Buchtipp: Einspruch!

Was mache ich, wenn der Onkel bei der Familienfeier seine Verschwörungsmythen auspackt? Eine Frage, die sich wahrscheinlich viele von uns schon einmal gestellt haben. Autorin und Kolumnistin Ingrid Brodnig hat einen gut recherchierten Ratgeber für solche Situationen geschrieben.

Der Freund, der glaubt, er kann sich vor Covid-19 schützen, wenn er sich Desinfektionsmittel spritzt. Die Kusine, die ihr Kind nicht gegen Masern impfen lässt, weil sie gelesen hat, das könne Autismus auslösen. Viele von uns haben schon einmal erlebt, dass das Gegenüber begonnen hat, über Verschwörungsmythen oder Fake News zu sprechen. Die Fragen, die man sich dann oft stellt: Wie gehe ich damit um? Wie reagiere ich darauf angemessen? Wie kann ich mein Gegenüber aufklären?

Fragen stellen und Zweifel säen

Die schlechte Nachricht ist: Mit Fakten allein kommt man in so einer Situation nicht weiter. Die gute Nachricht ist: Autorin und Kolumnistin Ingrid Brodnig liefert in ihrem Buch „Einspruch!“ hilfreiche Tipps und Strategien, wie man Verschwörungsmythen kontern kann. Es geht darum, Fragen zu stellen, Zweifel zu säen, Sorgen ernst zu nehmen und das Gegenüber nicht bloßzustellen.

Theorie trifft auf Praxis

Um mit Verschwörungsgläubigen diskutieren zu können, muss man aber zuerst einmal verstehen, wie Verschwörungsmythen funktionieren, wie sie verteidigt werden, warum Menschen an sie glauben und was das alles mit Krisen zu tun hat. Brodnig erklärt das mit einer Vielzahl an wissenschaftlichen Studien, die sie wiederum mit praktischen Beispielen für die Leser:innen verständlich herunterbricht. Sie zeigt uns auch, wie Verschwörungsgläubige es geschafft haben, aus der Szene auszusteigen und wie Angehörige mit Verschwörungsgläubigen umgehen. Es sind mitunter Beispiele, die den Leser:innen deutlich machen, wie notwendig es ist, Menschen auf Verschwörungsmythen und Falschinformationen immer und immer wieder aufmerksam zu machen. Das gibt mitunter auch Hoffnung inmitten der tristen Welt der Verschwörungsmythen.

Menschen zeigen, wie sie Falschinformationen erkennen

Es ist nicht einfach, gegen Verschwörungsmythen anzukämpfen. Man muss sich gut überlegen, wie man argumentiert und wie das Gegenüber argumentieren könnte.

“Wir sollten Menschen immer wieder mit Ratschlägen für das Erkennen von Fehlinformationen konfrontieren.”

Man muss sich auch bewusst machen, dass diese Diskussionen mühsam sind und man sich irgendwann fragt, ob das überhaupt Sinn macht. Aber es lohnt sich. „Wir sollten daher die Chance nutzen, Menschen immer wieder mit Ratschlägen für das Erkennen von Fehlinformationen zu konfrontieren, weil es die Situation ein Stück weit verbessern kann“, schreibt Brodnig. Denn Verschwörungsmythen und Fake News können großen Schaden anrichten. Sie können am Vertrauen in politische Institutionen und Medien nagen. Sie können verhindern, dass sich Menschen medizinisch behandeln lassen. Sie können den Ruf von Personen zerstören. Eine Garantie dafür, dass einem geglaubt wird, gibt es nicht. Es ist aber auch nicht immer das primäre Ziel, das Gegenüber zu erreichen. Oft ist es schon ein Anfang, die Zuhörenden zum Hinterfragen zu bringen. Je weniger Menschen einer Verschwörungserzählung Glauben schenken, desto besser.

Zweifel ist wichtig

Hinterfragen und Zweifeln, das ist das, wofür Brodnig in ihrem Buch „Einspruch!“ plädiert. Denn wir alle sind nicht davor gefeit, auf Falschmeldungen hereinzufallen. Brodnig teilt mit den Leser:innen sogar einen Fall, wo sie selbst eine solche geglaubt hat – weil sie gut in ihr Weltbild gepasst hat. Damit wir das Risiko, auf Falschinformationen hereinzufallen, minimieren, müssen wir an unserer eigenen Unfehlbarkeit zweifeln und spektakuläre Behauptungen hinterfragen. „Zu zweifeln im Sinne eines aufgeklärten Denkens bedeutet, die Komplexität und Widersprüchlichkeit unserer Welt anzuerkennen – und eben nicht dem ersten Impuls zu folgen. Sich diesen Nutzen des Zweifelns wiederholt in Erinnerung zu rufen, kann helfen, jene Momente zu erkennen, in denen jemand versucht, das eigene Bauchgefühl auszunutzen, um eine falsche Behauptung zu verbreiten“, betont Brodnig.

Ratgeber zum Widersprechen

„Einspruch!“ ist ein gut recherchierter und nützlicher Ratgeber für all jene, die wissen wollen, wie sie Verschwörungsmythen und Fake News widersprechen, ohne das Gegenüber dabei zu verlieren.

Das Buch „Einspruch!“ ist 2022 als erweiterte Neuauflage im Brandstätter Verlag erschienen.

Über die/den Autor:In

Nicole Frisch
Nicole Frisch
Nicole studiert Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung an der Universität Wien. Das Ziel: Die Weltpolitik verstehen – und das Verstandene mit möglichst vielen Menschen teilen. Ihren Weg in den Journalismus hat sie über die NÖN gefunden. Ihre Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Migration und Vergangenheitspolitik.

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