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Hitzesommer: Tipps, die Abkühlung bringen

36 Grad und es wird noch heißer … die aktuelle Hitzewelle schlägt vielen von uns aufs Gemüt. Oft ist sie aber nicht nur schweißtreibend, sondern gesundheitlich auch ziemlich gefährlich. Einfache Tipps helfen durch den Hitzesommer.

Im Sommer geht es in Österreich heiß her, denn die Anzahl der Hitzetage steigt seit den 90er-Jahren kontinuierlich. Hat es früher im Sommer im Durchschnitt eine Hitzewelle mit fünf Hitzetage gegeben, gibt es heute gleich mehrere Hitzewellen. Hauptursache für die heißen Perioden ist die Klimakrise. Die Erde erwärmt sich, das Wetter wird extremer und Temperaturen ab 30 Grad gehören zur Norm. Was für die einen Badespaß und Eisessen bedeutet, ist für die anderen einfach nur eine Qual. Deshalb ist es an Hitzetagen besonders wichtig, gut vorbereitet zu sein. Wir haben ein paar Tipps zusammengestellt, die euch helfen, auch bei 30 Grad aufwärts einen kühlen Kopf und Körper zu behalten.

Fast Reminder: Wer viel schwitzt, sollte auch viel trinken!

Dass Wassertrinken vor allem an heißen Tagen wichtig ist, ist den meisten von uns bewusst. Eine kleine Erinnerung, das auch tatsächlich zu tun, schadet trotzdem nicht. Wenn ärztlich nicht anders verordnet, trinke im Sommer bis zu drei Liter Wasser am Tag. Der optimale Durstlöscher ist Leitungswasser. Da wir durch das Schwitzen aber auch viele Mineralstoffe wie Magnesium, Kochsalz und andere Elektrolyte verlieren, trinke zwischendurch mineralhaltige Getränke wie Mineralwasser oder ungesüßte Fruchtsäfte.

Auch mit der richtigen Ernährung kannst du dich kühl halten. Wie das genau funktioniert, haben wir in unserem Beitrag Richtig ernährt im Sommer zusammengestellt.

Kühl, kühler, abgekühlt, ganz ohne Klimaanlage

Steigen die Temperaturen im Sommer in Richtung 30 Grad und mehr, wird es in der Wohnung oft unerträglich warm. Wer eine Klimaanlage hat, kann sich bei den hohen Temperaturen freuen. Aber auch ohne Anlage kann man seine Räume mit ein paar einfachen Tipps effektiv abkühlen. Zudem sind Klimaanlagen teuer, verbrauchen extrem viel Strom und sind schlecht für die Umwelt.

  • Faustregel: Fenster auf, wenn es draußen kühl ist. Fenster zu, wenn es draußen heiß ist. Die kühlen Nachtstunden eigenen sich hervorragend, um die Wohnung abzukühlen.
  • Vorhänge, Rollo oder Jalousie in der Früh zu- und runterziehen, um die Wohnung vor den Sonnenstrahlen zu schützen.
  • Nasse Hand- oder Geschirrtücher im Raum aufhängen, um diesen abzukühlen: Die nassen Tücher verdunsten, wodurch dem Raum Wärme entzogen wird. Diese Methode funktioniert am besten an trockenen Tagen mit niedriger Luftfeuchtigkeit. Tipp: Frisch gewaschene Wäsche eignet sich dafür auch perfekt.
  • Elektronische Geräte wie Fernseher, Computer und Spülmaschine strahlen viel Betriebswärme aus. Daher sollte man bei Hitzetagen Geräte, die man nicht unbedingt benötigt, komplett ausschalten. Achtung: Auch im Stand-by-Modus wird Strom und folglich Wärme erzeugt. Auch Leuchten geben Wärme ab. Deshalb komplett ausschalten oder LED-Lampen verwenden – sie sind energieeffizient und erzeugen nicht so viel Wärme. Auch beim Kochen gilt: So wenig Hitze wie möglich zu produzieren. Das Einschalten der Abzugshaube ist im Sommer hingegen besonders sinnvoll, da sie die warme Kochluft nach draußen transportiert. Auch der Kühlschrank erzeugt sehr viel Abgabewärme. Deshalb die Temperatur auf sechs bis acht Grad senken, um weniger Strom zu benötigen.
  • Doch auch ganz normale Gegenstände können Wärme speichern. Deshalb lohnt es sich, im Sommer ein bisschen zu entrümpeln. Freie Flächen haben zudem einen positiven Effekt auf unser Gehirn. Je leerer der Raum, desto kühler wirkt er auf uns.
  • Ventilator statt Klimaanlage: Ventilatoren sind eine energiesparende und gesündere Alternative zu Klimaanlagen. Denn der erzeugte Wind kühlt nicht die Luft, sondern den Körper. Durch das Schwitzen entsteht auf der Hautoberfläche Schweiß, der Wind kühlt diesen und lässt ihn verdunsten – uns wird kühler.
Grün, grüner, Begrünung

Zimmerpflanzen schaffen ein angenehmes Raumklima und sind daher ideal, um im Sommer die Wohnung abzukühlen. Einerseits reinigen sie die Luft und produzieren Sauerstoff, andererseits erhöhen sie die Luftfeuchtigkeit. Dadurch kühlt der Raum ab: Denn Pflanzen benötigen Energie, um Wasser verdunsten zu können. Diese holen sie sich von der Wärme in der Luft. Dadurch verdunstet die Luft und kühlt sich ab.

Auch Pflanzen an Fassaden, Dächern oder in Parks leisten einen extrem großen Beitrag, um die sommerliche Hitze zu reduzieren. Die begrünte Fläche erzeugt Feuchtigkeit, diese verdunstet und kühlt die Umgebung ab. Wilder Wein oder Efeu schirmen die Außenwand vor der direkten Sonneneinstrahlung ab und verhindern, dass sich das Gebäude zu stark aufheizt. Auch Bäume und große Sträucher spenden angenehmen und natürlichen Schatten.

Der richtige Schutz

Wer sich bei Temperaturen ab 30 Grad dennoch in die Sonne wagt, sollte sich unbedingt gut schützen.

  • Ein angemessener UV-Schutz: Beim Sonnenschutz gilt, je höher der Lichtschutzfaktor (LSF), desto höher ist der Schutz. Für Personen mit einer gesunden Haut sind Produkte mit einem LSF 30 ausreichend. Personen mit sehr heller Haut sollten LSF 50 verwenden. Auch für das Gesicht sollte man einen LSF 50 verwenden. Die Haut im Gesicht ist dünner und daher empfindlicher.
  • Richtige Kleidung: Ein Sonnenhut oder eine Kappe schützen den Kopf vor der direkten Sonne. Leichte und luftige Baumwoll- oder Leinenkleider und -Hosen sind ideal, um weniger zu schwitzen.
  • Ab ins Kühle: Zu Mittag ist die Sonne am stärksten, daher sollte man sich mittags im Schatten oder auch in kühlen Räumen aufhalten. Aktivitäten im Freien auf die Morgen- und Abendstunden verschieben. Eine kalte Dusche zwischendurch kühlt rasch ab. Ist keine Dusche in der Nähe, kann man auch kaltes Wasser über die Handgelenke fließen lassen oder ein feuchtes Tuch auf den Nacken oder die Stirn legen.
  • Raus aus der Stadt und ab ins Grüne: Wer in einer dichtbebauten (Groß-)Stadt wohnt, weiß, wie schnell sich eine Stadt im Sommer aufheizen kann. Der Temperaturunterschied zwischen Stadt und Land kann da schnell bis zu sechs Grad betragen. Daher gilt: Ab ins Grüne oder direkt in den Wald – das kühlt nicht nur die Körpertemperatur, sondern auch das Gemüt.
Hitzetelefon

Besonders älteren und kranken Menschen sowie Kleinkindern macht die langanhaltende und extreme Hitze große Probleme. Laut der Agentur für Gesundheit (AGES) sind 2018 766 Personen an gesundheitlichen Folgen der Hitze wie Herzinfarkt, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch Nierenversagen gestorben. Zum Vergleich sind bei Verkehrsunfällen 2018 409 Personen gestorben.

