österreich wird in Wien verübt. Diese hohe Zahl ist alarmierend. Was es jetzt braucht, ist ein Wiener Gewaltschutzgipfel mit dem Fokus auf Gewaltprävention“, sagt Frauensprecherin Viktoria Spielmann. Die vorhandenen Präventionsmaßnahmen würden nicht ausreichen, um Femizide zu verhindern. Bei dem Gipfel sollen daher Mitarbeiter:innen des Gewaltschutzes, der Gewaltprävention und der Täterarbeit gemeinsam mit der Politik Lösungen ausarbeiten.

Macht und Kontrolle als Auslöser

Gewalt gegen Frauen kann viele Formen annehmen. Femizide stehen dabei an der Spitze. Gewalt beginnt also schon lange davor, in Form von abfälligen Bemerkungen, Psychoterror, Schlägen und sexueller Gewalt. Nicht selten wechseln sich Phasen von Aggression und Gewalt und Phasen von Entschuldigungen und Liebesversprechen ab. Alle Gewaltformen haben aber eines gemeinsam: Der Mann will Macht und Kontrolle über die Frau haben. Dass Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen immer noch benachteiligt sind, lässt ein Machtgefälle zwischen Männern und Frauen entstehen. Das wiederum befördert geschlechtsbasierte Gewalt. Das erklärt auch, warum gerade Trennungen für Frauen so gefährlich sind. Sie entziehen sich dadurch der Kontrolle des Mannes, der das nicht akzeptieren will und mit Gewalt reagiert. Gewalt gegen Frauen und Femizide sind ein gesellschaftliches Problem. Solange patriarchale Rollenbilder, die die dazu führen, dass Männer und Frauen ungleich behandelt werden, nicht bekämpft werden, wird der Kreislauf der Gewalt immer weitergehen. Der Kampf gegen Gewalt an Frauen muss daher ein gesellschaftlicher sein.

Die Istanbul Konvention ist das erste völkerrechtlich bindende Instrument, um Gewalt an Frauen in Europa zu bekämpfen. Das heißt, die Staaten, die sie unterzeichnet haben, müssen die Maßnahmen bestmöglich umsetzen. Beispielsweise, indem die Bevölkerung für Gewalt an Frauen sensibilisiert wird oder Frauenhäuser eingerichtet werden. In Österreich ist die Istanbul Konvention 2014 in Kraft getreten.

Jede:r kann etwas tun

Das Projekt Stadtteile ohne Partnergewalt (StoP) setzt auf Zivilcourage. Gewalt soll zurückgedrängt werden, indem die Nachbarschaft aktiv eingebunden wird. Denn jede:r kann etwas tun und sagen.  2019 wurde in Wien Margareten der erste Standort vom AÖF umgesetzt, mittlerweile gibt es zwölf. Bis Mai 2023 sollen zehn weitere Standorte kommen. Das Sozialministerium hat Anfang Mai bekannt gegeben, dafür die jährliche Fördersumme von 695.000 auf 985.000 Euro zu erhöhen.

Für Männergewalt sensibilisieren will auch die Kampagne des Sozialministeriums „Mann spricht’s an“. Sie soll Betroffene und Täter über Hilfs- und Unterstützungsangebote aufklären. Aber auch Angehörigen von Betroffenen oder Zeug:innen aufzeigen, was sie tun können, um Gewalt zu verhindern. Um Opfer zu schützen, muss mit Burschen und Männern gearbeitet werden. Denn nur so kann Gewalt verhindert werden.

Jede fünfte Frau von Gewalt betroffen

Die Zahl der Femizide in Österreich ist seit Jahren konstant hoch. 2021 und 2020 wurden jeweils 31 Frauen ermordet. Ein Höchststand wurde 2018 erreicht: 41 ermordete Frauen. Gleichzeitig sind sie aber nur die Spitze der Gewalt. Denn die beginnt bereits lange vor dem ersten tätlichen Angriff. Ungleiche Verteilung von Geld innerhalb der Familie, Verbote, Drohungen und auch Psychoterror sind bereits Formen von Gewalt. Jede fünfte Frau ab dem 15. Lebensjahr ist von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen, jede dritte wird sexuell belästigt und jede siebente gestalkt. Dieses erschreckende Bild zeigen Zahlen der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser (AÖF). Dass Frauen mit Gewalt konfrontiert sind, ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem: die Ungleichbehandlung von Mann und Frau. Ziel der Gewalt sind Macht und Kontrolle.

  • Frauen, die von Gewalt betroffen sind, finden bei der Frauenhelpline gegen Gewalt unter 0800 222 555  rund um die Uhr Unterstützung und Hilfe.

