Es gibt zwei Wege, wie ein Unternehmen sagen kann, dass es klimafreundlich ist. Entweder es erzeugt wirklich weniger CO₂ beim Wirtschaften. Oder das Unternehmen zahlt Geld und lässt andere CO₂ sparen. Wer wirklich was fürs Klima tut und wer sich drückt, schaut sich eine Klimaorganisation aber genau an.
Klimafreundlicher zu wirtschaften, ist für Unternehmen heute keine Option mehr, sondern eine Notwendigkeit. Konsument:innen, Umweltbewegungen wie Fridays for Future, aber auch Regierungen üben Druck aus, damit Unternehmen ihren CO₂-Ausstoß und ihren Ressourcenverbrauch verringern. Will ein Unternehmen also sein Image bewahren und weiter Geld verdienen, muss es sich mit seiner Klimabilanz auseinandersetzen.
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Viele Unternehmen tun das auch. Sie schauen sich ihre Produktionsprozesse und Lieferketten genau an. An welcher Stelle werden fossile Brennstoffe verwendet, wo kann man Energie sparen und wo Transportwege verkürzen? Gibt es alte Maschinen, die man tauschen muss oder ein Bürogebäude, dass thermisch saniert gehört?
Nehmen wir ein konkretes Beispiel zur Hand, wie echte CO₂-Sparmaßnahmen aussehen können: Eine Bäckerin hat bisher ihr Mehl von einem weit entfernten Zulieferer bezogen und ihre Öfen mit Erdgas geheizt. Um klimafreundlicher zu werden, steigt sie auf regionales Mehl um.
Das führt zu kürzeren Transportwegen und damit zu weniger CO₂-Ausstoß. Und sie investiert in Backöfen, die mit Holzpellets heizen. Im Gegensatz zu Erdgas entsteht bei Holz kein zusätzliches CO₂. Zuletzt nutzt sie die Abwärme der Öfen, um ihr eigenes Warmwasser zu erzeugen. Das mag wenig erscheinen, doch in der Summe führen solche Maßnahmen zu großen CO₂-Einsparungen.
Der zweite Weg: CO₂-Kompensation
Nicht alle Unternehmen handeln so. Neue Öfen kosten Geld und nicht alle sind bereit, zu investieren. Für Unternehmen ist der zweite Weg oft günstiger – zumindest kurzfristig.
Sie setzen auf sogenannte CO₂ -Kompensation. Dabei reduzieren sie CO₂ nicht durch direkte Maßnahmen im eigenen Betrieb, sondern durch die finanzielle Unterstützung von Klimaschutzprojekten. Meist im globalen Süden.
Das Unternehmen zahlt also Geld ins Ausland. Dort wird zum Beispiel ein Wald gepflanzt oder eine PV-Anlage errichtet. Und dann rechnet sich das Unternehmen die CO₂-Einsparungen des Projekts selbst zu. Jetzt könnte man sagen: Hauptsache, CO₂ wird eingespart. Die Klimakrise ist in weltweites Problem und egal, wo CO₂ eingespart wird, wirkt es der Klimakrise entgegen.
Keine soliden Belege, dass Kompensation wirkt
CO₂-Kompensation ist jedoch umstritten. In einer umfassenden Untersuchung stellte die renommierte Klimaorganisation Science Based Targets Initiative (kurz SBTi) fest, dass Kompensation keine legitime Methode für Unternehmen ist, um ihre CO₂-Bilanz zu verbessern. Der Grund: Wissenschaftliche Studien konnten die Wirkung bisheriger CO₂-Kompensationen nicht belegen.
Ein Projekt, das beispielsweise die Aufforstung eines Waldes unterstützt, mag zunächst vielversprechend klingen. Doch was passiert, wenn der gepflanzte Wald nach einigen Jahren wieder abstirbt? Dann wurde keinerlei zusätzliches CO₂ gebunden, das Unternehmen hat sich die Einsparung aber angerechnet.
Und auch die Photovoltaikanlage garantiert nicht, dass wirklich zusätzliches CO₂ eingespart wird. Denn die Anlage wäre vielleicht so oder so gebaut worden, egal ob ein Unternehmen nun Geld zuschießt oder nicht. Und tatsächlich CO₂ eingespart wird auch nur dann, wenn für die PV-Anlage ein anderes klimaschädliches Kraftwerk stillgelegt wird. Auch das passiert nicht immer.
Label der Science Based Targets Initiative
Für Konsument:innen ist es aber schwierig zu erkennen, ob ein Unternehmen wirklich klimafreundlich wirtschaftet oder lediglich auf Kompensationen setzt. Die klar ablehnende Haltung der Science Based Targets Initiative zur Kompensation kommt da gelegen. Hat ein Unternehmen Klimaziele, die von dieser Initiative abgesegnet sind, dann weiß man: Die sparen wirklich CO₂ in ihren eigenen Abläufen.
Druck auf Initiative ausgeübt
Das hätte sich aber fast geändert, wie ein vor kurzem bekannt gewordener Vorfall zeigt. Große Konzerne und selbst die US-Regierung versuchten, die Initiative dazu zu bewegen, auch Kompensationen als gültige Maßnahme anzuerkennen. Erst große Proteste der Belegschaft konnten das verhindern.
Wenn sich ein Unternehmen zukünftig am Markt behaupten will, führt kein Weg an echter Veränderung vorbei. Klimafreundliche Investitionen und Umschulungen kosten zwar Geld und Zeit, keine Frage. Aber der Nutzen für Umwelt, Gesellschaft und nicht zuletzt das eigene Image überwiegen bei weitem. Diese Erkenntnis ist aber noch nicht in allen Köpfen angekommen.
Mit einer neuen Aktion will Greenpeace Plastikmüll an den Kragen. Vom 14. bis 27. Oktober können alle Österreicher:innen beim Plastikcheck mitmachen und eine Woche lang jeden Tag ihren Verpackungsmüll dokumentieren.
Österreich produziert täglich rund 26 Lkw-Ladungen an Plastikmüll. Manches davon landet leider nicht im Recycling, sondern in der Natur. Dort bleibt es für Jahrhunderte liegen, denn Plastik verrottet sehr, sehr langsam. Der Schaden ist enorm. Tiere verfangen sich in Plastikabfällen oder halten sie fälschlicherweise für Essen. Wäre das nicht schon schlimm genug, zerfällt Plastik im Laufe der Zeit zu immer kleineren Partikeln. Dieses sogenannte Mikroplastik sorgt für noch mehr Probleme. Über Nahrung und Trinkwasser gelangt es sogar bis in unsere Körper.
Lösungen finden
Was also tun? Eine der größten Herausforderungen im Umgang mit Plastikmüll ist die schlechte Datengrundlage. In Österreich wissen wir schlichtweg nicht, welche Arten von Plastikverpackungen den größten Anteil am Müll ausmachen und wie viel davon tatsächlich recycelt wird. Mit der Aktion Plastikcheck will Greenpeace genau das ändern. Die mit unserer Hilfe gesammelten Daten sollen Expert:innen einen Überblick verschaffen und so bei der Entwicklung von Lösungen helfen.
So funktioniert’s
Mitmachen ist easy. Die Anmeldung erfolgt über die Website von Greenpeace. Danach bekommen wir einen speziellen Zählzettel per E-Mail zugeschickt. Den drucken wir aus und hängen ihn über den Mistkübel. Für jedes Stück Plastikmüll, das wir wegwerfen, machen wir dann ein Stricherl an der passenden Stelle. Für jede Art von Verpackung gibt es eine eigene Kategorie auf dem Zählzettel. Nach sieben Tagen zählen wir die Stricherl bei jeder Kategorie zusammen und tragen die Daten auf der Website von Greenpeace ein.
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Greenpeace analysiert unsere gesammelten Daten und gibt uns anschließend eine persönliche Auswertung mit Tipps, wie wir unseren persönlichen Plastikverbrauch verringern können. Zusätzlich wird im November dann eine große landesweite Analyse veröffentlicht. Je mehr Menschen bei der Aktion mitmachen, desto aussagekräftiger werden die Daten dieser Analyse sein.