Unter der kostenlosen Hotline 050-555-555 geben Fachleute Ratschläge, wie man sich vor den hohen Temperaturen am besten schützt.

So wird ein Land EU-Mitglied

Die Ukraine und die Republik Moldau sind die neuesten EU-Beitrittskandidaten. Der erste Schritt in Richtung EU-Mitgliedschaft ist damit getan. Insgesamt warten derzeit sieben Länder auf ihre Aufnahme in die Europäische Union. FREDA hat sich angesehen, wie der oft lange und komplizierte Aufnahmeprozess aussieht.

Seit ihrer Gründung 1952, damals noch unter dem Namen Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, ist die Europäischen Union von sechs auf 27 Mitgliedsstaaten angewachsen. Hinzu kommen aktuell die sieben Beitrittskandidaten Türkei, Montenegro, Serbien, Nordmazedonien, Albanien, Ukraine und Moldau.

Wie wird ein Land ein Beitrittskandidat?

Grundsätzlich gilt: Jedes europäische Land kann einen Antrag auf Mitgliedschaft bei der Europäischen Union stellen. Um aber tatsächlich aufgenommen zu werden, muss es bestimmte Voraussetzungen erfüllen:

  1. Die Werte der Europäischen Union achten und fördern. Zu diesen Werten gehören die Achtung der Menschenwürde, Demokratie, Freiheit, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit.
  2. Die Kopenhagener Kriterien erfüllen.
Kopenhagener Kriterien
Kopenhagener Kriterien: Grundbedingungen für den Eintritt in die Europäische Union.

Was sind die Kopenhagener Kriterien?

Die Kopenhagener Kriterien sind 1993 vom Europäischen Rat in Kopenhagen beschlossen worden. Daher auch der Name. Die Kriterien sind in drei Teile gegliedert: politische, wirtschaftliche und sogenannte Acquis-Kriterien.

Die Kriterien:
  • Politisches Kriterium: Institutionelle Stabilität. Das heißt eine stabile nicht ständig wechselnde Regierung, keine gesetzesfreien Gebiete und keine Militär- ähnlichen Unterorganisationen oder mächtige Clans. Aus EU-Sicht sind das die Voraussetzungen für:
    • eine demokratische und rechtsstaatliche Ordnung,
    • die Wahrung der Menschenrechte für alle Bürger:innen des Landes,
    • die Achtung und den Schutz von Minderheiten.
  • Wirtschaftliches Kriterium: Der Beitrittskandidat muss eine funktionierende Marktwirtschaft haben und fähig sein, dem Wettbewerb innerhalb der EU-Länder standzuhalten. Ziel ist eine florierende und wachsende Wirtschaft innerhalb der EU. Zudem muss das neue Mitglied bereit sein, einen zollfreien Warenverkehr innerhalb der Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Die Kommission überprüft außerdem die Arbeitslosenquote, Inflation, Finanzpolitik und den Bankensektor des Beitrittskandidaten.
  • Acquis-Kriterium: Hier muss der Beitrittskandidat die umfangreichen politischen sowie wirtschaftlichen Ziele der EU in sein nationales Recht integrieren und verankern. Das dauert mitunter zehn bis 15 Jahre und ist der zeitaufwendigste Punkt im gesamten Beitrittsprozess. Es müssen alle EU-Rechtsvorschriften sowie der Euro akzeptiert werden.

Für die Aufnahme als Beitrittskandidat müssen die im ersten Punkt genannten politischen Kriterien bereits erfüllt sein. Die wirtschaftlichen sowie die Acquis-Kriterien hingegen können im Laufe des Beitrittsverfahrens umgesetzt werden. Spätestens beim Abschluss der Verhandlungen, also vor dem tatsächlichen EU-Beitritt, muss das Land alle Kriterien erfüllen.

Ziel der Kriterien

Mit Erfüllung der Kriterien soll sich das Kandidatenland an das Niveau der EU annähern und sich bestmöglich integrieren, um weiterhin ein gemeinsames System von Normen und Werten gewährleisten zu können. Dabei unterstützt die EU den Kandidaten während des Beitrittsprozesses mit strategischen Wegweisern und Instrumenten.

Beitrittsverfahren: Wie funktioniert das?

Sind die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft gegeben, muss das Kandidatenland ein dreistufiges Beitrittsverfahren durchlaufen. Das ist gegliedert in Antragstellung, Verhandlung und Ratifizierung.

  1. Antragstellung: Der Beitrittskandidat legt dem EU-Rat einen Mitgliedsantrag vor. Eine eigens dafür zuständige Beitrittskommission prüft dann, ob die oben erläuterten Kopenhagener Kriterien erfüllt sind und eingehalten werden. Passt alles, beginnen die Verhandlungen über den Beitritt. Wenn nicht alle Voraussetzungen erfüllt sind, wird der Antrag abgelehnt oder verschoben.
  2. Die Verhandlung: In dieser Phase werden unter anderem die Bereiche Wirtschaftspolitik, Außenpolitik, Rechtsstaatlichkeit und einige mehr mit dem Beitrittskandidaten verhandelt. Wegen der großen Anzahl an EU-Vorschriften und Regelungen, die jedes Land umsetzen muss, können diese Verhandlungen bis zu ihrem Abschluss mehrere Jahre andauern. Währenddessen erhält der Beitrittskandidat von der EU finanzielle Zuschüsse und professionelle Unterstützung, um die geforderten Kriterien bestmöglich umsetzen zu können.
  3. Ratifizierung: Sind alle Voraussetzungen erfüllt und die Kriterien praktisch umgesetzt, stimmen alle Mitgliedsstaaten über den Beitritt des Neumitgliedes ab. Nur wenn eine absolute Mehrheit der Stimmen für einen Beitritt ist, kann der Beitrittsvertrag unterschrieben werden und das Bewerberland wird zum neuen EU-Mitglied.

Die Ukraine und Moldau haben als jüngste Beitrittskandidaten ihren Status schneller erhalten als gewöhnlich. Das ist in erster Linie eine wichtige symbolische Geste für Freiheit, Demokratie und Gemeinschaft. Vor allem für die vom russischen Angriffskrieg gepeinigten Ukraine. Der Weg zu einer vollwertigen EU-Mitgliedschaft dürfte aber für beide noch lang sein.

Buchtipp: Great Green Thinking

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Die Klimakrise betrifft uns alle. Man kommt also nicht umhin, sich mit ihr zu beschäftigen. Das Thema ist komplex, viele Zusammenhänge sind schwer zu verstehen. In ihrem Buch „Great Green Thinking“ ist es Jennifer Hauwehde und Milena Zwerenz gelungen, die Klimakrise und ihre Facetten zu erklären – verständlich und ganz ohne hochwissenschaftliche Abhandlungen. Eine Rezension.

„Great Green Thinking“ ist ein Nachhaltigkeits-Buch. Noch eines. Aber ein anderes. Es ist kein weiterer Ratgeber. Die Autorinnen Jennifer Hauwehde und Milena Zwerenz verzichten auf den erhobenen Zeigefinger. Denn der bringt uns bei der Lösung der Klimakrise ohnehin keinen Millimeter weiter. „Insbesondere wenn es um Nachhaltigkeit geht, gibt es nicht nur Schwarz und Weiß, Grün kann in mehreren Abstufungen daherkommen“, schreibt Zwerenz bereits im ersten Kapitel. „Great Green Thinking“ zeigt uns Leser:innen das Spannungsfeld zwischen individueller und politischer Verantwortung, es zeigt uns unsere Möglichkeiten und unsere Grenzen auf.

