Start Blog

Mobil rund um die Uhr

„Den nutzt doch am Land niemand.“ – Der öffentliche Nahverkehr im ländlichen Raum hat einen schlechten Ruf. Zu selten, zu unpraktisch und nicht zuverlässig genug. Doch dieses Vorurteil hält nicht stand. Ein Pilotprojekt in Norddeutschland zeigt gerade eindrucksvoll: Wenn das Angebot gut ist, wird es auch auf dem Land genutzt.

Das Projekt SMILE24 (Schlei-Mobilität: Innovativ, Ländlich, Emissionsfrei – 24/7) testet seit Anfang 2023, wie ein zukunftsfähiger öffentlicher Verkehr am Land aussehen kann. Ein Jahr später zeigt sich: Die Mobilitätswende im ländlichen Raum ist möglich, wenn man sie wirklich will.

Das Problem ist nicht der Wille, sondern das Angebot

In vielen Regionen sind die Menschen auf das eigene Auto angewiesen. Der Bus kommt nur alle paar Stunden, fährt am Wochenende gar nicht oder hält kilometerweit entfernt vom Wohnort. Öffis am Land? Für viele Menschen nicht vorstellbar. Dabei wünschen sich laut Umfragen viele mehr Unabhängigkeit vom Auto aus Kostengründen, aus ökologischer Überzeugung oder weil sie selbst nicht mehr fahren können oder wollen.

Genau hier setzt das Projekt SMILE24 an. Es will zeigen, dass öffentlicher Verkehr im ländlichen Raum durchaus funktionieren kann: alltagstauglich, zuverlässig und für viele nutzbar. Seit Anfang 2023 läuft der Pilotversuch in der Schleiregion in Schleswig-Holstein, zwischen Kappeln, Schleswig und Eckernförde. Koordiniert und finanziert wird das Ganze vom Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (NAH.SH).

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Ein vernetztes Mobilitätssystem rund um die Uhr

Das Besondere an SMILE24: Hier wurde nicht einfach nur der Fahrplan angepasst. Stattdessen wurde ein umfassendes, vernetztes Mobilitätskonzept entwickelt, das verschiedene Angebote sinnvoll kombiniert:

  • Elektrische Expressbusse auf den Hauptlinien, die häufiger und länger fahren und direkter angebunden sind
  • Tourismuslinien mit Fahrradmitnahme in der Ausflugssaison
  • Der Nahshuttle: ein flexibles On-Demand-Angebot, buchbar per App oder Telefon, mit über 3.600 virtuellen Haltestellen
  • Bikesharing mit Leihrädern an über 50 Stationen
  • Carsharing mit E-Autos in festen Tarifen für Gelegenheitsfahrten

All diese Angebote sind zum Nahverkehrstarif nutzbar, auch mit dem Deutschlandticket. Das macht das öffentliche Fahren nicht nur flexibel, sondern auch leistbar.

Nach einem Jahr zeigt sich: Öffis am Land funktionieren

Ein Jahr nach Projektstart zeigen erste Auswertungen: Das Angebot wird angenommen. Immer mehr Menschen steigen auf öffentliche Verkehrsmittel um. Auch Unternehmen unterstützen den Wandel, indem sie ihren Mitarbeitenden das Deutschlandticket zur Verfügung stellen. Pendeln ohne eigenes Auto wird dadurch endlich auch im ländlichen Raum realistisch.

Die wichtigste Erkenntnis: Nicht der ländliche Raum ist das Problem, sondern das mangelnde Angebot. Wenn gute, zuverlässige und flexible Alternativen vorhanden sind, werden sie auch genutzt. Damit widerlegt SMILE24 eines der hartnäckigsten Vorurteile in der Mobilitätsdebatte.

Was SMILE24 für die Mobilitätswende bedeutet

SMILE24 ist ein Vorzeigeprojekt – nicht, weil es eine perfekte Lösung liefert, sondern weil es zeigt, was möglich ist, wenn Mobilität neu gedacht wird. Es verbindet digitale Tools mit realen Bedürfnissen, flexible Angebote mit sozialen und ökologischen Zielen.

Die Mobilitätswende darf sich nicht auf Städte beschränken. Gerade in ländlichen Regionen entscheidet sich, ob sie gelingt. Öffis am Land sind ein Schlüssel zur Klimagerechtigkeit – und zu mehr sozialer Teilhabe, Lebensqualität und Unabhängigkeit.

Öffentlicher Verkehr am Land ist machbar

Das Projekt beweist, dass öffentlicher Verkehr im ländlichen Raum funktionieren kann.
Was es dafür braucht:

  • Ein umfassendes, durchdachtes Angebot
  • Politischen Willen zur Umsetzung
  • Den Mut, Mobilität nicht nur als Technikfrage, sondern als Teil des sozialen Wandels zu begreifen

SMILE24 setzt ein starkes Zeichen. Es zeigt, dass ländliche Mobilität nicht an der Realität scheitern muss, sondern an politischen Entscheidungen. Wenn öffentlicher Verkehr am Land so selbstverständlich wie Strom, Wasser oder Internet verstanden wird, dann können solche Projekte auch woanders umgesetzt werden. Sie zeigen: Eine klimafreundliche, gerechte Mobilität ist nicht nur eine Frage der Großstadt, sondern auch eine Frage des Willens und des Angebots.

Hier wird abgepflastert

0

Grün statt Grau ist das Motto in immer mehr europäischen Städten. Auch die norddeutsche Stadt Hamburg handelt danach und zeigt, wie nachhaltige Stadtentwicklung aussehen kann. Mit einer Aktion werden Betonflächen „abgepflastert“ und in blühende Grünräume verwandelt.

Durch Entsiegelung wird nicht nur das Stadtbild verschönert, sondern auch ein wichtiger Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz geleistet. Auch in Österreich wird die Notwendigkeit, Flächen zu entsiegeln, immer offensichtlicher.

Hamburg macht es vor: „Abpflastern“ statt neu pflastern

In Hamburg ist die Mitmach-Kampagne „Abpflastern“ gestartet. Ziel ist es, versiegelte Flächen wie Betonplatten, Pflastersteine oder Asphalt aufzubrechen und durch Pflanzen zu ersetzen. Die Aktion wird vom City Science Lab der HafenCity Universität gemeinsam mit dem Verein Code for Hamburg und dem Netzwerk lokalkraft organisiert.