Wenn du mitmachen willst, kannst du dich bis 20. Oktober auf der Greenpeace-Website anmelden. Die Aktion ist unkompliziert und ein super Weg, aktiv etwas gegen das Plastikproblem unserer Gesellschaft zu unternehmen und zur Lösung beizutragen.
Energiegemeinschaften bieten eine Möglichkeit, mit Nachbar:innen Strom zu teilen, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. In Österreich gibt es bereits über 1.000 dieser Energiegemeinschaften – und die Zahl steigt.
Sonnenstrahlen haben eine solch starke Kraft, dass sie 1.000 mal mehr Energie erzeugen können, als verbraucht werden kann. Die überschüssige Energie, die beispielsweise mit einer eigenen Photovoltaikanlage am Dach erzeugt wird, kann durch eine Erneuerbare Energiegemeinschaft (EEG) mit Nachbar:innen oder der Gemeinde geteilt werden. Nicht genutzter Strom wird sonst zurück ins Netz eingespeist oder geht sogar verloren. Durch eine EEG kann somit deutlich mehr Energie eingespart und verteil werden. Neben Photovoltaikanlagen können Kleinwasser- oder Windkraftanlagen und Biogas eingesetzt werden. Durch ein solches Energienetzwerk werden Nachbar:innen zu regionalen und günstigen Stromanbierter:innen – und schützen dabei gemeinsam das Klima.
Stadt, Land, Fluss
Seit 2021 können in Österreich mehrere Personen über Grundstücksgrenzen hinweg Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren, speichern, verbrauchen und verkaufen. Mittlerweile gibt es hierzulande über eintausend EEGs.
Auch die EEG in der Gemeinde Sulz im Wienerwald ist eine davon. Gründer Karl Hirschmugl hat sich vor sechs Jahren eine Photovoltaikanlage zugelegt und schnell gemerkt, dass er mehr Strom generiert, als er verbraucht. Aus der Idee, den Strom mit seiner Nachbarin teilen zu wollen, entstand die EEG Wienerwald. Mittlerweile ist sie seit April intakt und für alle Stromkund:innen der Gemeinde Wienerwald und Umgebung zugänglich und nutzbar. Einzige Voraussetzung ist ein moderner digitaler Stromzähler (Smartmeter), den die Wiener Netze zur Verfügung stellen.
Wir durften Karl Hirschmugl und einen Abnehmer, Bernd Gegenbauer, im Wienerwald treffen und uns die EEG genauer anschauen.
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In der Hauptstadt wird Energieteilen im Grätzl großgeschrieben. Ein Beispiel ist das Projekt „EEG Grätzl Energie“. Hier lautet das Motto „Miteinander – füreinander“. Diese EEG die erste regionale EEG der Bundeshauptstadt. Hier produziert ein Metallverarbeitungsbetrieb Strom auf seinem Dach. Die Überschüsse wird an die Gemeinschaft geliefert. Private Verbraucher:innen profitieren hier vor allem am Wochenende vom Gemeinschaftsstrom, da der Betrieb samstags und sonntags nahezu nichts von der selbst produzierten Energie benötigt.
In Wels in Oberösterreich hingegen bildet ein Kleinwasserkraftwerk das Herzstück einer EEG. Eine Firma nutzt hier die Wasserkraft des Welser Mühlbachs und produziert damit über 320.000 Kilowattstunden im Jahr. Damit deckt sie den Strombedarf von 16 benachbarten Verbraucher:innen. Auch diese EEG soll weiter ausgebaut werden – und zwar gemeinsam mit Photovoltaikanlagen, die sich bereits im Ort befinden. Dadurch kann auch der Sonnenstrom bestmöglich verwertet werden.
Förderung von sauberer Energie
Ein zentraler Aspekt für die EEG ist die Förderung von sauberer Energie. Die bezieht sich auf Energiequellen, die wenig oder gar keine schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt haben und die nicht zur globalen Erwärmung oder Umweltverschmutzung beitragen. Im Allgemeinen sind saubere Energiequellen erneuerbar und erzeugen wenig oder keine Treibhausgase oder andere Schadstoffe bei ihrer Nutzung. Beispiele sind Solarenergie (aus Sonnenlicht), Windenergie (aus Wind), Wasserkraft (aus fließendem Wasser), Geothermie (aus Erdwärme) und Biomasse (aus organischen Materialien). Mehr zu diesem Thema erfährst du hier.
Der Einsatz sauberer Energie wird als wichtiger Schritt betrachtet, um die Umweltbelastung zu verringern, sich von fernen Energielieferanten unabhängig zu machen und den Klimawandel zu bekämpfen, da sie im Vergleich zu fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas deutlich weniger schädlich ist.
Quelle: Österreichische Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften
Energie spenden mit „Robin Powerhood“
Ein weiterer großer Vorteil von EEGs: Der überflüssige Strom lässt sich auch spenden. Hierzulande gibt es bereits das Projekt Robin Powerhood welches in Kooperation mit dem Verein Wohnung und Gemeinnütziges Sanierungs- und Beschäftigungs-GmbH (GESA) ins Leben gerufen wurde. Menschen in Energiearmut wird dadurch der Zugang zu leistbaren erneuerbaren Energien erleichtert. Strom, der zum Beispiel bei der Photovoltaikanlage vom Nachbar überbleibt, kann an andere, im Umkreis lebenden Menschen gespendet werden. Aktuell geben rund 9,3 Prozent der österreichischen Haushalte an, finanzielle Schwierigkeiten zu haben, die Wohnung im Winter warmzuhalten. Mit einer solidarischen Stromspende kann somit unter die Arme gegriffen werden.
Erst vor kurzem hat der Nationalrat die Errichtung einer staatlichen Koordinerungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut beschlossen. Das bedeutet konkret, dass Haushalte finanziell gefördert werden, die auf erneuerbare Energien umsteigen wollen. Ebenfalls sollen große Elektrogeräte gegen energieeffizientere Geräte ausgetauscht werden. Der Zugang zur Förderung läuft über die Sozialberatungsstellen der Caritas und der Volkshilfe Wien.
Wieder ein heißer Tag in Wien. Du biegst in die Alserbachstraße ein und eine kühle Brise weht dir entgegen. Du setzt dich an den Bach unter den Schatten eines großen Baums, hältst deine Füße ins Wasser und klappst dein Buch auf. So lässt sich die Hitze aushalten.
Klingt nach Utopie? Diese Szene muss nicht unbedingt ein Traum bleiben und könnte in nicht allzu entfernter Zukunft Realität werden, wenn es nach Florian Kretschmer und Helene Müller von der Universität für Bodenkultur geht. Die zwei Wasserexpert:innen arbeiten nämlich beim Projekt ProBach. Dabei geht es um die Reaktivierung der Wienerwaldbäche, von denen viele auch noch heute durch Wien fließen – jedoch verborgen im Untergrund. Das soll sich ändern – für Kühlung, mehr Lebensraum und effiziente Nutzung unserer Wasserressourcen. Wir haben den beiden die wichtigsten Fragen rund um das Projekt gestellt und waren bei einem temporären „Schanibach“ bei der Klimabiennale.
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Die Expert:innen des Projekts ProBach untersuchen, inwieweit die heutzutage unterirdisch im Kanal fließenden Wienerwaldbäche wieder an die Oberfläche geholt werden könnten, um die Lebensqualität zu steigern und einen Beitrag zur Klimawandelanpassung in der Stadt zu leisten. Dabei geht es auch um temporäre Installationen und die Akzeptanz der Wiener Bevölkerung.
Die Geschichte der Bäche
Früher sind die Wienerwaldbäche oberirdisch durch die Stadt geflossen, aus dem Wienerwald Richtung Donau und Wienfluss. „Das Wasser in der Stadt war damals jedoch nicht sauber, sondern Transportweg für Abwasser und jeglichen Abfall. Das wurde vor allem problematisch, als Pest und Cholera ausbrachen und die Bäche zu Verbreitungswegen von Krankheiten wurden. Zusätzlich haben große Mengen Wasser immer wieder die Stadt überflutet“, erzählt Helene Müller vom Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau (BOKU). All das wollte man in den Griff bekommen, weshalb die Bäche im 18. und 19. Jahrhundert eingehaust oder unterirdisch in den Kanal geleitet wurden. Das war damals durchaus nachvollziehbar. Jetzt, viele Jahre später, sind die Rahmenbedingungen anders. Es gibt eine Kläranlage sowie eine funktionierende Müll- und Abwasserentsorgung. Das Bachwasser ist also sauber, bevor es in das Kanalsystem tritt und es ist möglich, eine Transformation zurück anzustoßen.