Zum Nachdenken aufgefordert

Rettet weniger Konsum tatsächlich unser Klima? Warum sind es vor allem Frauen, die sich mit veganer Ernährung, fairer Mode beschäftigen und auf Klimademonstrationen gehen? Warum ist die Klimabewegung in Europa so wenig divers? Wie kann eine Wirtschaft funktionieren, die nicht auf Wachstum setzt? Welche Verantwortung trägt jede:r Einzelne und wo ist die Politik gefragt? „Great Green Thinking“ wirft einen gesamtgesellschaftlichen Blick auf die Klimakrise und nimmt Druck von jedem und jeder Einzelnen. Es ist wichtig, dass wir versuchen, saisonale und regionale Produkte zu kaufen, seltener in ein Flugzeug zu steigen und weniger tierische Produkte zu essen. Aber letztlich werden wir damit an unsere Grenzen stoßen, wenn sich an den Strukturen hinter uns nichts ändert. Diese Strukturen legen Hauwehde und Zwerenz offen. Sie machen sie für uns Leser:innen sichtbar und verständlich und geben uns Lösungsansätze mit auf den Weg. Sie lassen uns nicht allein mit dem Thema, fordern uns aber zum Nachdenken und Aktivwerden auf.

Aktivist:innen und Wissenschaftler:innen am Wort

Hauwehde und Zwerenz beschäftigen sich mit den großen, strukturellen Fragen. In Essays, Interviews und Gastbeiträgen. Sie lassen jene zu Wort kommen, die sich mit den Folgen der Klimakrise beschäftigen: Indigene, die gegen die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes kämpfen, Aktivist:innen, Unternehmer:innen und Wissenschaftler:innen. In einzelnen Kapiteln kann man als Leser:in kurz einmal den Mut verlieren. Zum Beispiel, wenn Journalistin Kathrin Hartmann im Interview erklärt, wie Armut, Gesellschaft und Klimawandel zusammenhängen. Oder wenn die Journalistin und Instagram-Bloggerin Berfîn Marx beschreibt, wie giftiger Müll in Regionen entsorgt wird, in denen Einkommensschwache, Schwarze und Migrant:innen leben.

Die Zukunft kann noch gestaltet werden

Trotzdem steht am Ende des Buches Hoffnung. Denn es ist noch nicht zu spät, um umzudenken. Die Zukunft können wir noch gestalten. Es gibt Wissen und Technologien, die helfen, die Klimakrise zu bewältigen. Es gibt Unternehmen, die bereits umdenken. Als Bürger:innen können wir politisch aktiv werden, bei Wahlen die Richtung vorgeben. Wir müssen mit allen Menschen zusammenarbeiten und in Dialog treten. Denn so Hauwehde: „Kein Beitrag ist zu klein, kein Aktivismus zu wenig. Wir haben Ungeahntes zu gewinnen und fast alles zu verlieren.“

  • „Great Green Thinking“ ist 2021 im Verlag &Töchter erschienen.

93 Empfehlungen für den Klimaschutz

84 zufällig ausgewählte Bürger:innen haben in den letzten Wochen im Klimarat viel diskutiert und intensiv nach Lösungen gegen die Klimakrise gesucht. Ihre Vorschläge: ambitioniert, unbequem und weitreichend. Jetzt ist die Politik am Zug.

Die Bürger:innen sind bereit für Veränderungen. Das zeigt der Endbericht des ersten österreichischen Klimarats ganz deutlich. 93 ambitionierte, zum Teil unbequeme und vor allem weitreichende Empfehlungen haben darin Platz gefunden. „Wir wissen, dass es den Klimawandel gibt. Wir wissen, welche Lösungen es gebe, damit er gestoppt werden kann, aber es wird einfach nichts gemacht“, sagt Julia Riffelsberger bei der Präsentation der Ergebnisse. Die 18-jährige Oberösterreicherin war eine von 84 zufällig ausgewählten Klimarät:innen.

„Wir wissen, dass es den Klimawandel gibt. Wir wissen, welche Lösungen es gebe, damit er gestoppt werden kann, aber es wird einfach nichts gemacht.“

Die Lebensrealitäten der Teilnehmer:innen können unterschiedlicher nicht sein. Sie kommen aus allen Bundesländern, aus Städten und vom Land. Sie gehen zur Schule, studieren, arbeiten und sind in Pension. Sie haben unterschiedliche Meinungen und unterschiedliche Einstellungen zum Klimawandel. Riffelsberger hat sich bereits davor mit dem Klimawandel beschäftigt. Anders ihre Kollegin Madeleine Stranzinger. „Bis vor sechs Monaten habe ich mir keine Gedanken zum Klimaschutz gemacht“, erzählt die 52-Jährige aus Ried im Innkreis. Dass sie für den Klimarat ausgewählt wurde, ist für sie daher ein „Lottofünfer“.

Gemeinsam Lösungen gefunden

Diese Unterschiede sind gewollt. Der Klimarat soll die Bevölkerung Österreichs so gut wie möglich abbilden. Das Ziel: ein Ergebnis, das möglichst viele Interessen berücksichtigt. An sechs Wochenenden haben die Teilnehmer:innen viel diskutiert, ihre unterschiedlichen Einstellungen hinderten sie aber nicht daran, zu Lösungen zu kommen. Weil die Klimarät:innen verstanden haben, wie dringend das Problem ist und dass es nur gelöst werden kann, wenn alle zusammenarbeiten. „Wir sind knapp davor, in eine Klimakatastrophe zu gehen“, sagt Georg Kaser, Klimaforscher und CO-Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats.

© BMK/ Cajetan Perwein
Politik am Zug

Die Empfehlungen des Klimarats rufen die Politik daher auf, endlich zu handeln. Vielmehr noch: Sie zeigen den Entscheidungsträger:innen, wie weit sie beim Klimaschutz gehen können, ohne den Rückhalt der Bevölkerung zu verlieren. Eine Auswahl:

  • Der Klimawandel wirkt sich auf Gesundheit und Lebensweise aus. Daher soll ein Grundrecht auf Klimaschutz eingeführt werden. Klimaschutzziele müssen dann eingehalten werden.
  • Der CO2-Preis muss angehoben werden – und zwar jährlich. Bis 2025 soll der Preis statt den aktuell vorgesehenen 55 Euro pro Tonne 120 Euro betragen, bis 2030 240 Euro. Die Einnahmen sollen jeweils zur Hälfte für den Klimabonus und Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden.
  • Der Boden darf nicht mehr weiter versiegelt werden. Dafür sollen erstens Haussanierungen höher gefördert werden als ein Neubau. Zweitens soll bis 2024 die Raumordnungskompetenz von den Gemeinden zu den Ländern verlagert werden. Das bedeutet, dass nicht mehr die Gemeinden Flächen in Bauland umwidmen können sondern das Land. Damit sollen Interessenskonflikte verhindert werden. Und drittens soll es eine Frist von drei Jahren geben, um für den Wohnbau gewidmete Grundstücke zu bebauen.
  • Der öffentliche Verkehr soll ausgebaut und leistbarer gemacht werden. Gleichzeitig sollen Radfahren und zu Fuß gehen gefördert und Autofahren unattraktiver gestaltet werden. Bereits ab 2027 sollen keine Pkw mit Verbrennungsmotoren neu zugelassen werden. Zudem empfiehlt der Klimarat, die Höchstgeschwindigkeiten auf Straßen zu reduzieren. Im Freiland von 100 auf 90 km/h. Im Ortsgebiet sind auf Hauptstraßen 50 und auf Nebenstraßen 30 km/h vorgesehen.
  • Bei Lebensmitteln fordern die Klimarät:innen ein Aus für Mengenrabatte. Aktionen wie Eins-plus-eins-gratis soll es künftig nicht mehr geben. Zudem sollen Lebensmittel, die das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, aber noch genießbar sind, nicht mehr vernichtet werden dürfen.

Die Bürger:innen des Klimarats haben ihre Arbeit getan. Nun liegt der Ball bei der Politik. Die Regierung will sich alle Empfehlungen anschauen, versicherte Klimaministerin Leonore Gewessler. Der Klimarat hat ihr und Wirtschaftsminister Martin Kocher den Endbericht übergeben. Bis Herbst soll es zu jeder einzelnen Maßnahme eine Rückmeldung geben. Die Teilnehmer:innen wollen, dass ihre Empfehlungen von der Politik ernstgenommen werden.

