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Was das Lieferkettengesetz bringt

Wir können uns bemühen, so viel wir wollen. Ausschließlich Produkte zu kaufen, für die weder Umwelt zerstört noch Menschen ausgebeutet wurden, ist nahezu unmöglich. Mit dem Lieferkettengesetz will die Europäische Union das ändern.

Das T-Shirt in einer Auslage auf der Mariahilfer Straße. Die Orangen im Supermarktregal. Das neue Smartphone aus der Fernsehwerbung. Wurden dafür Menschen ausgebeutet und Umwelt zerstört? In vielen Fällen können wir als Konsument:innen es erahnen, aber mit Sicherheit sagen, können wir es nicht. Und wenn wir es wissen, können wir uns eine fairer produzierte Alternative nicht immer leisten. Manchmal gibt es auch einfach keine. Das herauszufinden, sollte aber nicht Aufgabe der Konsument:innen sein. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass für die Jeans, die sie gerade gekauft haben, kein Mensch ausgebeutet wurde. Und wenn nicht, dann muss klar ersichtlich sein, welchen Schaden dieses Produkt angerichtet hat. Dafür braucht es wirksame gesetzliche Regelungen.

EU-Lieferkettengesetz als Ausweg

Zum Beispiel die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (CSDDD). Besser bekannt unter dem weniger sperrigen Namen: EU-Lieferkettengesetz. Diese Richtlinie würde den Produktionsprozess transparenter machen. Zudem würde es bewirken, dass große Unternehmen nicht mehr länger Menschen ausbeuten, Kinder zur Arbeit zwingen und Umwelt zerstören. Der aktuelle Entwurf sieht nämlich vor, dass Unternehmen dies künftig verhindern, beenden oder zumindest abmildern müssen. Und das nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das heißt: Sie müssen unter anderem auch Lieferanten, Verkauf, Vertrieb und Transport im Auge behalten und danach bewerten, wie sie mit Menschenrechten und Umwelt umgehen.

Große Unternehmen werden in die Pflicht genommen

Gelten soll das EU-Lieferkettengesetz für in der EU ansässige Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von 40 Millionen Euro pro Jahr. Bei Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb der EU haben, wird ein weltweiter Umsatz von 150 Millionen Euro herangezogen; davon müssen mindestens 40 Millionen Euro innerhalb der EU erwirtschaftet werden.

Im weltweiten Handel läuft vieles falsch

Auf die betroffenen Unternehmen würde diese Richtlinie Druck ausüben, nicht gegen Menschenrechte und Umweltstandards zu verstoßen. Damit könnten viele Missstände behoben werden, denn im weltweiten Handel läuft sehr vieles falsch. Um ihre Gewinne zu steigern, halten viele Unternehmen arbeitsrechtliche Standards nicht ein und nehmen Zwangs- und Kinderarbeit in Kauf. Von moderner Sklaverei sind laut Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) fast 50 Millionen Menschen weltweit betroffen. 80 Prozent davon sind Frauen, die neben den schlechten Arbeitsbedingungen zusätzlich noch mit sexueller Gewalt konfrontiert sind. Fast jeder achte von Zwangsarbeit betroffene Mensch ist zudem ein Kind.

Die industrielle Landwirtschaft wiederum zerstört die Böden, indem sie auf Monokulturen setzt. Jedes Jahr aufs Neue werden dieselben Kulturen angebaut und dem Boden dadurch einseitig Nährstoffe entzogen. Das hat auch negative Auswirkungen auf Tiere, die auf diesen Böden keine Nahrung mehr finden. Auch für die Verschmutzung von Wasser zeichnen sich große Konzerne verantwortlich. Vor allem die Textilindustrie und die Landwirtschaft vergiften durch den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden große Wassermengen.

Probleme auch innerhalb der EU

Wenn man an menschenunwürdige Arbeitsbedingungen denkt, kommen einem wahrscheinlich Näher:innen in einem südostasiatischen Land in den Sinn. Vielleicht denkt man auch an den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza vor zehn Jahren in Bangladesch. 1.135 Menschen wurden dabei getötet. Aber wir müssen gar nicht so weit gehen. Auch innerhalb der Europäischen Union gehört Ausbeutung zur Tagesordnung. In Italien zum Beispiel. Migrant:innen ernten dort Obst und Gemüse, das dann in österreichischen Supermärkten verkauft wird. Dasselbe gilt für Umweltzerstörung. In Rumänien beispielsweise könnte laut Expert:innen jeder zweite Baum illegal geschlagen werden.

Strafen bei Verstößen gegen Richtlinie

Dass es hier eine Regulierung braucht, liegt auf der Hand. Denn freiwillig werden solche Unternehmen ihre Geschäftspraktiken nicht ändern. Müssen sie aber offenlegen, wie sie ihre Waren produzieren, dann würde das etwas ändern. Denn wer schreibt schon freiwillig auf die Verpackung oder die eigene Homepage, dass man Migrant:innen die Pässe abgenommen hat, um sie so zur Erdbeerernte zu zwingen? Richtig, das wäre schlechtes Marketing. Damit sich nachhaltig etwas ändert, braucht es auch Kontrollen und wirksame Strafen, wenn Unternehmen gegen die Richtlinie verstoßen. Im Entwurf sind Geldstrafen in Höhe von fünf Prozent des weltweiten Netto-Umsatzes vorgesehen. Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb der EU haben, könnten sogar von der öffentlichen Vertragsvergabe ausgeschlossen werden.

Kommission, Parlament und Rat verhandeln

Das EU-Parlament hat Anfang Juni seine Position zu der Richtlinie festgelegt. Nun liegt es an Kommission, Parlament und Rat im sogenannten Trilog die endgültige Richtlinie zu verhandeln. Einfach wird das nicht. Denn vor allem von konservativer Seite wird immer wieder versucht, den Gesetzesentwurf zu verwässern und Schlupflöcher für Konzerne zu finden. Ein starkes Lieferkettengesetz lohnt sich aber. Es würde dafür sorgen, dass der weltweite Handel fairer für Mensch und Umwelt wird. Und davon profitieren am Ende wieder alle.

Kassasturz im Autoland

Dass Österreich ein Autoland sei, haben wir in letzter Zeit oft gehört. Aber über eines reden wir in diesem Zusammenhang kaum: Am Autoland festzuhalten, kommt uns teuer zu stehen. Es ist an der Zeit, die wahren Kosten des fossilen Autoverkehrs zu benennen.

Autofahren ist teuer. Die Rede ist aber nicht nur von den Kosten, die für Autofahrer:innen selbst anfallen, etwa hohe Spritkosten. Den Preis für ein auf das Auto ausgerichtetes Verkehrssystem zahlen auch all jene, die kein Auto haben – ob sie wollen oder nicht. Das ist immerhin jeder vierte Haushalt in Österreich. Darunter sind auch viele Menschen, die sich ein eigenes Auto schlicht nicht leisten können. Sie alle zahlen mit. Unter den Vielfahrer:innen wiederum sind vor allem die Wohlhabenden, die dafür nicht die vollen Kosten tragen müssen. Sozial gerecht geht anders.

„Der Autoverkehr kostet Österreich jährlich 12,5 Milliarden, die nicht die Verursacher:innen zahlen.“

Allgemeinheit finanziert Autoland

„In Summe fallen durch Autoverkehr in Österreich jährlich rund 12,5 Milliarden Euro an externen Kosten an“, erzählt uns VCÖ-Verkehrsexperte Michael Schwendinger im Interview. Er hat an einer Publikation mitgewirkt, die diese gesellschaftlichen Kosten sichtbar machen will. Schwendinger spricht deshalb von externen Kosten, weil das Geld nicht von den Verursachenden selbst bezahlt wird, sondern von der Allgemeinheit und der nächsten Generation gestemmt werden muss. Wie viel uns allen das Autoland kostet, wird deutlich, wenn wir es mit anderen Verkehrsformen vergleichen. Der öffentliche Verkehr zum Beispiel verursacht nur rund 1,9 Milliarden Euro an externen Kosten. Beim Gehen und Radfahren sei es sogar umgekehrt, hebt der Experte hervor. „Hier entsteht ein gesellschaftlicher Mehrwert durch den positiven Gesundheitseffekt von aktiver Bewegung im Alltag.“

Darum entstehen so hohe Kosten für die Allgemeinheit

Es sind Unfallfolgekosten, Umweltschäden, Abgase und der hohe Flächenverbrauch, der den Autoverkehr für die Gesellschaft so teuer macht. „Der größte Anteil an externen Kosten fällt durch Autounfälle an“, so Schwendinger. Das beginne bei materiellem Schaden an Fahrzeugen und Infrastruktur, über Einsatzkosten von Polizei und Rettung, bis hin zu gesundheitlichen Kosten und Arbeitsausfällen durch lange Krankenstände. Aber auch die negativen Effekte auf Umwelt und Klima verursachen hohe externe Kosten, die auf die Gesamtgesellschaft abgewälzt werden. Der Verkehrsexperte führt dabei Kompensationszahlungen als Beispiel an. „Laut Rechnungshof kommen auf Österreich aufgrund verfehlter Klimaschutzziele bis zum Jahr 2030 über 9 Milliarden Euro an Kosten zu.“ Geld, das aus wohl oder übel aus dem Steuertopf kommen wird.