Auch heute fließen noch rund 50 Bäche frei im Wiener Wald. An der Grenze zur verbauten Stadt werden zwei Drittel davon jedoch in den Kanal geführt, mit Abwasser vermischt und zur Kläranlage geleitet. Dadurch geht eine wichtige Ressource verloren: Das saubere Bachwasser wird verschmutzt und ist somit nicht mehr nutzbar.
Das Untersuchungsgebiet des Projekts ProBach mit den infragekommenden Wienerwaldbächen. Quelle: ProBach
Die Expert:innen wollen die Bäche nun reaktivieren und sie vom Kanalsystem entkoppeln, um sie wieder zugänglich für verschiedene Nutzungen zu machen. Florian Kretschmer, Senior Scientist am Institut für Siedlungswasserbau der BOKU, erklärt: „Wir haben das Problem, dass es in der Stadt immer heißer wird. Es wird momentan sehr viel in Richtung Begrünung gemacht, weil das Grün natürlich kühlt und Schatten spendet. Das Grün braucht aber auch das Blau. Und da kommen die Wienerwaldbäche ins Spiel. Einerseits um das Stadtgrün zu bewässern, andererseits auch als Aufenthaltsraum, als kleines Naherholungsgebiet für die Stadtbevölkerung.“ Zusätzliche Wasserquellen werden in Zukunft nur noch wichtiger werden.
Eine herausfordernde Aufgabe
Die Bäche in Wien wieder an die Oberfläche zu bringen, ist nicht einfach. Dazu müssen sie zuerst wieder vom Kanalsystem und dem Abwasser getrennt werden. Diese Entkopplung am Stadtrand und der Transport an den Ort der Nutzung ist die erste große technische Herausforderung. Die zweite: Die Stadt ist bebaut, die Flächen sind genutzt. Man muss also auch über die Flächen verhandeln, die man für oberirdisch fließende Bäche bereitstellen könnte.
Florian Kretschmer betont: „Es geht dabei vor allem um Verkehrsflächen, die gegebenenfalls umgewidmet werden müssen. Aber auch der Untergrund ist verbaut. Da sind verschiedenste Leitungsträger drinnen und das muss natürlich auch mitberücksichtigt werden.“ Technisch sei jedoch alles möglich, es gibt auch bereits Beispiele aus anderen Städten. Für die Entkoppelung gibt es prinzipiell drei Möglichkeiten. Man könnte den Bach oberirdisch in einem eigenen Gerinne durch die Stadt führen. Das passiert beispielsweise heute schon in Freiburg, Aachen oder Zürich. Oder man vergräbt ein eigenes Rohr, das nur mit Bachwasser oder gegebenenfalls mit anderen wenig verschmutzten Wässern befüllt wird. Dieses Wasser kann in den Rohren dann transportiert und dort an die Oberfläche geholt werden, wo man es nutzen möchte. Die dritte Variante ist eine sogenannte Rohr-in-Rohr Lösung. Dabei kann – wenn der Durchmesser entsprechend groß ist – in das bestehene Kanalrohr ein zweites, kleineres Rohr eingezogen werden, in dem dann das saubere Bachwasser fließt.
Wo könnte bald Wasser fließen?
Die Forscher:innen von ProBach haben sich angesehen, welche dieser Bäche am vielversprechendsten sind. Dabei geht es vor allem darum, ob der Bach ganzjährig Wasser führt. Manche der Wienerwaldbäche trocknen in den heißen Sommermonaten nämlich aus.
„Ganzjährig Wasser führen beispielsweise der Alserbach/Alsbach oder der Eckbach. Ebenso interessant für eine Reaktivierung wäre der Schreiberbach in Döbling oder der Rosenbach bei Hütteldorf. Diese wären besonders gut geeignet“, zählt Florian Kretschmer auf. Helene Müller betont jedoch: „Dass manche Bäche im Sommer trocken fallen, gehört aus ökologischer Sicht einfach dazu. Auch diese muss man nicht unbedingt ausschließen für unseren Zweck – man kann in den Trockenperioden auch mit Wasserspeicherung arbeiten.“ Ebenso wären Drainage-Wässer oder die Einleitung von wenig verschmutztem Regenwasser möglich. Technische Lösungen gibt es für die meisten Probleme.
Oftmals wird erwidert, das Bachwasser werde im Kanal gebraucht, damit alles gut weggeschwemmt wird und sich keine Rückstände anhäufen. Das sei laut Florian Kretschmer jedoch kein gültiges Argument, da wir selbst genug Abwasser durch Spülkästen, Duschen und Abwasch produzieren würden. Eine zentrale Frage sei aber, wer für die Instandhaltung der Bäche verantwortlich sein wird.
Steigende Hochwassergefahr!?
Ob durch mehr oberirdisch fließende Bäche auch die Hochwassergefahr in Wien steigen würde? Laut Helene Müller ist das Risiko von einst heute nicht mehr gegeben. „Natürlich muss man diesen Aspekt berücksichtigen. Im Moment gehen die Bäche ins Kanalsystem und der Kanal ist in der Lage, es abzutransportieren. Diese Möglichkeit würde man durch eine Reaktivierung ja nicht verschwinden lassen. Bei Hochwasser kann das zusätzliche Wasser trotzdem über das Kanalsystem abgeleitet und somit die Sicherheit gewährleistet werden.“ Außerdem schaffe man durch oberirdische Fließstrecken und Begrünung auch zusätzlichen Retentionsraum. Das Wasser kann dann oberflächlich gespeichert werden und das Kanalsystem im Hochwasserfall sogar entlasten.
Kosten vs. Nutzen
„Was das kosten würde, ist sehr umsetzungsspezifisch. Es hängt davon ab, auf welche Art man das Wasser entkoppelt und wie weit man es transportieren will. Kann ich es oberirdisch transportieren oder unterirdisch? Brauche ich ein neues Leitungsnetz oder kann ich es in bestehende Kanalröhren integrieren?“, erklärt Florian Kretschmer.
Für die Expert:innen überwiegt aber der Nutzen: Ein Liter Abwasser oder Trinkwasser hat einen gewissen Preis. Mit der Reaktivierung kann man auf der einen Seite Wasser aus dem Kanal und damit von der Kläranlage fernhalten. Gleichzeitig kann man für die Bewässerung statt Trinkwasser Bachwasser verwenden und somit auf beiden Seiten Einsparungseffekte erzielen. „Es geht um Naherholung, um Abkühlung. Wir wollen urbanen Hitzeinseln entgegenwirken, die Aufenthaltsqualität steigern und eine zusätzliche Wasserquelle schaffen. Es geht um’s Ressourcen sparen und um Kreislaufwirtschaft, um Biodiversität und zusätzliche Ökosysteme in der Stadt“, fasst Helene Müller zusammen.
Heute noch sichtbar
Hinweise auf die Flüsse findet man auch heute noch, wenn man aufmerksam durch Wien spaziert. „Fährt man mit der Straßenbahn vom Elterleinplatz Richtung Gürtel, wundert man sich vielleicht, warum die Straßenbahn hier jetzt nicht gerade fährt. Das ist deswegen, weil die Schienen genau über dem Alserbach gebaut wurden. Wenn manche Straßen nicht so gerade sind, wie man annehmen wollte, oder wenn manche Häuser nicht aneinandergebaut wurden, dann sind das Hinweise, dass dort früher ein Gerinne war.“, erläutert Florian Kretschmer.
