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Flüchtlinge mit Fell: Hilfe für Haustiere aus der Ukraine

Seit Ende Februar versinkt die Ukraine im Krieg. Die Menschen fliehen vor Terror und Gewalt. Viele von ihnen haben Haustiere und wollen sie nicht zurücklassen. Wie Tierschützer:innen ihnen helfen und was jede:r beitragen kann.

Darüber, wieviele Menschen aus der Ukraine flüchten müssen, gibt es relativ gute Zahlen: 3,5 Millionen Menschen waren es Mitte Mai bereits. Aber: Wieviele Haustiere mussten schon den Panzern weichen? Sie reisen mit ihren Besitzer:innen in provisorischen Transportboxen oder Tragetaschen, manche Flüchtlinge nehmen ihre Katzen und Hunde auch einfach an die Leine. Hauptsache raus aus der Gefahrenzone und das möglichst schnell – für die Tiere bedeutet das den puren Stress. Jeder, der selbst ein Tier hat, weiß, wie belastend eine ungewohnte Situation für ein Tier sein kann. Doch was ist die Alternative? Das Tier zurücklassen? Für viele Ukrainer:innen ist das ein absolutes No-Go.

Erste Hilfe für geflüchtete Tiere

In Wien gibt es nun erstmals auch eine Station für geflüchtete Menschen mit Haustieren. Die Aktion A G’spia für’s Tier (kurz AGFT) bietet Erste Hilfe vor Ort an. Ursprünglich wurde sie für Tierhalter:innen in den Einrichtungen der Wiener Wohnungslosenhilfe ins Leben gerufen, jetzt wurde das Angebot für Flüchtlinge mit Haustieren adaptiert – denn noch nie gab es einen Krieg, bei dem so viele Menschen ihre Haustiere mitgenommen haben. Täglich kommen 15 bis 70 neue Tiere in die Ankunftsstellen. Sie brauchen Futter, Tierärzt:innen oder einfach einen Schlafplatz. Weil derzeit so viele Tiere mit ihren Besitzer:innen auf der Flucht sind, dürfen sie derzeit ohne Einreisepapiere, Chips oder Tollwut-Impfnachweise reisen. Erst wenn die Besitzer:innen an einem Ort bleiben wollen, müssen sie ihre Tiere anmelden und chippen.

Verschnaufen an einem sicheren Platz

AGFT bietet Menschen und ihren Haustieren einen sicheren Platz an und eine Verschnaufpause. „Auch Tiere sind durch die Flucht einem extrem erhöhten Stresspegel ausgesetzt. Dadurch kann es immer wieder zu unvorhersehbaren Verhaltensweisen kommen“, erklärt Sabine Rauscher, Leiterin des Projekts A G’spiar für’s Tier der Volkshilfe Wien. Das Angebot des AGFT-Projekts im Detail:

„Ein kurzer Gesundheitscheck und das nötige Equipment, um einen sicheren Aufenthalt oder Weiterreise zu ermöglichen, ist unabdingbar und wird von uns kostenlos zur Verfügung gestellt.“

  • Erste-Hilfe: Vor Ort gibt es ehrenamtliche Helfer:innen und veterinärmedizinische Unterstützung, die Erste Hilfe für verletzte Tiere leisten. Tiere mit schweren Verletzungen oder Erkrankungen werden an Tierarztpraxen weitergeleitet, die ukrainische Tiere kostenlos behandeln.
  • Verpflegung: Besitzer:innen erhalten vor Ort alles, was ihre Tiere benötigen: von Futter und Spielzeug über Transportboxen bis zu Leinen und Decken.
  • Sichere Unterkunft: Bis sie ein gemeinsames Quartier gefunden haben, bieten Tierschutz Austria und das TierQuarTier Flüchtenden mit Haustier an, ihre tierischen Begleiter kostenlos aufzunehmen – entweder bei freiwilligen Privatpersonen oder Organisationen wie Tierschutz Austria. Das gilt auch, wenn die Besitzer:innen an Corona erkranken und in Quarantäne müssen.
  • Tour fürs Tier: Das Team von AGFT besucht die verschiedenen Unterkünfte und bietet allen Tierbesitzer:innen eine Erstversorgung an.
  • Aufklärungsgespräche & Betreuung: Ein Haustier ist eine riesige Herausforderung für alle, die ein Quartier suchen. Die Angst, es nach der temporären Versorgung in fremden Unterkünften nicht mehr wiederzubekommen, ist bei vielen Flüchtenden groß. Aufklärungsgespräche vor Ort sind daher extrem wichtig.
Gemeinsam helfen