Über eine Online-Plattform können Bürger:innen öffentliche Flächen ab fünf Quadratmetern melden, die ihrer Meinung nach entsiegelt werden sollten – etwa eine Straßenecke, ein Parkplatz oder ein Gehweg. So wurde zum Beispiel bereits eine Ecke im Stadtteil Lokstedt erfolgreich begrünt.

Michael Ziehl vom City Science Lab betont gegenüber der Tagesschau: „Wenn viele Menschen mitmachen, entstehen neue Hinweise für Flächen, die bislang unentdeckt geblieben sind – und doch großes Potenzial für Entsiegelung bieten.“

12-Jähriger bringt die Steine ins Rollen

Die Idee stammt ursprünglich aus den Niederlanden – genauer gesagt aus einem freundschaftlichen Wettbewerb zwischen den Städten Amsterdam und Rotterdam. Dabei ging es darum, möglichst viele versiegelte Flächen zu begrünen. Unter dem Namen „Tegelwippen“ – auf Deutsch etwa „Gehwegplatten kippen“ – wurde die Aktion zum Vorbild für viele weitere Städte.

Auch in Hamburg stieß die Idee auf Begeisterung – nicht zuletzt dank des Engagements eines zwölfjährigen Schülers: Toni Will aus dem Stadtteil Altona erfuhr in einer Kindersendung vom niederländischen „Tegelwippen“-Wettbewerb. Die Idee ließ ihn nicht mehr los. Über zwei Jahre lang setzte er sich dafür ein, das Projekt auch in seiner Heimatstadt umzusetzen. Mit seiner Präsentation vor der Bezirksversammlung überzeugte er schließlich die Entscheidungsträger – und tatsächlich: In der Hamburger HafenCity fand nun die offizielle Kick-off-Veranstaltung statt. Ein schönes Beispiel dafür, dass man nie zu jung ist, um etwas zu bewegen.

Warum Entsiegelung so wichtig ist

Versiegelte Flächen können kein Regenwasser mehr aufnehmen. Das belastet die Kanalisation, erhöht die Gefahr von Überschwemmungen bei Starkregen und verschärft Hitzeprobleme in dicht bebauten Gebieten. Beton speichert Wärme und verschärft die städtische Aufheizung – eine zunehmende Gesundheitsgefahr, vor allem für ältere Menschen und Kinder.

Grünflächen hingegen wirken wie natürliche Klimaanlagen: Sie kühlen die Umgebung durch Verdunstung, spenden Schatten, verbessern die Luftqualität und bieten Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Sie machen Städte nicht nur schöner, sondern auch widerstandsfähiger gegenüber den Folgen der Klimakrise – sei es Hitze, Dürre oder Starkregen.

Österreich: Ein Land unter Beton

Auch in Österreich ist die Versiegelung ein massives Umweltproblem. Laut Umweltbundesamt werden täglich rund 11 Hektar Boden verbaut – das entspricht etwa 16 Fußballfeldern pro Tag. Davon wird ein Großteil dauerhaft versiegelt, also so verändert, dass der Boden seine natürlichen Funktionen verliert.

Insgesamt sind bereits 17 Prozent der Landesfläche Österreichs versiegelt – ein Spitzenwert im europäischen Vergleich. Besonders betroffen sind urbane Räume wie Wien, Linz und Graz. In der Bundeshauptstadt sind laut Stadtverwaltung rund 40 Prozent der Fläche versiegelt.

Das hat gravierende Folgen: Boden, der versiegelt ist, kann kein Wasser mehr aufnehmen, kein CO₂ mehr speichern und keine Nährstoffe für Pflanzen liefern. Damit geht eine wichtige Ressource verloren – auch für die Landwirtschaft, das Klima und die Artenvielfalt. Ein versiegelter Boden lässt sich zudem nur schwer wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Entsiegelung: Schlüsselmaßnahme für den Umwelt- und Klimaschutz

Städte entsiegeln heißt: Hitze reduzieren, Wasserhaushalt verbessern, Lebensqualität steigern. Entsiegelung ist eine effektive und vergleichsweise kostengünstige Maßnahme für den Klima- und Umweltschutz.

In Österreich braucht es deshalb:

  • klare gesetzliche Vorgaben zur Reduktion neuer Versiegelung
  • Förderungen für städtische und private Entsiegelungsprojekte
  • Bürger:innenbeteiligung, um lokal sinnvolle Maßnahmen umzusetzen

Egal ob Schulhof, Parkplatz oder Gehweg – jede entsiegelte Fläche trägt zum gesunden Stadtklima bei.

„Abpflastern“ für eine lebenswerte Zukunft

Die Hamburger Aktion zeigt, wie Entsiegelung mit Bürgerbeteiligung funktionieren kann. Auch in Österreich braucht es mehr solcher Initiativen – lokal, kreativ und mit politischem Rückhalt. Denn der Boden unter unseren Füßen ist mehr als nur Fläche – er ist Lebensgrundlage, Klimaschützer und Zukunftsressource zugleich. Es wird Zeit, ihn wieder atmen zu lassen.

So wird dein Balkon zur Naturoase

Ein Balkon kann weit mehr sein als ein Ort für Liegestühle und Topfpflanzen. Mit ein paar gezielten Maßnahmen lässt sich ein nachhaltiger Balkon gestalten, der nicht nur dir selbst Freude bereitet, sondern auch einen echten Beitrag zum Umweltschutz leistet. Wir haben ein paar Tipps, um den Balkon nachhaltig zu begrünen.

Besonders Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten profitieren von naturnahen Balkonen – denn in der Stadt ist geeigneter Lebensraum rar. Ein nachhaltiger Balkon ist also ein kleiner, aber wirkungsvoller Trittstein für mehr Artenvielfalt und Klimaschutz mitten in der Stadt.

Warum ein nachhaltiger Balkon so wichtig ist

In Zeiten von Klimakrise, Artensterben und Ressourcenknappheit ist Nachhaltigkeit auch im Kleinen gefragt. Ein Balkon bietet eine perfekte Gelegenheit, mit einfachen Mitteln aktiv zu werden – sei es durch torffreie Erde, insektenfreundliche Pflanzen oder den Verzicht auf Plastik und Pestizide. So wird aus dem eigenen Außenbereich ein ökologischer Lebensraum, der Umweltbewusstsein, Ästhetik und Lebensqualität miteinander verbindet.

