Wenn das Kino grün wird

Nachhaltigkeit hat in den letzten Jahren auch Einzug in die Filmbranche gehalten. Beim Green Filming steht eine ressourcenschonende Arbeitsweise im Mittelpunkt des Workflows. Wie das in der Praxis aussieht, zeigt uns der neue Horrorfilm HEIMSUCHUNG.

Darum geht’s im Film: Michaela (Cornelia Ivancan) und ihre Tochter Hanna (Lola Herbst) müssen nach dem Tod von Michaelas Vater in ihr altes Elternhaus auf dem Land zurückkehren. Die Zeit in der scheinbaren Idylle will Michi, eine trockene Alkoholikerin, nutzen, um sich mit ihrer entfremdeten Tochter wieder anzunähern. Doch kurz nachdem sie im alten Haus angekommen sind, stößt Michi beim Entrümpeln auf eine seltsame Kinderzeichnung und beschwört damit ein dunkles Trauma herauf.

HEIMSUCHUNG ist das Kinofilmdebüt des Regisseurs Achmed Abdel-Salam und der Produzentin Lena Weiss – zudem ist der Film ein Pilotprojekt im Bereich Green Filming. „Ich engagiere mich schon seit längerer Zeit für eine nachhaltige Filmbranche. Als Achmed mich fragte, seinen Film zu produzieren, war uns beiden von Beginn an klar, dass wir auch nachhaltig und ökologisch arbeiten wollen“, so Lena Weiss. Green Filming bedeutet, den CO₂-Ausstoß bei der Produktion so gering wie möglich zu halten.

Was genau ist Green Filming?

Green Filming beschreibt die Umsetzung umweltfreundlicher und nachhaltiger Produktionsmethoden in der Filmbranche. Ziel ist es, den ökologischen Fußabdruck von Filmproduktionen zu minimieren und somit einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Das beinhaltet beispielsweise den Einsatz erneuerbarer Energien, die Reduktion von Abfall und Emissionen sowie die Verwendung von umweltfreundlichen Materialien. 2021 beschloss auch das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, Bundesfilmförderungen an verpflichtende Nachhaltigkeitskriterien zu knüpfen.

Und das ist auch gut so, denn die Filmproduktion ist eine der größten Umweltverschmutzer in der Kreativindustrie. Allein die Produktion eines Spielfilms kann bis zu 350 Tonnen CO₂-Emissionen verursachen. Hinzu kommen noch weitere Umweltbelastungen, wie beispielsweise die Verwendung von nicht biologisch abbaubaren Kunststoffen für Filmrequisiten oder die Abholzung von Wäldern für Drehorte.

Arnold Schwarzenegger als Green Filming-Pionier

Green Filming oder auch Green Production stammt ursprünglich aus Amerika. Genauer gesagt geht es auf Arnold Schwarzenegger zurück. Denn dieser hat im Jahr 2006 als Gouverneur von Kalifornien auf die Umweltverschmutzung durch die Filmindustrie nach Veröffentlichung einer Studie der UCLA aufmerksam gemacht. Diese bestätigte der Filmindustrie dem zweitgrößten Beitrag zur Luftverschmutzung von den fünf untersuchten Wirtschaftssektoren. Die Ergebnisse führten zur Gründung der „Green Production Guide“ Initiative, die Ressourcen für umweltfreundliche Filmproduktionen bereitstellt. Seitdem hat sich die Green Production-Bewegung in vielen Ländern, einschließlich Österreich, ausgebreitet. In Österreich wurde Initiativen von der Filmbranche selbst gesetzt. 2016 sind Filmschaffende mit dem Wunsch grüner zu produzieren an das Umweltministerium herangetreten und haben gemeinsam das Umweltzeichen Green Producing entwickelt.

Das Umweltzeichen gibt es mittlerweile seit 2017. Es ist ein Gütezeichen, das umweltfreundlichen Filmproduktionen verliehen wird. Um das Zeichen zu erhalten, müssen Filmschaffende bestimmte Kriterien erfüllen, wie beispielsweise den Einsatz umweltfreundlicher Materialien.