Fossile Mobilität macht abhängig

Für unser fossiles Verkehrssystem zahlen wir aber auch einen ganz anderen Preis – den der Abhängigkeit. Vier Fünftel des Erdöls, das Österreich importiert, verschlingt der Verkehr. Eine Abhängigkeit, nicht erst seit dem Angriffskrieg Russlands teuer bezahlen. Hinzu kommt, dass unser Geld fast ausschließlich in die Taschen von Ländern wandert, die Menschenrechte, Pressefreiheit und die Demokratie mit Füßen treten. 2021 kam das meiste Öl aus Kasachstan, Libyen, Irak und Russland.

Es ist Zeit für mehr Kostenwahrheit im Verkehr

In anderen Lebensbereichen ist es selbstverständlich, dass Menschen für Kosten aufkommen, die sie verursachen. Nur im Verkehr haben wir eine Schieflage. „Kostenwahrheit erreicht man über Steuern und Abgaben“, sagt Schwendinger. Wichtig sei zu verstehen, dass die Kosten schon da sind. Es geht lediglich um die Frage, wer sie bezahlt. VerursacherInnen oder die Allgemeinheit?

Gibt es Kostenwahrheit im Verkehr, dann führt das auch dazu, dass klimafreundliche Mobilität die günstigere Art wird von A nach B zu kommen. Natürlich muss der Weg dorthin sozial gerecht sein. Mit dem Klimabonus zur Rückverteilung der CO₂-Steuern ist hier aber schon ein wichtiger Schritt gesetzt. Michael Schwendinger spricht allerdings für einen höheren Preis für CO₂ aus. „Damit dieses Modell wirkt, muss die Höhe der CO₂-Bepreisung den tatsächlichen Kosten entsprechen, was in Österreich noch nicht der Fall ist.“

„Österreich ist im internationalen Vergleich vor allem ein Bahnland.“

Vom Autoland zum Öffiland

Natürlich wollen wir alle in einem Land leben, in dem wir uns frei bewegen können und alle Orte erreichen, die wir erreichen wollen. Aber das kann nicht nur das Auto ermöglichen. Ganz im Gegenteil: Ein auf das Auto ausgerichtetes Verkehrssystem schließt viele Menschen von der Mobilität aus. Österreich sollte vielmehr ein Öffiland sein. Auch für Michael Schwendinger ist die Bezeichnung Autoland schon jetzt unzutreffend. „Österreich ist im internationalen Vergleich vor allem ein Bahnland – sowohl was die international erfolgreiche Bahnindustrie angeht, als auch die Tatsache, dass in keinem anderen EU-Staat so viel mit der Bahn gefahren wird wie in Österreich.“

Bundeskanzler Karl Nehammer sieht das anders. Für ihn ist Österreich „das Autoland schlechthin“. Das sagte er kürzlich ausgerechnet in einer Rede, in der es um die Zukunft der Nation gehen sollte. Was wir brauchen sind klare politische Signale, dass ein gerechtes und klimafreundliches Zeitalter im Verkehr angebrochen ist. Das Zeitalter der Bahnen, Busse und Räder. Diskussionen über E-Fuels sind kein derartiges Signal. Nebelkerzen wie diese verunsichern Wirtschaft und Bevölkerung.

„Österreich ist vor allem ein sehr innovatives Pflaster“, meint der Verkehrsexperte. Und genau diese Innovationskraft werde den Wirtschaftsstandort Österreich langfristig absichern. „Was nicht in dieses Bild passt, ist ein krampfhaftes Festhalten am Verbrennungsmotor – einer Technologie ohne Zukunft. Und zwar völlig unabhängig davon, ob wir wollen oder nicht.“ Das Bild vom Autoland Österreich hat ein für alle Mal ausgedient. Zu hoch ist der Preis, den die Allgemeinheit und unser Klima für ein solches Verkehrssystem zu zahlen hat.

Die Gelsen sind los

Die Klimakrise lässt nicht nur die Temperaturen nach oben schießen, sondern auch unsere Gelsenpopulation. Was bedeutet das genau, und woran liegt es, dass plötzlich aus allen Ecken Gelsen strömen?

Zzzz, zzz, zzzzz … Ein kleines, aber permanentes Geräusch, das den ein oder anderen im Sommer schon mal in den Wahnsinn treiben kann. Gelsen – sie sind zwar klein, aber nerven ungeheuerlich. In den letzten Jahren ist es rund um die Gelse ziemlich still gewesen. Nur selten hörte man ihr Summen oder wurde von den kleinen Mücken gestochen. Für uns Menschen einfach herrlich, für viele Tiere, wie beispielsweise Vögel, die Gelsen als Nahrung sehen, nicht sonderlich toll. Damit ist diesen Sommer aber Schluss. Denn der erste warme Sommertag Mitte Mai läutete den Start einer wahren Gelseninvasion ein. Erwarten wir eine Gelsenplage oder alles halb so schlimm? Wir haben mit Prof. Dr. Führer, stellvertretender Leiter des Instituts für Parasitologie der VetMed Universität, über die kleinen Mücken gesprochen und nachgefragt, inwiefern die Klimakrise die Gelsenpopulation beeinflusst.

Die heimische Gelse ist los

„In Österreich gibt es etwa 52 verschiedene Arten von Gelsen, auch Stechmücken genannt. Dabei ist vor allem zwischen Haus- und Überschwemmungsgelsen zu unterscheiden“, erklärt Prof. Dr. Führer. Hausgelsen sind hauptsächlich in Wohngebieten zu finden und ruhen im Winter an geschützten Orten wie unter Blättern, in Kellern oder Baumhöhlen. Mit steigenden Temperaturen werden sie wieder aktiv und legen ihre Eier in stehendem Wasser ab, vorzugsweise in ruhigen Gewässern wie Teichen, Pfützen oder verstopften Regenrinnen.

Überschwemmungsgelsen haben sich hingegen an feuchte Umgebungen und Überschwemmungen angepasst. Sie legen ihre Eier nicht ins Wasser, sondern in trocken liegende Gebiete. Diese können dort über längere Zeit ohne Wasser überdauern, manchmal sogar mehrere Jahre. Wird die Stelle überflutet, schlüpfen die Larven. Und genau das ist Mitte Mai auch in Österreich passiert. „Anfang Mai war es in Österreich außerordentlich feucht. Zu dieser Zeit hat es noch relativ wenige Gelsen gegeben. Erst mit dem Anstieg der Temperaturen und den starken Regenfällen Mitte des Monats kam es zu einem Massenschlüpfen der Larven. Dabei handelt es sich vorwiegend um heimische Überschwemmungsgelsen“, erklärt Führer. Doch was genau beeinflusst eine Gelseninvasion?