Vor allem Wildbienen profitieren von nachhaltig gestalteten Balkonen. In Österreich sind rund 700 Wildbienenarten heimisch, viele davon sind stark gefährdet. Ein nachhaltiger Balkon mit vielfältigen Blütenpflanzen und Nistplätzen hilft diesen nützlichen Insekten – und leistet so einen Beitrag zum Schutz unserer Ökosysteme.

Welche Pflanzen eignen sich, wenn du deinen Balkon nachhaltig begrünen willst? Hier sind die besten Tipps.

Die richtige Bepflanzung: Vielfalt statt Einheitsgrün

Ein nachhaltiger Balkon beginnt mit der Wahl der passenden Pflanzen. Viele klassische Balkonblumen wie Geranien oder Petunien sehen hübsch aus, sind aber ökologisch wertlos – sie bieten weder Nektar noch Pollen. Wer dagegen auf heimische, ungefüllte Blühpflanzen setzt, schafft einen echten Mehrwert für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge.

Besonders empfehlenswert sind:

  • Frühblüher wie Krokusse, Lungenkraut und Traubenhyazinthen
  • Sommerblüher wie Lavendel, Salbei, Thymian oder Kornblumen
  • Spätblüher wie Astern, Herbstanemone oder Fetthenne
Balkon nachhaltig begrünt in Wien
Begrünter Balkon in Wien. Foto: Privat

Auch essbare Pflanzen wie Kresse, Schnittlauch, Oregano oder Erdbeeren sind perfekte Mitbewohner auf dem nachhaltigen Balkon. Wichtig ist, auf Bio-Saatgut und Jungpflanzen aus regionaler, torffreier Produktion zu achten.

Nachhaltigkeit beginnt bei der Erde

Ein oft übersehener Aspekt beim Gärtnern auf dem Balkon ist die Wahl der Blumenerde. Viele herkömmliche Erden enthalten Torf, der aus Mooren stammt. Diese Moore sind allerdings wichtige CO₂-Speicher und artenreiche Lebensräume – ihre Zerstörung hat fatale Folgen für Klima und Biodiversität.

Wer den Balkon nachhaltig begrünen will, sollte daher ausschließlich torffreie Bio-Erde verwenden. Noch nachhaltiger ist es, selbst Kompost zu nutzen – mit einem kleinen Wurmkomposter auf dem Balkon kannst du Küchenabfälle sinnvoll verwerten und hochwertige Erde erzeugen.

Pflanzgefäße upcyceln statt neu kaufen

Auch bei Töpfen und Kästen lohnt sich ein Blick auf Nachhaltigkeit: Statt neue Plastikbehälter zu kaufen, kannst du kreativ werden und alte Eimer, Holzkisten, Körbe oder ausgediente Töpfe upcyceln. Wichtig ist, dass überschüssiges Wasser gut abfließen kann – ein paar Löcher im Boden reichen meist aus.

Wer selbst Hand anlegen möchte, kann Pflanzenkästen aus recyceltem Holz oder Paletten bauen – das spart Ressourcen, ist langlebig und gibt deinem nachhaltig begrünten Balkon eine individuelle Note.

Wasser sparen und sinnvoll nutzen

Ein nachhaltig begrünter Balkon kommt auch beim Gießen ohne Verschwendung aus. Wasser ist eine wertvolle Ressource, die in Zeiten zunehmender Hitzeperioden bewusster genutzt werden sollte. Mit diesen einfachen Tipps kannst du viel bewirken:

  • Regenwasser sammeln in Tonnen oder Eimern
  • Abgekühltes Kochwasser (ungesalzen!) zum Gießen verwenden
  • Mulchen: Stroh, Laub oder Rasenschnitt speichern Feuchtigkeit in der Erde
  • Morgens oder abends gießen, um Verdunstung zu vermeiden

Zusätzlich freuen sich auch Tiere über Wasser: Eine flache Schale mit Wasser und ein paar Steine als Landehilfe für Insekten hilft, besonders in heißen Sommern.

Nisthilfen für Wildbienen & Co.

Ein nachhaltiger Balkon sollte nicht nur Nahrung, sondern auch Lebensräume bieten. Wildbienen leben größtenteils solitär und nisten in hohlen Pflanzenstängeln, Totholz oder offenen Bodenstellen. Mit etwas Geschick kannst du ihnen Unterschlupf bieten:

  • Wildbienenhotels (aus Schilfrohr oder sauber gebohrtem Hartholz)
  • Pflanzenstängel wie vom Sonnenhut oder Fenchel stehen lassen
  • Totholz oder Steinhaufen für Käfer und Wildbienen
  • Kleine Sandflächen in flachen Kästen für bodennistende Arten

Diese Maßnahmen machen deinen nachhaltigen Balkon zum echten Mikrohabitat.

Ein nachhaltiger Balkon tut auch dir gut

Ein nachhaltiger Balkon ist nicht nur ein Geschenk an die Umwelt – er bereichert auch dein eigenes Leben. Das Summen der Bienen, der Duft von Kräutern, das Beobachten von Insekten und Vögeln – all das schafft eine tiefe Verbindung zur Natur, selbst mitten in der Stadt. Gleichzeitig bringt nachhaltiges Gärtnern Entschleunigung, Zufriedenheit und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit.

Vielleicht inspirierst du damit auch deine Nachbar*innen oder Freunde, selbst aktiv zu werden – denn nachhaltiges Handeln ist ansteckend.

Fazit: Jeder Balkon kann nachhaltig sein

Ein nachhaltiger Balkon zeigt, dass Umwelt- und Klimaschutz bereits im Kleinen beginnt. Mit torffreier Erde, bienenfreundlichen Pflanzen, wiederverwendeten Materialien und einem bewussten Umgang mit Ressourcen entsteht ein lebendiger Ort, der weit über seine Fläche hinaus Wirkung entfaltet. Jeder Topf, jede Blüte, jedes Insektenhotel zählt – und bringt uns der Natur wieder ein Stück näher.

Ob sonnig oder schattig, groß oder klein – jeder Balkon kann ein nachhaltiger Balkon sein. Du musst nicht perfekt starten – fang einfach an. Die Bienen, das Klima und deine Seele werden es dir danken.

Reiche verursachen größten Teil der Klimakrise

Die reichsten zehn Prozent der Menschheit verursachten in den vergangenen 30 Jahren zwei Drittel der Erderwärmung.

