Österreich braucht eine Bodendiät

Industriegebiete, Parkplätze und Straßen fressen die heimischen Böden auf. Kein Land in Europa verbaut mehr fruchtbares Land als wir. Österreich braucht endlich eine Bodendiät mit einer verbindlichen Obergrenze von 2,5 Hektar. Denn vage Absichten und schöne Worte schützen unsere Böden nicht.

Wenn wir abnehmen möchten, setzen wir uns ein Ziel. Zum Beispiel eine bestimmte Anzahl an Kalorien, die wir pro Tag essen wollen. Oder wir streichen besonders ungesunde Nahrungsmittel von unserem Speiseplan.

Eine Diät ist so oder so nicht leicht. Das weiß jeder, der es schon probiert hat. Aber eine Diät ohne festgelegte Grenzen und Ziele, nur getragen von guten Absichten? Das ist zum Scheitern verurteilt. Eine Ausnahme folgt der anderen und irgendwann essen wir wieder genauso, wie vor der Diät.

Fixe Obergrenze statt vage Absichten

Dieses Prinzip gilt nicht nur für unsere Ernährung. Und damit sind wir wieder bei den heimischen Böden. Wenn etwas so wichtig ist wie Bodenschutz, können wir nicht auf vage Absichten vertrauen. Es braucht verbindliche Ziele und Obergrenzen. Insbesondere deswegen, weil schon jetzt mit unfairen Mitteln gegen Bodenschutz argumentiert wird.

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Das zeigt die Vorgehensweise des Gemeindebundes (Interessensvertretung der österreichischen Gemeinden) und der Bundesländer bei den Verhandlungen zur Bodenstrategie. Die Strategie wurde von der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) erarbeitet. Das ist eine Einrichtung, die für alle österreichweiten Fragen rund um Boden und Raumordnung zuständig ist.

Die ÖROK entscheidet gemeinsam. Bundesländer, Gemeinden und die Bundesregierung sind gleichermaßen in der Einrichtung vertreten und treffen Beschlüsse einstimmig. Das macht Sinn, betrifft doch der Schutz des heimischen Bodens alle politischen Ebenen gleichermaßen.

Fake-Bodenstrategie stiftet Verwirrung

Ende Februar verkündeten aber Gemeindebund und Bundesländer vor den Medien, man hätte eine Bodenstrategie beschlossen – und zwar ohne die Bundesregierung. Denn die wollte einen verbindlichen Grenzwert von 2,5 Hektar Bodenverbrauch pro Tag in der Bodenstrategie geschrieben sehen.

Das Papier hat natürlich keine Gültigkeit ohne der Zustimmung des Bundes. Vielmehr stiften solche Fake News Verwirrung und machen Verhandlungen über echte Maßnahmen zum Schutz der Böden schwieriger.

Das 2,5 ha Ziel ermöglicht immer noch den Bau von 600.000 Wohnungen und 20.000 Kindergärten pro Jahr.

Riesige Reserve bereits gewidmeter Flächen

Die Argumentation der Bodenschutz-Gegner:innen nutzt die Sorgen der Menschen rund um die Teuerung aus. Mit dem 2,5 Hektar-Obergrenze könne man keinen leistbaren Wohnraum und keine wichtigen öffentlichen Gebäude mehr bauen. Diese Behauptung ist allerdings falsch. Das 2,5 Hektar Ziel erlaubt es Österreich immer noch, 600.000 Wohnungen und 20.000 Kindergärten zu errichten – jedes einzelne Jahr.

Hinzu kommen enorme Flächen, die bereits als Bauland gewidmet sind, aber noch unbebaut sind. Ein Beispiel: Auf den bereits gewidmeten Flächen Oberösterreichs könnte man die Millionenstadt Wien unterbringen. Es ist also keine Rede davon, dass wir keine neuen Wohnungen mehr bauen können. Bodenschutz und leistbarer Wohnraum können Hand in Hand gehen.

Bevölkerung will echten Bodenschutz

Mit ihrer Antihaltung stellen sich Gemeinden und Länder aber zunehmend gegen die Wünsche der Bevölkerung. Eine große Mehrheit der Menschen hierzulande steht längst auf der Seite des Bodens, zeigt eine Umfrage im Auftrag der Hagelversicherung. Vier von fünf der Befragten fordern eine verbindliche Begrenzung des Bodenverbrauchs auf 2,5 Hektar. Und drei von vier Befragten sehen durch die Verbauung unserer fruchtbaren Böden die Lebensmittelversorgung gefährdet.

Vier von fünf Menschen fordern eine verbindliche Begrenzung des Bodenverbrauchs auf 2,5 Hektar.

Ohne natürliche Böden keine Artenvielfalt

Die Österreicher:innen haben erkannt, was in manchen Kreisen der Politik noch nicht in die Köpfe will: Wir brauchen unsere Böden. Sie sind die Grundlage, um überhaupt Lebensmittel anbauen zu können. Sie filtern und reinigen Wasser. Und sie helfen, Hochwasser zu verhindern und sorgen für saubere Grundwasservorräte. Mit jedem verbauten Hektar geht außerdem Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen verloren. Ohne natürliche Böden keine Artenvielfalt.

Österreich braucht eine Bodendiät, damit nicht unser verbliebenes Erbe an natürlichen Böden auch noch aufgefressen wird. Damit diese Diät aber langfristig funktioniert, brauchen wir das 2,5 Hektar Ziel in der Bodenstrategie. Gute Absichten alleine reichen nicht. Denn kaum wäre die Aufmerksamkeit weg vom Thema Bodenschutz, würde die Verbauung munter weitergehen. Der Jo-Jo-Effekt des Bodenfraßes, wenn man so will. Eine gesunde Diät sieht anders aus.

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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