Wer das Projekt mit Sachspenden unterstützen möchte, folgende Dinge werden dringendst benötigt:

  • Maulkörbe in allen Größen
  • Katzengeschirre
  • Leinen und Brustgeschirre
  • Floh- und Zeckenmittel
  • Transportkörbe
  • Futter in kleinen Portionen
  • Tierspielzeug
  • Katzentoiletten plus Zubehör

Sachspenden können 24 Stunden täglich beim TierQuartier abgegeben werden sowie im AGFT-Büro der Volkshilfe Wien, Breitenfurter Straße 336, 1230 Wien, jeweils von Mo-Do 8-15 Uhr; Fr 8-12 Uhr.

Wie wir den essbaren Müllberg halbieren

Das weltberühmte Schnitzerl, unsere Kaspressknödel oder nur einfach nur ein Kornspitz. Wir Österreicher:innen lieben unser Essen. Aber wir führen mit ihm nur Kurzzeit-Beziehungen, denn nach wie vor landen jedes Jahr Tonnen von einwandfreien Lebensmitteln im Müll. Die Umweltministerin will dieses Problem jetzt mit dem Aktionsplan „Lebensmittel sind kostbar!“ angehen.

Seit Ende April gibt es den ersten Entwurf des neuen Bundes-Abfallwirtschaftsplans. Hinter diesem sperrigen Namen verbirgt sich ein Bündel an Maßnahmen, die alle ein Ziel verfolgen: weniger Müll. Im Bundes-Abfallwirtschaftsplan finden sich unter anderem der kürzlich eingeführte Reparaturbonus oder die geplante Pfandregelung.

Den größten Teil des Kuchens macht aber die Lebensmittelverschwendung aus: Mehr als 500.000 Tonnen wandern allein aus Privathaushalten jedes Jahr in Österreich in den Mist – genießbar. Der Aktionsplan „Lebensmittel sind kostbar!“ soll das ändern. Mit 60 Maßnahmen will Klimaministerin Leonore Gewessler die Ziele des EU-Kreislaufwirtschaftspakets erreichen.

„EU-Ziel bis 2030: 50 % weniger Lebensmittelabfälle“

Die Europäische Union verlangt eine Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030 (im Vergleich zu 2020). Aber schon bis 2025 soll der essbare Müllberg um 30 Prozent schrumpfen. Wir haben die wichtigsten Maßnahmen des Aktionsplans zusammengefasst:

Handel
  • Ein Kernsortiment wird bei Frischwaren eingeführt:
    Wer gegen Ende der Öffnungszeiten einkauft, soll das wichtigste vorfinden – ein Kernsortiment, das alle Geschmäcker und Anlässe abdeckt. Wenn nicht alle Artikel bis zur letzten Sekunde frisch angeboten werden, muss weniger weggeworfen werden.
  • Steuerlicher Anreize für die Weitergabe von Lebensmitteln werden geschaffen:
    insbesondere an soziale oder karitative Einrichtungen.
  • Weniger XXL-Verpackungen in Supermärkten:
    Viele Verbraucher:innen kaufen die größere Packung, weil sie günstiger erscheint als die kleine. Oft viel zu viel für den persönlichen Verbrauch – und das Essen landet im Müll.
Gastro & Kantinen
  • Variable Portionsgrößen:
    Jede:r soll zukünftig die Möglichkeit haben, nur so viel zu bestellen, wie er oder sie auch tatsächlich essen möchte.
  • Neue Küchenkonzepte wie „nose to tail“ und „root to leaf“:
    Die Idee: Möglichst alle Teile eines Lebensmittels verwerten, von der Nase bis zum Schwanz und von der Wurzel bis zum Blatt.
  • Öffentliche Großküchen kaufen B-Waren
    Großküchen und Kantinen in öffentlicher Hand setzen zukünftig beim Einkauf verstärkt auf sogenannte B-Waren, die sonst keine Abnehmer finden würden. Also Essen, das völlig in Ordnung ist, aber nicht „hübsch“ genug für den Verkauf im Supermarkt.
Landwirtschaft
  • Weitergabe von Ernteüberschüssen erleichtern:
    insbesondere an soziale oder karitative Einrichtungen.
  • Nachernten fördern:
    Bei den gängigen Erntemethoden bleiben oft beträchtliche Mengen an Feldfrüchten liegen. Das Ministerium plant, mit technischen Innovationen Landwirt:innen bei der Nachernte zu unterstützen.
Privathaushalte
  • leicht zugängliche und mehrsprachige Informationen zur Einkaufsplanung
  • verstärkte Bildungsarbeit an Schulen
  • öffentliche Kochworkshops

