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Energiesparen im Alltag: Strom

Weniger Strom verbrauchen ist das Gebot der Stunde. Aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass wir uns arg einschränken müssen. Denn wirklicher Verzicht ist beim Stromsparen oft gar nicht notwendig. Es reicht schon, wenn wir nur dort weniger verbrauchen, wo er uns gar nicht nützt. Wo das ist, hat FREDA zusammengefasst.

Kochen
  • Schauen verboten: Ja, es ist verlockend. Wenn der Kuchen im Ofen bäckt, dann wollen wir natürlich sehen, ob er ordentlich aufgeht. Das Sichtfenster ist dreckig, also müssen wir die Tür öffnen, um nachzusehen, was der Kuchen so treibt. Nur leider geht damit auf einen Schlag sehr viel Wärme verloren. Das schadet nicht nur dem Backprozess, sondern, richtig geraten, ist auch Energieverschwendung. Deswegen: Lieber Sichtfenster putzen und den Kuchen so zuschauen.
  • Die Suche nach dem einzig wahren: Wir wollen uns nach einem langen Tag nur mal schnell das Essen von gestern warmmachen. Aber wo wärmen wir es auf? Backrohr? Mikrowelle? Oder auf der Herdplatte? Wenn es um den Stromverbrauch geht, sind kleinere Geräte die bessere Wahl. Wer öfter Speisen aufwärmt, aber keine Mikrowellen mag, für den lohnt sich auf lange Sicht ein Mini-Backofen. Der arbeitet bei kleinen Mengen an Essen deutlich effizienter als der herkömmliche große Backofen.
  • Für (fast) jeden Topf gibt’s einen Deckel: Oder zumindest sollte es ihn geben, irgendwo in den Untiefen unserer Küche. Ihn zu suchen und dann auf den Topf zu geben, lohnt sich. Die Wärme bleibt im Topf und damit wird unser Essen schneller warm. Und ja: Natürlich spart es Strom, wenn die Platte kürzer läuft.
  • Ärger mit verzogenem Kochgeschirr: Im Gegensatz zu verzogenen Menschen erkennen wir sie nicht immer gleich. Pfannen und Töpfe, deren Boden nicht mehr flach ist, haben wenig Kontakt zur Herdplatte. So können bis zu 50 Prozent der Energie verloren gehen. Übrigens: Kochgeschirr verzieht sich besonders dann, wenn wir es auf Kochfeldern benützen, die nicht ihrer Größe entsprechen. Töpfe und Pfannen sollten wir also immer auf die passend große Herdplatte stellen. Das spart zusätzlich Strom.
  • Reingeben, was rauskommen soll: Wenn wir Wasser im Wasserkocher erhitzen, haben wir schon einmal die richtige Wahl getroffen: Er ist deutlicher effizienter als die Herdplatte. Wir sollten allerdings darauf achten, nur so viel Wasser zu erwärmen, wie wir tatsächlich brauchen. Das heißt: Statt den Wasserkocher auf gut Glück unter dem Hahn anzufüllen, geben wir besser das Wasser tassenweise ins Gerät.
Sollte das Gefrierfach so aussehen, sollte man es abtauen. Das spart ordentlich Strom. © Adobe Stock
Kühlschrank
  • Voller ist toller: Je besser das Gerät gefüllt ist, desto effizienter arbeitet es. Das gilt für Wasch- und Spülmaschinen, aber überraschenderweise auch für Kühlschränke.  Denn in einem leeren Kühlschrank wird Luft gekühlt, die beim Öffnen schnell entweicht. Ist ein Kühlschrank hingegen voll mit Lebensmittel, ist viel der Kühlleistung in den Lebensmitteln gespeichert. Und ganz allgemein gilt natürlich: Längeres Öffnen des Kühlschranks sollten wir möglichst vermeiden. Besser also wir wissen schon vor dem Öffnen, was wir essen wollen.
  • Coolness ist überbewertet: Wir müssen unseren Kühlschrank nicht auf fünf oder sechs Grad runterkühlen. Acht Grad im mittleren Fach reichen vollkommen. Um die Temperatur zu kontrollieren, legt am besten ein herkömmliches Thermometer in den Kühlschrank und passt die Kältestufe des Kühlschranks so lange an, bis ihr die Wunschtemperatur erreicht.
  • Eis hat seinen Preis: Wenn sich an den Innenseiten des Gefrierschranks eine Eisschicht bildet, dann erhöht das den Stromverbrauch des Gerätes um ein Drittel. Zumindest alle sechs Monate sollten wir daher unsere Gefrierschränke abtauen. Bei dieser Gelegenheit sollten wir auch gleich mal die Temperatur prüfen. Am effizientesten arbeiten Gefrierschränke, wenn sie auf circa minus 18 Grad °C eingestellt sind.
  • Schlechte Nachbarschaft: Auch unter Küchengeräten gibt es Nachbarn, die nicht zusammenpassen. Kühlschränke sollten wir besser nicht neben wärmeabstrahlende Geräte stellen. Dazu zählen Geschirrspüler und Öfen. Das gilt insbesondere für ältere Geräte. Moderne Kühlschränke und Öfen sind zumeist sehr gut isoliert.
  • Sind sie noch ganz dicht? Diese Frage sollten wir uns regelmäßig stellen, wenn wir vor unserem Kühlschrank stehen. Defekte Dichtungen machen es Kühlgeräten schwer, die Innentemperatur konstant zu halten. Finden wir brüchige Dichtungen, sollten wir sie zeitnah tauschen.