Stehende Gewässer sind potenzielle Brutstätten für Gelsen. Daher sollte man diese in seiner Umgebung unbedingt entfernen wie beispielsweise Regenfässer. © Adobe Stock
Stehende Gewässer sind potenzielle Brutstätten für Gelsen. Daher sollte man diese in seiner Umgebung unbedingt entfernen wie beispielsweise Regenfässer. © Adobe Stock
Die Gelse fühlt sich im warmen Österreich wohl

Es gibt mehrere Faktoren, die das Auftreten und die Vermehrung von Gelsen beeinflussen:

  • Temperatur: Stechmücken benötigen Wärme, um sich zu entwickeln und aktiv zu werden. Je wärmer es ist, desto schneller wachsen die Larven und desto häufiger stechen die Weibchen, um Blut für ihre Eier zu saugen. Darüber hinaus können auch klimatische Veränderungen, wie die Erwärmung des Klimas, das Verbreitungsgebiet von Gelsen erweitern und ihnen ermöglichen, neue Gebiete zu besiedeln.
  • Feuchtigkeit: Hausgelsen legen ihre Eier in stehenden Gewässern ab. Mehr Wasser bedeutet mehr Lebensraum für die Gelsen. Aufgrund der Klimakrise ist es in den letzten Jahren vermehrt zu starken Regenfällen und Überschwemmungen gekommen, was zusammen mit einem regenreichen Frühling oder Sommer zu einer erhöhten Gelsenpopulation beiträgt.
  • Konkurrenz: Gelsen haben viele natürliche Feinde wie Vögel, Spinnen oder Wespen. Wenn die Anzahl der Feinde, beispielsweise aufgrund veränderter Lebensräume, zurückgeht, können sich die Mücken ungehindert ausbreiten. In diesem Jahr gibt es zum Beispiel weniger Wespen, die normalerweise eine große Bedrohung für Gelsen sind.
  • Menschliches Verhalten: Auch wir können das Auftreten von Gelsen beeinflussen. Wenn wir stehende Gewässer haben oder ungeschützte Regenfässer stehen lassen, schaffen wir optimale Bedingungen für ihre Vermehrung. Außerdem kann auch eine Gartenbewässerung die Anzahl der Gelsen in einer Gegend erhöhen.
Welche Gefahr stellen eingeschleppte Stechmücke dar?

„Aktuell gibt es zwar neue Stechmückenarten, die aufgrund des Klimawandels nach Österreich kommen, ihre Bedeutung für uns ist jedoch noch gering. Die asiatische Tigermücke hingegen taucht in den letzten Jahren immer häufiger in Österreich auf“, so der Professor. Die asiatische Tigermücke ist durch Gütertransporte aus Asien nach Österreich eingeschleppt worden. Sie ist besonders gefährlich, da sie Krankheiten wie Dengue-Fieber, Zika-Virus und Chikungunya-Virus übertragen kann. „Die exotische Mückenart wurde bereits in allen Bundesländern des Landes nachgewiesen und hat sich sogar in Wien und Graz erfolgreich etabliert“, wie der Professor erklärt.

Um Stiche zu vermeiden, gibt es verschiedene Maßnahmen: Beispielsweise solltet ihr stehendes Wasser entfernen, wie in Regentonnen oder Vogeltränken. Das Tragen von langärmliger Kleidung und das Auftragen von Insektenschutzmittel, vor allem abends, kann ebenfalls helfen. Installiert Moskitonetze an Fenstern und Türen, um Mücken fernzuhalten. Achtet auch auf mögliche Brutstätten der Tigermücken und meldet diese den örtlichen Gesundheitsbehörden. Dadurch können Maßnahmen zur Bekämpfung der Mückenpopulation ergriffen werden.

Trotz ihrer nervigen Art erweist sich unsere heimische Gelse als bemerkenswert nützliches Insekt. © Adobe Stock
Trotz ihrer nervigen Art erweist sich unsere heimische Gelse als bemerkenswert nützliches Insekt. © Adobe Stock
Gelsen, eine große Bedeutung im Ökosystem

Stechmücken sind zwar lästig und potenziell gefährlich für uns Menschen, sie haben aber auch eine große Bedeutung im Ökosystem. Während weibliche Stechmücken Blut saugen, ernähren sich die männlichen von Nektar und Pflanzensäften und tragen so zur Bestäubung von Pflanzen bei. Außerdem dienen Stechmücken vielen Tieren als wichtige Nahrungsquelle. „Insbesondere Vögel ernähren sich von den Larven der Stechmücken. Das heißt, wenn die Anzahl der Stechmückenlarven zunimmt, profitiert davon natürlich auch die Vogelpopulation“, so Führer.

Heimische Insekten leiden

Nicht alle Insekten nehmen die klimatischen Veränderungen so positiv an wie die Gelse. Schmetterlinge sind zum Beispiel auf bestimmte Pflanzen angewiesen, die aufgrund des veränderten Klimas zu einer anderen Zeit blühen oder sogar absterben. Auch Bienen und andere Bestäuber leiden unter der Klimakrise. Diesen Frühling konnten beispielsweise viele Bienen aufgrund der starken Regenfälle nicht wie gewohnt Blüten bestäuben. Die Folgen sind zum einen, dass die Obstausbeute deutlich geringer ist, da die Bienen während des Regens nicht genug Pollen und Nektar sammeln konnten. Zum anderen sind bereits viele Blüten verblüht, was bedeutet, dass es weniger Nahrung für die Bienen gibt.

Die Klimakrise stellt aber auch für unsere heimischen Gelsen eine Gefahr dar. „Man konnte nachweisen, dass unsere heimische Hausmücke nach und nach von der asiatischen Tigermücke verdrängt wird“, so Professor Führer. Die Folgen wären massiv: So könnten die exotischen Mücken heimische Insektenarten verdrängen, die als Nahrungsgrundlage für Vögel und Fledermäuse dienen. Dadurch könnte das Gleichgewicht in der Natur gestört werden und die Artenvielfalt abnehmen. Zudem könnten die Tigermücke neue Krankheiten verbreiten und unsere Gesundheit beeinträchtigen. Daher ist es wichtig, Maßnahmen gegen die Klimakrise zu ergreifen und die Insektenwelt zu schützen, um das empfindliche Gleichgewicht und die Vielfalt unseres Ökosystems zu bewahren.

Globaler Pakt gegen Plastikplage

Was haben Babynahrung und menschliches Blut gemeinsam? Die Antwort ist genauso abstoßend wie die Frage. In beidem haben Forscher:innen schon Plastik gefunden. Ein neues Abkommen soll unsere Welt von dieser wuchernden Plastikplage befreien. Wie die Chancen stehen, dass das tatsächlich gelingt, lest ihr hier.

Wir könnten zu Beginn dieses Artikels seitenlang Produkte aufzählen, in denen Plastik verarbeitet ist. Wir könnten siebenstellige Zahlen nennen, die festhalten, wie viel Tonnen Plastik im Jahr in unseren Meeren landen. Wir könnten Bilder von Ökosystemen zeigen, die in Plastik untergehen und Studien zitieren, die Plastik in Form von winzigen Partikeln in unsere Blutbahnen und in der Nahrung unserer Babys nachgewiesen haben. Aber all das müssen wir nicht tun, denn das haben schon tausende andere Artikel zuvor gemacht.

Die UNO ruft die Welt an den Verhandlungstisch

Dass Plastik ein ungeheuerliches Problem für die Umwelt und unsere Gesundheit ist, wissen wir schon lange. Die Gefahr ist bekannt und trotzdem ist auf globaler Ebene wenig geschehen. Bis jetzt. Denn die Vereinten Nationen trommeln derzeit Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, um ein Abkommen zu verhandeln. Das Ziel: Nichts weniger als die weltweite Verschmutzung durch Plastik zu beenden.

Neue Regeln von der Produktion bis zur Entsorgung

Dieses Treffen, das sich vom 29. Mai bis 2. Juni erstreckt, findet in Paris statt und ist die zweite von fünf Verhandlungsrunden für das neue Plastikabkommen. Daran nehmen UN-Mitgliedstaaten sowie Nichtregierungsorganisationen, Wissenschafter:innen und Gewerkschaften teil. Die Dimensionen sind beachtlich und mit den UNO-Klimakonferenzen vergleichbar: 1.500 bis 1.600 Delegierte werden erwartet. Bis 2024 soll sie gemeinsam ein Regelwerk erarbeiten, in dem verbindliche Obergrenzen und Maßnahmen festgelegt sind – und zwar für den gesamten Lebenszyklus von Plastik, von der Produktion bis zur Entsorgung. Bereits 2025 sollen die neuen Regeln dann weltweit in Kraft treten. Zumindest wünscht sich das die UNO so.