Versorgungssicherheit versus Klimaschutz

Während eine Hitzewelle über Europa rollt und uns spüren lässt, wie dringend wir gute Klimapolitik brauchen, muss Österreich die Kohlekraft wieder einsatzbereit machen. Zu groß ist die Furcht, im nächsten Winter in der Kälte zu sitzen. 

Die russische Gazprom liefert seit Mitte Juni rund die Hälfte weniger Gas nach Österreich als vertraglich vereinbart. Der offizielle Grund: Technische Probleme. Natürlich handelt es sich bei den Gaskürzungen um „strategische Spielchen“ der russischen Führung. Russland zögert nicht, Energie als politisches Druckmittel einzusetzen.

Diese Entwicklung trifft Österreich zwar nicht unvorbereitet. Es gibt einen Gasnotfallplan und mit dem Gasdiversifizierungsgesetz einen Fahrplan raus der Abhängigkeit von russischem Gas. Aber Russland deckt ganze 80 Prozent des österreichischen Gasverbrauchs. Das zwingt die Regierung auch zu Kompromissen in Sachen Klimaschutz. Nach der Verschiebung der Co2-Bepreisung muss jetzt sogar ein Gaskraftwerk auf Kohlebetrieb umgerüstet werden.

Kohlekraftwerk für den Notfall

In einer Krisensitzung Mitte Juni beschließen Nehammer, Gewessler und Kocher das Kraftwerk im steirischen Mellach wieder auf den Betrieb mit Steinkohle umzurüsten. Mellach war das letzte Kohlekraftwerk Österreichs. Es wurde 2020 vom Netz genommen und auf den Betrieb mit Gas umgestellt. Dass die Regierung diese Entscheidung jetzt schon trifft, hat technische Gründe. Die Umrüstung braucht Zeit, die man nicht hat, wenn Putin plötzlich den Gashahn zudreht. Das wichtigste ist, Österreichs Haushalte und Industrie auch im Winter mit Gas versorgen zu können. Eine Umrüstung auf Kohle in Mellach ist daher eine notwendige Vorsichtsmaßnahme für den Notfall

Versorgungssicherheit trumpft Klimaschutz

Ob das Kraftwerk im Winter wirklich wieder Kohle verheizt, ist alles andere als sicher. Denn über diesen Schritt ist keiner der Beteiligten glücklich. Auch nicht der Stromanbieter Verbund, der das Kraftwerk betreibt. Zu hart hat man daran gearbeitet, aus der Kohle auszusteigen. Noch schmerzlicher ist der Kompromiss für die Grünen. War es doch genau jenes Kraftwerk in Mellach, wo Leonore Gewessler im Frühling 2020 das letzte Kohlestück Österreichs als Museumsexponat entgegengenommen hat. Sollte das Kraftwerk im Winter aber tatsächlich Kohle verheizen müssen, wäre das ein herber Rückschlag für Klimaschutz-Bemühungen Österreichs. Kohlekraft gilt als die klimaschädlichste Form der Energiegewinnung. Jede aus Steinkohle erzeugte Kilowattstunde Energie stößt rund doppelt so viel CO₂ aus wie eine Kilowattstunde aus Erdgas.

Die Lage ändert sich täglich

Die Reaktivierung von Mellach ist schädlich, aber alternativlos. Keiner kann sagen, was Wladimir Putin in den nächsten Monaten vorhat. Das sehen andere politische Lager ähnlich. Maria Kubitschek, Vizedirektorin der Arbeiterkammer, zeigt sich im Interview mit dem STANDARD besorgt: „Putin könne den Gashahn langsam oder schnell, teilweise oder ganz, im Sommer oder im Winter abdrehen – und so weiter.“ Daher hat die Bundesregierung kaum eine andere Wahl als alle Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die zur Hand sind. Zu groß ist die Gefahr, dass im Herbst das Gas ausgeht.

CO₂-Bepreisung: Auf Herbst verschoben, Klimabonus erhöht

Sie ist das Kernstück der ökosozialen Steuerreform: die CO₂-Bepreisung. Doch das Ausnahmejahr 2022 macht der Bundesregierung einen Strich durch die Rechnung. Statt im Juli läuft die Besteuerung jetzt erst im Oktober an. Dafür wird der Klimabonus einmalig für alle auf 250 Euro erhöht. FREDA hat zusammengefasst, was die Veränderungen für uns alle bedeuten.

Wann startet die CO₂-Bepreisung?

Ursprünglich hat das Klimaministerium vorgesehen, dass die CO₂-Bepreisung mit 1. Juli startet. Ab Oktober hätte man dann den Klimabonus auszahlen wollen. Angesichts der hohen Energie- und Treibstoffpreise hat sich die Bundesregierung aber entschieden, den Start auf Oktober zu verschieben. Klimaministern Leonore Gewessler betonte Mitte Juni in der ORF-Pressestunde, dass es um die „Harmonisierung des Zeitpunkts“ gehe. Der CO₂-Preis sei aber nach wie vor ein wichtiges Instrument, dessen „System bereits stehe“.