Übrigens: Auch wenn moderne Geräte energieeffizienter sind. Strom sparen fängt nicht damit an, dass man sofort alle alten Geräte tauscht. Denn auch die Produktion von Geräten braucht Energie – genauso wie der Transport. Man kann auch vorhandene Geräte stromsparend einsetzen.

Wer kann, sollte seine Wäsche besser an der Luft trocknen lassen und auf den Trockner verzichten.
Waschen und Trocknen
  • Nicht verschwenden, Leine verwenden: Wenn wir die Möglichkeit haben, Wäsche im Freien an der Leine aufzuhängen, sollten wir das machen. Denn Wäschetrockner brauchen sehr viel Strom. Besonders im Sommer trocknet Wäsche in der Sonne fast genauso schnell wie im Trockner.
  • Blitzeblank auch bei niedrigen Temperaturen: Mit modernen Waschmitteln und Maschinen bekommen wir fast alle Wäschestücke bei 30 sauber. 60 Grad oder mehr braucht es nur bei sehr stark verschmutzter Wäsche. Mit niedrigen Waschtemperaturen lässt sich ordentlich Strom sparen. Denn 70 Prozent des Energieverbrauchs einer Waschmaschine entfällt alleine auf das Aufheizen des Wassers.
  • Geduld spart Strom: Der Eco-Modus unserer Waschmaschine braucht zwar länger, aber das Warten lohnt sich. Im Schnitt verbrauchen Sparprogramme nur halb so viel Energie wie ein normaler Waschgang. Ein weiterer Vorteil: Durch die längere Laufzeit im Eco-Programm weicht die Wäsche besser ein, weil das Wasser länger in der Maschine bleibt.
  • Einmal voll ist besser als zweimal halb:  Eine halbvolle Maschine braucht annähernd gleich viel Strom wie eine volle. Deswegen sollten wir die Maschine nur aufdrehen, wenn wir die Trommel auch wirklich voll bekommen. Dasselbe gilt auch für Geschirrspülmaschinen.
Unterhaltungselektronik und Beleuchtung
  • Aus ist nicht immer aus:  Wenn wir glauben, ein Gerät auszuschalten, haben wir es in vielen Fällen nur in den Stand-By-Modus versetzt. Das heißt: Es ist nicht wirklich aus, sondern lediglich in einem Bereitschaftsmodus und frisst weiter Strom. Oft lässt sich das an kleinen LED-Lämpchen erkennen, die eifrig weiterleuchten. Bis zu 10 Prozent unseres Haushaltsstromverbrauchs lassen sich auf Stand-By zurückführen. Drucker, Espresso-Maschinen, Spielkonsolen und TV-Geräte sind gängige Übeltäter. Zum Glück ist die Lösung einfach. Wenn wir Stand-By-Geräte an eine Steckerleiste mit Schalter hängen, können wir sie wirklich deaktivieren.
  • Gute Nacht, Handy: Unsere Handys hängen oft so lange am Stromkabel, wie wir im Bett liegen. Vor dem Schlafen gehen stecken wir es an, nach dem Aufstehen nehmen wir es vom Strom. Allerdings sind die Akkus oft schon nach ein bis zwei Stunden zu 100 Prozent geladen. Die restliche Zeit laden sie nicht mehr, verbrauchen aber trotzdem Strom. Deswegen macht es mehr Sinn, Handys am Abend oder nach dem Aufstehen zu laden.
  • Runter mit der Helligkeit: Bei TV-Geräten sind die Standard-Einstellungen für Kontrast und Helligkeit sehr hoch. Das verbraucht deutlich mehr Strom. In den Einstellungen der meisten modernen Fernseher lässt sich das jedoch leicht ändern. Die Heiligkeit der Geräte im Rahmen einer noch guten Bildqualität zu dimmen kann den Stromverbrauch reduzieren.
  • LED lohnt sich: LED-Lampen halten 20-mal länger als klassische Glüh- und Halogenbirnen und sparen über die Lebensdauer gerechnet bis zu 90 Prozent Strom. Bei diesen Zahlen lohnt sich, wenn wir unsere ganze Wohnung nach alten Glühlampen durchsuchen. Finden wir eine, sollten wir sie gegen energiesparenden LEDs tauschen.