Der sehr hohe Ausstoß von Treibhausgasen durch die „Superreichen“ wird immer wieder von Forschern betont oder kritisiert. Jetzt hat ein Forschungsteam mit Beteiligung aus Österreich neue Zahlen vorgelegt. Ihr Ergebnis: Von 1990 bis 2020 waren die reichsten zehn Prozent der Menschen für etwa zwei Drittel der Erderwärmung verantwortlich. Das reichste eine Prozent allein war für rund ein Fünftel des Anstiegs verantwortlich. Bei den jährlichen Weltklimakonferenzen geht es oft um die großen Unterschiede: Wer verursacht den Klimawandel, und wer leidet am meisten darunter? Im Jahr 2019 waren die reichsten zehn Prozent der Welt für fast die Hälfte der Emissionen verantwortlich. Die ärmsten 50 Prozent dagegen verursachten nur etwa ein Zehntel. Diese Ergebnisse veröffentlichten Wissenschafter:innen des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (NÖ) und von der ETH Zürich in einer neuen Studie im Fachmagazin „Nature Climate Change“.

Weitreichende Ungerechtigkeit

Die meisten Menschen aus den oberen zehn Prozent der Welt lebten in der untersuchten Zeit in den USA, in der EU, in Indien und China. Gleichzeitig leiden viele Länder im globalen Süden stärker unter den Folgen der Erderwärmung, obwohl sie nur wenig dazu beigetragen haben. Forschende nennen das eine „bekannte Ungerechtigkeit zwischen Ursache und Wirkung“. Das Forschungsteam hat nun eine Methode verbessert, mit der sie berechnen können, wie viel bestimmte Gruppen zu den Treibhausgasen, der Erwärmung und der Zunahme von Extremwetter wie Dürren beigetragen haben.

Neue Zahlen

Von den 0,61 Grad Celsius, um die die weltweite Durchschnittstemperatur im Jahr 2020 höher war als 1990, stammen 65 Prozent von den reichsten zehn Prozent der Menschen. Das reichste eine Prozent allein ist für 20 Prozent verantwortlich, und die obersten 0,1 Prozent für etwa acht Prozent, steht in der Studie.

Hätten alle Menschen auf der Welt so wenig Treibhausgase ausgestoßen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, wäre die Temperatur seit 1990 kaum gestiegen. Wenn aber alle so viele Emissionen hätten wie die reichsten zehn, ein oder 0,1 Prozent, wäre die Temperatur um 2,9, 6,7 oder sogar 12,2 Grad Celsius gestiegen.

Reiche haben mehr Verantwortung

Die Forschenden zeigen, dass allein die reichsten zehn Prozent in den USA und China eine zwei- bis dreifache Zunahme von Hitzewellen in besonders gefährdeten Regionen wie dem Amazonas oder dem Mittelmeerraum verursacht haben. Das alles zeigt: Reiche Menschen tragen eine große Verantwortung für die Klimakrise. Aber gerade ihre Lebensweise und ihr wirtschaftliches Verhalten können auch ein wichtiger Hebel sein, um die Folgen der Klimakrise zu bremsen.

Die Studie zeigt, dass wohlhabende Menschen, die viele Treibhausgase ausstoßen, stark zum Auftreten von Klimaextremen beitragen. Deshalb sei eine Klimapolitik wichtig, die ihre Emissionen gezielt senkt, sagt die Hauptautorin Schöngart. Der Leiter des IIASA-Klimaprogramms, Carl-Friedrich Schleussner, warnt davor, das Thema als reine Theorie abzutun. Wenn man die wichtige Rolle der Reichsten in der Klimapolitik nicht ernst nimmt, verpasst man einen der wichtigsten Hebel, um künftige Gefahren zu verringern. (Red./APA)

Neuer Trend: Warum sich der mähfreie Mai wirklich lohnt

Ein Zierrasen mag ordentlich aussehen, bietet Wildtieren aber rein gar nichts. Aber nur wenige Wochen ohne Mähen behebt dieses Problem. Der mähfreie Mai verwandelt Gärten in blühende Lebensräume für Insekten, Vögel und Kleintiere. 

Wir Menschen lieben Ordnung. Und was sieht ordentlicher aus als ein frisch gemähter Zierrasen? Alles einheitlich grün, gleich lang, kein sogenanntes Unkraut. Doch diese Ordnung hat einen hohen Preis.

Ein Zierrasen ist eine künstlich geschaffene Grünfläche, die meist nur aus wenigen Grasarten besteht – also nahezu eine Monokultur. Aus Sicht der Natur sind viele unserer Gärten ein ökologischer Leerraum.

Auf Zierwiesen sind kaum Tiere zu finden. Kein Wunder, ohne blühende Pflanzen gibt es keine Nahrung für Insekten. Und ohne Insekten gibt es auch wenig Gründe für Vögel, vorbeizuschauen.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen
Verwandlung des Gartens

Hören wir aber im mähfreien Mai für einen Monat auf, unseren Rasen zu mähen, setzt eine erstaunliche Verwandlung ein. Schon nach zwei Wochen wird die Fläche sichtbar bunter, denn Blühpflanzen wie Gänseblümchen, Klee, Löwenzahn und Gundermann haben plötzlich eine Chance, Blüten zu entwickeln.

Die Pollen der Blumen dienen dann Bestäubern wie Wildbienen, Schmetterlingen und Hummeln als Nahrung. Gerade Wildbienen sind auf heimische Blühpflanzen angewiesen. Viele Arten sind unmittelbar vom Aussterben bedroht. Längeres Gras bietet zudem Unterschlupf und Bruträume für kleine Tiere: Käfer, Heuschrecken, Spinnen und Raupen leben zwischen den Halmen.

Wo Insekten leben, sind auch Meisen, Amseln und Rotkehlchen nicht weit. Sie ernähren sich von Insekten und nützen unsere Gärten als Buffet. Vor allem zur Brutzeit brauchen Vögel große Mengen an Insekten, um ihre Jungtiere zu füttern.

Fünffache Artenvielfalt auf ungemähten Flächen

Studien zeigen: Die Artenvielfalt und Anzahl der bestäubenden Insekten können sich auf ungemähten Flächen um das bis zu Fünffache erhöhen. Das ist ein bemerkenswert großer Effekt, wenn man bedenkt, wie einfach die Maßnahme umzusetzen ist. Wir müssen einen Monat lang einfach nichts tun – und haben dadurch sogar weniger Arbeit. Eine Naturschutzaktion, bei der man sich mit gutem Gewissen zurücklehnen darf.