Kühlschrank richtig sortieren

Wie sieht es in deinen Kästen, Kommoden und Schränken aus? Alles schön gefaltet, geschlichtet und sortiert? Falls ja, herzlichen Glückwunsch! Wenn nicht – auch keine Panik. Es gibt nur einen Schrank, bei dem Ordnung wirklich wichtig ist: den Kühlschrank. Wenn du deinen Kühlschrank richtig sortierst, kannst du deine Lebensmittelabfälle einfach und schnell verkleinern.

Weltweit landen unvorstellbare Mengen an Lebensmitteln im Müll. Oft gelesen, oft gehört? Problem bekannt? Leider ist es größer, als die meisten vermuten. Viel größer.

„Ein Drittel aller Lebensmittel landet im Müll.“

Die Vereinten Nationen schätzen: „Ein Drittel aller weltweit hergestellten Lebensmittel landet nicht am Teller, sondern im Müll.“ Das ist jede dritte Kartoffel am Acker, jede dritte Tomate im Glashaus und jede dritte Marille am Baum schafft es nicht ihren einzigen Zweck zu erfüllen: gegessen zu werden. Das ist nicht nur „einfach schade“, sondern ein bedrohliches Problem für Mensch und Erde. Wir reden hier von 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittelmüll.

Lebensmittelabfälle befeuern die Klimakrise

Bei der Produktion von Lebensmitteln werden große Mengen von Gasen in die Atmosphäre geblasen, die das Klima aufheizen. Allen voran CO₂ und Methan. Und nochmal: Ein Drittel dieser Gase entsteht dabei völlig nutzlos. Die UN schätzt, dass Lebensmittelabfälle pro Jahr in Summe 4,4 Gigatonnen Treibhausgase verursachen. Das entspricht ungefähr den jährlichen Emissionen der Vereinigten Staaten.

„In Österreich entsteht die Hälfte aller vermeidbaren Lebensmittelabfälle in privaten Haushalten.“

Zwar haben die meisten Österreicher:innen keine Tomaten auf den Augen, wenn es um Lebensmittelverschwendung geht: Eine vor kurzem durchgeführte Studie zeigt, dass drei von vier Befragten „so wenige Lebensmittel wie möglich“ verschwenden wollen. Oft fehlt aber das Wissen, wie das am besten geht. Vor allem bei jungen Menschen.

Die Klimazonen deines Kühlschranks

Die richtige Lagerung ist schon die halbe Miete. Deswegen solltest du im ersten Schritt deinen Kühlschrank besser kennenlernen! Ähnlich wie unsere Erde hat auch ein Kühlschrank verschiedene Zonen mit unterschiedlichen Temperaturen. Und nicht jedes Lebensmittel braucht die kälteste Zone, damit es lange hält. Hier eine Übersicht:

  • Kühlschranktür: Der wärmste Ort des Kühlschranks. Hier kommen Eier, Butter, Ketchup, Dressings und Getränke hinein
  • Obere Zone: Auch hier ist es vergleichsweise warm. Perfekt für lang haltende Lebensmittel wie Marmelade oder eingelegte Speisen. Reste vom Vortag, die du bald isst, können hier auch rein.
  • Mittlere Zone: Milch, Käse, Joghurt und Feinkost. Außerdem lagerst du hier am besten geöffnete Konserven und Feinkost.
  • Untere Zone: Das ist der kälteste Bereich des Kühlschranks. Hier lagerst du am besten Fisch, Fleisch und Wurst.
  • Gemüsefach: Der Name verrät es schon: Hier kannst du Gemüse, Salate und Kräuter optimal lagern. Allerdings vertragen nicht alle Sorten die kalte Kühlschrankluft. Wässrige Gemüsearten wie Gurken, Zucchini, und Tomaten lagerst du besser bei Raumtemperatur. Genauso wie Ananas, Banane und Mango beim Obst.
Alter vor Neuheit

