Strom vom Nachbarn

Energiegemeinschaften bieten eine Möglichkeit, mit Nachbar:innen Strom zu teilen, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. In Österreich gibt es bereits über 1.000 dieser Energiegemeinschaften – und die Zahl steigt.

Sonnenstrahlen haben eine solch starke Kraft, dass sie 1.000 mal mehr Energie erzeugen können, als verbraucht werden kann. Die überschüssige Energie, die beispielsweise mit einer eigenen Photovoltaikanlage am Dach erzeugt wird, kann durch eine Erneuerbare Energiegemeinschaft (EEG) mit Nachbar:innen oder der Gemeinde geteilt werden. Nicht genutzter Strom wird sonst zurück ins Netz eingespeist oder geht sogar verloren. Durch eine EEG kann somit deutlich mehr Energie eingespart und verteil werden. Neben Photovoltaikanlagen können Kleinwasser- oder Windkraftanlagen und Biogas eingesetzt werden. Durch ein solches Energienetzwerk werden Nachbar:innen zu regionalen und günstigen Stromanbierter:innen – und schützen dabei gemeinsam das Klima.

Stadt, Land, Fluss

Seit 2021 können in Österreich mehrere Personen über Grundstücksgrenzen hinweg Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren, speichern, verbrauchen und verkaufen. Mittlerweile gibt es hierzulande über eintausend EEGs.

Auch die EEG in der Gemeinde Sulz im Wienerwald ist eine davon. Gründer Karl Hirschmugl hat sich vor sechs Jahren eine Photovoltaikanlage zugelegt und schnell gemerkt, dass er mehr Strom generiert, als er verbraucht. Aus der Idee, den Strom mit seiner Nachbarin teilen zu wollen, entstand die EEG Wienerwald. Mittlerweile ist sie seit April intakt und für alle Stromkund:innen der Gemeinde Wienerwald und Umgebung zugänglich und nutzbar. Einzige Voraussetzung ist ein moderner digitaler Stromzähler (Smartmeter), den die Wiener Netze zur Verfügung stellen.

Wir durften Karl Hirschmugl und einen Abnehmer, Bernd Gegenbauer, im Wienerwald treffen und uns die EEG genauer anschauen.

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In der Hauptstadt wird Energieteilen im Grätzl großgeschrieben. Ein Beispiel ist das Projekt „EEG Grätzl Energie“. Hier lautet das Motto „Miteinander – füreinander“. Diese EEG die erste regionale EEG der Bundeshauptstadt. Hier produziert ein Metallverarbeitungsbetrieb Strom auf seinem Dach. Die Überschüsse wird an die Gemeinschaft geliefert. Private Verbraucher:innen profitieren hier vor allem am Wochenende vom Gemeinschaftsstrom, da der Betrieb samstags und sonntags nahezu nichts von der selbst produzierten Energie benötigt.

In Wels in Oberösterreich hingegen bildet ein Kleinwasserkraftwerk das Herzstück einer EEG. Eine Firma nutzt hier die Wasserkraft des Welser Mühlbachs und produziert damit über 320.000 Kilowattstunden im Jahr. Damit deckt sie den Strombedarf von 16 benachbarten Verbraucher:innen. Auch diese EEG soll weiter ausgebaut werden – und zwar gemeinsam mit Photovoltaikanlagen, die sich bereits im Ort befinden. Dadurch kann auch der Sonnenstrom bestmöglich verwertet werden.

Förderung von sauberer Energie

Ein zentraler Aspekt für die EEG ist die Förderung von sauberer Energie. Die bezieht sich auf Energiequellen, die wenig oder gar keine schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt haben und die nicht zur globalen Erwärmung oder Umweltverschmutzung beitragen. Im Allgemeinen sind saubere Energiequellen erneuerbar und erzeugen wenig oder keine Treibhausgase oder andere Schadstoffe bei ihrer Nutzung. Beispiele sind Solarenergie (aus Sonnenlicht), Windenergie (aus Wind), Wasserkraft (aus fließendem Wasser), Geothermie (aus Erdwärme) und Biomasse (aus organischen Materialien). Mehr zu diesem Thema erfährst du hier.

Der Einsatz sauberer Energie wird als wichtiger Schritt betrachtet, um die Umweltbelastung zu verringern, sich von fernen Energielieferanten unabhängig zu machen und den Klimawandel zu bekämpfen, da sie im Vergleich zu fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas deutlich weniger schädlich ist.

Quelle: Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften
Energie spenden mit „Robin Powerhood“

Ein weiterer großer Vorteil von EEGs: Der überflüssige Strom lässt sich auch spenden. Hierzulande gibt es bereits das Projekt Robin Powerhood welches in Kooperation mit dem Verein Wohnung und Gemeinnütziges Sanierungs- und Beschäftigungs-GmbH (GESA) ins Leben gerufen wurde. Menschen in Energiearmut wird dadurch der Zugang zu leistbaren erneuerbaren Energien erleichtert. Strom, der zum Beispiel bei der Photovoltaikanlage vom Nachbar überbleibt, kann an andere, im Umkreis lebenden Menschen gespendet werden. Aktuell geben rund 9,3 Prozent der österreichischen Haushalte an, finanzielle Schwierigkeiten zu haben, die Wohnung im Winter warmzuhalten. Mit einer solidarischen Stromspende kann somit unter die Arme gegriffen werden.

Erst vor kurzem hat der Nationalrat die Errichtung einer staatlichen Koordinerungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut beschlossen. Das bedeutet konkret, dass Haushalte finanziell gefördert werden, die auf erneuerbare Energien umsteigen wollen. Ebenfalls sollen große Elektrogeräte gegen energieeffizientere Geräte ausgetauscht werden. Der Zugang zur Förderung läuft über die Sozialberatungsstellen der Caritas und der Volkshilfe Wien.

Möchtest du auch eine Energiegemeinschaft gründen oder beitreten? Auf der Website der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften sind alle wichtigen Infos und Anlaufstellen zusammengetragen.

Über die/den Autor:In

Julia Zander
Julia Zander
Julia studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaften in Wien und sprang danach direkt in die Medienwelt. Sie ist vor oder hinter der Kamera zu sehen. Ihr Ziel ist es, Geschichten zu erzählen, die Menschen inspirieren. Zuletzt arbeitete sie beim PULS4 Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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