Wände für die Wende

Von der grauen Wand zum grünen Kraftwerk. Ausgerechnet Lärmschutzwände könnten zur nachhaltigen Stromversorgung Österreichs beitragen. Der Autobahnbetreiber ASFINAG will mit neuen PV-Anlagen zukünftig den eigenen Strombedarf decken.

100 Prozent erneuerbarer Strom bis 2030. Das ist ein wichtiges Zwischenziel am Weg zur Klimaneutralität Österreichs. Aber die Zeit drängt. Um den Stromhunger nachhaltig zu stillen, brauchen wir neue Wind-, Solar- und Wasserkraftanlagen. Das ist der einzige Weg, um von den schmutzigen Energieträgern Öl, Gas und Kohle wegzukommen. Und der einzige Weg, um unabhängig von ausländischem Erdgas zu werden.

Mit drei Prozent der Fläche Österreichs lässt sich der gesamte Energiebedarf decken.

Dabei spielt Sonnenkraft eine wichtige Rolle. Keine andere Energieform hat so viel ungenutztes Potenzial. Sonnenstrom lässt sich fast überall produzieren, auch in vergleichsweise kleinen Mengen. Trotz solcher Perspektiven installieren wir unsere Solaranlagen bisher fast ausschließlich auf Hausdächern. Und damit lassen wir viel Potenzial liegen. Kurzes Gedankenexperiment: Würden wir auf drei Prozent der Fläche Österreichs Photovoltaikanlagen aufstellen, könnten wir den Energiebedarf des Landes vollständig decken. Das rechnet der Bundesverband Photovoltaic Austria vor.

Sonnenstrom entlang der Autobahn

Ein Potenzial, das auch der Autobahnbetreiber ASFINAG erkannt hat. Aktuell hat die ASFINAG einen Energieverbrauch von mehr als 220 Gigawattstunden, rund 135 Gigawattstunden davon sind Strom. Der Großteil fließt in die Beleuchtung von Straßen und die technische Ausstattung der zahlreichen Autobahntunnel Österreichs. Bis 2030 will man all diesen Strom selbst herstellen und damit bilanziell stromautark werden. Dieses Ziel will die ASFINAG nachhaltig und großteils mit den eigenen Flächen erreichen – geplant sind konkret Photovoltaik-Anlagen auf Lärmschutzwänden und Autobahnkreuzen.

Nutzen, was da ist

Lärmschutzwände sind bereits vorhandene Strukturen, für die kein zusätzlicher Boden versiegelt werden muss. Sie bieten eine große nutzbare Fläche, ohne zusätzliche optische Beeinträchtigung. Außerdem liegt es in der Natur der Sache, dass sie entlang von Straßen stehen. Also Grund und Boden, der zum Wohnen oder für die Landwirtschaft wenig attraktiv ist. Nachdem erste Tests bereits erfolgreich waren, will die ASFINAG noch heuer die erste Anlage dieser Art in Betrieb nehmen.

Da geht noch mehr

Aber nicht nur Lärmschutzwände könnten wir nutzen. Die Liste an möglichen PV-Standorten ist lang, zeigt eine Studie von Oesterreichs Energie. Fassaden, Parkplätze, Verkehrsrestflächen und Deponien sind vielversprechende Kandidaten. Fest steht: Um in weniger als sieben Jahren mit ausreichend Grünstrom versorgt zu sein, müssen wir bei Sonnenkraft größer denken.

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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