Der mähfreie Mai

Der Mai markiert den Beginn der Hauptblütezeit vieler Wildpflanzen. Und besonders diese ersten Blüten im Frühling sind wichtig als Nahrung für Schmetterlinge und andere Insekten.
Diese „Frühblüher“ geben bestäubenden Insekten nach dem Winter die erste wichtige Energie.

Im Frühling ziehen viele Vögel zudem ihre Jungen auf – mit entsprechend großem Appetit. Sie brauchen in dieser Zeit besonders viele Insekten, die sie vor allem in blühenden Wiesen finden.

Privatgärten sind enorm wichtig für den Artenschutz

In Österreich verfügen rund drei Millionen Haushalte über eigene Grünflächen, etwa 2,2 Millionen davon über einen eigenen Garten. Zusammen ergibt das eine gewaltige Fläche. Wenn nur ein Bruchteil davon naturnaher gestaltet wird, entsteht ein Netzwerk aus wertvollen Lebensräumen.

Dass viele Arten seltener werden, hängt direkt damit zusammen, dass unsere Landschaften immer eintöniger werden. Wiesen verschwinden, Hecken werden entfernt, Wildpflanzen verdrängt. Kurzum: Österreich verliert die Vielfalt.

Von den rund 500 Lebensraum-Typen, die es in Österreich gibt, ist rund die Hälfte als gefährdet oder stark gefährdet eingestuft. 33 Lebensräume – also etwa sieben Prozent – sind sogar vom vollständigen Verschwinden bedroht. Indem wir unsere Gärten nicht (vollständig) mähen, können wir dieser Entwicklung viel entgegensetzen.

Geht da nicht Platz für uns verloren?
Gerade Kinder haben in naturnahen Gärten viel mehr zu entdecken. Und Spielflächen kann man weiterhin kurz halten – aber eben nicht den ganzen Garten.
Ein Gleichgewicht ist möglich: ein Stück für Ballspiele, der Rest für Wildtiere. Der mähfreie Mai kann also kommen.

Ein Drittel darf nicht wählen

0

Der Anteil der Menschen ohne Wahlberechtigung in Österreich steigt seit Jahren. In Wien hat er jetzt ein neues Rekordhoch erreicht.

Wenn am 27. April der Wiener Gemeinderat und Landtag neu gewählt wird, kann mehr als ein Drittel der Einwohner:innen der Bundeshauptstadt nicht daran teilnehmen. Mehr als 35 Prozent der Wiener:innen im Wahlalter haben kein Wahlrecht, weil sie keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzen.

Immer weniger Wahlberechtigte

In den vergangenen Jahren ist der Anteil der Wahlberechtigten kontinuierlich gesunken. Waren in den 1980er Jahren noch mehr als 90 Prozent der Volljährigen in Wien wahlberechtigt, sank der Anteil trotz Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei der Wahl 2010 erstmals unter 80 Prozent. Bei der Gemeinderatswahl 2015 waren bereits mehr als ein Viertel der Wiener:innen im Wahlalter vom Wahlrecht ausgeschlossen.

Nur noch rund 70 Prozent der in Wien lebenden Menschen waren bei der Wiener Gemeinderatswahl vor fünf Jahren zur Stimmabgabe aufgerufen. Bei der Nationalratswahl im vergangenen Herbst sank der Anteil der Wahlberechtigten in Wien erstmals unter die Zwei-Drittel-Marke, seitdem ist der Anteil noch weiter gesunken auf nun unter 65 Prozent. Den rund 1,1 Millionen Wahlberechtigten stehen laut Daten der Statistik Austria rund 610.000 Nicht-Österreicher:innen im Wahlalter mit Hauptwohnsitz in Wien gegenüber. Das entspricht einem Anteil von 35,4 Prozent, österreichweit waren zum 1. Jänner 19,7 Prozent der Über-16-Jährigen nicht wahlberechtigt.

Wahllokal
Wenn am 27. April in Wien der Gemeinderat und der Landtag neu gewählt werden, kann ein Drittel der Einwohner:innen nicht wählen.
EU-Bürger:innen dürfen nur Bezirksvertretung wählen

Mehr als ein Drittel der Nicht-Stimmberechtigten stammt aus der Europäischen Union. Die rund 260.000 in Wien lebenden EU-Bürger:innen dürfen zwar an den Bezirksvertretungswahlen teilnehmen, aber anders als in anderen Gemeinden nicht für den Gemeinderat stimmen, weil dieser in Wien gleichzeitig der Landtag ist und die Teilnahme an Landtagswahlen gemäß Verfassung österreichischen Staatsbürger:innen vorbehalten ist. Zwar wächst die Zahl der auf Bezirksebene wahlberechtigten EU-Ausländer seit Jahren, ihre Wahlbeteiligung ist aber traditionell gering. 2020 gaben nur 20,4 Prozent der Wahlberechtigten aus anderen EU-Staaten ihre Stimme ab – bei einer Gesamtwahlbeteiligung von 57,7 Prozent.

Auf dem Weg zur halben Demokratie

Seit Jahren gibt es Warnungen, dass der steigende Anteil der Nichtwahlberechtigten ein demokratiepolitisches Problem darstellt. Die Organisation SOS Mitmensch spricht davon, dass sich Wien auf dem Weg zu einer „halben Demokratie“ befinde, weil laut ihrer Prognose im Jahr 2050 nur noch jede zweite Person wahlberechtigt sein werde.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Das Problem sieht die NGO, die im Vorfeld der Wien-Wahl erneut eine symbolische „Pass Egal Wahl“ veranstalten wird, nicht nur in der Einwanderung, sondern auch im restriktiven Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft. Einen österreichischen Pass zu bekommen, ist schwer und teuer. Österreich rangiert beim weltweiten Migrant Integration Policy Index auf dem drittletzten Platz. Nur in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist es noch schwerer, die Staatsbürgerschaft zu bekommen. Daran dürfte auch die neue Dreierkoalition wenig ändern, laut Regierungsprogramm sollen zum Beispiel die Anforderungen bei Deutschkenntnissen noch weiter verschärft werden. Nur für Personen mit dringend benötigten Berufen soll es Erleichterungen bei den finanziellen Anforderungen geben. (Red./APA)

Die Tunnelgräber der Lobau

Biber sind eine der wichtigsten Tiere im Auenwald. Wenn sie ein Gebiet zu ihrem Revier machen, steigt die Artenvielfalt. Das machen sie, in dem sie den Wald nach ihren Wünschen umbauen. Das tun auch wir Menschen, nur leider mit weniger erfreulichen Folgen für die Natur.