Namen wie die Alserbachstraße, die Alszeile, die Krottenbachstraße oder die Bachgasse sind weitere Hinweise, dass dort unterirdische Bäche fließen. Ebenso „Maria am Gestade“ (bedeutet so viel wie „am Gewässer“) – dort ist ursprünglich der Otterkringerbach vorbeigeflossen. „Ein weiteres Beispiel ist die U6-Station Thaliastraße. Die ist tiefer gelegen als die nachfolgende Burggasse und die vorliegende Josefstädter Straße, weil da früher das Bachbett des Ottakringerbaches war.“
Akzeptanz der Bevölkerung
Im Laufe des Projekts gab es immer wieder temporäre Installationen wie auf der Klimabiennale und Befragungen der Menschen vor Ort. Dafür wurden mit Paletten und solarstrombetriebenen Wasserpumpen Abschnitte eines Baches simuliert und die Teststrecken für die Wiener Bevölkerung zugänglich gemacht. Laut den beiden Expert:innen war das Feedback sehr positiv, da die Leute die Nähe zum Wasser suchen und sich nach Erholungsräumen sehnen. Wichtig dabei seien aber auch genügend Beschattung und gute Sitzgelegenheiten am Bach.
Wie geht es weiter?
Das Projekt ProBach läuft noch ein Dreivierteljahr. Am Ende werden alle Erkenntnisse zusammengeführt und ein Leitfaden erarbeitet, auf den man aufbauen kann – in Wien, aber auch in anderen Städten Österreichs.
Die temporäre Installation bei der Klimabiennale wurde gut angenommen – von Groß und Klein. Quelle: ProBach
Was den Forscher:innen am meisten Freude bereitet hat? „Die Menschen zu sehen, die (Anm.: bei den temporären Installationen) im Wasser springen und die es einfach sehr gut annehmen“, meint Helene Müller. Florian Kretschmer schließt sich dem an: „Das positive Feedback gibt einfach Mut zum Weitermachen.“
Er meint abschließend: „Das Interesse ist da, in Wien und an anderen Orten in Österreich. Aber es ist natürlich ein langfristiger Prozess notwendig, wenn wir wirklich neue blau-grüne Infrastruktur in Städten schaffen wollen.“ Es brauche Planung und die passenden politischen Rahmenbedingungen (die Grünen in Hernals fordern beispielsweise bereits seit 2020 die Reaktivierung des Alserbachs).
Im Prinzip gehe es darum, dass Städte wie Wien lebenswert bleiben. Florian Kretschmer: „Wien soll für die Bewohner:innen ein schöner Ort sein, soll aber auch für die Pflanzenwelt, für die Tierwelt in der Stadt lebenswert sein. Und wenn das angenommen wird, dann ist das natürlich für ein Forschungsprojekt ein schöner Output – dass eben die Theorie in der Praxis auch mal ankommt.“
Jede Spezies hat eine Klima-Nische – also eine Temperaturspanne, in der sie überleben kann. Wir Menschen sind gerade dabei, das Klima so zu verändern, dass immer mehr Regionen außerhalb unserer Klima-Nische liegen. In Griechenland erreichen die Temperaturen diesen Sommer bereits für Menschen lebensgefährliche Höhen.
Seit Anfang Juli tobt in weiten Teilen Griechenlands eine Hitzewelle. Das ist nicht nur bitter für alle Urlauber:innen, sondern vor allem eine riesige Belastung für alle Einheimischen. Am Donnerstag erreichen die Temperaturen einen neuen Höhepunkt. Weil örtlich 43 Grad übertroffen werden sollen, werden alle archäologischen Stätten zwischen 12.00 und 17.00 Uhr geschlossen – auch das Wahrzeichen Athens, die Akropolis.
Keine Arbeit in den Nachmittagsstunden
Das griechische Arbeitsministerium ordnete außerdem an, dass alle Lieferdienste während der heißen Nachmittagsstunden eingestellt werden. Auch die Arbeiten im Bereich Bauwesen wurden zu Mittag für die nächsten fünf Stunden eingestellt. Meteorologen sagten, die Temperatur könne unter der Sonne Werte von mehr als 60 Grad erreichen. Dies sei lebensgefährlich, hieß es.
Diese Temperaturen sind – wortwörtlich – unmenschlich. Jetzt schon führt die Klimakrise also zu Temperaturen in Europa, die außerhalb der menschlichen Klima-Nische liegen. Und das könnte erst der Anfang sein.
Es kommt noch mehr Hitze
Die derzeitige Politik führt weit jenseits von zwei Grad globaler Erwärmung. Bei der wahrscheinlichsten Temperaturentwicklung (plus 2,7 Grad Celsius im globalen Mittel) muss ein Drittel der Menschheit außerhalb der menschlichen Klima-Nische leben. Zum Vergleich: Derzeit leben nur rund 60 Millionen Menschen außerhalb der Nische.
Studie zur menschlichen Klima-Nische
Das berichtet ein Forscherteam im Fachjournal „Nature Sustainability“. An der Studie war auch Caroline Zimm vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien beteiligt. Als menschliche Klima-Nische hat das Forscherteam jenen Temperaturbereich definiert, in dem Menschen in der Vergangenheit mehrheitlich lebten. Dort können zum Beispiel Nutztiere gehalten werden und Nutzpflanzen sprießen. Das ist auch heute noch wichtig. Rund zwei Milliarden Menschen weltweit sind zum Überleben auf Landwirtschaft und Viehhaltung angewiesen.
Höhere Sterblichkeit außerhalb der Klima-Nische
Das Leben außerhalb der menschlichen Klima-Nische würde vermehrt Krankheiten und eine erhöhte Sterblichkeit bedeuten, erklären die Studienautor:innen. Als gefährliche Hitze definieren sie eine Durchschnittstemperatur von 29 Grad. Besonders groß ist das Risiko in den heißen und feuchten Regionen entlang des Äquators. Dort wird Hitze schon bei niedrigeren Temperaturen lebensbedrohlich, weil sich der Körper bei hoher Luftfeuchtigkeit nicht durch Verdunstung von Schweiß auf der Haut abkühlen kann. Die Länder mit der größten Zahl an Menschen, denen laut der Studie gefährliche Hitze droht, sind demnach Indien, Nigeria und Indonesien.
„Bei jedem 0,3 Grad Celsius vermiedenem Temperaturanstieg sind 350 Millionen Menschen weniger betroffen.“
Es gibt Hoffnung
Die Modellrechnungen der neuen Studie sagen aber auch: Bei jedem 0,3 Grad Celsius vermiedenem Temperaturanstieg sind 350 Millionen Menschen weniger betroffen. Würde das Ziel des Paris-Abkommens erreicht, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, wären es „nur“ 14 Prozent der Weltbevölkerung, die außerhalb der menschlichen Klima-Nische leben müssten.
Wir vertragen keine extreme Hitze, am wohlsten fühlen wir uns bei Temperaturen zwischen 22 und 26 °C. Ohne Technik wie Klimaanlagen wären wir in heißen Regionen verloren. Technik, die den am meisten betroffenen Ländern im globalen Süden nicht im großen Stil zur Verfügung stehen wird. Selbst in Griechenland besitzt rund ein Drittel der Haushalte keine Klimageräte.
Und selbst wenn wir davon ausgehen, dass alle Menschen sich Klimaanlagen leisten können. Können sie in ihren Regionen keine Landwirtschaft betreiben und kein Vieh halten, ist eine dauerhafte Ansiedlung zwecklos. Nur wenn wir jetzt sofort mit konsequentem Klimaschutz. (RED/APA)
Die Gefahr, dass besonders lange anhaltende Hitzewellen mit besonders hohen Temperaturen weite Teile der Welt heimsuchen, hat sich durch die Erderhitzung deutlich erhöht. Ein globales Hitzewarnungssystem gibt es allerdings bisher noch nicht. Ein wissenschaftliches Team der Universität Graz fordert im Fachblatt „Plos Climate“ ein solches und formuliert Ideen zur Umsetzung.