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Green Filming in der Praxis: HEIMSUCHUNG

Kleine Änderungen, die viel bewirken: „Dass HEIMSUCHUNG ein Green-Filming-Pilotprojekt wurde, ist Lena zu verdanken. Sie engagiert sich schon seit längerer Zeit für eine grüne Filmpolitik. So haben wir gemeinsam bei jedem Schritt überlegt, ob wir etwas anders machen können als sonst, um nachhaltiger zu sein“, erzählt Achmed Abdel-Salam. So ist der Film größtenteils nur in einem Haus gedreht worden. Ausgestattet wurde das Haus mit Möbelstücken von Flohmärkten oder von Privatpersonen. „Das Motto lautete Secondhand statt Neukauf. Das eignete sich für diesen Film besonders gut, weil die Geschichte auch in einem alten Landhaus spielte. Unsere Requisiteurin hat die Möbel nach dem Dreh auch wieder verkauft“, so der Regisseur. Auch bei der Ernährung war der grüne Gedanke involviert. Das gesamte Team hatte an zwei Tagen in der Woche nur fleischlose Gerichte. Transportiert wurde das Team sowie die Requisiten mit Elektro-Vans. „Unser Fokus lag beim Transport, beim Catering und beim Szenenbild. Das waren die Bereiche, bei denen wir die effektivsten Maßnahmen setzen konnten“, so die Produzentin.

Mit HEIMSUCHUNG haben Achmed Abdel-Salam und Lena Weiss ein wichtiges Zeichen für eine nachhaltige österreichische Filmbranche gesetzt. Der Film begeistert nicht nur inhaltlich, sondern auch durch seine grüne und nachhaltige Produktionsweise.

Wer in Österreich produziert, wird dafür belohnt

Ein weiterer echter Meilenstein für die österreichische Filmbranche ist das neue Filmanreizmodell, das am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist. Mit dem Anreizmodell möchte man die österreichische Filmbranche international wettbewerbsfähig machen. Doch was genau bedeutet das?

Egal ob Streaming, Fernsehen oder Kino: Künftig erhalten alle Filmproduktionen, die in Österreich umgesetzt werden, einen automatischen Standort-Zuschuss von bis zu 30 Prozent der in Österreich anfallenden Produktionskosten. Wenn die Filme zudem ökologisch und nachhaltig produziert werden, steigt dieser Bonus sogar auf 35 Prozent. Dieser zusätzliche grüne Bonus von fünf Prozent ist europaweit einzigartig und unterstützt die Umsetzung von Green-Filming-Praktiken in der gesamten Branche.

Filmschaffenden einen Anreiz bieten

Der internationale Markt für die Umsetzung von Filmproduktionen ist heiß umkämpft. Österreich hat bisher kaum eine Rolle gespielt, obwohl Standortfaktoren wie kompetente Produktionsfirmen, Know-how sowie unvergleichliche Originalschauplätze vorhanden sind. Aus Kostengründen wurden bisher viele Filme im Ausland wie Ungarn, Tschechien oder Polen produziert. Sogar Filme, die eigentlich in Wien spielen, werden beispielsweise in Prag gedreht – weil es günstiger ist. Das schadet nicht nur der Filmindustrie, sondern der gesamten Wirtschaft. Denn Filme schaffen unzählige Arbeitsplätze für verschiedenste Berufe, von Schauspieler:innen über Kamerafrauen und -männer bis hin zu Beleuchter:innen. Wenn aufgrund des neuen Filmanreizes künftig mehr Filme in Österreich produziert werden, werden viele profitieren.

Umgesetzt wird das Paket für internationale Service-Produktionen vom Ministerium für Arbeit und Wirtschaft mit der neuen Schiene FISA+ und für heimische Produktionen vom Österreichischen Filminstitut mit ÖFI+.

Aktuell im Kino: Heimsuchung © Luna Filmverleih
HEIMSUCHUNG © Luna Filmverleih

Über die/den Autor:In

Linda Weidinger
Linda Weidinger
Linda hat Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie CREOLE an der Uni Wien studiert. Die letzten Jahre arbeitete sie als Journalistin und Social Media-Redakteurin. Ihr Ziel: Die Menschen aufzuklären. Ihr Traum: eine offene, tierliebe und tolerante Gesellschaft. Ihre Schwerpunkte: Gerechtigkeit, Klima- und Umweltschutz.

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