„Die Herausforderung ist riesig, aber sie ist nicht unüberwindbar.“

Ein Abkommen wäre ein epochaler Schritt

Erklären sich alle Länder zu echten politischen und marktwirtschaftlichen Veränderungen bereit, wäre das Plastikabkommen ein epochaler Schritt. Bis 2040 könnte so die Plastik-Neuproduktion mehr als halbiert und der in die Umwelt gelangende Plastikmüll um über 80 Prozent reduziert werden, rechnete in der vergangenen Woche ein Bericht des UNO-Umweltprogramms (UNEP) vor. Die Herausforderung sei „riesig, aber sie ist nicht unüberwindbar“, fasst es der Vorsitzende des Internationalen Verhandlungskomitees, Gustavo Meza-Cuadra Velásquez zusammen.

Die Zankäpfel am Verhandlungstisch

So weit, so gut. Allerdings dürfte es starke Meinungsverschiedenheiten zwischen den Teilnehmerstaaten geben. Eine ehrgeizige Gruppe aus 50 Ländern einschließlich der EU, Norwegen, Kanada und seit kurzem auch Japan will die Produktionsmengen von Plastik stark zurückfahren. Auf der anderen Seite stehen Staaten mit großer petrochemischer Industrie wie China, die USA und Saudi-Arabien. Sie wollen das Problem ausschließlich mit Recycling und Abfallmanagement angehen. Setzen sich diese Länder durch, wäre das Plastikabkommen kaum mehr als ein Lippenbekenntnis.

Die Chancen für ein starkes Abkommen stehen gut

Doch zwei Umstände geben Grund zur Hoffnung: Zum einen hat es die Gruppe der besonders ehrgeizigen Länder in der ersten Verhandlungsrunde geschafft, dass nicht nur Müllbeseitigung und -vermeidung, sondern auch die Neuproduktion von Plastik Gegenstand des Abkommens sein soll. Zum anderen gibt es auch in der Plastikindustrie, deren Jahresproduktion mittlerweile bei rund 400 Millionen Tonnen liegt, einflussreiche Stimmen, die für eine scharfe und eindeutige Regelung eintreten. Der Hintergrund ist klar: Um auch in der Zukunft hohe Umsätze lukrieren zu können, möchte man wissen, woran man ist.

Gegen die Plastikplage braucht es eine globale Lösung

Von Plastikabfällen geht eine Gefahr für die menschliche Gesundheit, die Artenvielfalt und die Klimaziele aus. Es ist also klar: Wir brauchen dieses Abkommen – und zwar nicht in verwässerter Form, sondern mit Obergrenzen und Regeln, die einen messbaren Unterschied machen. An diesem Punkt würden wir jetzt gerne etwas schreiben, dass jede:r zum Gelingen beitragen kann. Nur: Ob ein schlagkräftiges Abkommen oder ein verwässertes Lippenbekenntnis rauskommt, hängt vom Verhandlungsgeschick der Delegierten ab. Darauf hat keiner von uns Einfluss.

Natürlich könnten wir jetzt darauf verweisen, dass jede:r beim eigenen Plastikmüll einen Beitrag leisten kann. Und dass wir beim Wandern brav unseren Verpackungsmüll mit aus dem Wald nehmen sollten. Auch das haben aber schon tausende andere Artikel vor diesem hier gemacht. Um die Plastikplage in den Griff zu kommen, braucht es eine große Lösung, einen globalen Pakt. Und wir finden: Von diesem Umstand sollten Aufrufe zum achtsamen Umgang mit Plastik nicht ablenken. (RED/APA)

Der Mensch ist kein Wüstenfuchs

Jede Spezies hat eine Klima-Nische – also eine Temperaturspanne, in der sie überleben kann. Wir Menschen sind gerade dabei, das Klima so zu verändern, dass immer mehr Regionen außerhalb unserer menschlichen Klima-Nische liegen. Das muss aufhören!

Als Nicht-Biologe sieht man es dem Wüstenfuchs nicht gleich an, aber sein Körper ist perfekt an die extreme Hitze der Sahara angepasst. Sein silbriges Fell reflektiert das Sonnenlicht und seine großen Ohren kühlen ihn. Sein Stoffwechsel kommt mit winzigen Mengen an Wasser aus und an den Fußsohlen wachsen Haare, damit er sich am heißen Sandboden nicht verbrennt. Wird es dem Wüstenfuchs mal doch zu heiß, dann gräbt er sich tief im Sand ein.

„2,7 Grad Erderwärmung bringen einem Drittel der Weltbevölkerung unmenschliche Temperaturen.“

Immer mehr Hitze kommt auf uns zu

Der Wüstenfuchs kann mit Hitze umgehen, wir Menschen nicht. Das Problem ist allerdings: Die Klimakrise wird viel Hitze bringen, wenn wir nicht handeln. Die derzeitige Politik führt weit jenseits von zwei Grad globaler Erwärmung. Bei der wahrscheinlichsten Temperaturentwicklung (plus 2,7 Grad Celsius im globalen Mittel) muss ein Drittel der Menschheit außerhalb der menschlichen Klima-Nische leben. zum Vergleich: Derzeit leben nur rund 60 Millionen Menschen außerhalb der Nische.

Menschen können nicht in jedem Klima leben

Das berichtet ein Forscherteam im Fachjournal „Nature Sustainability“. An der Studie war auch Caroline Zimm vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien beteiligt.  Als menschliche Klima-Nische hat das Forscherteam jenen Temperaturbereich definiert, in dem Menschen in der Vergangenheit mehrheitlich lebten. Dort können zum Beispiel Nutztiere gehalten werden und Nutzpflanzen sprießen. Das ist auch heute noch wichtig. Rund zwei Milliarden Menschen weltweit sind zum Überleben auf Landwirtschaft und Viehhaltung angewiesen.

Höhere Sterblichkeit außerhalb der Klima-Nische

Das Leben außerhalb der menschlichen Klima-Nische würde vermehrt Krankheiten und eine erhöhte Sterblichkeit bedeuten, erklären die Studienautor:innen. Als gefährliche Hitze definieren sie eine Durchschnittstemperatur von 29 Grad. Besonders groß ist das Risiko in den heißen und feuchten Regionen entlang des Äquators. Dort wird Hitze schon bei niedrigeren Temperaturen lebensbedrohlich, weil sich der Körper bei hoher Luftfeuchtigkeit nicht durch Verdunstung von Schweiß auf der Haut abkühlen kann. Die Länder mit der größten Zahl an Menschen, denen laut der Studie gefährliche Hitze droht, sind demnach Indien, Nigeria und Indonesien.

„Bei jedem 0,3 Grad Celsius vermiedenem Temperaturanstieg sind 350 Millionen Menschen weniger betroffen.“

Es gibt Hoffnung

Die Modellrechnungen der neuen Studie sagen aber auch:  Bei jedem 0,3 Grad Celsius vermiedenem Temperaturanstieg sind 350 Millionen Menschen weniger betroffen. Würde das Ziel des Paris-Abkommens erreicht, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, wären es „nur“ 14 Prozent der Weltbevölkerung, die außerhalb der menschlichen Klima-Nische leben müssten.

Der Mensch ist kein Wüstenfuchs. Wir vertragen keine extreme Hitze, am wohlsten fühlen wir uns bei Temperaturen zwischen 22 und 26 °C.  Ohne Technik wie Klimaanlagen wären wir in heißen Regionen verloren. Technik, die den am meisten betroffenen Ländern im globalen Süden nicht im großen Stil zur Verfügung stehen wird. Und selbst wenn: Können wir in einer Region keine Landwirtschaft betreiben und kein Vieh halten, ist eine dauerhafte Ansiedlung zwecklos. Denn im Gegensatz zum Wüstenfuchs können wir uns nicht einfach eingraben, um die Hitze auszusitzen. Wir müssen sie verhindern, solange es noch geht. (RED/APA)

GemüseAckerdemie: Hier wächst Begeisterung

Kleine Samenkörner werden zu bunten Wundern: Mit der GemüseAckerdemie lernen Schulkinder, wie man Gemüse anbaut, pflegt und erntet. Sie gewinnen dabei ein tiefes Verständnis für Natur und Landwirtschaft.