Klimarät:innen wollen Arbeit fortsetzen

Der Klimarat war ein demokratisches Experiment – und das hat gezeigt, dass Bürger:innen Verantwortung übernehmen können. „Wir haben sehr gut informierte Bürger und Bürgerinnen, wenn wir ihnen die Chance geben, sich zu informieren“, betont Kaser. Er und andere Wissenschaftler:innen haben dem Klimarat mit Fachwissen unterstützt. Bei der Information der Bürger:innen sieht er auch die Medien in der Pflicht.

Aus ihrem Wissen wollen die Klimarät:innen auch in Zukunft etwas machen. Sie wollen nicht stillsitzen und einen Schlussstrich unter den Klimarat ziehen. Sie wollen weiterarbeiten und sich auch in Zukunft für Klimaschutz einsetzen. Daher wurde am letzten Wochenende in Salzburg spontan ein Verein gegründet. Dieser soll mit Entscheidungsträger:innen zusammenarbeiten, ihnen aber auch auf die Finger schauen. „Wir müssen weg vom Florianiprinzip. Wir müssen Dinge annehmen und uns damit auseinandersetzen. Wir müssen beginnen, die Klimaziele umzusetzen“, sagt Walter Hutterer, Teilnehmer aus Niederösterreich. FREDA bleibt am Thema dran.

Gesucht: Staatsoberhaupt für sechs Jahre

Wer Bundespräsident:in werden will, muss mindestens 6.000 Unterstützungserklärungen sammeln. Die braucht man, um am 9. Oktober am Stimmzettel zu stehen. Was man noch braucht, um Bundespräsident:in zu werden und wie die Wahl abläuft, hat FREDA zusammengefasst.

Anfang Oktober werden die Österreicher:innen wieder zur Wahlurne gebeten. Ein Staatsoberhaupt wird gesucht. Die erste Amtszeit von Bundespräsident Alexander Van der Bellen geht nämlich dem Ende zu. Für jene, die für das höchste Amt im Land kandidieren möchten, wird es nun ernst. Denn seit Dienstag müssen sie Unterstützungserklärungen sammeln. Um zur Wahl antreten zu können, brauchen sie bis 2. September mindestens 6.000 Stück. Das gilt auch für den amtierenden Bundespräsidenten.

Kandidat:innen suchen Unterstützer:innen

Die Österreicher:innen sind daher nicht erst am Wahlsonntag gefragt. Sie können bereits jetzt eine Unterstützungserklärung für ihre:n Favorit:in unterschreiben und damit die Kandidatur ermöglichen. Wichtig: Jede:r kann nur eine:n Kandidat:in unterstützen. Die Unterstützungserklärungen müssen die Kandidat:innen gemeinsam mit dem Wahlvorschlag und einem Kostenbeitrag von 3.600 Euro spätestens am 2. September bei der Bundeswahlbehörde vorlegen.

Du willst eine Kandidat:in unterstützen? Das musst du dafür tun:

  • Unterstützungserklärung downloaden und ausfüllen – aber noch nicht unterschreiben.
  • Mit der ausgefüllten Unterstützungserklärung zum Gemeindeamt der Heimatgemeinde oder zum Magistrat in Wien gehen und diese dort vor den Augen der Gemeindebediensteten unterschreiben. Lichtbildausweis nicht vergessen.
  • Voraussetzung ist, dass man zum Stichtag am 9. August in die Wählerevidenz eingetragen ist und somit am 9. Oktober wahlberechtigt ist.
  • Unterschrieben und beglaubigt muss man die Erklärung dann an die Zustellungsbevollmächtigten der jeweiligen Kandidat:innen schicken oder persönlich abgeben.
Bundespräsident:in wird direkt gewählt

All jene Kandidat:innen, die die Voraussetzungen erfüllen, stehen dann am 9. Oktober am Wahlzettel. Neben ausreichend Unterstützungserklärungen müssen sie auch mindestens 35 Jahre alt und selbst wahlberechtigt sein. Das Staatsoberhaupt wird direkt vom Volk gewählt. In der Geschichte Österreichs war das nicht immer so. Obwohl die Direktwahl bereits mit der Reform der Bundesverfassung 1929 eingeführt wurde, wurde sie erstmals 1951 durchgeführt. Ausnahmegesetze machten es möglich, dass das Staatsoberhaupt 1931 und 1945 parlamentarisch bestellt wurde.

Ihre Stimme dürfen am 9. Oktober alle Wahlberechtigten abgeben, die mindestens 16 Jahre alt sind. Sie können entweder direkt im Wahllokal oder per Briefwahl wählen. Um die Wahl zu gewinnen, muss ein:e Kandidat:in eine absolute Mehrheit erhalten. Erreicht niemand mehr als 50 Prozent, müssen sich die beiden stimmenstärksten Kandidat:innen vier Wochen nach dem ersten Wahlgang einer Stichwahl stellen. Bei insgesamt 13 Bundespräsident:innenwahlen in der Zweiten Republik war dies erst viermal der Fall.

Wiederwahl ist einmal möglich

Der oder die gewählte Bundespräsident:in muss dann bis spätestens 26. Jänner vor der Bundesversammlung, die sich aus den Mitgliedern des Nationalrats und Bundesrats zusammensetzt, angelobt werden. Die Amtszeit dauert sechs Jahre, eine Wiederwahl ist einmal möglich.

Das bringt die neue StVO

Anfang Juli hat der Nationalrat neue Regeln fürs Österreichs Straßen beschlossen. Die neue Einbahnregelung für Radfahrer:innen ist gefallen, die umstrittenste Maßnahme ist aber damit fix: das Rechtsabbiegen für Radfahrer:innen bei Rot. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zu den neuen StVO-Regeln.

Warum brauchen wir überhaupt neue Regeln im Straßenverkehr?

Weil sich Österreicher:innen anders fortbewegen als früher, insbesondere in den Städten. Alleine in Wien hat sich seit 2007 die Zahl jener, die häufig mit dem Rad fahren, beinahe verdoppelt. Und nicht nur das: Mit E-Bikes und E-Scootern sind zwei neue Gefährte auf den Straßen unterwegs. All das berücksichtigt die bisherige Straßenverkehrsordnung nicht. Viele Regeln sind seit den 1960ern unverändert. Ziel der Reform ist es, klimaschonende Mobilität zu fördern. Das heißt: Rad fahren und zu Fuß gehen soll angenehmer und vor allem sicherer werden. Das ist wichtig, um die für die Klimaneutralität so wichtige Verkehrswende endlich voranzubringen! Aber auch Autofahrer:innen profitieren, wenn das Zusammenspiel aller Mobilitätsformen besser funktioniert. Denn klare Regeln bedeuten weniger Unfallrisiko für alle.

Wann treten die neuen Regeln in Kraft?

Die neue StVO wird am 1. Oktober 2022 in Kraft treten.

Dürfen Radfahrer:innen jetzt gegen die Einbahn fahren oder nicht?

Hier gelten die Regeln, die auch jetzt schon Anwendung finden. Radfahrer:innen dürfen gegen die Einbahn fahren, wenn es die Schilder und die Bodenmarkierung ausdrücklich erlauben. Der Begutachtungsentwurf des Klimaministeriums hätte vorgesehen, dass Behörden alle Einbahnen für den Radverkehr öffnen müssen, wenn die Straße gewisse Voraussetzungen erfüllt hätte. Gegen diese verpflichtende Einbahnöffnung hat sich die Stadt Wien gestemmt.

Neue StVO verpflichtender Abstand
Im Ortsgebiet müssen Autofahrer:innen zukünftig einen Mindestabstand zu eineinhalb Metern einhalten, wenn sie Fahrräder überholen.
Dürfen Autos Fahrräder zukünftig noch überholen?