Momentan leben rund fünf Milliarden Menschen in Gegenden, in denen es ein gewisses Risiko für „Hitzeextreme“ gibt, schreibt das Team in ihrer Arbeit. Zurzeit haben jedoch wenige Länder Frühwarnsysteme für Hitzewellen, obwohl es in Reaktion auf die extreme Hitze in Europa 2003 mit geschätzten 50.000 Todesopfern Vorstöße in diese Richtung seitens der WHO oder der World Meteorological Organisation (WMO) gab. Auf der Weltklimakonferenz im Jahre 2022 wurde gefordert, dass es bis zum Jahr 2027 ein weltweites Warnsystem für Stürme, Überflutungen, Dürren und Hitzewellen geben soll.
Tödlichste Wettergefahr für Menschen
Während es Frühwarnsysteme für Überschwemmungen und Trockenheit bereits vielfach gibt, fehlt dies in Bezug auf Hitze. Eine Ausnahme sei hier China, das ein solches Frühwarnsystem entwickelt habe, schreiben die Forscher:innen. Sie sehen die extreme Hitze momentan als vielleicht „tödlichste Wettergefahr“ für Menschen. Selbst unter optimistischen Szenarien, was die weitere Klimaerwärmung betrifft, müssen wir in Zukunft auch bei uns in Europa mit deutlich längeren und intensiveren Hitzewellen rechnen.
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Laut den Forscher:innen der Uni Graz brauche es für ein Hitzewarnsystem zuallererst Verbesserungen bei Messstationen und bei der Genauigkeit von Daten. Auf deren Basis können Prognosen erstellt werden und Hitzewellen mehrere Wochen im Voraus vorhergesagt werden.
Bewusstsein schaffen
Insgesamt sehen die Autoren mancherorts noch wenig Bewusstsein für die Gesundheitsprobleme, die der Klimawandel mit sich bringt, bei Entscheidungsträgern oder auch Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern. Hitzewellen seien in Medien oft unterrepräsentiert und würden in der weltweiten Klimapolitik oft als eher „unsichtbares Gesundheitsrisiko“ angesehen. Daher mangele es zurzeit auch noch an politischen Vorstößen und Gesetzen, die auf die Entwicklung eines Frühwarnsystems abzielen.
Zusammenarbeit ist wichtig
Ein solches visionäres Hitzewarnsystem müsse nach Ansicht der Expert:innen auf global einheitlichen Definitionen und Messmethoden fußen. Eingebunden sein müsste eine breite Palette an Akteuren: Neben dem Gesundheitssektor und den Wetterdiensten wären dies auch der Landwirtschafts-, Energie- oder der Transportsektor sowie Informationsdienstleister aller Art. Hier gelte es zudem, Kommunikationsbarrieren zu überwinden.
Klimaschutz verstärken und anpassen
Überdies müsse die Politik mehr zur Vermeidung eines weiteren Anstiegs der durchschnittlichen Temperaturen tun und die Infrastruktur verstärkt darauf ausgelegt werden, auch in Hitzewellen zu funktionieren. (Red./APA)
CO₂ aus der Luft einfach in den Boden pumpen und so die Klimakrise lösen? Klingt vielversprechend, so einfach ist es aber leider nicht. In Österreich ist die CO₂-Speicherung im Boden aktuell noch verboten. Aber die Regierung hat Ende Juni einen Leitfaden veröffentlicht, der die Weichen für eine Gesetzesänderung stellt. Und in anderen Ländern wird die Technologie schon länger genutzt. Wie funktioniert das genau? Und werden wir damit die Klimakrise lösen? Wir haben den Überblick.
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CO₂ kann auf natürliche Weise gespeichert werden, etwa durch die Pflanzung von Bäumen oder die Vernässung von Mooren. Auch die Verwitterung von Gestein bindet CO₂.
Aber es gibt eben auch technische Arten, CO₂ einzufangen und langfristig zu binden. Bei Carbon Capture and Storage (CCS) etwa wird CO₂ aus der Luft oder den Abgasen von Kraftwerken abgefangen. Das Gas wird dann entweder direkt vor Ort unter der Erde oder dem Meer eingelagert. Oder es wird über Pipelines, in Tankwägen oder Schiffen zum Speicherort gebracht. Geeignete Standorte dafür sind zum Beispiel leere Öl- und Gasfelder oder sogenannte Salzaquifere – lockere Gesteinsschichten mit Salzwasser.
Daneben gibt es noch die direkte Abtrennung von CO₂ aus der Luft (DACCS) oder die Kombination aus Bioenergiegewinnung und CCS (BECCS), wo CO₂ beispielsweise bei der Verbrennung von Holz aufgefangen wird.
Der eingefangene Kohlenstoff kann neben der unterirdischen Speicherung auch in Produkten wie Düngemitteln oder Kunststoffen gebunden werden. Diese Kohlenstoffnutzung (CCU) sollte jedoch nicht mit einer dauerhaften Entnahme verwechselt werden, da das CO₂ wieder freigesetzt werden kann.
Ist das auch wirklich umsetzbar?
Aktuell wird viel zur CO₂-Entnahme geforscht und es gibt in einigen Ländern Projekte, die die neuen Technologien bereits in kleinem Umfang einsetzen. Norwegen beispielsweise pumpt schon länger CO₂ in alte Gasfelder. Die Offshore-Projekte Sleipner und Snøhvit sind seit 1996 und 2008 in Betrieb.
Werden wir damit also den Kampf gegen die Klimakrise gewinnen?
Derzeit wird zwar bereits CO₂ aus der Atmosphäre geholt, aber vor allem durch Aufforstung. Durch die neueren Technologien wie CCS wird gerade mal ein Tausendstel unserer jährlichen CO₂-Emissionen gespeichert.
Theoretisch könnten weltweit etwa 10.000 Gigatonnen CO₂ unterirdisch eingelagert werden. Realistisch nutzbar sind jedoch nur etwa 1.000 Gigatonnen und die Speichermöglichkeiten sind regional auch sehr unterschiedlich verteilt.
Sind diese Technologien gefährlich?
Mögliche Risiken sind der unerwartete Austritt von CO₂, lokale Erdbeben oder das Eindringen von Salzwasser ins Grundwasser. Obwohl es bei den Pilotprojekten einige unerwartete Herausforderungen gab, sind die Risiken von CCS laut Expert:innen bei gutem Monitoring und geeigneten Standorten gering. Die Technologie gilt als relativ sicher. Dennoch braucht es eine kontinuierliche Überwachung und Wartung der Speicherorte, möglicherweise über Jahrhunderte. Und Langzeitstudien zu den Folgen gibt es offensichtlich noch nicht.
Eine weitere Herausforderung sind die hohen Kosten, sowie der Energie- und Wasserbedarf für Betrieb und Kühlung. Die Entwicklungen gehen dabei viel langsamer voran, als ursprünglich erwartet. Zum Vergleich: Bei anderen grünen Technologien wie der Gewinnung von erneuerbarem Strom durch Photovoltaik gab es viel schnellere Fortschritte und Kostensenkungen. Eventuell bleibt für CCS im großen Stil einfach nicht mehr genug Zeit.
Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass gewisse Länder ihr CO₂ einfach in anderen Staatsgebieten ablagern, ähnlich wie beim Müll-Tourismus. Und: Teilweise wird CCS auch noch für die Gewinnung von fossilen Brennstoffen genutzt – in den USA und Kanada wird CO₂ etwa in alte Öl- und Gasfelder gedrückt, um auch noch die letzten Reste hervorzuholen.
Wie viel kostet das alles?
Aktuell kostet CCS zwischen 150 und 250 Euro pro Tonne CO₂, bei der direkten Abscheidung aus der Luft (DACCS) sogar bis zu 1000 Euro. Die weltweit größte DACCS-Anlage wurde erst im Mai 2024 in Island in Betrieb genommen. Im Vergleich dazu ist die CO₂-Speicherung durch natürliche Methoden wie Aufforstung oder der Vernässung von Mooren viel günstiger.
Sollen wir die Technologien zur CO₂-Speicherung also nicht nutzen?
