Balance im Geldbörsl

Männer besitzen mehr Geld und Männer haben mehr Zeit, sich ein Vermögen aufzubauen. Frauen kümmern sich währenddessen unbezahlt um Kind und Haushalt. Das zu ändern, ist in unser aller Sinne.

Stellen wir uns ein Paar vor: Lisa und Simon. Beide sind in ihren 30ern und gehen Vollzeit arbeiten. Er in einem Architekturbüro, sie ist Anwältin. Vor zwei Jahren ist die gemeinsame Tochter Julia zur Welt gekommen. Dass beide trotz Kleinkind Vollzeit arbeiten können, liegt daran, dass die Kinderbetreuungsmöglichkeiten gut ausgebaut sind. Lisa bringt Julia in der Früh um halb sieben in den Kindergarten, Simon holt sie am Abend um 18 Uhr wieder ab. Niemand von ihnen muss Arbeitsstunden reduzieren, um Job und Kinderbetreuung vereinbaren zu können. Das bedeutet auch, dass beide nicht weniger verdienen als vor Julias Geburt. Mit dem Geld, das sie nun verdienen, können sie ein schönes, selbstbestimmtes Leben führen und sind für das Alter abgesichert.

Mütter in Teilzeit

Doch die Realität sieht in den meisten Fällen anders aus: Die Hälfte der erwerbstätigen Frauen arbeitet nur halbtags, insbesondere dann, wenn sie Mütter sind. Viele von ihnen tun das nicht, weil sie sich eine persönliche Arbeitszeitverkürzung finanziell leisten können, sondern weil sie müssen. Sie leisten mehr unbezahlte Arbeit im Haushalt als Männer und haben dadurch weniger Zeit, bezahlter Arbeit nachzugehen. Während Männer im Büro sitzen und Geld verdienen, spielen Frauen mit den Kindern, kochen für die Familie oder putzen, damit das Zuhause herzeigbar ist. Und das Ganze natürlich unbezahlt. Laut Oxfam verdienen Frauen, die Mütter werden, im Laufe ihres Lebens rund 42 Prozent weniger als Männer.

Männer sind reicher als Frauen

Großer Reichtum ist ohnehin Männern vorbehalten. Frauen verfügen über weniger Vermögen als Männer und haben auch weniger Chancen, sich im Laufe ihres Lebens ein Vermögen aufzubauen. Der sogenannte Gender Wealth Gap in österreichischen Paarhaushalten beträgt 28 Prozent. Die Unterschiede zeigen sich vor allem am oberen Ende der Vermögensverteilung. Je größer das Vermögen, desto größer auch die Lücke zwischen den Geschlechtern. Frauen innerhalb der Top 1-Prozent der Vermögenden besitzen rund 430.660 Euro weniger als Männer. In diesen Sphären lassen die Männer auch das Kapital für sich arbeiten – sie vermieten teure Wohnungen, verkaufen Luxusimmobilien oder holen sich Unternehmensgewinne ab.

Care-Arbeit verhindert, Vermögen aufzubauen

Auch wenn sich die eklatanten Unterschiede vor allem dort zeigen, wo das Vermögen zu Hause ist, nämlich bei den Reichen, betreffen sie die gesamte Gesellschaft. Denn dass Frauen weniger Vermögen haben als Männer, liegt auch daran, dass sie weniger Möglichkeiten haben, sich eines im Laufe ihres Lebens aufzubauen. Denn je weniger sie selbst verdienen, desto weniger Geld haben sie zur Verfügung für ein selbstbestimmtes Leben, desto mehr müssen sie sich von gut verdienenden Männern abhängig machen, desto mehr droht ihnen Altersarmut.

Historisch gesehen wurden Frauen lange Zeit von Geld ferngehalten. Das Geld bringen die Männer heim, Frauen halten währenddessen den Haushalt am Laufen, so das lang vorherrschende Gesellschaftsmodell. In Österreich dürfen Frauen erst seit 1975 ohne Zustimmung ihres Mannes arbeiten. Heute sind Frauen vorrangig in Branchen tätig, die schlecht bezahlt sind. Zum Beispiel als Verkäuferinnen, Friseurinnen und Krankenpflegerinnen.  Zu sagen, Frauen suchen sich diese schlecht bezahlten Jobs selbst aus, wäre falsch. Es ist umgekehrt. Berufe sind schlecht bezahlt, weil sich Frauen häufig für sie entscheiden. Wird ein Beruf als weiblich wahrgenommen, wird ihm weniger Wert beigemessen.

Niedrigeres Einkommen als Problem im Alter

Das Geld, das Frauen während ihres Erwerbslebens nicht verdienen, fehlt ihnen auch im Alter. Sie müssen ihre Lebensmittel im Sozialmarkt kaufen, sitzen im Winter in einer kalten Wohnung, weil sie sich die Heizkosten nicht leisten können und sind auf die Mindestpension angewiesen. Oft machen sie sich dann von einem Mann abhängig. Und wer abhängig ist, ist in einer schlechten Position. Das beginnt bei weniger Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen und endet bei physischer Gewalt. Ist die Frau abhängig, kann sie nicht einfach gehen. Denn das Geld hat ja er.

Mit Erbschaftssteuer Kinderbetreuung verbessern

Keine schönen Zukunftsaussichten für Frauen. Stattdessen wollen wir, dass sie Optionen haben, ihr Leben so zu gestalten, wie sie wollen. Dass sie von niemanden abhängig sind. Dafür müssen wir Geld gerechter aufteilen. Unter anderem, indem wir Erbschaften in Millionenhöhe besteuern. Denn in Österreich zahlt die Krankenpflegerin für ihre Arbeit mehr Steuern als jemand, der Millionen von seinen Eltern erbt. Die Krankenpflegerin leistet jeden Tag enorm viel, um am Ende des Monats ihr Gehalt auf ihr Konto überwiesen zu bekommen. Erben hingegen ist keine Leistung. Das ist einfach nur das Glück, in die richtige Familie geboren worden zu sein. Besteuert man sehr hohe Erbschaften, können die Einnahmen daraus in sozialstaatliche Maßnahmen fließen. Zum Beispiel in längere Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen, damit auch Mütter Vollzeit arbeiten können und nicht weniger verdienen, nur weil sie ein Kind haben.

Care-Arbeit fair aufteilen

Wir müssen aber auch unsere Denkmuster hinterfragen. Viel zu oft gehen Kinder finanziell zulasten der Frau. Da sie in vielen Fällen schon vor der Geburt weniger verdienen als ihre Partner, entscheiden sich viele Familien dazu, dass zunächst sie beim Kind zu Hause bleibt. Sie ist es, die die Arbeitsstunden reduziert, um Job, Kind und Haushalt zu schupfen. Männer sollten sich stattdessen gleichberechtigt an der Care-Arbeit beteiligen. Männer, die in Väterkarenz waren, beteiligen sich auch danach mehr an der Kinderbetreuung und Hausarbeit, zeigt eine Studie. Sorgen wir dafür, dass die fiktive Kleinfamilie von Lisa und Simon nicht die Ausnahme ist, sondern zur Regel wird.

Über die/den Autor:In

Nicole Frisch
Nicole Frisch
Nicole studiert Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung an der Universität Wien. Das Ziel: Die Weltpolitik verstehen – und das Verstandene mit möglichst vielen Menschen teilen. Ihren Weg in den Journalismus hat sie über die NÖN gefunden. Ihre Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Migration und Vergangenheitspolitik.

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