Sind die Lebensmittel erst mal nach Zonen sortiert, dann gibt es nur mehr eines zu beachten: Keine Lebensmittel übersehen! Der Klassiker ist das angefangene Joghurt im hintersten Eck des Kühlschranks. Du entdeckst es erst, wenn es anfängt zu stinken. Schade drum. Nach dem Einkaufen solltest du die neuen Lebensmittel daher bewusst nach hinten sortieren. So bleiben die angefangenen vorne – und im Blick.

Manche Menschen haben bekanntlich ein Talent dafür, ihr eigenes Chaos zu überblicken. Für alle anderen gilt: Bring‘ Ordnung in deinen Kühlschrank. Das Chaos heb‘ dir für die anderen Kästen auf.

Recht auf gutes Klima – FREDA Talk

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18FREDA ForumTalk: Recht auf gutes Klima – Gerecht gegen die Krise?

Wir dachten schon an ein Aufatmen, hofften auf eine inhaltliche Rückkehr zu den brennenden Fragen abseits der Pandemie. Und jetzt? Ein Angriffskrieg in Europa. Und doch sind es keine isolierten Krisen – verbunden durch den Widerhall auf den Finanzmärkten und durch das Potenzial, sich gegen die gesamte Menschheit zu richten. Ganz rasch haben die Finanzierung von Waffen und eine milliardenstarke Aufrüstung des Verteidigungsbudgets wieder Vorrang. Wo bleibt die Zukunft?

Gerechtigkeit, Klimagerechtigkeit, das gute Klima – im doppelten Wortsinn – eine Utopie? Wie lässt sich in diesen Zeiten die Dringlichkeit bei den Menschen verankern? Wir alle wissen dass der Hut brennt, aber die Bandbreite bei der Umsetzung ist groß. Vieles ist Greenwashing, vieles geht am Ziel vorbei oder ist sogar kontraproduktiv. Es braucht aber ganz konkrete Veränderungen und zwar jetzt.

Grüne Themen sind längst Mainstream geworden, finden sich jedoch auf der Suche nach einem „sanften“, technologiegetragenen Ausweg aus der Krise in Geiselhaft eines überholten Industrie- und Wirtschaftssystems. Der Europäische Green Deal war ein Schritt in die richtige Richtung, aber das „Fit-for-55“ Maßnahmen-Paket und echte Verpflichtungen kommen nur langsam in die Gänge. Als Grüne bewegen wir uns in einem steten Spannungsfeld im Bemühen um einen ehrgeizigeren und sozial gerechteren Green Deal. Eine moderate Klimafinanzierung reicher Länder, um ärmeren dabei zu helfen, sich an einen heißeren Planeten anzupassen, greift definitiv zu kurz. Es geht um viel mehr:

  • Um Verteilungsfragen – nicht nur die Verteilung der Anstrengungen, um die globalen Emissionen auf Null zu senken, sondern ganz konkret um die Frage: Wer darf heute noch Kohle, Öl und Gas verbrennen? Im Klimaschutz gibt es jede Menge „low hanging fruits“, u.a. die Förderungen für klimaschädliches Verhalten. Die werden nicht geerntet, weil die Privilegierten ihre Privilegien gern behalten wollen.
  • Um faire und gerechte Prozesse bei Entscheidungen über Klimaschutz-Maßnahmen unter Einbindung der Betroffenen: Die Klimakrise muss demokratisch gelöst werden.
    Um eine grundlegende Neudefinition von gesellschaftlichen Zielen, die sich an legitimen Bedürfnissen orientiert – immer im Einklang mit planetaren Limits.
  • Um ökologische Gerechtigkeit – auch andere Lebewesen als der Mensch haben ein Recht auf ein Entfaltung und Leben.