Ja. Allerdings müssen Autos beim Überholen von Fahrrädern einen verpflichtenden Mindestabstand einhalten.

  • Im Ortsgebiet: eineinhalb Meter
  • Im Freiland: zwei Meter

Eine Ausnahme dazu findet sich im Gesetzestext. „Bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von höchstens 30 km/h kann der Seitenabstand reduziert werden.“

Der verpflichtende Mindestabstand erhöht die Sicherheit von Radfahrer:innen. Insbesondere auf Straßen, wo die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen Auto und Fahrrad groß sind.

Nur wenn dieses neue Verkehrsschild an der Kreuzung angebracht ist, dürfen Radfahrer:innen bei Rot nach rechts abbiegen.
Dürfen Radfahrer:innen zukünftig bei Rot abbiegen?

Nein, nicht prinzipiell. Die neue Regelung sieht vor, dass Radfahrer:innen bei Rot nach rechts abbiegen dürfen, wenn sie zuvor halten. Allerdings nur, wenn es ein entsprechendes Verkehrsschild ausdrücklich erlaubt (siehe Foto).

Ist Abbiegen bei Rot nicht gefährlich?

Darauf deutet nichts hin. Pilotversuche in Belgien, Frankreich und der Schweiz haben gezeigt, dass durch bei Rot abbiegende Fahrradfahrer nicht mehr Unfälle entstehen. In den Niederlanden gibt es die Regelung schon seit 1990, zuletzt hat sie auch Deutschland eingeführt.

Radfahrer:innen dürfen zukünftig in Tempo-30-Zonen nebeneinander fahren. Eltern mit unter Zwölfjährigen auch auf anderen Straßen.
Dürfen Radfahrer:innen zukünftig auf der Autofahrbahn nebeneinander fahren?

Ja, allerdings nur in Tempo-30-Zonen und „sofern niemand gefährdet wird, das Verkehrsaufkommen es zulässt und andere Verkehrsteilnehmer nicht am Überholen gehindert werden.“ Wer mit einem Kind unter zwölf Jahren unterwegs ist, darf zukünftig auch auf anderen Straßen nebeneinander fahren.

Das verbessert sich für Pflegekräfte

Die Coronapandemie setzt den Pflegekräften extrem zu.  Immer mehr Überstunden sammeln sich an, die psychische Belastung steigt. Die Folge: Das Interesse am Pflegeberuf sinkt. Doch qualifiziertes Personal wird dringend gebraucht. Mit der Pflegereform will die Regierung einen Pflegenotstand verhindern. Die wichtigsten Fragen dazu beantwortet.

Sie sind Bezugspersonen und Stützen im Alltag. Sie helfen beim Waschen, Anziehen und Kochen. In einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft werden Pflegekräfte immer wichtiger. Doch das Interesse an diesem Beruf sinkt. Er ist körperlich und psychisch belastend, erfordert viel Kraft und ist schlecht bezahlt. Die Coronapandemie hat die Probleme verschärft. Vielerorts können nicht alle Betten belegt werden, weil schlichtweg das nötige Personal fehlt. Die Regierung hat nun eine Pflegereform präsentiert, um mehr Menschen in den Pflegeberuf zu holen.

Warum ist die Pflegereform notwendig?

Nicht erst seit Ausbruch der Pandemie weiß man, dass es im Pflegesystem hakt. Vor allem beim Personal. Die Bevölkerung wird immer älter, die Nachfrage nach Pflege steigt.  Gleichzeitig beginnen immer weniger eine Ausbildung in diesem Bereich. Nicht nur, dass das Berufsfeld an sich fordernd ist. Viele wissen nicht, wie sie ihren Lebensunterhalt während der Ausbildung sichern sollen. Laut einer Bedarfsprognose der Gesundheit Österreich braucht das System aber bis 2030 75.700 zusätzliche Pflegekräfte. Mit mehr Geld will die Regierung Arbeitsbedingungen verbessern und den Berufseinstieg erleichtern.

Wie viel will die Bundesregierung investieren, damit das gelingt?

Das Investitionsvolumen beträgt eine Milliarde Euro bis Ende der Gesetzgebungsperiode. „Klatschen allein ist zu wenig! Die Bundesregierung hat deshalb das größte Reformpaket der letzten Jahrzehnte für die Pflege zusammengestellt“, sagt Sozialminister Johannes Rauch. Von dieser Milliarde profitieren primär Frauen, denn in Österreich sind 80 Prozent der Pflegekräfte weiblich.

Wohin geht die Pflegemilliarde?

Der Regierungsvorschlag sieht 20 Maßnahmen vor. Mit diesen sollen Ausbildung, Arbeitsbedingungen sowie die Situation Betroffener und pflegender Angehöriger verbessert werden. Der größte Brocken entfällt auf den Gehaltsbonus. Bis Ende 2023 sollen Pflegekräfte einen Bonus in der Höhe eines zusätzlichen Monatsgehalts bekommen. Der Bund stellt dafür 570 Millionen Euro bereit. Nach einer Nachbesserung profitieren nun auch Heimhelfer:innen und Behindertenbetreuer:innen von dem Bonus. Dafür wurden die ursprünglich geplanten 520 Millionen Euro um 50 Millionen erhöht.

Welche Verbesserungen bringt die Pflegereform für Berufsein- und -umstieg?

Einsteiger:innen sollen einen monatlichen Ausbildungszuschuss von mindestens 600 Euro erhalten. Für jene, die Beruf wechseln, ist ab September 2023 ein Pflegestipendium von mindestens 1.400 Euro pro Monat geplant. Der Bund stellt dafür 225 Millionen Euro zur Verfügung. Das sind zwei Drittel der Kosten, das übrige Drittel müssen die Länder übernehmen. Mit der Reform kommt auch eine Pflegelehre. Sie soll im Schuljahr 2023/24 starten. Ein Abschluss ist nach drei Jahren als Pflegeassistenz, nach vier als Pflegefachassistenz möglich.

Wie will die Regierung die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals verbessern?

Pflege ist ein mental und körperlich fordernder Beruf. Neben dem Gehaltsbonus haben Pflegekräfte ab dem 43. Geburtstag daher Anspruch auf eine sogenannte Entlastungswoche – und damit eine zusätzliche Urlaubswoche. Pro Nachtdienst sollen Beschäftigte der stationären Langzeitpflege zudem eine Zeitgutschrift von zwei Stunden erhalten.

Mit welchen Maßnahmen können Pflegebedürftige rechnen?

Menschen mit schweren psychischen Behinderungen oder Demenz erhalten pro Monat 20 Stunden zusätzliche Pflege und Betreuung. Dafür wird der Wert des Erschwerniszuschlags von aktuell 25 auf 45 Stunden erhöht. Dieser Zuschlag gilt den Mehraufwand ab, der durch die Pflege dieser Personengruppen entsteht. Zudem wird die erhöhte Familienbeihilfe künftig nicht mehr auf das Pflegegeld angerechnet. Für Betroffene bedeutet dies 60 Euro mehr pro Monat.

Wie wirkt sich die Pflegereform auf die Situation pflegender Angehöriger aus?

Vier von fünf pflegebedürftigen Menschen werden von Angehörigen betreut. Ab Pflegestufe 4 soll jene Person, die die Hauptlast der Pflege trägt, einen Bonus von 1.500 Euro pro Jahr erhalten. Laut Entwurf wäre von diesem Bonus eine große Gruppe ausgeschlossen worden: Pensionist:innen, die ihre Angehörigen pflegen. Die Regierung hat daher nachträglich den Kreis der Bezieher:innen um das Dreifache erweitert. Statt 24.000 werden 74.000 Personen von dem Bonus profitieren.