Drei klatschende Schläge im Wasser, dann Stille. Wer öfter durch die Wiener Lobau streift, weiß, was das gerade war. Man hat fremdes Revier betreten. Biberrevier. Und das ist den scharfsinnigen Nagern nicht entgangen. Mit seinem schuppigen Schwanz, der Kelle, schlägt einer von ihnen kräftig auf die Wasseroberfläche. Jetzt weiß der restliche Biberclan Bescheid: potenzielle Gefahr im Anmarsch. Sie tauchen ab und beobachten die Lage im Verborgenen. Biber sind sehr aufmerksam und geräuschempfindlich. Sie nehmen alles wahr, was in ihrem Revier passiert. Was eine Großbaustelle, wie der geplante Lobautunnel für die Biber im Naturschutzgebiet bedeuten würde, will man sich an diesem ruhigen Frühlingsmorgen besser nicht vorstellen.

Die Gewässer der Lobau sind ein idealer Lebensraum für Biber. Noch, denn der Lobautunnel könnte die Lobau austrocknen.

Obwohl es viele Biber in der Lobau gibt: Zu Gesicht bekommt man sie selten. Trotzdem lohnt sich ein Spaziergang, denn der Biber hinterlässt Spuren. Sehr viele sogar. Kein anderes Tier krempelt seine Umwelt derart um wie der Biber. Und diese Spuren helfen uns, zu verstehen, was der Biber für die Artenvielfalt im Wald leistet.

Biber schaffen Totholz

Welchen Weg auch immer man durch die Lobau gewählt hat, früher oder später trifft man auf einen gefällten Baum. Ob hier ein Biber oder doch nur der Wind am Werk war, lässt sich schnell klären. Die Abdrücke der langen Biber-Schneidezähne im Holz sind unverkennbar. Mit ihnen schabt er die Rinde der Bäume ab, wie ein Schäler die Apfelhaut. Besonders Weichhölzer wie Weiden und Pappeln finden die Nager unwiderstehlich. Um an die geliebte Rinde und an die ein oder andere Knospe heranzukommen, müssen sie den Baum fällen. Denn Klettern ist keine Option. Biber sind an Land ungeschickt – und nebenbei echte Schwergewichte. Mit bis zu 30 Kilo sind nach dem südamerikanischen Wasserschwein die zweitschwersten Nagetiere der Welt.

Totholz ist die Lebensgrundlage für unzählige Tier-, Pilz- und Pflanzenarten. Der Biber sorgt dafür, dass immer reichlich davon vorhanden ist. © Kern / Nationalpark Donauauen

Vielen Menschen ist der Biber suspekt. Er schade dem Wald, weil er gesunde Bäume fällt, so die landläufige Meinung. Doch das Gegenteil ist der Fall. Ein gesunder Wald braucht Totholz. Ein genauer Blick auf einen toten Baumstamm genügt, um zu sehen, dass er alles andere als tot ist. Am Stamm wimmelt es vor Kleinstlebewesen. Auf, in und um gefällte Bäume leben Ameisen, Holzwespen, Pracht- und Hirschkäfer. Neben Tieren finden auch unzählige Flechtpilze und Farnarten am Totholz ihr Zuhause.

Der Förster des Waldes

Der Biber schafft für sie alle Lebensräume, indem er immer neues Totholz bereitstellt. Aber er tut dem Wald noch auf andere Weise einen Gefallen. Ein paar Schritte weiter, nahe dem Seitenarm, tun sich Lichtungen im Wald auf. Und auch hier hatte der Biber seine Finger im Spiel – oder besser seine Schneidezähne. Mit jedem Baum, den der Nager fällt, entstehen kleine Lichtungen im Wald. Dadurch schaffen es Sonnenstrahlen wieder direkt zum Waldboden. Das Ergebnis: prächtige Wildwiesen. Wer sich die Zeit nimmt, das wuselige Geschehen hier zu beobachten, kann eine Vielfalt an Wildbienen, Schmetterlingen und Faltern zählen.

Auch hier hat der Biber wieder kleine Lebensräume geschaffen, die der Wald zuvor nicht hatte. Außerdem ermöglichen die Lichtungen jungen Bäumen, nachzuwachsen. So verjüngt der Biber den Wald. Und der Biber gibt Baumarten eine Chance, die unter den dunklen Baumkronen alter Bäume nie gewachsen wären.

Der Biber und seine Dämme

Der Biber ist fleißig. Aber er arbeitet durchaus mit Augenmaß. Das zeigt sich auch in der Lobau. An keinem der Seitenarme findet man einen Biberdamm. Der Grund: Das Wasser ist von Natur aus tief genug für sie, um Schwimmen und Tauchen zu können. Die Arbeit, hier einen Damm anzulegen, macht sich keiner der Biber.

Biberfamilien, die in kleinen Bächen und Flüssen leben, haben da mehr zu tun. In mühsamer Kleinstarbeit legen sie Dämme an und schaffen dahinter Bereiche, wo das Wasser höher steht und langsamer fließt – sogenannte Biberteiche. Diese Teiche sind einerseits ein wichtiger Hochwasserschutz. Andererseits sind Biberteiche wahre Biouniversitätswunder.  Hier finden Tiere einen Lebensraum, die in fließenden Gewässern eigentlich nicht heimisch sind. Amphibien wie Frösche, Molche und Kröten genauso wie Libellen.

Der Biber ist zwar vor allem für seine Dämme bekannt, er ist aber auch ein fleißiger Tunnelgräber. Auch in der Lobau. Entlang von Gewässern gräbt er bis zu zehn Meter lange Röhrentunnel in Uferböschungen. Im Gegensatz zu den Burgen sind die Tunnel aber für Menschen selten sichtbar. Denn die Eingänge liegen meist unterhalb des Wasserspiegels. Die Tunnel ermöglichen dem Biber einen geschützten Zugang zu seiner Wohnröhre und dienen als Fluchtwege vor Fressfeinden.

Äste, die dank des Bibers im Wasser landen, sind für die europäische Sumpfschildkröte willkommene Rastplätze. © Dolecek / Nationalpark Donauauen
Lobautunnel könnte Lobau austrocknen

Der Biber ist ein Tier des Wassers. Ohne den dicht verzweigten Seitenarmen könnte er in der Lobau nicht überleben. Der geplante Lobautunnel könnte aber dieses empfindliche wasserreiche Ökosystem stören. Unter der Lobau gibt es eine dicke Schicht aus Sand und Kies, in der riesige Mengen Grundwasser langsam fließen. Dieses Wasser hält die Lobau feucht.