Die Sonne strahlt, es sind angenehme 17 Grad und schon von Weitem hören wir fröhliches Kinderlachen. Wir sind am Weg in die Volksschule GTVS Rzehakgasse im 11. Bezirk. Denn dort steht heute das Bepflanzen des schuleigenen Ackers an. Klingt ungewöhnlich? Nicht für die Schüler:innen der dritten Volksschulklasse in Simmering. Seit Anfang Februar kümmern sie sich gemeinsam mit der GemüseAckerdemie liebevoll um ihre eigenen Gemüsebeete. In der heutigen Ackerstunde steht das Unkraut jäten, das Anlegen von Wegen und das Einsetzen von Jungpflanzen am Programm – und mittendrin das FREDA Magazin.

Die GemüseAckerdemie: Was ist das?

Die GemüseAckerdemie ist ein Bildungsprogramm des gemeinnützigen Sozialunternehmens Acker Österreich. Es richtet sich an Schüler:innen im Alter von sechs bis zwölf Jahren. Acker wurde 2014 in Deutschland mit dem Ziel gegründet, Kindern und Jugendlichen einen bewussten und nachhaltigen Lebensstil näherzubringen. Mittlerweile gibt es das Bildungsprogramm an über 1.610 Schulen und Kindergärten in Deutschland, der Schweiz und seit 2021 auch in Österreich.

Der richtige Umgang mit dem Werkzeug ist das A und O beim Gärtnern. © FREDA Magazin/Markus Englisch
Der richtige Umgang mit dem Werkzeug ist das A und O beim Gärtnern. © FREDA Magazin/Markus Englisch
Los geht das Ackern:

Die Stunde beginnt mit einer kurzen Werkzeug-Einführung, denn Sicherheit hat oberste Priorität, erklärt Julia, AckerCoachin der GemüseAckerdemie und Leiterin der heutigen Ackerstunde. Seitdem es die GemüseAckerdemie auch in Wien gibt, ist sie als ehrenamtliche Mitarbeiterin Teil von Acker Österreich und begleitet Schulkinder dabei, ihre ersten Erfahrungen mit Pflanzen und Gartenwerkzeug zu machen.

Auf dem Boden vor Julia liegt ein Rechen, mit den Zinken nach oben gerichtet. „Ein falscher oder unaufmerksamer Tritt und der Rechen knallt einem gegen den Kopf“, veranschaulicht Julia den neugierigen Kindern. Diese lachen, passen aber alle aufmerksam auf, als die AckerCoachin weitere Instruktionen über die Verwendung von Gartenschere, Schaufel und Co erklärt. „Auch beim Gärtnern ist es wichtig zu wissen, wie man mit dem Werkzeug richtig umgeht, da es sonst schnell zu Verletzungen kommen kann“, betont sie. Nach weiteren Anweisungen teilen sich die knapp 30 Kinder in sechs Gruppen auf.

Wie setzt man Pflanzen richtig ein? Wie tief muss das Loch gegraben werden? Wann wird gegossen? All das und viel mehr erklärt <yoastmark class=

Sechs Gruppen für sechs kleine Ackerflächen

„Heute wollen wir unseren bereits bestellten Acker auf Vordermann bringen. Das bedeutet, Unkraut aus der Erde zupfen, Beete und Wege hacken und dann Tomaten“, erklärt die AckerCoachin. Neben Julia sind noch zwei weitere AckerCoach:innen vor Ort, die zusammen mit dem Lehrpersonal den jungen Gärtner:innen unter die Arme greifen. „Um das Unkraut richtig zu entfernen, fasst den Stängel unten vorsichtig an und zieht ihn mit einem leichten Ruck hoch, sodass ihr die Wurzeln mitreißt. Sonst wächst das Unkraut gleich wieder nach“, erklärt Julia den Kindern. Innerhalb eines Jahres bauen die Schüler:innen bis zu 30 Gemüsesorten auf ihrem SchulAcker an. Zu wissen, wie man mit welcher Pflanze umzugehen hat, ist für eine erfolgreiche Ernte daher besonders wichtig.

Ziel des Bildungsprogramms ist es, den Kindern neben vielen praktischen Infos auch theoretisches Wissen zu vermitteln. Weshalb Julia den Kindern während des Grabens und Jäten auch viele Hintergrundinfos über Pflanzenwachstum, Umweltschutz und auch nachhaltige Ernährung erzählt.

Auf dem Acker erforschen die Schulkinder aktiv ihre natürliche Umgebung und lernen über den Tellerrand zu blicken. Das Ziel: eine junge Generation für Natur und Nachhaltigkeit zu begeistern! © FREDA Magazin/Markus Englisch
Auf dem Acker erforschen die Schulkinder aktiv ihre natürliche Umgebung und lernen über den Tellerrand zu blicken. Das Ziel: eine junge Generation für Natur und Nachhaltigkeit zu begeistern! © FREDA Magazin/Markus Englisch
Erfolgsrezept: schuleigenes Gemüse

Dass das Konzept funktioniert, zeigt sich durch die Begeisterung der Kinder, wenn Julia ihnen neue Dinge erklärt. Auf die Frage, was ihnen an der GemüseAckerdemie am meisten gefällt, antwortet ein Bub: „Dass wir unsere Hände schmutzig machen können, natürlich.“ Ein anderer findet es besonders toll, dass der Unterricht draußen stattfindet, anstatt den ganzen Tag in der Klasse zu sitzen. Von der anderen Ecke des Ackers ruft ein Mädchen, dass sie später vielleicht selbst einmal Gärtnerin werden möchte, weil ihr die Arbeit mit den Pflanzen viel Freude bereitet. „Es ist wirklich großartig, mit wie viel Begeisterung die Kinder das Bildungsprogramm annehmen. Viele von ihnen haben zu Hause keinen Zugang zu einem Balkon oder gar zu einem Garten. Daher wissen sie auch nicht, wie aus einem Samenkorn eine Pflanze entsteht oder wie beispielsweise ein Lauch aussieht. Dank des schuleigenen Ackers haben sie nun die Möglichkeit, all das selbst kennenzulernen“, erklärt eine Lehrerin der dritten Volksschulklasse. Durch das gemeinsame Gärtnern erfahren die Kinder unmittelbar, wie spannend die Natur sein kann, wodurch ihre eigene Begeisterung für den Schutz der Natur und Nachhaltigkeit geweckt wird. „Denn das, was man kennt und liebt, das schütze man auch“, so Julia.

Die Schulkinder bauen gemeinsam mit ihren Lehrer:innen eigenes <yoastmark class=

GemüseAckerdemie für Lehrer:innen

Neben den Schüler:innen profitieren auch die Lehrkräfte von dem Bildungsprogramm. In den eigens für die Lehrer:innen erstellten Fortbildungen wird ihnen alles gezeigt, was sie fürs Ackern wissen müssen. Zusätzlich werden sie mit Unterrichtsmaterialien, einem wöchentlichen Newsletter und vielen Hilfestellungen auf der GemüseAckerdemie-Lernplattform ausgestattet. So wissen sie immer, was zu tun ist. „In den ersten Jahren bekommen die Schulen das volle Programm der GemüseAckerdemie. Die Lehrkräfte werden selbst schlaue Bäuer:innen und können nach den vier Begleitjahren den SchulAcker eigenständig bestellen“, erklärt Daniel von Acker.

Mitmachen und Verantwortungsbewusstsein fördern

Indem die Schüler:innen in Schulgärten oder auf Ackern mitwirken, lernen sie auf spielerische und spannende Weise Verantwortung für Natur und Umwelt zu übernehmen. Möchtest auch du und deine Schule Teil der GemüseAckerdemie sein? Mitmachen kann jede Schule, die Wert auf einen bewussten und nachhaltigen Lebensstil legt. Weitere Informationen für einen schuleigenen Acker findest du bei www.gemüseackerdemie.at.

Wände für die Wende

Von der grauen Wand zum grünen Kraftwerk. Ausgerechnet Lärmschutzwände könnten zur nachhaltigen Stromversorgung Österreichs beitragen. Der Autobahnbetreiber ASFINAG will mit neuen PV-Anlagen zukünftig den eigenen Strombedarf decken.