Last but not least: Progressive Lösungen für soziale und Klimagerechtigkeit, für alternative Wirtschaftsmodelle und partizipative Lösungsprozesse haben keine Kraft, wenn sie nicht die Menschen in allen Gesellschaftsschichten erreichen, motivieren und ansprechen. Die Dringlichkeit der Klimakrise zu kommunizieren, aber auch gleichzeitig wirksam und pragmatisch zu vermitteln, wie die grüne Agenda im Alltag der Menschen ankommt, bleibt eine große Herausforderung. Welche Rolle dabei die Medien spielen (können), wie es mit dem Bildungsauftrag des größten öffentlich-rechtlichen Senders in Österreich aussieht und welches Know-how wir benötigen oder anders formuliert: Wie es um den gesellschaftlichen Konsens bestellt ist, dass Stand der Wissenschaft unser bestes Wissen ist, diskutieren wir hin diesem FREDA Forum Talk mit folgenden Gästen:

Michaela Krömer, Rechtsanwältin.
Für ihr klimapolitisches Engagement mit dem Menschenrechtspreis 2021 der österreichischen Liga für Menschenrechte ausgezeichnet.

Hildegard „Gitsch“ Aichberger, Managerin und Kommunikationsexpertin aus dem Umwelt- und Nachhaltigkeitsbereich.
Vorständin bei oekostrom AG, Publikumsrätin beim ORF (von FREDA entsandt).

Anita Malli, Referentin für Umwelt und Nachhaltigkeit im ORF.
Geschäftsführerin – Umweltinitiative MUTTER ERDE.

Nur Fairer Handel ist freier Handel – FREDA Talk

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Fördern Lieferkettengesetze Transparenz und Fairness im Welthandel?

Die Präsentation des EU-Lieferkettengesetzes ist im Dezember 2021 zum dritten Mal verschoben worden. Gewerkschaften sehen darin einen Erfolg von Konzern-Lobbyisten und werfen der EU Intransparenz und Tatenlosigkeit vor. Aktuell gibt es in Deutschland ein Lieferkettengesetz, das vom Entwurf bis zum Beschluss einige Zähne verloren hat. In Frankreich gibt es seit 2017 ein Sorgfaltspflichtgesetz, in den Niederlanden und in Großbritannien gibt es Ansätze in diese Richtung. Die neue Deutsche Bundesregierung unterstützt ein „wirksames EU-Lieferkettengesetz, das kleinere und mittlere Unternehmen nicht überfordert“. Neue Gesetze und Regeln bergen stets die Gefahr, dass nur die ganz Großen damit zurecht kommen, während sie kleinere Unternehmen stark belasten.

Den Konsument:innen stellt sich die Frage, ob tatsächlich sie an der Kasse entscheiden, welche Art von Produkten auf welche Weise in der der ganzen Welt hergestellt werden. Haben sie wirklich die Macht zu verhindern, dass Turnschuhe mittels Kinderarbeit hergestellt werden? Oder dass für Shampoo Urwald gerodet wird? Woher sollen sie alles das überhaupt wissen?

Über den Nutzen und die Wirksamkeit von Lieferkettengesetzen diskutieren:
Veronika Bohrn Mena, Arbeitsmarktexpertin und Autorin, vormals Gewerkschafterin
Andreas Freytag, Professor für Wirtschaftspolitik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Direktor des dortigen Schumpeter-Instituts
Werner Raza, – ÖFSE Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung
Moderation, Juliane Alton, FREDA

Rudolf der Erste: Wie kleine Gemeinden glücklich und gesund werden

Er wird kein König der Zweitwohnsitzer sein: Rudi Hemetsberger ist der erste grüne Bürgermeister in Oberösterreich. Den Ortskern wachküssen, neue Jobs schaffen und den freien Seezugang erhalten: Wie eine grüne Vision für kleine Gemeinden mit großer Natur aussehen kann.

Stell dir vor, es ist See – aber keiner kommt hin. Genau das passiert im Sommer an “starken” Tagen regelmäßig am Attersee. Es wird heißer, die Menschen wollen Abkühlung. Und wegen Corona lieber in der Umgebung anstatt einer Urlaubsbuchung, die dann wegen einer Quarantäne oder einer Infektion in letzter Sekunde noch hinfällig ist.

Je heißer, desto Stau: An manchen Tagen kommen doppelt so viele Autos an die Badeplätze am Attersee, wie es Parkplätze gibt. Die Bäder sind voll, die Parkplätze sind voll. Und für die Anrainer*innen ist die Lage mittlerweile untragbar geworden.