Wie viel Klimabonus bekomme ich?

Der Klimabonus soll die Mehrkosten privater Haushalte durch den CO₂-Preis ausgleichen. Für das Jahr 2022 hat die Bundesregierung den Klimabonus für alle erwachsene Person mit Hauptwohnsitz in Österreich einmalig auf 250 Euro erhöht. Diesen Beitrag bekommen alle, unabhängig von ihrem Wohnort. Ursprünglich war für dieses Jahr ein Sockelbetrag von 100 Euro geplant, der um einen regionalen Aufschlag erhöht werden sollte. Ob man ab 2023 zu dieser regional gestaffelten Berechnung zurückkehrt, ist noch offen.

Wie hängen der Klimabonus und der Anti-Teuerungsbonus zusammen?

Im Mai lag die Inflationsrate laut Statistik Austria bei 7,7 Prozent. Um die hohen Preise für Konsument:innen auszugleichen, hat die Bundesregierung eine Reihe von Maßnahmen getroffen. Eine davon ist der Anti-Teuerungsbonus. Das bedeutet konkret: Alle in Österreich lebenden Menschen bekommen im Herbst 250 Euro. Die Bundesregierung überweist den Anti-Teuerungsbonus zeitgleich mit dem Klimabonus, da sie so keinen eigenen Mechanismus für die Bonuszahlung schaffen muss. In Summe bekommen Österreicher:innen im Herbst also 500 Euro. Kinder unter 18 Jahren erhalten sowohl beim Klimabonus als auch beim Anti-Teuerungsbonus die Hälfte der Summe. Das macht 250 Euro pro Kind.

Wie hoch ist der Preis für CO₂?

Mit der geplanten Einführung kostet eine Tonne CO₂ 30 Euro. Dieser Satz erhöht sich in den Folgejahren bis 2025 auf 35, 45 bzw. 55 Euro.

Wer muss für CO₂ zahlen?

Beim Tanken ist nicht die Autofahrer:in an der Zapfsäule zur Abgabe von Emissionszertifikaten verpflichtet, sondern jenes Unternehmen, das den Treibstoff hergestellt oder nach Österreich importiert hat. Zu erwarten ist allerdings, dass diese Unternehmen ihre zusätzlichen Kosten in Form von höheren Preisen an Konsument:innen weitergeben. Diese zusätzlichen Kosten federt Klimabonus ab.

Muss ich den Klimabonus beantragen?

Nein. Der Klimabonus wird nach wie vor ohne Antrag an alle Personen mit Anspruch ausgezahlt. Dasselbe gilt für den Anti-Teuerungsbonus. Zuständig für die Zahlungen ist das Umweltministerium. Finanz- und Innenministerium haben sich dazu verpflichtet, die nötigen Informationen datenschutzgemäß weiterzureichen. Dazu zählen etwa die Meldedaten und die Kontonummer. Für Pensionist:innen kommen die Daten von der Pensionsversicherung.

Handelt es sich bei der CO₂-Bepreisung um eine Steuer?

Nein. Umgangssprachlich wird zwar von der Einführung der CO₂-Steuer gesprochen. Die geplante CO₂-Bepreisung ist allerdings keine Steuer im eigentlichen Sinn. Es handelt sich vielmehr um einen nationalen Zertifikatehandel. Das heißt: Unternehmen, die Kraftstoffe in Österreich herstellen oder importieren, müssen entsprechend der Menge Zertifikate kaufen. Diese Zertifikate berechtigen sie, eine gewisse Menge an CO₂ auszustoßen.

Parken unterm Sonnenkraftwerk

Von der Betonwüste zum grünen Kraftwerk. Ausgerechnet Autoparkplätze könnten eine Schlüsselrolle für die nachhaltige Stromversorgung Österreichs spielen. Solar-Carports machen es möglich.

100 Prozent erneuerbarer Strom bis 2030. Das ist ein wichtiges Zwischenziel am Weg zur Klimaneutralität Österreichs. Aber die Zeit drängt. Um den Stromhunger nachhaltig zu stillen, brauchen wir neue Wind-, Solar- und Wasserkraftanlagen. Das ist der einzige Weg, um von den schmutzigen Energieträgern Öl, Gas und Kohle wegzukommen. Und der einzige Weg, um unabhängig von ausländischem Erdgas zu werden.

Mit drei Prozent der Fläche Österreichs lässt sich der gesamte Energiebedarf decken.