Jede diese Stromsparmaßnahmen ist für sich betrachtet klein. Aber wenn viele von uns viele kleine Maßnahmen umsetzen, hat das in Summe eine große Wirkung. Deswegen sollten wir uns Tipps wie diese immer wieder in Erinnerung rufen. Spart Energie und schont den Geldbeutel.

Weitere wertvolle Tipps, um einfach und trotzdem effektiv Energie zu sparen, erfährt ihr in folgenden Beiträgen:

Energiesparen im Alltag: Heizen

Das Motto des diesjährigen Winters lautet: Energieverbrauch senken! Bis zu elf Prozent kann ein Haushalt mit einfachen Tipps einsparen. Richtiges Heizen kann dabei einen enormen Beitrag leisten. Die folgenden Tipps helfen, die Energiekosten zu Hause mit wenig Aufwand zu verringern.

Heizen verursacht mehr als 50 Prozent des Energieverbrauchs in Wohngebäuden. Mit der richtigen Handhabe kann man diesen leicht senken – und das ganz gut ohne zusätzliche Wollpullis und Mützen in den eigenen vier Wänden. Denn beim richtigen Heizen geht es nicht um den Verzicht von Wärme, sondern darum, Energie bewusst und vor allem intelligent zu nutzen. FREDA zeigt, wie es geht:

Die richtige (T-)Raumtemperatur finden

Die einen mögen es warm, die anderen brauchen es kühl. So unterschiedlich das persönliche Wärmeempfinden auch sein mag, so gravierend kann es sich auf die Energiekosten auswirken. Denn schon wenige Grad können beim Energieverbrauch einen enormen Unterschied machen. Die Faustregel dabei besagt: Jedes Grad weniger spart etwa sechs Prozent Energie. Daher lautet die Empfehlung für die kommende Heizperiode, die Temperatur zu Hause um 2 Grad zu senken.

Richtig heizen

Die optimalen Raumtemperaturen:

  • Im Wohnzimmer reicht meist eine Temperatur von rund 20 bis 23 Grad.
  • Im Schlafzimmer kann es ruhig etwas kühler sein, hier reichen 17 bis 18 Grad. Das sorgt für einen erholsamen Schlaf.
  • In der Küche kann es ebenfalls rund 17 Grad haben. Da sich Herd und Kühlschrank auch aufheizen, muss die Küche meistens gar nicht beheizt werden.
  • Vorzimmer & Flur müssen ebenfalls nicht aktiv beheizt werden.
  • Im Badezimmer kann es hingegen etwas wärmer sein. 20 bis 22 Grad sind hier ideal.