Die Pflegestufen im Detail:

  • Stufe 1 liegt bei einem Pflegebedarf von mehr als 65 Stunden pro Monat vor. Pflegegeld: 165,40 Euro.
  • Stufe 2 liegt bei einem Pflegebedarf von mehr als 95 Stunden pro Monat vor. Pflegegeld: 305 Euro.
  • Stufe 3 liegt bei einem Pflegebedarf von mehr als 120 Stunden pro Monat vor. Pflegegeld: 475, 20 Euro.
  • Stufe 4 liegt bei einem Pflegebedarf von mehr als 160 Stunden pro Monat vor. Pflegegeld: 712,70 Euro
  • Stufe 5 liegt bei einem Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden pro Monat vor. Die pflegende Person muss zwar nicht durchgehend anwesend, dafür aber dauernd bereit sein. Pflegegeld: 968,10 Euro.
  • Stufe 6 liegt bei einem Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden pro Monat vor. Die Betreuungsmaßnahmen sind zeitlich nicht koordinierbar und werden sowohl am Tag als auch in der Nacht erbracht. Pflegegeld: 1351, 80 Euro.
  • Stufe 7 liegt bei einem Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden pro Monat vor. In diesem Fall kann die pflegebedürftige Person Arme und Beine nicht zielgerichtet bewegen oder es liegt ein vergleichbarer Zustand vor. Pflegegeld: 1776,50 Euro.

Finanzielle Unterstützung für Ersatzpflege ist künftig bereits nach drei Tagen möglich. Aktuell müssen pflegende Angehörige dafür mindestens eine Woche verhindert sein. Auch einen Rechtsanspruch auf Pflegekarenz von drei Monaten sieht die Reform vor. Das heißt: Berufstätige können sich freistellen lassen, um die Pflege ihrer Angehörigen zu organisieren. Voraussetzung ist, dass es nahe Angehörige wie Partner:innen, Kinder, Eltern sowie Cousins und Kusinen sind.

Gibt es auch Erleichterungen für Pflegekräfte aus dem Ausland?

Ausbildungen und Abschlüsse aus dem Ausland sollen schneller anerkannt werden. Für die Dauer dieses Verfahrens können Pflegekräfte aus dem Ausland als Pflegeassistenz oder Pflegefachassistenz arbeiten. Sie sollen auch die Rot-Weiß-Rot-Karte leichter bekommen. Diese brauchen all jene Drittstaatsangehörige, die in Österreich leben und arbeiten möchten. Sie gilt für 24 Monate. Gerade die Reisebeschränkungen der letzten zwei Jahre haben gezeigt, wie wichtig Pflegekräfte aus dem Ausland sind, um das System am Laufen zu halten.

Wie geht es nun weiter?

Der Nationalrat hat einen Teil der Reform noch vor der Sommerpause beschlossen. Teil dieses Pakets hätte auch der Angehörigenbonus sein sollen. Dieser wurde aber auf Herbst vertagt. Es braucht dafür eine Regierungsvorlage, die ermöglicht, dass auch Pensionist:innen diesen Bonus bekommen. Zudem arbeitet die Regierung derzeit daran, die unselbstständige 24-Stunden-Betreuung attraktiver zu gestalten.

Atomkraft ist nicht grün

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Sie raucht nicht, sie stinkt nicht, aber sie ist verdammt gefährlich. Das wissen wir seit Tschernobyl, das wissen wir seit Fukushima. Aber wieso behaupten dann immer wieder Politiker:innen, die Atomkraft sei nachhaltig?

Die EU-Kommission hat Atomkraft offiziell ein grünes Siegel verliehen und sie als nachhaltige Energie eingestuft.

Seit Monaten hören und lesen wir in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage: Ist Atomkraft nachhaltig? Anders ausgedrückt, könnte man auch sagen, ist Atomkraft grün und hilft sie dem Klimaschutz? Die Kommission findet ja. Zumindest vorübergehend.

Es geht um die grüne Taxonomie der Europäischen Union. Diese soll in Zukunft regeln, welche Finanzprodukte dem Klimaschutz nützen und als nachhaltig eingestuft werden können. Damit soll in den kommenden Jahren die Finanzierung der Klimawende angekurbelt werden. Denn die EU möchte bis 2050 klimaneutral sein. Wer also in eine grüne und nachhaltige Zukunft investieren will, steckt sein Geld jetzt mitunter auch in Atomkraft. Und das mit dem Segen der EU.

Etwa ein Viertel aller Kernreaktoren weltweit stehen in Europa

Rund die Hälfte der EU- Mitgliedsstaaten betreibt Atomkraftwerke. In Zahlen sind das knapp über 100. Über die Hälfte davon stehen in Frankreich. Dort ist kein Atomausstieg geplant, lediglich eine Reduzierung des Anteils auf die Hälfte in den kommenden Jahren. Deutschland zum Beispiel hat aktuell noch 3 Kernkraftwerke in Betrieb und plant die komplette Abschaltung bis zum Ende des Jahres. Die deutsche Regierung lehnt die nachhaltige Einstufung von Atomkraft der EU-Kommission konsequenterweise klar ab. Ebenso wie die Bundesregierung in Österreich. Dabei gibt es hier gar kein Atomkraftwerk. Das fertig gebaute AKW Zwentendorf ging nach der Volksabstimmung Ende der Siebziger Jahre nie ans Netz und seit 1999 ist die Nutzung von Kernkraft zur Energiegewinnung in Österreich sogar per Verfassung verboten. Gegen die aktuellen Taxonomie-Pläne der EU-Kommission will die Regierung bei Inkrafttreten vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. „Greenwashing von Atomkraft“ kritisiert die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler die Nachhaltigkeitseinstufung der EU.

„Die Atomkraft ist eine Technologie der Vergangenheit.“ L. Gewessler

Und was keine Zukunft haben soll, sollte auch nicht als nachhaltig eingestuft werden. Auch nicht vorübergehend. Atomkraftwerke zu bauen und zu betreiben ist teuer. Sie zurück zu bauen ebenso. Die Kosten der Endlagerung des anfallenden nuklearen Mülls sind nach wie vor ziemlich unklar und wird noch viele Generationen beschäftigen. Finanziell, sowie auch unter Aspekten der Sicherheit. Statistisch gesehen sind Atomkraftwerke heutzutage zwar relativ sicher und die Risiken klein, kommt es aber dennoch zu einem Zwischenfall, können die Schäden katastrophale Ausmaße annehmen. Und diese machen vor Landesgrenzen nicht halt. Es stellt sich also nicht die Frage, warum sich das AKW- lose Österreich so vehement gegen eine nachhaltige Einstufung von Atomkraft einsetzt. In einem ernsten Havariefall ist es schlichtweg egal, ob dieser in Österreich oder einem seiner Nachbarländer passiert. Das Problem ist sofort ein globales.

Atomkraft ist keine nachhaltige Energiequelle

Kernkraft Kurzschluss im KlimawandelAtomkraftwerke verlagern ungelöste Probleme in die Zukunft. Wir übergeben damit den nächsten Generationen unabsehbare und teure Altlasten. Das ist weder nachhaltig und zudem in der Außenwirkung ein völlig falsches Signal. Es verlangsamt das Bestreben nach einem EU- weiten Atomausstieg und hemmt Innovationen in erneuerbare Energiequellen. Wer sein Geld in eine nachhaltige, grüne Zukunft investiert, sollte das auch mit wirklich gutem Gewissen machen können. Und nicht „vorübergehend“ damit eine, in der Zukunft teure Vergangenheit mitfinanzieren.

Wenn der Körper fremdbestimmt wird

Der Schwangerschaftsabbruch war in den USA lange durch ein Gerichtsurteil abgesichert. Der Supreme Court, das oberste Gericht der USA, hat dieses nun gekippt. Nun kann jeder Bundesstaat selbst entscheiden, ob er Abtreibungen erlaubt oder verbietet. Eine katastrophale Entscheidung – für Betroffene und für Demokratie.

