Junge Frauen machen Politik

Frauen in der Politik sind immer noch in der Unterzahl. Elena, Shengjile und Laura sind drei junge Frauen, die die Gesellschaft mitgestalten wollen. Über das Mentoring-Programm der steirischen Grünen blicken sie nun zwei Monate hinter die Kulissen der Politik. 

Denk kurz an die Politik! Was ist gerade vor deinem geistigen Auge aufgetaucht? Vielleicht ein Politiker, wie er eine Rede vor dem Nationalrat hält oder an einem Verhandlungstisch sitzt? Die Wahrscheinlichkeit, dass du an einen Mann gedacht hast, ist sehr hoch. Denn Frauen sind in der Politik immer noch in der Unterzahl. Ein gutes Beispiel ist die Kärntner Landtagswahl, bei der es mit Olga Voglauer nur eine einzige Spitzenkandidatin gegeben hat. Alle anderen Parteien gingen mit Männern auf Listenplatz eins in die Wahl.

Frauen müssen die Politik mitgestalten

„Du bekommst als Mädchen immer vorgesagt, das geht nicht. Aber geht nicht, gibt’s nicht. Du kannst alles tun. Alles, was du dafür brauchst, hast du in dir. Sei die Veränderung, die du möchtest. Du kannst das“, hat die grüne Frauensprecherin Meri Disoski beim letzten FREDA-Salonabend in Graz gesagt. Es ist wichtig, dass Frauen die Gesellschaft mitgestalten. Denn sie nehmen bestimmte Themen anders wahr als Männer. Zum Beispiel hat Kinderbetreuung für sie einen anderen Stellenwert als für Männer. Oder der Schutz vor Männergewalt. Damit sich hier etwas zum Besseren entwickelt, braucht es den Blick von Frauen in Politik und Öffentlichkeit. „Es ist ganz wichtig, dass mehr Frauen in die Politik gehen. Dort werden die Weichen fürs Leben gestellt, das können wir nicht den Männern überlassen“, betont die steirische Frauensprecherin Veronika Nitsche.

Männer dominieren die Politik

Es wollen zwar immer mehr Frauen die Gesellschaft mitgestalten, die Politik ist aber immer noch von Männern dominiert. Im Nationalrat sind nur 40,4 Prozent der Abgeordneten weiblich. Nur jedes zehnte Bürgermeister:innenamt wird von einer Frau ausgeübt. Der Anteil der Frauen an der Gesamtbevölkerung liegt aber bei fast 51 Prozent. Es liegt also auf der Hand, dass die Interessen von Frauen in der Politik viel zu wenig repräsentiert werden.

Junge Frauen ermutigen

Um mehr Frauen für die Politik zu begeistern und sie dazu zu ermutigen, selbst politisch aktiv zu werden, haben die steirischen Grünen im Vorjahr ein Mentoring-Programm ins Leben gerufen. Dieses ging nun in seine zweite Runde Die Mentees werden acht Wochen lang ihre Mentorinnen wie Sandra Krautwaschl, Veronika Nitsche und die Grazer Vizebürgermeisterin Judith Schwentner zu unterschiedlichen Terminen begleiten. Sie können von den Erfahrungen ihrer Mentorinnen profitieren und sich ein eigenes Netzwerk aufbauen. „Wir wollen sie ermutigen, die Stimme zu ergreifen und sich einzumischen“, sagt Schwentner.

Elena, Shengjile und Laura sind drei junge Frauen, die an dem Programm teilnehmen.

Elena: Die Welt inklusiv gestalten
Frauen in der Politik
Elena setzt sich für mehr Inklusion und Barrierefreiheit ein. © Nicole Frisch

Für die 26-jährige Grazerin Elena ist Politik eine Lebenseinstellung. „Das Wesen von Politik ist, dass wir unser Leben mitgestalten. Politik betrifft alle unsere Lebensbereiche“, sagt sie. Und mitgestalten will die Grazerin. Seit 2017 ist sie Referentin für Barrierefreiheit der Österreichischen Hochschüler:inneschaft (ÖH) an der Universität Graz. Zudem setzt sie sich für mehr Barrierefreiheit in Graz ein. „Mein Hauptziel ist, die Stadt Graz so inklusiv wie möglich mitzugestalten“, betont Elena. Aufgrund eines Sauerstoffmangels bei der Geburt ist sie spastisch gelähmt sowie sehbehindert und daher auf einen Rollstuhl angewiesen.