Dabei spielt Sonnenkraft eine wichtige Rolle. Keine andere Energieform hat so viel ungenutztes Potenzial. Sonnenstrom lässt sich fast überall produzieren, auch in vergleichsweise kleinen Mengen. Trotz solcher Perspektiven installieren wir unsere Solaranlagen bisher fast ausschließlich auf Hausdächern. Und damit lassen wir viel Potenzial liegen. Kurzes Gedankenexperiment: Würden wir auf drei Prozent der Fläche Österreichs Photovoltaikanlagen aufstellen, könnten wir den Energiebedarf des Landes vollständig decken. Das rechnet der Bundesverband Photovoltaic Austria vor.

Kraftwerk und Schattenspender in einem

Zu eben diesem Thema meldet sich der oberösterreichische Landesrat Stefan Kaineder zu Wort. Er schlägt vor, auf großen Parkplätzen Solar-Carports zu errichten. Das sind Überdachungen, die mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet sind. Solar-Carports sorgen für schattige Parkplätze und kühlere Umgebungstemperatur vor Ort. Gleichzeitig produzieren sie lokalen Grünstrom, den die parkenden Fahrzeuge darunter direkt tanken können.

Antrag im oberösterreichischen Landtag

Ende Mai fordert Kaineder in einem Antrag im oberösterreichischen Landtag die Einführung einer Photovoltaik-Pflicht beim Neubau von offenen Parkplätzen. Für bereits bestehende Flächen soll es neue Landesförderungen geben. Das Ziel: Supermarktketten und Betriebe dazu bewegen, Solar-Carports auf ihren Stellplätzen nachzurüsten. Alleine in Oberösterreich gibt es 2.900 Parkplätze, die für dieses Vorhaben infrage kommen. Zusammen haben sie mit sieben Quadratkilometern fast die Fläche des Hallstättersees.

Würde man alle großen Parkplätze in Oberösterreich mit Photovoltaik-Anlagen überdachen, würde das fast die Fläche des Hallstätter Sees ergeben.
Da geht noch mehr

Aber nicht nur auf Parkplätzen wird derzeit noch Potenzial verschenkt. Die Liste an möglichen PV-Standorten ist lang, zeigt eine Studie von Oesterreichs Energie. Fassaden, Lärmschutzwände, Verkehrsrestflächen und Deponien sind vielversprechende Kandidaten. Fest steht: Um in weniger als acht Jahren mit ausreichend Grünstrom versorgt zu sein, müssen wir bei Sonnenkraft größer denken.

Low Carb für Europa

Die Europäische Union ist der weltweit größte Exporteur von Nahrungsmitteln. Trotzdem essen wir anderen Ländern die Grundnahrungsmittel weg. Zu diesem Ergebnis kommt der neue WWF-Bericht „Europe eats the world“ und fordert ein Umdenken in der europäischen Landwirtschaft.

Die Umweltschutzorganisation WWF kritisiert in ihren neuen Bericht „Europe eats the world“ Europas Rolle in der weltweiten Lebensmittelversorgung. Die europäische Landwirtschaft sei derzeit eher Nutznießer als Versorger und trage wenig zur weltweiten Ernährungssicherheit bei.

„Derzeit sind wir der teure Supermarkt, nicht die Kornkammer der Welt“

Die Europäische Union exportiert zwar mehr Lebensmittel als sie importiert. Aber hier lohnt sich ein Blick hinter die Zahlen. Wir exportieren vor allem teure Lebensmittel wie Schokolade, Käse, Wein oder Fleisch. Günstige Produkte wie Kakao, Getreide uns Hülsenfrüchte kaufen wir in anderen Ländern ein, vor allem im globalen Süden. „Derzeit sind wir der teure Supermarkt, nicht die Kornkammer der Welt“, sagt WWF-Ernährungsexpertin Tanja Dräger. Reine Genussprodukte wie Wein, Spirituosen und Liköre sind im Ranking der EU-Agrarexporte ganz weit oben.

EU importiert Proteine

Betrachtet man nicht den Geldwert der Lebensmittel, sondern stattdessen die Kalorien, sieht die Bilanz anders aus. Die Europäische Union ist hier stark von der restlichen Welt abhängig. Über ein Viertel aller Proteine, die wir essen, kommen beispielsweise von außerhalb der EU.

Entschlossene Nachhaltigkeitswende notwendig

Wenn Europa sein Produktions- und Konsumverhalten ändert, verbessert das die Lage der Welternährung deutlich. Angesichts der wachsenden Weltbevölkerung ist das dringend notwendig. Der WWF fordert daher ein rasches Umdenken in der EU-Landwirtschaft. „Die Tierbestände müssen sinken, der Anteil an Fläche für den Anbau von Getreide, Hülsenfrüchte und Gemüse muss steigen“, sagt die WWF-Expertin.

Um das erreichen, können wir alle mithelfen. Derzeit landet die Hälfte der EU-Getreideproduktion als Futter im Trog. Wenn wir weniger Fleisch essen, bleibt mehr Fläche für den Anbau von Lebensmitteln, die wir direkt essen können.