Die Lösung dafür können also unmöglich noch mehr Parkplätze sein, sondern Alternativen: Parkplätze an der Autobahn mit Shuttle-Dienst zum See, sichere Fahrradstrecken aus dem Umland zum See (derzeit teilen sich die Radler*innen die Straße mit dem Stau).

Das ist aber nicht das einzige Problem, das Rudi Hemetsberger für seine Gemeinde lösen will. Er ist Landtagsabgeordneter in Oberösterreich und hat am 10. Oktober vergangenen Jahres die Stichwahl in Attersee am Attersee gewonnen – der erste grüne Bürgermeister in Oberösterreich. Sein erster Kommentar damals: “Ein historischer Schritt für die Gemeinde, in der Klimaschutz und nachhaltige Kommunalpolitik nun den Stellenwert bekommen, den die Gemeinde braucht und verdient.”

Der Plan für Attersee:

  • Ortskern nach den Wünschen der Bevölkerung wieder wachküssen
  • mehr Menschen für Attersee… aber nicht in Wohnblocks
  • neue Jobs mit grüner Energie
  • freier Zugang zum Attersee

Und was braucht und verdient die Gemeinde: Attersee hat 1.600 Hauptwohnsitze, aber 1.800 Nebenwohnsitze. Nach der Sommersaison ist also der halbe Ort leer. Wo Menschen fehlen, da fehlt auch Infrastruktur: Kindergärten, Schulen und Vereine bluten aus. “Deshalb sagen wir Stopp”, sagt Hemetsberger. “Wir müssen das Verhältnis wieder zugunsten der Hauptwohnsitze umdrehen, Menschen nach Attersee bringen und den Ort wieder mit Leben füllen.” Aber: Das müsse besser gehen als mit den Wohnblocks, die im Ortsteil Oberach geplant waren. “Sozialer Wohnbau ist der richtige Weg, aber nicht mitten im Grünland. So viele Gebäude im Zentrum stehen leer, die können wir reaktivieren. Dann lebt auch der Ort wieder.” Anstatt noch mehr Fläche zu betonieren, könne man die Flächen endlich sinnvoll nützen, die schon da sind. “Der Landungsplatz ist das Juwel von Attersee. Im Moment ist er aber nur ein Parkplatz.” Was genau aus diesem Platz nun werden soll? “Das entscheiden wir mit der Bevölkerung gemeinsam, da stecken wir mitten im Prozess.”

Mit dem EAG, dem “Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz”, das nun endlich auch vom Bundesrat durchgewunken wurde, lassen sich außerdem neue Jobs schaffen – gerade auch in kleinen Gemeinden. Für die Zukunft des oberösterreichischen Wirtschaftsstandortes und unsere Versorgungssicherheit braucht es eine massive Ausbauoffensive für die Erneuerbaren Energieträger Umweltwärme, Biomasse, Biogas, Geothermie, Photovoltaik, Solarthermie, Wasser- und Windkraft … der Bedarf ist riesig.

Unterach am Attersee
© Ubacher Pixabay

„Die Berge, die Seen, die Natur – das gehört uns allen, nicht einem Investor.”

Ein persönliches Anliegen ist Hemetsberger der freie Zugang zum See: “Die Berge, die Seen, die Natur – das gehört uns allen, nicht einem Investor.“ Deshalb will er weitere Verkäufe nicht nur stoppen, sondern auch darüber verhandeln, dass die Gemeinde Flächen zurückkauft und allen Menschen zur Verfügung stellt. Attersee macht einen Neustart. Und was soll am Ende rauskommen? “Eine bessere Lebensqualität für alle Menschen hier. Für die Gäste, aber vor allem für die Bevölkerung von Attersee”, sagt Hemetsberger.

Widerstand wirkt: Tauschitz nicht Chef des Kärntner Verfassungsschutzes

Ein Ulrichsberg-Redner an der Spitze der Verfassungsschützer … die eigentlich den Ulrichsberg scharf beobachten sollten. Dass das nicht geht, das hat – spät, aber doch – auch die Kärntner Polizei eingesehen.