100 Prozent erneuerbarer Strom bis 2030. Das ist ein wichtiges Zwischenziel am Weg zur Klimaneutralität Österreichs. Aber die Zeit drängt. Um den Stromhunger nachhaltig zu stillen, brauchen wir neue Wind-, Solar- und Wasserkraftanlagen. Das ist der einzige Weg, um von den schmutzigen Energieträgern Öl, Gas und Kohle wegzukommen. Und der einzige Weg, um unabhängig von ausländischem Erdgas zu werden.

Mit drei Prozent der Fläche Österreichs lässt sich der gesamte Energiebedarf decken.

Dabei spielt Sonnenkraft eine wichtige Rolle. Keine andere Energieform hat so viel ungenutztes Potenzial. Sonnenstrom lässt sich fast überall produzieren, auch in vergleichsweise kleinen Mengen. Trotz solcher Perspektiven installieren wir unsere Solaranlagen bisher fast ausschließlich auf Hausdächern. Und damit lassen wir viel Potenzial liegen. Kurzes Gedankenexperiment: Würden wir auf drei Prozent der Fläche Österreichs Photovoltaikanlagen aufstellen, könnten wir den Energiebedarf des Landes vollständig decken. Das rechnet der Bundesverband Photovoltaic Austria vor.

Sonnenstrom entlang der Autobahn

Ein Potenzial, das auch der Autobahnbetreiber ASFINAG erkannt hat. Aktuell hat die ASFINAG einen Energieverbrauch von mehr als 220 Gigawattstunden, rund 135 Gigawattstunden davon sind Strom. Der Großteil fließt in die Beleuchtung von Straßen und die technische Ausstattung der zahlreichen Autobahntunnel Österreichs. Bis 2030 will man all diesen Strom selbst herstellen und damit bilanziell stromautark werden. Dieses Ziel will die ASFINAG nachhaltig und großteils mit den eigenen Flächen erreichen – geplant sind konkret Photovoltaik-Anlagen auf Lärmschutzwänden und Autobahnkreuzen.

Nutzen, was da ist

Lärmschutzwände sind bereits vorhandene Strukturen, für die kein zusätzlicher Boden versiegelt werden muss. Sie bieten eine große nutzbare Fläche, ohne zusätzliche optische Beeinträchtigung. Außerdem liegt es in der Natur der Sache, dass sie entlang von Straßen stehen. Also Grund und Boden, der zum Wohnen oder für die Landwirtschaft wenig attraktiv ist. Nachdem erste Tests bereits erfolgreich waren, will die ASFINAG noch heuer die erste Anlage dieser Art in Betrieb nehmen.

Da geht noch mehr

Aber nicht nur Lärmschutzwände könnten wir nutzen. Die Liste an möglichen PV-Standorten ist lang, zeigt eine Studie von Oesterreichs Energie. Fassaden, Parkplätze, Verkehrsrestflächen und Deponien sind vielversprechende Kandidaten. Fest steht: Um in weniger als sieben Jahren mit ausreichend Grünstrom versorgt zu sein, müssen wir bei Sonnenkraft größer denken.

Warum eine Millionärssteuer gerecht ist

Erben macht reicher – und das sogar steuerfrei. Die arbeitenden Menschen hingegen zahlen im Laufe ihres Lebens hunderttausende Euro Steuern, um den Sozialstaat am Laufen zu halten. Gerecht ist das nicht. Im Gegensatz zu einer Millionärssteuer. 

Es ist keine einfache Beziehung, jene zwischen Österreich und der Erbschaftssteuer. 2008 wurde sie abgeschafft, weil der Verfassungsgerichtshof sie für verfassungswidrig erklärt hat. Wieder eingeführt wurde sie seither nicht. Nun hat Vizekanzler Werner Kogler eine Millionärssteuer für Millionenerb:innen auf die Tagesordnung gebracht und will mit Betroffenen und Expert:innen diskutieren. Nur: Der Koalitionspartner ÖVP verfolgt andere Interessen. Dabei hätten wir als Gesellschaft durch eine Steuer auf Millionenerbschaften Vieles zu gewinnen.

Kluft zwischen Arm und Reich wächst

Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf. Die arbeitenden Menschen zahlen im Laufe ihres Lebens mehrere hunderttausend Euro Steuern. Sie unterrichten Kinder, putzen Bahnhofstoiletten, operieren kaputte Hüften – und sie halten Großteils den Sozialstaat am Laufen. Denn Arbeitseinkommen werden in Österreich sehr hoch besteuert, Vermögen – mit Ausnahme der Grunderwerbssteuer – gar nicht. Allerdings sinken die Löhne, wodurch es schwieriger wird, sozialstaatliche Leistungen wie öffentliche Schulen, Familienbeihilfe und Pensionen zu finanzieren. Gleichzeitig steigen die Vermögen.

Vermögen ist ungleich verteilt

Vermögen und damit auch Erbschaften sind in Österreich ungleich verteilt. Das reichste Prozent besitzt fast die Hälfte des gesamten Vermögens. Damit gehört hierzulande das Vermögen einer sehr kleinen Gruppe. Diese bezieht ihr Vermögenseinkommen zum Beispiel aus Zinsen, der Vermietung von Immobilien und Gewinnausschüttungen von Unternehmen. Viele müssen für ihr Vermögen sogar nichts tun, außer Warten: Sie erben mehrere Millionen oder gar Milliarden Euro.

Nur jede:r Dritte der unteren 90 Prozent erbt überhaupt

Und das ist ein Problem. Indem Vermögen immer weitervererbt wird, steigt die Ungleichheit in der Gesellschaft. Schauen wir uns das von zwei Seiten an. Zuerst die reichsten zehn Prozent. Stirbt in dieser Gruppe jemand, besteht die Chance von 71,1 Prozent, dass Hinterbliebene etwas erben. Im Vergleich dazu: Bei den restlichen 90 Prozent erbt gerade einmal jede:r Dritte überhaupt etwas. Und Erben ist nicht gleich Erben. Während die oberen zehn Prozent durchschnittlich 830.000 Euro erben, erben die unteren 90 Prozent im Durchschnitt gerade einmal 120.000 Euro.

Millionärssteuer
Während die reichsten zehn Prozent durchschnittlich 830.000 Euro erben, werden den übrigen 90 Prozent im Durchschnitt 120.000 Euro hinterlassen.
Wer mehr Geld hat, hat bessere Chancen im Leben

Der Glaube, wenn man nur genug leistet, erreicht man auch etwas im Leben, ist in vielen Köpfen immer noch tief verankert. Doch diese Erzählung verkommt immer mehr zu einer Illusion. Man ist sehr viel leichter erfolgreich, wenn man eine wohlhabende Familie hinter sich hat. Denn das bedeutet, dass man bessere Chancen auf Bildung, Gesundheit und soziale Absicherung hat und über ein gutes Netzwerk an Kontakten verfügt. Dadurch steigen auch die Chancen auf ein höheres Einkommen im Berufsleben. Doch davon profitieren nur die wenigsten Kinder. In Österreich ist sogar jedes fünfte Kind armutsgefährdet.

Ungleichheit ist schlecht für die Demokratie

Große Ungleichheiten belasten den sozialen Zusammenhalt und die Demokratie. Der 2017 verstorbene Ökonom und Ungleichheitsforscher Tony Atkinson hat darauf hingewiesen, dass soziale Ungleichheit zu Ungleichheit bei der politischen Mitsprache führt. Denn, je höher der soziale Status, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass man selbst in die Politik geht oder zumindest Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt. Wer mehr Geld hat, hat auch eine lautere Stimme. Langfristig untergräbt das unser demokratisches System.

Politik muss für alle gleiche Chancen schaffen

In die richtige Familie geboren zu werden, ist aber keine Leistung. Das ist Glück. Doch es gibt eine gute Nachricht: Es muss nicht sein, dass die, die mehr Geld haben, auch die besseren Chancen im Leben haben. Das ist kein Naturgesetz. Die Politik kann Chancengerechtigkeit schaffen. Zum Beispiel, indem sie eben Steuern für sehr hohe Erbschaften einführt. Jene, die einmal das Einfamilienhaus ihrer Eltern oder den kleinen Familienbetrieb erben, wären davon nicht betroffen. Die Erb:innen großer, international agierender Unternehmen hingegen schon.