2050 müssen wir klimaneutral sein. Das wird sich ganz ohne technische CO₂-Entnahme nicht ausgehen, wie auch der Weltklimarat (IPCC) betont. Dieser rechnet in allen Reduktionsszenarien mit „negativen Emissionen“ – also der CO₂-Entnahme über Aufforstung und Renaturierung, aber auch durch CCS, BECCS und DACCS. Die neuen Technologien sollten wir jedoch vor allem für die Reduktion von schwer vermeidbaren Emissionen in gewissen Industriesektoren nutzen. Und sie sollten auf keinen Fall der verlängerten Nutzung von fossilen Brennstoffen dienen.
Wie geht es also weiter?
Langfristig werden die Technologien zur CO₂-Entnahme als ergänzende Maßnahmen für schwer vermeidbare Emissionen also notwendig sein, um unsere Klimaziele zu erreichen. Unser Fokus muss aber weiterhin auf der Reduktion unserer Emissionen liegen. Das betont auch die österreichische Regierung.
Es ist unwahrscheinlich, dass ein entsprechendes Gesetz zur geologischen Speicherung von CO₂ in Österreich noch vor der Nationalratswahl im September kommt. Was uns also bleibt: Unsere vereinten Kräfte auf Klimaschutz und die Verringerung unserer Emissionen zu richten.
Smartphone raus und Barcode scannen: Um Inhaltsstoffe nachzulesen, Hersteller:innen zu erkennen oder alternative Produkte vorgeschlagen zu bekommen, gibt es mittlerweile zahlreiche Apps auf dem Handy. Solche Scan-Apps sind nicht nur praktisch, sondern verhelfen auch zu einem nachhaltigen Lebensstil – wie zum Beispiel bei der Kaufentscheidung.
Um andersrum problematische oder klimaschädliche Produkte zu meiden, ist es vorteilhaft, auch die Hersteller:innen darüber zu informieren. Nur so kann sich auch tatsächlich etwas ändern. Hier setzen zwei Apps an:
Replace PalmOil: Hiermit können palmölhaltige Produkte gescannt werden, wodurch ein Feedback direkt an die Hersteller geschickt wird.
Replace Plastic: Sie hilft dir, Unternehmen darüber zu informieren, dass dich Plastikverpackungen stören und fordert sie dazu auf, auf Plastik zu verzichten.
Aber warum ist das so wichtig?
Palmöl – Eine Bedrohung für den Regenwald
Palmöl ist das weltweit günstigste und am häufigsten verwendete Pflanzenöl. Es steckt in zahlreichen Supermarktprodukten, von Shampoo bis hin zu Keksen. Die Herstellung von Palmöl hat jedoch verheerende Auswirkungen auf die Umwelt: Für riesige Palmölplantagen wird immer mehr Regenwald abgeholzt, was katastrophale Folgen für Mensch, Natur und Klima hat. Die Zerstörung der Regenwälder vernichtet wichtige Lebensräume und verdrängt seltene Tier- und Pflanzenarten. Um Platz für Ölplantagen zu schaffen, wird oft mit Brandrodung gearbeitet und Torfböden werden trockengelegt. Beide Praktiken zerstören wichtige Kohlenstoffspeicher und Lebensräume für viele Arten. Die App ist vom Verein „Orang-Utans in Not“ entwickelt worden. Denn die gestiegene Nachfrage nach Palmöl hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einem großen Rückgang der Orang-Utan-Population geführt. Die im Regenwald lebenden Tiere verlieren durch die Abholzung ihr Zuhause und wichtigste Nahrungsquelle.
Nachhaltigkeit und Transparenz: Lösungsansätze
Die Abholzung des Regenwaldes könnte vermieden werden, wenn Unternehmen ausschließlich Palmöl von Lieferanten beziehen würden, die keinen Regenwald zerstören. Auch nachhaltig zertifiziertes Palmöl kann derzeit nicht garantieren, dass dafür kein Regenwald abgeholzt wurde, da die Zertifizierungssysteme oft unzureichend sind.
Alternativen prüfen: „Replace PalmOil“ – App
Die App „Replace PalmOil“ soll helfen, die Regenwaldzerstörung für die Palmölproduktion zu stoppen. Nutzer:innen können den Barcode palmölhaltiger Lebensmittel scannen und den Unternehmen mitteilen, dass sie gegen die Verwendung von Palmöl sind, wenn dafür Regenwald zerstört wurde. Dieses Feedback wird an die entsprechenden Hersteller weitergeleitet.
Wichtig ist, nur Barcodes von Lebensmitteln zu scannen, die Palmöl, Palmfett oder Palmkerne enthalten, wie in der Inhaltsstoffliste angegeben. Die App nutzt Daten der Code-Check-App zu problematischen Lebensmittelinhaltsstoffen, um bewussteres Konsumverhalten zu fördern und Druck auf die Hersteller auszuüben.
Palmölfreie Alternativen finden
Es geht auch ohne Palmöl: Auf der Website von „Replace PalmOil“ sind Hersteller:innen aufgelistet, die auf Palmfett verzichten. Für fast jedes Produkt gibt es palmölfreie Alternativen, weshalb die App einen Einkaufsführer für palmölfreies Einkaufen entwickelt hat.
Durch bewussten Konsum und die Nutzung von Tools wie „Replace PalmOil“ können wir alle dazu beitragen, die Regenwaldzerstörung zu stoppen und nachhaltigere Alternativen zu unterstützen.
Plastik ist ein allgegenwärtiger Bestandteil unseres Alltags, doch Plastikmüll hat in den Ozeanen ein alarmierendes Ausmaß erreicht. Plastikverpackungen und andere Kunststoffabfälle, die in die Umwelt gelangen, können dort Jahrhunderte überdauern. Da Plastik sich nicht biologisch abbaut, sondern in immer kleinere Teile zerfällt, stellt es eine erhebliche Bedrohung für zahlreiche Meereslebewesen dar.
Plastikverschmutzung: Von den Flüssen ins Meer
Ein großer Teil des Plastikmülls gelangt über Flüsse vom Land ins Meer. Insbesondere Verpackungen für Produkte des täglichen Bedarfs tragen maßgeblich zu diesem Problem bei. Diese Abfälle sammeln sich in großen Müllstrudeln in den Ozeanen und verursachen weitreichende Umweltschäden.
Druck auf Hersteller:innen erhöhen
Die App „Replace Plastic“ bietet eine innovative Lösung zur Bekämpfung des Plastikproblems. Nutzer:innen können die Verpackungen von Produkten scannen und den Herstellern mitteilen, dass sie umweltfreundliche, plastikfreie Alternativen bevorzugen. Dieses gesammelte Feedback wird an die Hersteller weitergeleitet, um den Druck zur Entwicklung abbaubarer Materialien und alternativer Verpackungen zu erhöhen.
Durch die Nutzung der App „Replace Plastic“ können Verbraucher aktiv dazu beitragen, den Einsatz von Plastik zu reduzieren und umweltfreundliche Verpackungslösungen zu fördern.
Zusätzlich zeigt die App, falls verfügbar, anders verpackte Alternativen oder DIY-Anleitungen.
Hinter der App steht der gemeinnützige Verein „Küste gegen Plastik“, der sich für den Umweltschutz an der Küste, insbesondere gegen die Verschmutzung durch Plastik, einsetzt. Zusätzlich organisiert der Verein regelmäßige Müllsammelaktionen an der Nordseeküste und arbeitet daran, das Bewusstsein für die Problematik der Plastikverschmutzung zu erhöhen.
Konsumbewusstsein
Ein bewusster Konsum, sei es bei Palmöl oder Plastik, spielt eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die Klimakrise. Auch wenn es nicht immer einfach ist, gibt es zahlreiche überzeugende Gründe, warum sich der Aufwand lohnt:
Treibhausgasemissionen reduzieren
Viele Produkte, vor allem aus der Landwirtschaft und Industrie, sind mit hohen Treibhausgasemissionen verbunden. Zum Beispiel verursacht die Fleischproduktion wesentlich mehr CO₂ und Methan als pflanzliche Lebensmittel. Durch den bewussten Kauf von klimafreundlichen Produkten kann jeder seinen CO₂-Fußabdruck erheblich verkleinern.