Am Ende lenken sie also doch ein: Die Landespolizeidirektion Kärnten hat die Nominierung von Stephan Tauschitz als Chef des Landes-Verfassungsschutzes zurückgezogen. Die Nominierung des ÖVP-Mannes war heftig kritisiert worden. Nicht nur von Olga Voglauer, der Landessprecherin der Kärntner Grünen, sondern unter anderen auch von Oskar Deutsch, dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde.

Redner beim Naziaufmarsch

Deren Vorwurf: Tauschitz war als Klubobmann der Kärntner ÖVP 2008 und 2010 Redner am Kärntner Ulrichsberg … einer Art SS-Wallfahrt in Kärnten, beliebt bei Alt- und Neonazis. Das Ulrichsbergtreffen ist eine Veranstaltung für ehemalige Wehrmachts- und SS-Angehörige sowie jüngere Sympathisant:innen. Erstmals wurde die Gedenkfeier für die „Opfer der beiden Weltkriege sowie des Kärntner Abwehrkampfes“ im Jahr 1958 abgehalten. Seither findet es jährlich in Kärnten statt und gilt als Veranstaltung, an der auch rechtsextreme und neonazistisch Gesinnte teilnehmen. Deshalb wird das Treffen auch vom Verfassungsschutz beobachtet.

Bundeswehr-Soldaten, Klagenfurter Bürgermeister Christian Scheider und Stephan Tauschitz am Ulrichsberg 2008 (v.l.n.r.) © AK gegen den kärntner Konsens/u-berg.at

Norbert Darabos (SPÖ) hatte 2009 als Verteidigungsminister dem Bundesheer die Teilnahme am Ulrichsbergtreffen untersagt. Das zeigt, dass Tauschitz am Ulrichsberg gesprochen hat, als die Debatte um das SS-Treffen auf einem Höhepunkt war. Der Rückzieher der Kärntner Polizei ist richtig – aber er kommt spät.

„Der Verfassungsschutz in Kärnten verdient eine untadelige und integre Person an seiner Spitze“

Bis auf Weiteres ist Tauschitz laut Landespolizeidirektion Kärnten einem anderen Verantwortungsbereich zugeteilt. Dieser wollte sich zuerst noch verteidigen und wurde dabei auch tatkräftig von der Kärnten-Ausgabe der Kronen Zeitung unterstützt. Aber die Lage war und ist eindeutig: Der Verfassungsschutz ist dafür zuständig, derartige Treffen streng zu beobachten. Und er muss über jeden Verdacht erhaben sein, da auf einem oder gar auf beiden Augen blind zu sein.

Altes Proporzdenken oder Demokratie mit Hausverstand

Nur noch zwei Bundesländer haben echte Proporzregierungen. In Oberösterreich fordern die Grünen deshalb – wieder – die Abschaffung eines Systems, das für alle Beteiligten schlecht ist. Für die Regierung … und für die Opposition.

Neues Jahr, altes Thema in Oberösterreich: Wie sieht eigentlich eine sinnvolle Regierung für ein Bundesland aus? Welche Kompetenzen braucht ein Landesrat? Und: Welche Mehrheiten? Oberösterreich ist nach Niederösterreich das letzte Bundesland in Österreich, das noch immer am sogenannten Proporz-System festhält. Das heißt: Ab einer bestimmten Anzahl an Stimmen, ab einem bestimmten Prozent-Ergebnis bei den letzten Wahlen, erhält eine Partei automatisch einen Regierungssitz (bzw. mehrere Sitze, wenn das Ergebnis noch besser ausfällt).

Und zwar völlig unabhängig davon, ob die jeweilige Partei überhaupt Teil der politischen Koalition ist, also Teil jener Vereinbarung von mehreren Parteien, die gemeinsam eine Mehrheit haben und sich auf ein gemeinsames Programm für die kommenden Jahre einigen konnten. Das ist nicht nur völlig überholt – Vorarlberg hat dieses System bereits 1923 abgeschafft; zuletzt hat Kärnten es 2017 ad acta gelegt –, es ist auch unsinnig: Denn egal wer das Amt besetzt, hat er oder sie keine Mehrheit, ist der politische Einfluss ohnehin stark eingeschränkt.

Die Grünen Oberösterreich haben deshalb bei ihrem Jahresauftakt gefordert, dass dieses alte politische Denken auch in Oberösterreich endlich modernisiert wird – obwohl die Grünen mit Stefan Kaineder selbst einen Landesrat stellen. Der Landtagsabgeordnete Severin Mayr sagt: “SPÖ und FPÖ sperren sich dagegen, weil sie um ihrer Amterln fürchten.”

