Wir brauchen den ORF

Der ORF wird von uns allen finanziert, selbst dann, wenn Einzelne sein Angebot nicht nutzen. Das ist gut so. Denn von einem unabhängigen, starken ORF profitiert die ganze Gesellschaft.

Der ORF gehört uns allen. Er unterhält uns, versorgt uns mit Nachrichten und Informationen und bietet uns ein kulturelles und sportliches Programm. Das schreibt die Verfassung auch so vor. Deswegen ist der ORF der Allgemeinheit verpflichtet. Denn sie ist es auch, die ihn finanziert – selbst dann, wenn Einzelne sein Programm gar nicht konsumieren. Ab 1. Jänner 2014 gibt es ein neues Finanzierungsmodell.

Mit neuer Abgabe „Streaming-Lücke“ schließen

Bisher muss man die GIS-Gebühr bezahlen, wenn man ein Empfangsgerät, sprich einen Fernseher oder ein Radio hat. Hat man ein solches Gerät nicht angemeldet, konnte es schon einmal passieren, dass jemand an der Tür geläutet hat, um das zu kontrollieren. Ab dem nächsten Jahr gehört das der Geschichte an. Denn dann wird ein Beitrag für alle Haushalte fällig. Pro Monat und Haushalt sind das 15 Euro, je nach Bundesland kommt noch eine Haushaltsabgabe hinzu. Für einkommensschwache Haushalte gibt es weiterhin Ausnahmen. Mit dieser Neuregelung will die Bundesregierung die sogenannte „Streaming-Lücke“ schließen. Denn, wenn man das Angebot des ORF online streamt, tut man das aktuell gratis. Das ist aber verfassungswidrig, erklärt der Verfassungsgerichtshof.

ORF hat öffentlich-rechtlichen Auftrag

Wie der ORF finanziert wird, ist und war immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Dass die Allgemeinheit den ORF bezahlt, ist vielen ein Dorn im Auge. Die einen sprechen von „Zwangsgebühr“, die anderen verstehen nicht, wieso sie für etwas zahlen müssen, was sie gar nicht nutzen. Dass der ORF von uns allen finanziert wird, ist gesetzlich vorgeschrieben – und es ist wichtig. Denn nur so kann das größte Medienunternehmen Österreichs seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen. Das heißt, das ORF-Programm muss uns informieren, zum Beispiel über Nachrichtensendungen, es muss uns ein kulturelles Angebot bieten, zum Beispiel, indem Aufführungen von den Salzburger Festspielen übertragen werden, es muss uns unterhalten, zum Beispiel durch die neuesten Blockbuster oder heimische Film- und Serienproduktionen, und es muss uns Sport zeigen, zum Beispiel, indem Schirennen oder Fußballspiele live übertragen werden.

Der ORF macht nicht irgendein kommerzielles Programm, das am freien Markt neben anderen Angeboten bestehen muss. Mit seinem Programm muss er gesellschaftlich erwünschte Aufgaben erfüllen und alle Gesellschaftsgruppen ansprechen. Im Vordergrund steht die Qualität der Programme, die Quote ist nachrangig.

Alle zahlen den ORF, auch wenn ihn Einzelne nicht nutzen

Damit das überhaupt erst gelingt, muss der ORF eben durch die Allgemeinheit finanziert werden. Denn nur dann muss er keine Rücksicht auf die wirtschaftlichen Interessen seiner Eigentümer:innen nehmen. Im privaten Medienbereich ist das der Fall. Es ist also wichtig, dass die Bürger:innen den ORF gemeinschaftlich finanzieren – sogar dann, wenn sie ihn gar nicht nutzen. „Die Entscheidung für die Haushaltsabgabe ist aus staatsbürgerlicher und aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht richtig. Das dahinterliegende Prinzip lautet: Die Bewohnerinnen und Bewohner sorgen kollektiv für eine gemeinschaftlich erwünschte Leistung. So wie bei den Schulen und den Parks: Egal ob wir Kinder haben und in die Schule schicken oder den Park für die Mittagspause, den Hundespaziergang oder gar nicht benützen, wir bezahlen gemeinsam dafür. Auch die öffentliche Sicherheit, die Landesverteidigung, den Nationalrat und das neue Parlamentsgebäude leisten wir uns, ohne deren Dienstleistungen individuell zu beanspruchen“, schreibt Kommunikationswissenschafter Josef Trappel in einem Standard-Kommentar. Laut einer Integral-Umfrage nutzen aber ohnehin 95 Prozent der Menschen die Angebote des ORF.

Die Demokratie braucht den ORF

Ein unabhängiger, starker ORF ist immer, aber gerade in Krisenzeiten, wie wir seit ein paar Jahren erleben, von enormer Bedeutung. Wir alle werden täglich mit Falschmeldungen und seit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine sogar mit Kriegspropaganda konfrontiert, dass wir einen unabhängigen und verlässlichen öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen. Wir brauchen einen Journalismus, dem wir vertrauen können, weil er gewissenhaft recherchiert und Fakten überprüft, bevor er sie an seine Zuschauer:innen, Zuhörer:innen und Leser:innen weitergibt. Als demokratische Gesellschaft können wir auf den ORF nicht verzichten. Gemeinsam mit den anderen unabhängigen Medien sorgt er für Vielfalt.

Über die/den Autor:In

Nicole Frisch
Nicole Frisch
Nicole studiert Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung an der Universität Wien. Das Ziel: Die Weltpolitik verstehen – und das Verstandene mit möglichst vielen Menschen teilen. Ihren Weg in den Journalismus hat sie über die NÖN gefunden. Ihre Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Migration und Vergangenheitspolitik.

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