Der Tunnel würde genau durch diese Bodenschicht verlaufen und dabei wie eine riesige wasserundurchlässige Barriere wirken – ähnlich einer Mauer in einem Fluss. Das langsam fließende Wasser müsste also an den Seiten des Tunnels oder darunter vorbei.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Wie genau der Tunnel die Grundwasserströme in der Lobau ändern würde, weiß keiner genau. Die Bodenstruktur ist komplex und es wurden wenige Untersuchungen im Vorbild angestellt. Es gibt aber berechtigte Sorge, dass sich die Strömungen des Wassers so verändern könnten, dass der Nationalpark darüber vertrocknet. Das wäre eine Katastrophe für den Biber.

Der Biber verspeist sein Essen am liebsten im geschützten Wasser. © Kern / Nationalpark Donauauen
Was Menschen und Biber gemeinsam haben

Der Biber verändert die Landschaft so, dass sie seinen Bedürfnissen gerecht wird. Das hat er mit den Menschen gemeinsam. Auch wir verändern Landschaften zu unseren Gunsten.

Das wollen wir auch in der Lobau tun. In dem zum Nationalpark Donauauen gehörenden Gebiet soll mit größtem Aufwand und viel Geld ein Tunnel gegraben werden. Während der Biber bei seinen Bauarbeiten die Natur so verändert, dass andere Arten mehr Platz zum Leben vorfinden. Wir Menschen verändern die Natur so, dass andere Arten immer weniger Platz haben. Wir können uns vom Biber also so einiges abschauen.

Unsere Erde ist ein Raumschiff mit begrenzten Ressourcen

Würde alle Menschen so leben wie wir in Österreich, hätten wir bereits am 29. März 2025 alle Ressourcen unserer Erde verbraucht. Zwar leben nicht alle Länder so verschwenderisch wie wir, aber auch auf die gesamte Weltbevölkerung gesehen verbrauchen wir viel zu viele Ressourcen. Wenn wir die Erde als Raumschiff betrachten, zeigt sich deutlich, warum wir ein Umdenken brauchen.

Seit 1971 berechnet die Organisation Global Footprint Network den Erschöpfungstag. Sowohl für einzelne Länder als auch für die gesamte Erde. Vor 50 Jahren lag der Welterschöpfungstag noch am 14. Dezember. Im Laufe der Jahrzehnte ist der Tag allerdings immer weiter vorgerückt. 2024 lag er am 1. August. Die restlichen 153 Tage im Jahr lebt die Menschheit zulasten der Erde. Oder anders gesagt: Wir verbrauchen so viele natürliche Ressourcen, dass unser Planet keine Chance hat, sie wieder nachproduzieren. Um besser zu verstehen, was das bedeutet, hilft es, sich die Erde als Raumschiff vorzustellen.

Earth Overshoot Day

Ein Raumschiff namens Erde

Am Raumschiff Erde finden die Fahrgäste alles, was sie zum Leben brauchen. Solange die Lebenserhaltungssysteme funktionieren, werden sie mit Luft, Wasser, Essen und Energie versorgt. Im Gegensatz zu allen anderen Raumschiffen funktioniert die Erde ganz von selbst, ein wahres Wunderwerk. Sie braucht keinen Treibstoff, keine Wartung und alle Passagiere reisen umsonst mit.

Allerdings ist die Leistung des Raumschiffs Erde begrenzt. Es kann pro Jahr nur eine bestimmte Menge an natürlichen Ressourcen für seine Fahrgäste zur Verfügung stellen. Wenn sie mehr brauchen, müssen sie auf den Notfallspeicher zurückgreifen. Und das machen sie auch.

Wir plündern den Notfallspeicher

In den ersten Jahren entnehmen die Fahrgäste nur ganz wenig aus dem Notfallspeicher. Das Raumschiff Erde scheint das nicht weiter zu stören, alle Lebenserhaltungssysteme funktionieren weiterhin. Also entnehmen die Fahrgäste in den Jahren darauf immer mehr. Und dann beginnt es zu kippen. Die Lebenserhaltungssysteme funktionieren immer schlechter. Denn die Erde braucht selbst Ressourcen, um ihre Systeme am Laufen zu halten.

Doch die Fahrgäste im Raumschiff Erde plündern weiter. Irgendwann haben sie schon im Sommer die Ressourcen für das ganze Jahr verbraucht und müssen riesige Mengen aus dem Notfallspeicher entnehmen. Genau an dem Punkt stehen wir jetzt auf unserer Erde.

Unsere Erde ist erschöpft

Die Metapher des Raumschiffs hilft uns zu verstehen, dass die natürlichen Ressourcen unserer Erde begrenzt sind. Unsere Erde ist ein komplexes und empfindliches System, genauso wie ein Raumschiff. Durch unsere Art zu leben und zu wirtschaften fügen wir der Erde Schaden zu. Natürlich gibt es keinen Notfallspeicher, den wir tatsächlich durch unsere Lebensweise leerräumen. Aber nichtsdestotrotz plündern und beschädigen wir unsere Erde. Durch die Überfischung der Meere, durch den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen, durch die Abholzung der Regenwälder. Genau darauf möchte der Welterschöpfungstag hinweisen.

Österreichs eigener Erschöpfungstag

Fachleute errechnen nicht nur den Welterschöpfungstag, sondern auch Erschöpfungstage für einzelne Länder. Und dieser Tag macht Österreich kein schlankes Bein. Würden alle Menschen der Erde genauso leben wie ein durchschnittlicher Österreicher oder Österreicherin, dann wären die Ressourcen der Erde schon 29. März verbraucht. Damit liegt Österreich weit vorn im weltweiten Vergleich und über einen Monat vor Nachbarländern wie Deutschland (3. Mai), Italien (6. Mai), der Schweiz (7. Mai) oder Ungarn (31. Mai).

Wir müssen nachhaltiger leben

Insbesondere reiche Länder wie Österreich müssen ihre Art zu leben und zu wirtschaften verändern. Unsere Erde ist endlich, und das muss sich in unser aller Leben widerspiegeln. Das beginnt bei der Frage, ob wir Dinge reparieren oder wegschmeißen. Wie wir Energie gewinnen, ohne unser Klima zu schädigen. Oder wie wir Essen anbauen, ohne dabei Ökosysteme zu zerstören.