Wien hat ein ähnliches System mit “nicht-amtsführenden Stadträten”, auch hier besetzen Grüne zwei dieser Posten. Anders als in Oberösterreich kann Wien das Problem aber nicht alleine lösen, hier müsste der Bund mit einer Zweidrittelmehrheit helfen. Die Grünen haben sich auch hier schon um Mehrheiten bemüht, auch hier blockieren aber die anderen Parteien eine sinnvolle, moderne Lösung.

Demokratie mit Hausverstand:
  • Proporz abschaffen
  • Unterlagen offenlegen
  • Landtag über Verordnungen informieren
  • U-Kommission als Minderheitenrecht
  • Unabhängiger Budgetdienst

“Wenn wir den Proporz abschaffen, dann gibt es eine klare Aufteilung der Rollen in Regierung und Opposition, so, wie es der Hausverstand für eine parlamentarische Demokratie auch vorsieht.” Severin Mayr

Im Gegenzug könnte man dann endlich auch die Oppositionsrechte in Oberösterreich stärken, sagt Mayr: “Alle Unterlagen der Regierungssitzungen offenlegen (inklusive Tagesordnung und Abstimmungsergebnissen), den Landtag vorab über Verordnungen informieren. Und es muss endlich auch einer Minderheit im Landtag möglich sein, eine Untersuchungskommission einzusetzen. Das gilt im Parlament doch genauso – und es ist ein demokratiepolitischer Mindestandard.” Und: Ein unabhängiger Budgetdienst soll den Landtag mit Berechnungen, Beratungen und Kontrollen unterstützen.

Derzeit gibt es in Oberösterreich aber nur uralte politische Betonkonstellationen: eine Opposition ohne echte Kontrollrechte, aber mit Regierungssitzen … in denen sie um jeden Zentimeter Einfluss bitter kämpfen müssen. Weil sie keine Mehrheit haben.

Und in der Realpolitik steht aktuell aber auf der anderen Seite eine Koalition, die seit fast 100 Tagen nicht mehr öffentlich aufgetreten ist – offenkundig knirscht es wegen der rabiaten Corona-Politik der Blauen zwischen ÖVP und FPÖ, zwischen Stelzer und Haimbuchner. Aber die Koalition hält. Und das hat man dann am Ende von so einem Proporz-System: Regierungsämter ohne Mehrheit. Und eine Koalition, die trotzdem zusammenpickt. Das ist nicht Fisch, nicht Fleisch … das ist eine politische Nulldiät.

Von Darwin zu Marx

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Wie wir mit Konzepten des 19. Jahrhunderts die moderne Welt erklären

Darwin und Marx als Kinder des 19. Jahrhunderts beziehungsweise der industriellen Revolution haben aufgrund ihrer unterschiedlichen Biographien wichtige Impulse zur Weiterentwicklung der Geistes- und Naturwissenschaften beigetragen. Beide könnten als Revolutionäre in ihren Gebieten bezeichnet werden. Bis heute werden ihre Theorien in der politischen Argumentation herangezogen, immer wieder werden beide Wissenschafter von rechter oder linker Seite politisch vereinnahmt.
In der Podiumsdiskussion setzen wir uns mit der Frage auseinander, welche Relevanz Darwin und Marx für die Analyse gegenwärtiger gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen haben. Verweisen Begriffe wie Darwinismus, Marxismus, marxistischer Sozialismus, Sozial-Darwinismus auf tatsächliche Erklärungsmodelle oder sind es ikonographische Bezeichnung?

Die Diskussion richtet den Fokus vor allem auf den Spannungsbogen zwischen Charles Darwin und Karl Marx. Als Grundlage dienen die zwei Biographien von Jürgen Neffe (Darwin, Das Abenteuer des Lebens (2008) / Marx, der Unvollendete (2018))

Konsequenter Klimaschutz im Alltag

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Was bedeutet konsequenter Klimaschutz für den Alltag der Menschen? Sigrid Stagl zum Thema Klimaschutz auf der FREDA – Grüne Bodenseekonferenz 2021 in Bregenz.