Ein Dorn im Auge war es konservativen Kräften in den USA schon immer. Bisher ist es ihnen aber nicht gelungen, das Recht auf Abtreibung aufzuheben. Selbst konservative Höchstrichter:innen haben es nicht gewagt, am Grundsatzurteil Roe v. Wade aus dem Jahre 1973 zu rütteln. Bis jetzt. Bundesstaaten können erstmals seit fast 50 Jahren wieder selbst entscheiden, ob sie Abtreibungen erlauben oder verbieten. In 16 Bundesstaaten ist der Schwangerschaftsabbruch künftig verboten, in fünf wird er stark eingeschränkt. Auch nach Vergewaltigungen oder in Fällen von Inzest.

  • Roe v. Wade: Die Grundsatzentscheidung des Supreme Courts aus dem Jahr 1973 sprach Frauen das verfassungsmäßige Recht zu, selbst über einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden. Eine Abtreibung ist demnach bis zur 24. Schwangerschaftswoche möglich, so lange bis der Fötus überlebensfähig ist. Klägerin war damals eine 22-Jährige, die aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lebenssituation abtreiben wollte, in Texas aber nicht durfte.

Mississippi ist einer jener Bundesstaaten, die Abtreibungen komplett verbieten werden. Mississippi ist auch jener Bundesstaat, der erreicht hat, dass sich der Supreme Court, und damit das Höchstgericht, mit dem Recht auf Abtreibung beschäftigt hat. Der republikanische Bundesstaat hatte die Frist für einen Schwangerschaftsabbruch verkürzt. Frauen durften daraufhin nur noch bis zur 15. Schwangerschaftswoche abtreiben. Eine klar verfassungswidrige Regelung. Und das mit Absicht. Denn nur so konnte der Supreme Court überhaupt über Roe v. Wade erneut beraten.

Abtreibung zählt zum Recht auf Privatheit

Das Urteil Roe v. Wade begründeten die Richter:innen 1973 mit dem Recht auf Privatheit. Sie haben sich dabei auf den 14. Verfassungszusatz aus dem Jahr 1868 berufen. Dieser sichert allen US-Amerikaner:innen dieselben Rechte zu – ungeachtet ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts. Die sechs konservativen Richter:innen am Supreme Court argumentieren, dass die Entscheidung aus 1973 grundlegend falsch sei. Weil es im 19. Jahrhundert noch kein Recht auf Abtreibung gegeben habe. Es gibt noch weitere Rechte, die auf dem Verfassungszusatz beruhen. Zum Beispiel die Ehe für alle oder das Recht auf Verhütungsmittel. Ob der Supreme Court auch an ihnen rütteln wird, ist noch unklar. Mit Sicherheit ausschließen kann man es aber nicht. Vor einem Monat hätte sich auch niemand wirklich vorgestellt, dass in einer liberalen Demokratie das Recht auf Abtreibung tatsächlich verboten oder eingeschränkt wird.

Selbstbestimmung über Körper entrissen

Dass Roe v. Wade gekippt wurde, zeigt, dass es vielen immer noch ein Bedürfnis ist, über den weiblichen Körper zu bestimmen – mit fatalen Folgen für Frauen und Personen, die schwanger werden können. Das Höchstgericht hat ihnen damit die Kontrolle über ihren eigenen Körper entrissen. Wie sie mit einer ungewollten Schwangerschaft umgehen, dürfen sie nicht mehr selbst entscheiden. Sie sind dem Willen des jeweiligen Bundesstaates unterworfen. Genau das, was Grundrechte eigentlich verhindern sollen. Sie schützen Bürger:innen vor unzulässigen Eingriffen des Staates in das Privatleben.

Abtreibung ist nun ein Privileg

Die Richter:innen des Supreme Courts haben Abtreibung von einem Tag auf den anderen zu einem Privileg gemacht. Ungewollt Schwangere haben nun zwei Möglichkeiten: Entweder sie fahren in einen Bundesstaat, in dem Abtreibungen weiterhin erlaubt sind, oder sie lassen illegal abtreiben. Für jene, die gut verdienen oder reich erben, ist zumindest das Finanzielle kein Problem. Sie können in ein Flugzeug steigen und zum Beispiel von Mississippi nach New York fliegen. Für viele sieht die Realität aber anders aus. 2020 lebten in den USA 37,2 Millionen Menschen in Armut. Ihnen bleiben nur illegale Abtreibungen – und damit ein hohes Gesundheitsrisiko. Laut der Weltgesundheitsorganisation werden weltweit fast zwei Drittel aller ungeplanten Schwangerschaften abgebrochen. Fast jede Zweite davon ist nicht sicher. Fünf bis 13 Prozent der Müttersterblichkeit können auf unsichere Abtreibungen zurückgeführt werden. Todesfälle, die vermeidbar sind.

Kommen beide Optionen nicht infrage, bleibt Frauen und jenen Personen, die schwanger werden können, nur eine Möglichkeit: Sie müssen das Kind zur Welt bringen. Und das verschärft ihre finanzielle Situation noch mehr. Es gibt keine gesetzliche Karenz in den USA, Kinderbetreuung ist teuer. Die ohnehin schon große soziale Ungleichheit wächst weiter – und schadet langfristig der Demokratie. Denn je mehr Bürger:innen an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, desto weniger beteiligen sie sich am politischen Prozess. Die Unzufriedenheit mit der Politik steigt. Das wiederum hilft Populist:innen und Gegner:innen der Demokratie.

Schaden für die Demokratie

Dass Roe v. Wade gekippt wurde, schadet also nicht nur ungewollt Schwangeren. Es schadet allen. Wichtige Ämter werden mit loyalen Personen besetzt, um gewünschte, mitunter auch antidemokratische Entscheidungen herbeizuführen und so die Demokratie auszuhöhlen. Das Prinzip Checks and Balances soll das eigentlich verhindern. Diese Gewaltenteilung sieht vor, dass Kongress, Präsident und Supreme Court sich gegenseitig kontrollieren und ein Machtungleichgewicht verhindern. Der Präsident schlägt die Richter:innen des Supreme Courts vor, mit Zustimmung des Senats werden sie in das Amt berufen.

Der Supreme Court wird also politisch besetzt – und das wurde in den letzten Jahrzehnten von den Republikaner:innen ausgenutzt. Ronald Reagan hat den Kampf gegen Roe v. Wade in den 1980er Jahren in das Parteiprogramm der Republikaner:innen aufgenommen.  Loyale Richter:innen und bekennende Abtreibungsgegner:innen schafften es nach und nach in das Höchstgericht. Donald Trump konnte während seiner Amtszeit sogar drei ernennen. Es stehen nun sechs konservative drei liberalen Richter:innen gegenüber. Und sie üben ihr Amt auf Lebenszeit aus. Die konservativen Höchstrichter:innen werden das Land noch für Jahrzehnte prägen.

Ein Rückschritt droht

Die Entscheidung des Supreme Courts ist aber auch eine Machtdemonstration. Eine überwiegend weiße, christliche und männliche Gruppe hat gezeigt, dass sie Bürger:innen ihre lang erkämpften Grundrechte einfach wegnehmen kann. Diese Gruppe ist aber eine Minderheit. Aber gerade, weil sie eine Minderheit ist, fühlt sich diese Gruppe vom gesellschaftlichen Wandel bedroht, befürchtet einen Machtverlust durch Gleichberechtigung.

Schwangerschaft und Kindererziehung sind zeitintensiv. Müttern fällt es schwerer, an ihrer beruflichen Karriere zu arbeiten. Somit fallen sie als Konkurrent:innen am Arbeitsmarkt weg. Zudem macht die Möglichkeit, ungewollte Schwangerschaften abzubrechen, unabhängig. Ohne Kind eine Partnerschaft zu beenden, ist einfacher als mit Kind.

Die überwiegend weiße, christliche und männliche Gruppe will die Gesellschaft nach ihren Vorstellungen umformen – und wie die Aufhebung von Roe v. Wade zeigt, könnte das einen gesellschaftlichen Rückschritt bedeuten. Letztlich ist das aber nichts anderes als ein Zeichen von Schwäche.