Inklusion und Barrierefreiheit sind also Themen, die ihr Leben entscheidend prägen. „Behinderung drückt nicht Minderwertigkeit aus, sondern kann Potenzial sein, um auf eine inklusivere Welt hinzuarbeiten. Einfach nur dadurch, dass ich aus meinem Leben erzählen kann“, hält sie fest. Sie ist Frau und hat eine Behinderung. Da treffen zwei Benachteiligungen aufeinander, die sich gegenseitig verstärken. Als Beispiel nennt sie barrierefreie Toiletten. Bei diesen wird nämlich nicht nach den Geschlechtern unterschieden. „Menschen mit Behinderung werden als geschlechtslos abgestempelt. Es ist mir wichtig, durch das Mentoring-Programm zu zeigen, dass ich eine stolze Frau bin und stolz auf meine Behinderung bin“, unterstreicht die 26-Jährige. Sie will nicht nur Einblicke in die tägliche politische Arbeit bekommen, sie will sich auch selbst einbringen.

Frauen in der Politik
Jusstudentin Shengjile kennt die Politik in der Theorie und will die Praxis kennenlernen. © Nicole Frisch
Shengjile: Für eine gleichberechtigte Gesellschaft kämpfen

Shengjile hingegen will sich erst einmal den politischen Alltag anschauen. „Ich schnuppere mal in die Politik hinein und schaue, was sich ergibt“, lässt sie wissen. Die 23-Jährige studiert Jus und hat sich bereits theoretisch damit auseinandergesetzt, wie Politik funktioniert. Nun möchte sie hinter die Kulissen schauen und Politik in der Praxis erleben. Sie hat aber auch konkrete Vorstellungen, was sie aus dem Programm mitnehmen will. „Ich erhoffe mir, dass ich durch den Austausch eine Vision bekomme, wie ich mich als Frau für eine gleichberechtigte Gesellschaft und Gleichbehandlung einsetzen kann“, unterstreicht die Studentin. Von den Spitzenpolitikerinnen will sie sich abschauen, wie sie selbstbewusst auftritt. Shengjile interessiert sich besonders für die Themen Menschenrechte, Gleichbehandlung, Klima und Bildung.

Laura: Den politischen Fokus finden
Frauen in der Politik
Laura ist bereits in der Schüler:innenvertretung ihrer Schule engagiert. © Nicole Frisch

Für Laura steht indes schon fest, dass sie einmal in der Politik mitreden möchte. „Ich rede gerne mit Leuten und höre mir ihre Probleme an“, erzählt sie. In ihrer Schule, der HLW Schrödinger in Graz, ist die 16-Jährige bereits in der Schüler:innenvertretung engagiert. Auch im Jugendzentrum der steirischen Gemeinde Gratwein ist sie aktiv. Ein Projekt des Jugendzentrums, bei dem die Jugendlichen Gemüsebeete und Obststräucher gepflanzt sowie Totholzbau für Insekten geschaffen haben, wurde 2021 sogar von der Bundesjugendvertretung mit dem Climate Action Award ausgezeichnet. Bei der Verleihung hat Laura den Partner der Grünen Landessprecherin Sandra Krautwaschl kennengelernt, über den sie auf das Mentoring-Programm aufmerksam geworden ist.

In den nächsten acht Wochen will sie einen Fokus finden, in welche Richtung sie ihre politische Karriere einschlagen will. Sie will neue Erfahrungen sammeln, Gutes ebenso wie Schlechtes mitnehmen und neue Menschen kennenlernen. Ihr liegen vor allem die Themen Bildung und Klimaschutz am Herzen, doch auch Frauenrechte sind für sie wichtig. „Ich will die Welt gerne ein bisschen besser machen“, hat sie sich ein großes Ziel gesteckt.

Junge Frauen brauchen Vorbilder

Elena, Shengjile und Laura sind drei junge Frauen, die etwas verändern und unser gesellschaftliches Zusammenleben besser machen wollen. Sie wollen sich mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen einbringen. Ein Mentoring-Programm wie das der steirischen Grünen hilft jungen Frauen, den Weg in die Politik zu finden. Aber es braucht mehr. Zum Beispiel kann ein Reißverschlusssystem, bei dem abwechselnd Frau und Mann auf der Wahlliste stehen, helfen, dass mehr Frauen in politischen Gremien vertreten sind. Mehr Frauen in politischen Positionen heißt auch mehr potenzielle Vorbilder für junge Frauen. Sie können ihnen Mut machen, auch politisch aktiv zu werden.

Über die/den Autor:In

Nicole Frisch
Nicole Frisch
Nicole studiert Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung an der Universität Wien. Das Ziel: Die Weltpolitik verstehen – und das Verstandene mit möglichst vielen Menschen teilen. Ihren Weg in den Journalismus hat sie über die NÖN gefunden. Ihre Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Migration und Vergangenheitspolitik.

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