Keine Zeit für Abschaffung der Zeitumstellung

Am 26. März heißt es wieder: Uhren auf Sommerzeit umstellen. Aber Moment! Wollte die EU die Zeitumstellung nicht längst abschaffen? FREDA hat sich angesehen, was aus diesem Vorhaben wurde und ob die Zeitumstellung auf Sommerzeit wirklich Energie spart. Immerhin wurde sie aus diesem Grunde einst eingeführt. 

Für oder gegen die Zeitumstellung? Diese Frage wurde im Sommer 2018 heiß diskutiert. Der Grund: Eine Abstimmung der Europäischen Kommission. Im Internet konnten die EU-Bürger:innen darüber abstimmen, ob sie die Zeitumstellung beibehalten oder abschaffen wollten.

Das europaweite Ergebnis war eindeutig: 84 Prozent der Befragten wollten die Uhrendreherei loswerden. In Österreich sprach man sich zu immerhin 77 Prozent für eine Abschaffung der Zeitumstellung aus. Nur zwei EU-Mitgliedsstaaten entschieden anders. In Griechenland und Zypern wollte die Mehrzeit der Befragten die Zeitumstellung beibehalten.

Befragung nicht repräsentativ

Ein klarer Auftrag also? Nicht ganz. Die EU-Kommission betonte schon damals, es handle sich nicht um ein Referendum, sondern um eine Konsultation. Soll heißen: Das Ergebnis der Umfrage wird nicht automatisch umgesetzt. Außerdem nahm in manchen Ländern nur ein winziger Teil der Bevölkerung teil. In Italien etwa, einem Land mit 60 Millionen Einwohner:innen, gaben nur 24.200 Menschen ihre Stimme ab. Zum Vergleich: In Deutschland nahmen 3,1 Millionen Menschen teil, in Österreich immerhin rund 260.000. Repräsentativ war die Befragung also nicht.

Trotz alledem beherzigte die Kommission das Ergebnis und machte im Anschluss einen entsprechenden Gesetzesvorschlag ans Europäische Parlament. Und das stimmte im März 2019 zu. Warum gibt es das Gesetz also nicht längst?

Ball liegt bei Mitgliedsstaaten

Das liegt an einer noch ungeklärten Frage: Sollen die Zeiger dauerhaft auf Sommer- oder dauerhaft auf Winterzeit stehen? Darauf müssen die Mitgliedsstaaten selbst eine Antwort finden, sagt das Europäische Parlament. Eine EU-weit einheitliche Antwort allerdings. Und das ist nicht so leicht. Dauerhafte Sommerzeit hieße für Spanien, dass im Winter erst um zehn Uhr hell wird. Einigen sich alle auf Winterzeit, würde es in Polen im Sommer bereits um drei Uhr morgens hell werden. Beides ist nicht besonders angenehm für die dort lebenden Menschen.

Klären muss diese strittige Frage der Europäische Rat. Jenes EU-Organ, das sich aus den Staats- und Regierungschefs aller Mitgliedsländer zusammensetzt. Zuletzt hat der Rat im Dezember 2019 über das Thema diskutiert. Dann kam Corona, später der Angriffskrieg auf die Ukraine und dann die damit verbundene Energiekrise. Kurz gesagt: Der Europäische Rat ist seitdem mit wichtigeren Themen beschäftigt und das Thema Zeitumstellung war in den letzten drei Jahren nicht auf der Agenda.

Der Stromspar-Effekt umstritten

Die Diskussionen um die Abschaffung zieht sich also weiter hin. Und begonnen hat sie nicht erst mit der EU-Befragung. Denn im Laufe der Jahre gab es immer mehr Zweifel an der Energieeinsparung. Zu diesem Zweck wurde die Zeitumstellung nämlich eingeführt. Der Gedanke: Wenn es in der Sommer-Jahreshälfte länger hell bleibt, braucht die Bevölkerung am Abend weniger künstliches Licht. Ergo ein Energiespareffekt. In Österreich kam man bereits während der Weltkriege auf diesen Gedanken – von 1916 bis 1920 und von 1940 bis 1948 gab es bereits die Sommerzeit. Dauerhaft eingeführt wurde sie aber erst 1980.

Dass wir mit der Zeitumstellung abends weniger künstliches Licht brauchen, stimmt nach wie vor. Aber dank der heute weit verbreiteten LED-Beleuchtung ist der Stromspar-Effekt vergleichsweise gering. Aber immerhin: Ein geringer Effekt ist besser als gar kein Effekt. Wäre da nicht ein anderer Umstand, der die Ersparnisse wieder zunichtemacht. Denn während der Sommerzeit, insbesondere in den Frühlings- und Herbstmonaten, heizen wir in den kälteren Morgenstunden mehr. Das sagt zumindest das deutsche Bundesumweltamt. Und Heizen ist der mit Abstand größte Energieverbraucher und CO₂-Verursacher im Haushalt. Der einzige Grund für die Beibehaltung der Zeitumstellung ist also im besten Fall umstritten.

Zweimal im Jahr Jetlag

Etwas anderes spricht klar gegen die Umstellung: Zweimal im Jahr bringt sie unseren Körper durcheinander. Denn jede unserer Zellen besitzt eine innere Uhr. Sie geben den Takt im Körper vor und regeln lebenswichtige Vorgänge. Bei jeder Zeitumstellung müssen wir nicht nur unsere Uhren im Haushalt, sondern auch unsere innere Uhr neu stellen. Die Umstellung fühlt sich für viele Menschen an wie ein Mini-Jetlag. Kopfschmerz, schlechter Schlaf und Probleme beim Konzentrieren sind häufige Beschwerden an den Tagen nach der Umstellung. Kinder und Menschen mit Schlafstörungen leiden besonders.

Eines steht jedenfalls fest: Am 26. März müssen wir unsere Uhren noch umstellen, von Winterzeit auf Sommerzeit. Und kein Artikel über die Zeitumstellung wäre komplett, ohne den obligatorischen Hinweis, ob die Uhr vor- oder zurückgestellt werden muss. Also gut: Wir müssen den Zeiger um eine Stunde nach vorn stellen. Wer es ganz genau machen möchte, stellt in der Nacht von Samstag auf Sonntag von 2 Uhr auf 3 Uhr um.

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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