Grundrechte verteidigen

Dass Roe v. Wade gekippt wurde, zeigt uns allen, dass Grundrechte und Demokratie nicht so selbstverständlich sind, wie sie es sein sollten. Mehr als 60 Prozent sind in den USA dafür, dass das Abtreibungsrecht in allen Bundesstaaten beibehalten wird. Dennoch wurde Roe v. Wade gekippt. Es wird immer Kräfte geben, die dagegen ankämpfen – und es wird immer die brauchen, die demokratische Werte verteidigen. Wir müssen wachsam bleiben, wir müssen kritisch sein. Denn das, was gerade in den USA passiert, kann überall passieren.

Richtig ernährt im Sommer

Wer an heißen Sommertagen zu den richtigen Lebensmitteln greift, wird nicht nur satt, sondern kann sich auch abkühlen.

Temperaturen jenseits der 30 Grad sind für unseren Körper extrem anstrengend. Denn damit unsere Organe und folglich unser Stoffwechsel optimal arbeiten können, muss unsere Körpertemperatur immer konstant bleiben. So geben wir beim Schwitzen überschüssige Wärme ab und kühlen uns dadurch. Bei Kälte lässt ein Selbstschutzmechanismus unsere Muskeln arbeiten. Wir zittern und erzeugen dadurch Wärme. Auch eine richtige Ernährung kann uns helfen, unsere Körpertemperatur zu regulieren. Deswegen sollte man seine Lebensmittel auch der Jahreszeit entsprechend anpassen.

Leicht soll es sein

Die durchschnittliche Temperatur unseres Körpers beträgt 37 Grad Celsius. Bei starker Hitze schaltet der Körper seine Funktionen einen Gang runter. Es wird langsamer verdaut. Schweres und fettiges Essen wie Schweinsbraten mit Knödel bleiben dadurch länger im Magen. Die Folgen: Uns wird übel, der Blutdruck sinkt und wir fühlen uns schlapp und müde. Deswegen sollte man im Sommer zu leichten Mahlzeiten wie Salaten oder Gemüse greifen. Zudem haben viele Obst- und Gemüsesorten im Sommer Saison und schmecken daher besonders gut. Auch der Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen ist bei ausgereiften Obst- und Gemüsesorten am höchsten.

Essen in Maßen, trinken in Massen

Noch wichtiger, als das Richtige zu essen, ist, ausreichend und kontinuierlich zu trinken. In der Regel benötigt der Körper am Tag um die eineinhalb bis zwei Liter Flüssigkeit. Wer aber viel schwitzt, sollte auch viel trinken. An heißen Tagen können wir daher ruhig bis zu zwei bis drei Liter Wasser trinken – wenn ärztlich nicht anders verordnet. Das einfachste und beste Getränk ist Leitungswasser oder kohlensäurearmes Mineralwasser. Aufpassen sollte man bei Fruchtsäften und Mineralwasser mit verschiedenen Geschmäckern – diese sind oft richtige Zuckerbomben.

Besser warm statt kalt

Eiskalte Getränke sind im Sommer zwar verlockend, haben aber einen gegenteiligen Effekt: Zuerst wirken sie erfrischend. Da der Körper die heruntergekühlten Körperregionen wieder auf Normaltemperatur bringen will, kurbelt er die Wärmeproduktion an – und uns wird wieder heiß. Auch heiße Getränke sind im Sommer nicht optimal. Durch die heiße Flüssigkeit kommen wir zu stark ins Schwitzen und es wird noch schwerer, den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.

Warme Getränke hingegen können den Körper kühlen. In vielen warmen Ländern trinken die Menschen deshalb warmen Tee – trotz starker Hitze. Durch die warme Flüssigkeitsaufnahme setzt ein leichtes Schwitzen ein. Der Schweiß auf der Hautoberfläche kühlt den Körper, ohne den Kreislauf auf Hochtouren zu bringen. Warmer Pfefferminztees oder Salbeitees sind besonders beliebt. Durch ihren frischen Geschmack kühlt die Pfefferminze. Salbeitee hilft, die Schweißproduktion zu reduzieren.

Mit Maß und Ziel

Auch wenn ein kühles Bier an heißen Tagen allzu verlockend ist, sollte man auf Alkohol im Sommer besser verzichten. Durch die Hitze werden die Blutgefäße erweitert. Wenn wir Alkohol trinken, wird dieser Effekt verstärkt. Da kann es dann rasch zu Kreislaufproblemen kommen. Außerdem entzieht Alkohol dem Körper Flüssigkeit und Mineralstoffe. Wer dennoch nicht auf sein Bier verzichten möchte, sollte genügend Wasser dazu trinken.

Auch für Sportler:innen gilt: Wer trotz Sommertemperaturen nicht aufs Sporteln verzichten möchte, muss ausreichend trinken. Durch das Schwitzen verlieren wir wichtige Mineralstoffe wie Natrium, Chlorid, Kalium, Kalzium oder Magnesium. Tipp: Apfelsaft mit Mineralwasser gespritzt enthält viele dieser Mineralien und ist ein guter Durstlöscher.

Erfrischende Lebensmittel

Folgende Lebensmittel schlagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie erfrischen und unterstützen den Wasserhaushalt des Körpers:

  • Wassermelone: Die Wassermelone ist die absolute Nummer eins unter den erfrischenden Lebensmitteln. Sie besteht zu 95 Prozent aus Wasser.
  • Gurken: Gurken haben einen extrem hohen Wasseranteil. Dadurch kühlen und erfrischen sie den Körper. Sie enthalten zudem viel Vitamin C, was die Haut vor den ultravioletten (UV) Strahlen der Sonne schützt und vorbeugend gegen Falten und Sonnenschäden wirkt.
  • Tomaten: Genau wie Gurken haben Tomaten einen sehr hohen Wasseranteil. Zudem enthalten sie den Farbstoff Lycopin, der auch für ihre rote Färbung verantwortlich ist. Studien haben gezeigt, dass der Farbstoff der Haut hilft, die Eigenschutzzeit beim Sonnen zu verlängern. Das bedeutet, wer viel Tomaten isst, kann länger in der Sonne bleiben. Der Tomaten-Sonnenschutz wirkt aber nur, wenn man mindestens zehn Wochen täglich 40 Gramm Tomatenpaste isst. Gänzlich auf herkömmlichen Sonnenschutzfaktor zu verzichten, sollte man aber trotzdem nicht – da durch das Lycopin nur ein Lichtschutzfaktor von 1,5 oder 2 erreicht wird.
  • Joghurt: Joghurt hat gleich zwei tolle Effekte: Es kühlt und spendet Energie. Durch die Eiweißbausteine ist es gut verdaulich und liefert uns Energie – ohne den Körper zu belasten.
  • Grüntee: Der grüne Tee ist das ideale Sommergetränk. Einerseits wirkt er kühlend. Andererseits besitzt der Grüntee die sekundären Pflanzenstoffe Polyphenole. Diese schützen unsere Zellen vor der Sonne. Sie vermindern, dass die Zellen auf der Haut (beispielsweise durch einen Sonnenbrand) geschädigt werden. Aber Vorsicht: Grüner Tee allein reicht selbstverständlich nicht als Sonnenschutz. Er wirkt nur unterstützend.
  • Minze: Minze gehört zu den ältesten Heilkräutern. Sie belebt den Geist und kühlt den Körper. Wer an heißen Sommertagen unter Kopfschmerzen leidet, kann sich ein paar Tropfen Pfefferminzöl auf die Schläfen geben.
Hitzetelefon

Besonders älteren und kranken Menschen sowie Kleinkindern macht die langanhaltende und extreme Hitze große Probleme. Laut AGES sind 2018 766 Personen an gesundheitlichen Folgen der Hitze wie Herzinfarkt, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch Nierenversagen gestorben. Zum Vergleich sind bei Verkehrsunfällen 2018 409 Personen gestorben.

Unter der kostenlosen Hotline 050-555-555 geben Fachleute Ratschläge, wie man sich vor den hohen Temperaturen am besten schützt.