Windräder schaden Tourismus nicht

Der Westen Österreichs sorgt sich, dass Windräder auf Bergen Urlauber:innen abschrecken. Eine neue Studie zeigt jedoch, dass diese Sorge unbegründet ist.

Die Regierung möchte, dass bis 2030 ein Viertel der gesamten österreichischen Stromproduktion von Windrädern kommt. Das steht im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Dafür müsste Österreich aber fast dreimal so viel Strom aus Windkraft produzieren wie aktuell. Und das heißt: viele neue Windräder. Doch vor allem die westlichen Bundesländer wollen sie nicht. Sie sorgen sich um den Tourismus.

Im Westen nichts Neues

Der Ausbau der österreichischen Windkraft geht durchaus voran. Nur sehr ungleichmäßig. Niederösterreich errichtet alleine dieses Jahr 57 neue Windräder, im Burgenland sind es 40 neue Anlagen. In der Steiermark kommen 2022 immerhin neun Neue hinzu, darunter auch Europas leistungsstärkstes Bergwindrad. Und dass, obwohl jene drei Bundesländer ohnehin schon 95 Prozent aller österreichischen Windräder beherbergen. Am anderen Ende des Landes gibt es weniger Neuigkeiten. Der Westen ist nach wie vor windkraftfreie Zone. Weder in Salzburg, Vorarlberg oder Tirol gibt es ein einziges Großwindrad. Österreichs westliches Windrad steht am Plöckenpaß in Kärnten.

Die Tiroler Landesregierung argumentiert mit dem Landschaftsbild, das es zu schützen gilt. Das „sei ein Faktor, den es bei Windkraftanlagen zu berücksichtigen gilt“, sagt Tirols Energielandesrat Josef Geisler. Auch Innsbrucker Tourismusobmann Mario Gerber schlägt in dieselbe Kerbe. Windkräder am Berg seien „optisch kein besonders schöner Anblick, weder für Einheimische noch für Touristen“.

Windkraft schadet Tourismus nicht

Aus einer aktuellen Kurzstudie der IG Windkraft geht allerdings hervor, dass Windräder keine feststellbaren negativen Auswirkungen auf den Tourismus haben. Die Studienautor:innen haben sich dabei die Nächtigungszahlen im Tourismus angesehen. Und zwar speziell in jenen Gebieten, in denen viele neue Windräder gebaut wurden. Weder auf Bundeslandebene noch auf Bezirksebene konnte das Team einen Rückgang der Übernachtungen feststellen, der mit dem Bau von Windrädern zusammenhängt.

Im Burgenland, dem Bundesland mit den meisten Windrädern, sind die Nächtigungszahlen in den letzten 25 Jahren sogar um die Hälfte gestiegen, sagt die Studie. Und das, obwohl in diesem Zeitraum über 400 neue Windräder dazu gekommen sind. In Kärnten sind in den letzten 25 Jahren nur zwei neue Windräder gebaut worden, die Nächtigungszahlen sind allerdings um 15 Prozent gesunken.

Windkraft ist sichtbar, das ist unumstritten. Egal ob sie im flachen Seewinkel in Burgenland oder im gebirgigen Stubaital in Tirol steht. Sichtbar sind aber auch Straßen, Industrieanlagen und Seilbahnen.

Im zweiten Teil der Studie haben die Autor:innen internationalen Befragungen zu Windkraft und Tourismus verglichen. Das Ergebnis: Die große Mehrheit der Urlauber:innen nimmt Windräder nicht als Störfaktor wahr. Windräder würden vielmehr als Sinnbild für die Umweltfreundlichkeit einer Region stehen, sagt die Studie. Und das könne sich sogar positive auf den Tourismus auswirken. Denn Menschen legen immer mehr Wert darauf, auf Reisen nicht dem Klima zu schaden. Das bestätigt auch eine repräsentative Befragung deutscher und österreichischer Urlauber:innen im Jahr 2021. Die Hälfe der Befragten gibt an, schon einmal „ganz“ oder zumindest „teilweise“ Urlaubsentscheidungen getroffen zu haben, die von Klimaschutzüberlegungen geleitet war.

Warum es sich lohnt auf Windkraft zu setzen

Wind hat viele Vorteile gegenüber Öl, Gas und Kohle. Zuallererst: Energie aus Wind ist sauber. Das heißt, wenn wir Strom aus Wind gewinnen, entstehen dabei keine klimaschädlichen Gase wie etwa CO₂. Das ist enorm wichtig, denn nur wenn weniger dieser Gase ausstoßen, können wir die Klimakrise noch ausbremsen. An den richtigen Standorten ist Windkraft außerdem beinahe unbegrenzt verfügbar. Und von diesen Standorten haben wir so einige. Denn Österreich liegt in einer besonders windreichen Region Europas. Das heißt: Österreich kann Windenkraft in großen Mengen innerhalb seiner Landesgrenzen produzieren. Damit kann Wind einen wichtigen Beitrag leisten, um Österreich schon in naher Zukunft unabhängig von Energie aus dem Ausland zu machen.

Novelle soll frischen Wind bringen

Nicht zuletzt deswegen hat Klimaschutzministerin Leonore Gewessler angekündigt, den Bau von Windrädern zu erleichtern. Gelingen soll das mit der Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG). Die soll das Genehmigungsverfahren in allen Bundesländern vereinheitlichen und beschleunigen – auch im Westen Österreichs.

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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