Schutz natürlicher Ressourcen
Ein bewusster Konsum trägt dazu bei, den Verbrauch natürlicher Ressourcen wie Wasser, Boden und fossile Brennstoffe zu minimieren. Produkte, die weniger Ressourcen benötigen oder aus nachhaltigen Quellen stammen, helfen, natürliche Lebensräume zu erhalten.
Förderung nachhaltiger Produktionsweisen
Nachhaltige Produktionsmethoden umfassen die Herstellung von Produkten unter umweltfreundlichen Bedingungen. Dies schließt die Unterstützung von Unternehmen ein, die erneuerbare Energien, Recycling und umweltfreundliche Materialien nutzen.
Abfall vermeiden
Ein bewusster Konsum bedeutet auch, weniger Müll zu produzieren. Einwegverpackungen, besonders Plastik, tragen erheblich zur Umweltverschmutzung bei. Der Kauf von Produkten mit minimaler oder nachhaltiger Verpackung reduziert die Abfallmenge. Viele Städte bieten inzwischen auch verpackungsfreie Supermärkte an. Es lohnt sich, nach dem nächsten Unverpackt-Laden in der Nähe zu suchen.
Ethische Praktiken unterstützen
Nachhaltige Produkte stehen oft für faire Arbeitsbedingungen und ethische Produktionspraktiken. Indem man solche Produkte bevorzugt, fördert man nicht nur den Umweltschutz, sondern auch die soziale Gerechtigkeit.
Umweltzerstörung reduzieren
Der Abbau von Rohstoffen und die Produktion von Konsumgütern können erhebliche Umweltschäden verursachen, wie Abholzung, Bodendegradation und Verlust der Biodiversität. Durch bewussten Konsum kann man diese negativen Auswirkungen minimieren, indem man die Nachfrage nach umweltbelastenden Produkten verringert.
Nachfrage nach nachhaltigen Produkten stärken
Konsument:innen haben die Macht, Märkte zu verändern. Eine erhöhte Nachfrage nach nachhaltigen Produkten führt dazu, dass mehr Unternehmen in umweltfreundliche Technologien und Prozesse investieren, was wiederum das Angebot an umweltfreundlichen Produkten erhöht.
Durch bewussten Konsum können wir alle einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leisten und eine nachhaltigere Zukunft fördern.
Natürlich lässt sich die Verantwortung nicht auf die Endkonsument:innen schieben. Unternehmen und die Politik sind hier zum dringenden Handeln aufgefordert. Daher ist es so wichtig, diese zu informieren und Druck auszuüben. Die Scan-Apps sind dabei ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Mit Jahresbeginn 2025 startet die neuevegetarisch-vegane Kochlehre. Bald gibt es also eine Alternative zur traditionellen Kochlehre, die Rücksicht auf die Lebensrealität vieler Menschen nimmt. Evelyn Matejka ist Köchin der ersten veganen Berghütte Österreichs. Sie zeigt schon heute vor, wie gut eine Küche ohne tierische Produkte auch hierzulande ankommt.
Fleischarme Ernährung ist längst kein Nischenthema mehr. Laut Schätzungen der Veganen Gesellschaft Österreich leben in Österreich 2021 rund 840.000 Vegetarier:innen, 106.000 Veganer:innen und über 4,6 Millionen Flexitarier:innen. Tendenz steigend. Über die Hälfte der Österreicher:innen ernährt sich also zu großen Teilen von pflanzlichen Lebensmitteln.
Mit der neuen vegetarisch-veganen Kochlehre geht die Regierung auf die Bedürfnisse und Wünsche der Lehrlinge und Betriebe ein. Die Kochlehre ist nun auch für alle Menschen zugänglich, die aufgrund ihrer persönlichen Ernährungsgewohnheiten eine Lehre in der Gastronomie bisher ausgeschlossen haben. Damit ist die neue Lehre auch ein wichtiger Schritt gegen den Fachkräftemangel in der Gastro. Die Ausbildung wird drei Jahre dauern.
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FREDA hat mit Evelyn Matejka gesprochen, Chefköchin der Franz-Fischer-Hütte. Das ist Österreichs erste fleischlose Berghütte. Sie zeigt mit ihrem Betrieb schon lange, wie gut fleischlose Küche in Österreich mittlerweile ankommt.
Trendsetter hoch oben am Berg
In Matejkas Küche werden seit über sieben Jahren vegane Gerichte wie Käferbohnenknödel, geräucherte Knödel oder auch falsches Rührei serviert – und das mit großem Erfolg. Evelyn Matejkas Geheimrezept: urtypische Speisen aus der Region, die mit viel Liebe und ganz ohne tierische Produkte neu interpretiert werden. Das Ergebnis spricht für sich. Volle Tische, ausgebuchte Betten und viele Stammgäste, die eigens für Evelyns Küche die Salzburger Berge hochwandern. Eine Berghütte ohne traditionelle Fleischgerichte mag ungewöhnlich erscheinen, funktioniert aber bestens.
Vor rund acht Jahren haben Evelyn und ihr Partner Tom die Berghütte übernommen, damals noch mit einer kleinen Fleischkarte. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase stand jedoch schnell fest: Das Fleisch muss weg. Dieser Entschluss ist sowohl von ihrer persönlichen Einstellung, beide essen kein Fleisch, als auch von der Qualität des Fleisches beeinflusst worden: „Für unsere Speisen haben wir AMA-Produkte verwendet. Nachdem es aber gefühlt jede Woche einen Skandal von einem AMA-Gütesiegel-Bauernhof oder -Lieferanten gegeben hat, haben wir uns entschlossen, komplett auf Fleisch zu verzichten“, erklärt Evelyn.
Der Wechsel von Fleisch zu fleischlosen Gerichten ist auf der Berghütte kaum ein Thema gewesen. Evelyn stellte die Gerichte auf den Tisch und die Gäste griffen begeistert zu. „Es wird zwar oft behauptet, dass die Mehrheit der Menschen keine veganen Speisen wollen, aber meiner Meinung nach stimmt das nicht. Es muss nur schmecken, und dann verzichten viele gerne auf Fleisch“, so Evelyn. Angesichts der Klimakrise ist es laut der Köchin auch keine Frage des Wollens mehr. Vielmehr ist es ein Muss, den eigenen Fleischkonsum zu überdenken, zu reduzieren oder im besten Fall ganz zu beenden.
„Ich habe jetzt schon öfters gelesen, dass sich vor allem ältere Traditionsköche fragen, was die jungen Menschen drei Jahre lang in der veganen Ausbildung lernen sollen. Dabei gibt es so viele fantastische Gemüsesorten und Arten, diese auch zu verarbeiten. Nur eine Handvoll davon werden in vielen Küchen gelehrt oder gar zubereitet“, so die Köchin. Teils fehlt die Erfahrung, teils die Kreativität aus Tomaten, Kürbissen, Zucchini und Co kulinarische Leckerbissen zu zaubern. Seit einigen Jahren gibt Evelyn im Winter daher auch Kochseminare – insbesondere für Köch:innen in Vier- und Fünfsterne-Hotels. Die Seminare sind immer ausgebucht. Ein klares Zeichen, dass es noch große Defizite in der Gemüseküche gibt und Know-how sehr gefragt ist. „Wer am heutigen Markt mithalten möchte, national wie international, für den ist eine vegane Küche ein absolutes Muss“, so Evelyn.
„Wer am heutigen Markt mithalten möchte, für den ist eine vegane Küche ein absolutes Muss.“
Eine vegane Kochlehre ist für Evelyn daher auch völlig logisch. Auf die Frage, ob den Auszubildenden später eventuelle Kenntnisse mit Fleisch oder Fisch fehlen, meint sie: „Wenn ein junger Mensch diesen Weg einschlägt, dann ist das für sie oder ihn nicht nur eine Ausbildung, sondern eine Lebenseinstellung – man lebt das vegan-sein.“ Im Falle einer Veränderung könne man später noch immer eine Weiterbildung machen. Warum Evelyn dann nicht einfach selbst Lehrlinge ausbildet, liegt am Gesetz. Aktuell dürfen nämlich nur Betriebe Lehrlinge ausbilden, die auch Fleisch und Fisch zubereiten. Das heißt, vegane Restaurants wie die Franz-Fischer-Hütte dürfen bis dato nur Hilfskräfte einstellen, aber keine Lehrlinge ausbilden.