Das sind Einnahmen, die der Allgemeinheit zugutekommen. Man könnte damit zum Beispiel die Kranken- und Altenpflege verbessern und für bessere Arbeitsbedingungen für die Pfleger:innen sorgen. Man könnte auch mehr Geld in das Bildungssystem investieren, damit alle einmal die gleichen Chancen haben.

Von einer Erbschaftssteuer haben alle was

Auf den ersten Blick wirkt das so, als würden nur jene, die eine solche Steuer nicht betrifft, davon profitieren. Aber zu gewinnen haben auch jene etwas, die die Steuer entrichten müssen. Ja, sie geben einen Teil ihres Erbes an die Staatskasse ab. Aber sie erhalten dafür eine gerechte und stabile Gesellschaft mit hohem Lebensstandard. Keine Erbschaftssteuer einzuführen, sieht mittlerweile auch eine Reihe von Millionenerb:innen kritisch. Sie haben erkannt, wie gefährlich soziale Ungleichheit für Demokratie und Zusammenleben ist.

Die wohl bekannteste Vertreterin in Österreich ist zurzeit Marlene Engelhorn. Sie fordert: „Besteuert mich endlich.“ Sie soll von ihrer Großmutter Traudl Engelhorn-Vechiatto einen zweistelligen Millionenbetrag erben. 90 Prozent davon will sie spenden.

Eine gerechte Gesellschaft ist eine glückliche Gesellschaft

Wollen Parteien Chancengerechtigkeit ernst nehmen, können sie sich nicht länger vor einer Millionärssteuer auf Millionenerbschaften verschließen. Je gerechter eine Gesellschaft, desto glücklicher sind ihre Angehörigen. Und davon profitiert letztlich alles – der soziale Zusammenhalt, die wirtschaftliche Produktivität, die politische Beteiligung und natürlich jede:r Einzelne.

Lebensmittel verwenden statt verschwenden

Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum eines Produktes erst einmal erreicht, wird in Österreich lieber weggeschmissen statt aufgegessen. Dabei heißt abgelaufen nicht gleich ungenießbar. FREDA klärt auf, was hinter dem Datum am Produkt steckt.

Rund ein Drittel der genießbaren Lebensmittel weltweit landen jedes Jahr im Müll. Auch Österreich ist, wenn es ums Lebensmittelverschwenden geht, weit vorne. In einem durchschnittlichen Haushalt wird ein Viertel der eingekauften Lebensmittel weggeworfen, vieles davon ungeöffnet. Umgerechnet sind das fast eine Million Tonnen Nahrung. Doch während wir hier leichtfertig Produkte wegwerfen, leiden weltweit jeden Tag Millionen Menschen an Hunger.

Ist das nicht schon schlimm genug, trägt das Verschwenden von Lebensmittel auch maßgeblich zu den Treibhausgasemissionen bei. Denn durch das Wegwerfen von noch genießbarem Essen, gehen nicht nur wertvolle Ressourcen, die für die Produktion verwendet worden sind, verloren, auch Strom und Gas werden unnötig vergeudet. Dabei kann jede:r Einzelne von uns durch die richtige Handhabe mit Lebensmittel einen wichtigen Beitrag leisten, um weniger Lebensmittel zu verschwenden. Angefangen damit, zu wissen, was das Datum am Produkt genau bedeutet.

Was bedeutet das Mindesthaltbarkeitsdatum und wer legt es fest?

Das Mindesthaltbarkeitsdatum (kurz MHD) gibt den Zeitpunkt an, bis ein ungeöffnetes Lebensmittel bei angemessener Lagerung seine produkttypischen Eigenschaften behält. Dazu zählen die Frische, der Geschmack, das Aussehen, die Farbe, der Geruch und auch der Nährwert des Produktes. Die Hersteller garantieren bis zu diesem Datum für die Qualität und Genießbarkeit des Produkts.

Das MHD legt jeder Hersteller selber fest. Warum? Ganz einfach: Meist kennt der Hersteller das eigene Produkt am besten und weiß, welche Qualität und auch Eigenschaften es hat. Um herauszufinden, wann sich diese ändern, werden Analysen und Lagertests durchgeführt. Anhand derer wird das MHD festgelegt. Auf verpackten Lebensmitteln muss dieses dann mit dem Hinweis „mindestens haltbar bis“ angegeben werden.

Was tun, wenn das MHD abgelaufen ist?

Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen, obliegt die Verantwortung, ob das Produkt noch gut ist, nicht mehr beim Hersteller, sondern bei uns Verbrauchenden. Deshalb gilt hier: öffnen und kontrollieren, ob es gut riecht, gut aussieht, ob sich die Konsistenz verändert hat oder ob sich vielleicht Schimmel oder Ähnliches gebildet hat.

Folgende Lebensmittel sind bei angemessener Lagerung auch nach Ablauf des MHD genießbar:

  • Joghurt: mehrere Wochen, wegwerfen bei Schimmel oder schlechtem Geschmack
  • Honig: mehrere Monate, wegewerfen bei Gärung
  • Eier: circa zwei Wochen, wegwerfen bei fauligem Geruch (beim Verzehr von rohen Eiern muss das MHD eingehalten werden)
  • Butter: mehrere Wochen bis hin zu Monaten, wegwerfen bei ranzigem Geschmack
  • Konserven: ungeöffnet mehrere Jahre, wegwerfen bei Schimmel, kaputte Dose, metallischem Geschmack
  • Reis, Nudeln: mehrere Jahre, wegwerfen bei Schädlingsbefall oder säuerlichem Geruch beim Kochen
  • Mehl oder Backpulver: mehrere Monate, wegwerfen bei Schädlingsbefall, muffigem Geruch
  • Tiefkühlgerichte: mehrere Monate, wegwerfen bei ranzigem Geschmack
  • Eingelegtes oder Eingemachtes: mehrere Jahre, wegwerfen, wenn Vakuum nicht mehr intakt ist – dies erkennt man, wenn sich der Deckel eindrücken lässt.
Was ist der Unterschied zum Verbrauchsdatum?

Leicht verderbliche Produkte wie Geflügel, Fisch, Rohmilch oder Faschiertes sind anfälliger für Keime. Deshalb befindet sich auf diesen Waren der Hinweis „zu verbrauchen bis“. Ist das angegebene Datum überschritten, sollte man die Produkte nicht mehr essen.

Dürfen Produkte mit abgelaufenem MHD noch verkauft werden?

Grundsätzlich gilt: Ja. Lebensmittel dürfen im Supermarkt auch nach Ablauf der MHD verkauft werden. Der Verkäufer ist jedoch verpflichtet, zu überprüfen, ob das Produkt noch in Ordnung ist. Häufig werden Produkte mit abgelaufenem MHD zu einem geringeren Preis angeboten. Sie tragen beispielsweise einen „50 Prozent billiger“-Aufkleber oder werden in einem extra Regalabschnitt angeboten.

Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung

Mittlerweile bieten Supermärkte verschiedene Methoden an, um noch gute Lebensmittel vor der Tonne zu bewahren. Dennoch landen sie häufig im Müll – verpackt und noch genießbar. Um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken, haben sich in den letzten Jahren immer mehr Initiativen gebildet. Dazu gehören:

  • Too Good To Go: Über eine App bieten mittlerweile über 1.500 Betriebe wie Bäckereien, Restaurants, Cafés und auch Supermärkte ihr überschüssiges, aber einwandfreies Essen zu einem Drittel des Preises an Selbstabholer:innen an.
  • Team Österreich Tafel: Die Team Österreich Tafel ist eine Initiative vom Österreichischen Roten Kreuz und Hitradio Ö3. Bereits seit 2010 sammeln jeden Samstag Freiwillige einwandfreie, aber nicht mehr verkäufliche Lebensmittel, um sie an Menschen in Not auszugeben.
  • soogut Sozialmarkt: Eine Initiative in Niederösterreich, die Menschen, die mit wenig Geld haushalten müssen, an insgesamt zehn Standorten qualitativ hochwertige Lebensmittel und Alltagsgüter zum Drittel des Preises verkaufen.
  • Verein Start Up: In den Foodpoint-Abholstationen des Vereins bekommt man Lebensmittel, die etwas beschädigt sind, aber noch genießbar zu einem Unkostenbeitrag.
  • Foodsharing: Die Organisation sammelt tonnenweise gute Lebensmittel und verteilt sie ehrenamtlich und kostenfrei an Freunde und Bekannte, in der Nachbarschaft, in Obdachlosenheimen, in Abgabestellen für sozial Benachteiligte und über die Plattform foodsharing. Die Fairteiler, öffentlich zugängliche Regale und Kühlschränke, stehen allen zur Verfügung.