Die Erde hat keinen Notausgang

Nur so kann das Raumschiff Erde auch in Zukunft vielen Menschen ein gutes Leben bieten. Es gehört uns nicht, wir sind lediglich Gäste, die für eine bestimmte Zeit mitfahren dürfen. Und eine weitere Tatsache sollten wir uns in Erinnerung rufen: Genauso wie ein Raumschiff hat auch unsere Erde keinen Notausgang. Wir können sie nicht verlassen, selbst wenn die Lebenserhaltungssysteme ausfallen. Sie ist der einzige lebensfreundliche Ort inmitten eines lebensfeindlichen Universums. Und derzeit leuchten alle Warnlämpchen im Raumschiff rot.

Erderwärmung stärker als gedacht

Wird die Erderwärmung stärker ausfallen, als wir bisher angenommen haben? Eine neue Langzeitstudie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung geht davon aus. Denn die neue Studie simuliert zum ersten Mal die Entwicklung der Erderwärmung über die kommenden 1000 Jahre.

Die Erderwärmung könnte aufgrund von Rückkopplungen langfristig deutlich stärker ausfallen als gedacht. Das zeigt eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgeforschung (PIK). Das Pariser Ziel, die Erwärmung bei deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten, sei nur mit sehr niedrigen Emissionen und bei einer geringeren Klimasensitivität als derzeit angenommen erreichbar, warnt das Institut. Die Klimasensitivität umschreibt dabei, wie stark sich die Erde erwärmen würde, wenn sich der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre verdoppelt. Die Studie berücksichtigte dabei eine Spanne von zwei bis fünf Grad Celsius, die vom Weltklimarat (IPCC) als sehr wahrscheinlich eingestuft wird. Sie berücksichtigte für ihre Langzeitanalyse außerdem alle derzeit bekannten wichtigen Rückkopplungen im Kohlenstoffkreislauf, auch Methan, und untersuchte, wie stark diese zur Erwärmung beitragen.

Rückkopplungen als Auslöser

Die Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass die Erderwärmung in den kommenden tausend Jahren viel stärker ausfallen könnte als bisher angenommen. Selbst in Szenarien, die heute als relativ sicher gelten, die Erderwärmung unter zwei Grad Celsius zu halten, könnten Rückkopplungen im Klima- und Kohlenstoffkreislauf die Temperaturen stärker ansteigen lassen. Ein Beispiel für solche Rückkopplungen ist etwa das Auftauen von Permafrost.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Auswirkung für Jahrhunderte

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Dringlichkeit, unsere Emissionen schneller zu reduzieren und CO₂ aktiv aus der Atmosphäre zu entfernen. „Was wir heute tun, wird das Leben auf diesem Planeten für Jahrhunderte prägen“, sagt PIK-Direktor Johan Rockström und Mitautor der Studie. „Das Zeitfenster, um die Erwärmung unter zwei Grad Celsius zu halten, schließt sich schnell. Wir sehen bereits, dass das Erdsystem an Stabilität verliert – das könnte Rückkopplungen auslösen, welche die Klimasensitivität erhöhen und damit zu beschleunigter Erwärmung und Abweichungen von bisherigen Prognosen führen.“ (Red./APA)

Kein großer Wurf beim Bodenschutz

0

Der WWF hat die Vorhaben der neuen österreichischen Regierung beim Bodenschutz analysiert und fordert sowohl konkretere Ziele als auch Nachbesserungen bei den bereits bestehenden. Der Bodenverbrauch in Österreich ist nach wie vor viel zu hoch.

28 Punkte aus dem Regierungsprogramm der Dreier-Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos hat die Umweltschutzorganisation zum Thema Bodenschutz untersucht. Dabei wurden nur sieben „neue und positive“ Vorhaben registriert. Der Großteil der Punkte schreibe hingegen bisherige Versprechen nur sehr vage fort. Vier weitere Regierungspläne bewertet der WWF hingegen als „eindeutig negativ“.

Bodenverbrauch

Autobahnen sind Rückschritt

Als großen Rückschritt beurteilt der WWF vor allem die geplante Forcierung des Straßenbaus. „Neue Autobahnen und Schnellstraßen schaffen wissenschaftlich erwiesen wieder nur mehr Verkehr und sabotieren die Klima- und Bodenschutz-Ziele“, erklärt WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories. So würden laut dem aktuellen Umweltbericht allein durch die Lobau-Autobahn rund 130 Hektar an landwirtschaftlichen Flächen verloren gehen. Ebenso kritisch sieht der WWF die angestrebte Beschleunigung von Bauverfahren. „Hier drohen unter dem Deckmantel der Vereinfachung wichtige Umweltstandards untergraben zu werden“, warnt Pories.

Bodenverbrauch
Die geplanten neuen Autobahnen und Schnellstraßen sind laut WWF ein großer Rückschritt beim Boden- und Klimaschutz. © Christian Lendl
Bodenschutz unzureichend

Die 28 untersuchten Punkte beziehen sich auf bodenrelevante Maßnahmen, die der WWF im aktuellen Regierungsprogramm gefunden hat. Fazit: Die Dreier-Koalition werde insgesamt der Dringlichkeit des Problems nicht gerecht. „Der Bodenschutz ist zwar im Programm mehrfach verankert, aber es ist noch nicht erkennbar, wie die Bundesregierung ihre Ziele tatsächlich erreichen will. Insgesamt gibt es viel Luft nach oben.”, sagt Simon Pories. Ein potenzieller Fortschritt wären demnach die stärkere Raumordnung auf Landesebene und versprochene Bodenschutz-Maßnahmen im Finanzausgleich.

Bodenschutz Bodenverbrauch

Bodenverbrauch zu hoch

Laut aktuellen Berechnungen des WWF sei der Bodenverbrauch in Österreich weiterhin viel zu hoch: Im Jahr 2024 wurden trotz der schwächelnden Bauwirtschaft rund 25 Quadratkilometer Boden neu verbraucht. Somit sei eine Fläche neu verbaut und versiegelt worden, die in etwa dem Traunsee entspricht. Das liege weit über dem versprochenen 2,5-Hektar-Ziel. Es gebe weiterhin große strukturelle Defizite beim vorbeugenden Bodenschutz. Dabei müsste Österreich aufgrund seiner alpinen Topografie besonders sparsam mit der endlichen Ressource Boden umgehen, so der WWF. (Red./APA)

Den vollständigen WWF-Bericht gibt es hier als Download.