Laut der Berghütten-Köchin sollte sich eine vegane Kochausbildung nicht nur auf die reinen Kochtechniken beschränken, sondern auch ein ganzheitliches Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Natur und Nachhaltigkeit vermitteln. Das heißt, die angehenden Köchinnen und Köche sollten lernen, wie man schmackhafte vegane Gerichte zubereitet, aber auch woher die Zutaten stammen, wie sie angebaut werden und welche Auswirkungen all das auf die Umwelt hat. Dazu gehört beispielsweise auch das Wissen über nachhaltigen Anbau, saisonale und regionale Produkte, Ersatzprodukte für tierische Zutaten sowie die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung und den Einsatz von umweltfreundlichen Kochmethoden etc. Eine vegane Kochlehre hätte somit auch das Potenzial eine gesellschaftliche Veränderung zu bewirken.
Darüber hinaus ist für die Köchin auch der Gesundheitsaspekt sehr wichtig. „Ich finde, ein essenzieller Teil der Ausbildung sollte die Ernährungslehre sein. Inwiefern kann sich der Fleischkonsum auf die Gesundheit auswirken, worauf sollte ich achten, wenn ich mich rein vegan ernähre. Aber auch, welche Gemüsesorten gibt es und wie können sie harmonisch miteinander kombiniert werden. Das sind alles Dinge, die vegane Köchin oder Köche wissen müssen“, so die Köchin. Eine ideale Kochausbildung wäre für Evelyn dementsprechend eine Kombination aus Ernährungs- und Naturwissenschaft, Pflanzenkunde und die Zubereitung veganer Speisen.
„Es ist Zeit, dass wir endlich alte Muster ablegen und Traditionsspeisen wie Wiener Schnitzel überdenken“, meint die Köchin. Aktuell hinkt Österreich in Sache vegane Ernährung international noch weit hinten nach. „Blickt man beispielsweise nach Dänemark, dort war die Küche früher nicht besonders spektakulär. Seitdem sie sich aber auf eine fleischlose Küche spezialisiert haben, entstehen dort die außergewöhnlichsten Speisen.“ Das könnte Österreich auch schaffen, meint die Köchin.
Auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel ist eine vegane Kochausbildung laut Evelyn sehr zu befürworten. Denn Fakt ist: Rund ein Viertel der Jugendlichen ernährt sich vorwiegend fleischlos. In einem Betrieb zu arbeiten, in dem Fleisch zubereitet wird, ist für viele ein No-Go. „Wir haben beispielsweise dieses Jahr eine Stelle ausgeschrieben – eine Hilfskraft für die Küche. Auf diese Anzeige haben sich über 100 Personen beworben. Und das, obwohl es eigentlich in der Gastronomie aktuell zu wenig Fachkräfte gibt“, erzählt Evelyn. Von dem ist in der Berghütte nichts zu spüren. Auch letztes Jahr haben sich über 80 Personen auf eine ausgeschriebene Stelle in der Küche beworben. Der Grund dafür ist laut Evelyn ganz einfach: „Wir leben gesund, nachhaltig, regional und biologisch und das spricht viele junge Menschen an.“
Anmerkung der Redaktion: Dieser Text ist im Original von Linda Weidinger erschienen und wurde im Juni 2024 adaptiert und neu veröffentlicht.
Die Klimakrise ist real. Unmengen an wissenschaftlichen Daten bezeugen das. Doch trotzdem wollen es viele Menschen nicht glauben. Sie müssen etwas sehen, um es zu begreifen. Ein Verein möchte deswegen das Gletschersterben in Österreich mit Drohnenvideos genau dokumentieren. Damit wirklich alle sehen können, dass die Klimakrise auch in Österreich angekommen ist.
Angenommen, jemand warnt dich vor einer großen Gefahr. Etwas Gewaltiges kommt direkt auf dich zu. Aber die Umrisse dieser Gefahr sind verschwommen. Du kannst es noch nicht eindeutig sehen. Würdest du der Person trotzdem glauben?
Zumindest einige Menschen würden die Warnung ignorieren. Sie glauben erst, was sie mit eigenen Augen sehen. Misstrauen ist in manchen Lebenssituationen durchaus nützlich, aber bei der Klimakrise könnte es uns zum Verhängnis werden.
Denn die Veränderungen der Klimakrise kommen oft schleichend. Und sie sind nicht überall auf der Welt gleich stark zu spüren. In Österreich geht das Leben auf den ersten Blick normal weiter. Bei uns können die Misstrauischen noch vergleichsweise leicht sagen: „Ich sehe nix.“
Aktueller Gletscherbericht zeichnet düsteres Bild
Doch selbst hierzulande gibt es einen Ort, an dem die Klimakrise in ihrer vollen Härte sichtbar ist. Hoch oben in den Bergen. Die Gletscher der österreichischen Alpen zeigen deutlich, dass sich das Klima verändert, denn in den letzten Jahrzehnten ist das Eis drastisch zurückgegangen.
Der aktuelle Gletscherbericht des österreichischen Alpenvereins zeichnet ein düsteres Bild. 92 von 93 beobachteten Gletschern in Österreich haben von 2022 auf 2023 an Eis verloren. Zwei Gletscher gingen sogar um mehr als 100 Meter zurück. Österreichs größter und bekanntester Gletscher, die Pasterze, ist sogar um 203,5 Meter zurückgegangen.
Gletschersterben nicht mehr aufzuhalten
Der österreichische Alpenverein vermisst Gletscher seit über hundert Jahren. In ihrem Bericht betonen sie, dass das vollständige Abschmelzen bereits unausweichlich ist. Bei der Vorstellung des diesjährigen Gletscherberichts erklärt Gletscherexperte Gerhard Lieb, dass die Gletscher schon seit Jahren mehr Eis verlieren, als sie durch Schneefall dazubekommen. Selbst wenn die Menschheit jetzt sofort mit Klimaschutzmaßnahmen beginnen würde, wäre es zu spät, so der Experte. Unsere Gletscher sind also verloren.
Treibhausgase erhitzen die Erde
Schuld hat die Klimakrise. Oder besser gesagt wir Menschen, weil wir die Klimakrise durch das Ausstoßen von Treibhausgasen ausgelöst haben. Durch die erhöhte Konzentration von CO₂ und anderen Treibhausgasen in der Atmosphäre erhitzt sich die Erde immer schneller. Und das führt zum Schmelzen der Gletscher.
Gletscher als Warnschild
Das Gletschersterben ist tragisch, aber gleichzeitig ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Folgen der Klimakrise. Sie sind groß und massiv, und ihr Rückgang ist leicht zu erkennen. Und zwar für jede:n, ohne Vorwissen und ohne Messgeräte.
Deshalb eignen sich Gletscher so gut, um die Klimakrise begreifbar zu machen. Sie sind ein Warnschild, das so stark leuchtet und blinkt, dass es selbst die misstrauischsten Menschen nicht ignorieren können.
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Das weiß auch der Verein Gletscher und Klima. Er hat ein Projekt ins Leben gerufen, um das Gletschersterben in Österreich genau zu dokumentieren. Mithilfe von Drohnenvideos, Satellitenbildern und Messungen wollen sie allen Menschen zeigen, wie dramatisch die Situation ist.
Ein Warnschild erfüllt seinen Zweck nur, wenn es auch gesehen wird. Das ist die Idee hinter dem Projekt. Derzeit ist der Verein noch auf der Suche nach Menschen, die sie über Crowdfunding am Projekt beteiligen wollen.
Wir brauchen konsequenten Klimaschutz
Wer sieht, was von den einst mächtigen Gletschern Österreichs noch übrig ist, kann mit „Ich sehe nix“ nicht mehr argumentieren. Die Gletscher bieten uns einen klaren Blick auf die Realität der Klimakrise.
Sie sind das eindrucksvolle, unübersehbare Zeichen, das uns allen zeigt: Die Klimakrise ist hier und jetzt. Wir brauchen endlich konsequenten Klimaschutz.
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