Berufe ohne Geschlecht

Junge Frauen und Männer treffen ihre Studien- und Berufswahl meist nach Geschlechterklischees. Diese müssen aufgebrochen werden, damit jede:r werden kann, was er oder sie möchte. 

Männer bauen Wohnhäuser und reparieren Autos, Frauen pflegen ältere Mitmenschen und stehen im Supermarkt hinter der Kassa. Viele Menschen haben in ihren Köpfen immer noch klare Vorstellungen, was ein typischer Frauen-, und was ein typischer Männerberuf ist. Das prägt nachkommende Generationen auch heute noch in ihrer Studien- und Berufswahl. Zahlen aus dem Frauenministerium zeigen, dass sich Frauen vor allem für geisteswissenschaftliche Studienfächer, Veterinärmedizin sowie angewandte und bildende Kunst entscheiden, während Männer in technischen Studien und der Bergbauwissenschaft dominieren. Diese unsichtbare Trennlinie zwischen den Geschlechtern zieht sich im Erwerbsleben weiter. Frauen sind überwiegend im Gesundheits- und sozialen Bereich sowie im Handel tätig, während Männer vor allem als Elektrotechniker, Kraftfahrzeugtechniker und Maurer arbeiten. Berufe haben damit ein Geschlecht.

Rollenklischees prägen Kinder und Jugendliche

Diese Unterschiede kommen nicht von irgendwoher. Von klein auf werden wir mit Rollenklischees konfrontiert. In den Medien, in der Schule, aber auch im Familien- und Bekanntenkreis. In vielen Fällen passiert das unbewusst. Zum Beispiel durch die Aufgabenverteilung in der Familie: Die Mutter kocht, der Vater baut die Möbel zusammen. Oder in der Schule, wenn die Lehrerin den Hausmeister holt, um einen Nagel in die Wand zu schlagen. Oder noch banaler: Wenn Mädchen mit dem Puppenwagen spielen und Burschen mit dem Bagger.

Interesse statt Geschlecht

Sind diese Rollenklischees erst einmal verinnerlicht, sind sie schwierig, wieder zu durchbrechen. Dabei sollte bei der Berufswahl niemals das Geschlecht entscheidend sein, sondern das persönliche Interesse. Doch gerade junge Frauen treffen ihre Entscheidungen oft nicht danach, was sie interessiert. Das bedeutet, dass eine Schülerin zwar gut in Mathematik ist, sich dann aber trotzdem nicht für ein technisches Studium wie zum Beispiel Elektrotechnik entscheidet. Hinzu kommt, dass viele Frauen glauben, bei sogenannten Frauenberufen würden sich Job und Familie besser vereinbaren lassen. Doch auch das ist nicht immer der Fall: Im Pflegebereich beispielsweise gibt es Nacht- und Schichtdienste.

Schnuppern beim Girls’ und Boys’ Day

Damit jede Person unabhängig von ihrem Geschlecht jenem Job nachgeht, der sie interessiert, ist es also wichtig, dass diese Vorurteile aufgebrochen werden. Wenn Frauen gerne Autos reparieren, dann sollen sie das auch tun können. Genauso wie Männer kranke Menschen pflegen können sollen, wenn sie das möchten. Damit aber alle frei entscheiden können, womit sie ihren Lebensunterhalt verdienen, braucht es Wissen und Bewusstsein. Der Girls’ Day ist eine Aktion, die das erreichen will. Schülerinnen können immer am letzten Donnerstag im April in die Arbeitsbereiche der Ministerien und Institutionen des Bundes hineinschnuppern. Unter anderem können sie Bühnen bauen, Computer programmieren und Chemikalien mischen.

Bewusstsein braucht es aber nicht nur bei den Mädchen und jungen Frauen. Auch Burschen und jungen Männern müssen unterschiedliche Jobperspektiven aufgezeigt werden. Daher findet im November ein Boys’ Day statt, bei dem Schüler in soziale Berufe wie Krankenpfleger und Kinderbetreuer hineinschnuppern können.

Wahlmöglichkeiten aufzeigen als Ziel

Es geht dabei nicht darum, dass alle Frauen künftig nur noch in technischen Berufen arbeiten und Männer in der Pflege tätig sind. Es geht darum, jungen Menschen zu zeigen, was sie werden können, wenn sie es wollen. Und wenn sich die junge Frau trotzdem entscheidet, als Kindergärtnerin zu arbeiten und der junge Mann eine Lehre zum Kfz-Mechaniker beginnt, ist das wunderbar. Wichtig ist, dass diese Entscheidungen in Zukunft aufgrund persönlicher Interessen und nicht wegen irgendwelcher Geschlechterklischees getroffen werden. Berufe sollen kein Geschlecht mehr haben.

Über die/den Autor:In

Nicole Frisch
Nicole Frisch
Nicole studiert Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung an der Universität Wien. Das Ziel: Die Weltpolitik verstehen – und das Verstandene mit möglichst vielen Menschen teilen. Ihren Weg in den Journalismus hat sie über die NÖN gefunden. Ihre Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Migration und Vergangenheitspolitik.

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