Zum Thema:

Wenn das Kino grün wird

Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren auch Einzug in die Filmbranche gehalten. Beim Green Filming steht eine ressourcenschonende Arbeitsweise im Mittelpunkt des Workflows. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt uns der neue Horrorfilm HEIMSUCHUNG.

Darum geht’s im Film: Michaela (Cornelia Ivancan) und ihre Tochter Hanna (Lola Herbst) müssen nach dem Tod von Michaelas Vater in ihr altes Elternhaus auf dem Land zurückkehren. Die Zeit in der scheinbaren Idylle will Michi, eine trockene Alkoholikerin, nutzen, um sich mit ihrer entfremdeten Tochter wieder anzunähern. Doch kurz nachdem sie im alten Haus angekommen sind, stößt Michi beim Entrümpeln auf eine seltsame Kinderzeichnung und beschwört damit ein dunkles Trauma herauf.

HEIMSUCHUNG ist das Kinofilmdebüt des Regisseurs Achmed Abdel-Salam und der Produzentin Lena Weiss – zudem ist der Film ein Pilotprojekt im Bereich Green Filming. „Ich engagiere mich schon seit längerer Zeit für eine nachhaltige Filmbranche. Als Achmed mich fragte, seinen Film zu produzieren, war uns beiden von Beginn an klar, dass wir auch nachhaltig und ökologisch arbeiten wollen“, so Lena Weiss. Green Filming bedeutet, den CO₂-Ausstoß bei der Produktion so gering wie möglich zu halten.

Was genau ist Green Filming?

Green Filming beschreibt die Umsetzung umweltfreundlicher und nachhaltiger Produktionsmethoden in der Filmbranche. Ziel ist es, den ökologischen Fußabdruck von Filmproduktionen zu minimieren und somit einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Das beinhaltet beispielsweise den Einsatz erneuerbarer Energien, die Reduktion von Abfall und Emissionen sowie die Verwendung von umweltfreundlichen Materialien. 2021 beschloss auch das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, Bundesfilmförderungen an verpflichtende Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen.

Und das ist auch gut so, denn die Filmproduktion ist eine der größten Umweltverschmutzer in der Kreativindustrie. Allein die Produktion eines Spielfilms kann bis zu 350 Tonnen CO₂-Emissionen verursachen. Hinzu kommen noch weitere Umweltbelastungen, wie beispielsweise die Verwendung von nicht biologisch abbaubaren Kunststoffen für Filmrequisiten oder die Abholzung von Wäldern für Drehorte.

Arnold Schwarzenegger als Green Filming-Pionier

Green Filming oder auch Green Production stammt ursprünglich aus Amerika. Genauer gesagt geht es auf Arnold Schwarzenegger zurück. Denn dieser hat im Jahr 2006 als Gouverneur von Kalifornien auf die Umweltverschmutzung durch die Filmindustrie nach Veröffentlichung einer Studie der UCLA aufmerksam gemacht. Diese bestätigte der Filmindustrie dem zweitgrößten Beitrag zur Luftverschmutzung von den fünf untersuchten Wirtschaftssektoren. Die Ergebnisse führten zur Gründung der „Green Production Guide“ Initiative, die Ressourcen für umweltfreundliche Filmproduktionen bereitstellt. Seitdem hat sich die Green Production-Bewegung in vielen Ländern, einschließlich Österreich, ausgebreitet. In Österreich wurde Initiativen von der Filmbranche selbst gesetzt. 2016 sind Filmschaffende mit dem Wunsch grüner zu produzieren an das Umweltministerium herangetreten und haben gemeinsam das Umweltzeichen Green Producing entwickelt.

Das Umweltzeichen gibt es mittlerweile seit 2017. Es ist ein Gütezeichen, das umweltfreundlichen Filmproduktionen verliehen wird. Um das Zeichen zu erhalten, müssen Filmschaffende bestimmte Kriterien erfüllen, wie beispielsweise den Einsatz umweltfreundlicher Materialien.

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Mehr Informationen

Green Filming in der Praxis: HEIMSUCHUNG

Kleine Änderungen, die viel bewirken: „Dass HEIMSUCHUNG ein Green-Filming-Pilotprojekt wurde, ist Lena zu verdanken. Sie engagiert sich schon seit längerer Zeit für eine grüne Filmpolitik. So haben wir gemeinsam bei jedem Schritt überlegt, ob wir etwas anders machen können als sonst, um nachhaltiger zu sein“, erzählt Achmed Abdel-Salam. So ist der Film größtenteils nur in einem Haus gedreht worden. Ausgestattet wurde das Haus mit Möbelstücken von Flohmärkten oder von Privatpersonen. „Das Motto lautete Secondhand statt Neukauf. Das eignete sich für diesen Film besonders gut, weil die Geschichte auch in einem alten Landhaus spielte. Unsere Requisiteurin hat die Möbel nach dem Dreh auch wieder verkauft“, so der Regisseur. Auch bei der Ernährung war der grüne Gedanke involviert. Das gesamte Team hatte an zwei Tagen in der Woche nur fleischlose Gerichte. Transportiert wurde das Team sowie die Requisiten mit Elektro-Vans. „Unser Fokus lag beim Transport, beim Catering und beim Szenenbild. Das waren die Bereiche, bei denen wir die effektivsten Maßnahmen setzen konnten“, so die Produzentin.

Mit HEIMSUCHUNG haben Achmed Abdel-Salam und Lena Weiss ein wichtiges Zeichen für eine nachhaltige österreichische Filmbranche gesetzt. Der Film begeistert nicht nur inhaltlich, sondern auch durch seine grüne und nachhaltige Produktionsweise.

Wer in Österreich produziert, wird dafür belohnt

Ein weiterer echter Meilenstein für die österreichische Filmbranche ist das neue Filmanreizmodell, das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Mit dem Anreizmodell möchte man die österreichische Filmbranche international wettbewerbsfähig machen. Doch was genau bedeutet das?

Egal ob Streaming, Fernsehen oder Kino: Künftig erhalten alle Filmproduktionen, die in Österreich umgesetzt werden, einen automatischen Standort-Zuschuss von bis zu 30 Prozent der in Österreich anfallenden Produktionskosten. Wenn die Filme zudem ökologisch und nachhaltig produziert werden, steigt dieser Bonus sogar auf 35 Prozent. Dieser zusätzliche grüne Bonus von fünf Prozent ist europaweit einzigartig und unterstützt die Umsetzung von Green-Filming-Praktiken in der gesamten Branche.

Filmschaffenden einen Anreiz bieten

Der internationale Markt für die Umsetzung von Filmproduktionen ist heiß umkämpft. Österreich hat bisher kaum eine Rolle gespielt, obwohl Standortfaktoren wie kompetente Produktionsfirmen, Know-how sowie unvergleichliche Originalschauplätze vorhanden sind. Aus Kostengründen wurden bisher viele Filme im Ausland wie Ungarn, Tschechien oder Polen produziert. Sogar Filme, die eigentlich in Wien spielen, werden beispielsweise in Prag gedreht – weil es günstiger ist. Das schadet nicht nur der Filmindustrie, sondern der gesamten Wirtschaft. Denn Filme schaffen unzählige Arbeitsplätze für verschiedenste Berufe, von Schauspieler:innen über Kamerafrauen und -männer bis hin zu Beleuchter:innen. Wenn aufgrund des neuen Filmanreizes künftig mehr Filme in Österreich produziert werden, werden viele profitieren.

Umgesetzt wird das Paket für internationale Service-Produktionen vom Ministerium für Arbeit und Wirtschaft mit der neuen Schiene FISA+ und für heimische Produktionen vom Österreichischen Filminstitut mit ÖFI+.

Aktuell im Kino: Heimsuchung © Luna Filmverleih
HEIMSUCHUNG © Luna Filmverleih