„Jedes Grad weniger spart etwa sechs Prozent Energie.“

In Räumen, an denen es feucht ist, wie im Bad und in der Küche sowie in kühlen Räumen, solltet ihr die Temperatur nie unter 15 Grad fallen lassen. Durch die Kälte entsteht Feuchtigkeit und es kann sich Schimmel bilden.

Beim Verlassen der Wohnung die Heizung abdrehen?

Lieber nicht. Das Aufheizen der abgekühlten Räume kostet sehr viel Zeit und Energie. Wenn ihr tagsüber nicht zu Hause seid, könnt ihr die Heiztemperatur um bis zu vier Grad absenken. Das gilt auch nachts. Achtet hier aber wieder darauf, dass es nicht zu kalt wird. Gerade bei klirrender Kälte ist es wichtig, gleichmäßig durchzuheizen und viel zu lüften. Programmierbare Thermostate machen eine tagesabhängige Temperaturregelung einfacher.

Kennt Ihr euren Heizkörper?

Wer keinen zentralen Thermostat mit Temperatursteuerung hat, kann die Temperatur auch direkt beim Heizkörper-Thermostat regulieren. Die meisten Thermostate haben die Stufen 1 bis 5 inklusiver Sonderzeichen. Diese Stufen stehen für:

  • * (Sternchen): Frostschutz – Heizung läuft nur, wenn die Temperaturen unter 5 °C fallen
  • Stufe 1 steht für ca. 12 °C
  • Stufe 2 steht für ca. 16 °C
  • Stufe 3 steht für ca. 20 °C
  • Stufe 4 steht für ca. 24 °C
  • Stufe 5 steht für ca. 28 °C

Wärme aus? Luft drin!

Wenn der Heizkörper trotz voll aufgedrehtem Thermostat nicht mehr richtig heiß wird und gluckernde Geräusche macht, kann sich Luft darin befinden. Das lässt sich leicht selbst beheben. Kontrolliert dafür zuerst, ob sich am Heizkörper ein Entlüftungsventil mit einem Vierkantstift befindet. Wenn ja, könnt ihr die Heizung mit einem Entlüftungsschlüssel entlüften. Den Schlüssel gibt es im Baumarkt. So funktioniert es:

  • Die Heizung muss zuerst für 10 bis 15 Minuten auf maximale Temperatur aufgedreht werden.
  • Anschließend wieder zudrehen. Haltet ein Tuch vor das Ventil, da heißes Wasser herausspritzen kann.
  • Dreht nun mit dem Entlüftungsschlüssel gegen den Uhrzeigersinn, maximal eine halbe Umdrehung.
  • Nach wenigen Sekunden entweicht die Luft.
  • Kurz warten und wenn keine Luft, sondern nur noch Wasser entweicht, kann man das Ventil wieder zudrehen.
  • Wenn viel Luft entfernt wurde, muss eventuell Wasser in den Heizkreislauf nachgefüllt werden.

Je nach Haus oder Wohnung können allein durch diese Maßnahmen zwischen 35 und 65 Euro Heizkosten gespart werden.

Besser Stoßlüften als Dauerkippen

In einem Haushalt mit vier Personen verdampfen durch Atmen, Duschen und auch Kochen pro Tag rund 10 Liter Feuchtigkeit. Deshalb ist es extrem wichtig, regelmäßig und richtig zu lüften.

Stoßlüften ist dabei am effektivsten: Lüftet mehrmals täglich drei bis fünf Minuten. Öffnet am besten alle Fenster, sodass ein Durchzug entsteht. Das bringt viel frische Luft, ohne dass unnötige Heizkosten oder ein Energieverlust entsteht.

Jeder Raum braucht seine Lüftung
  • Wohnräume: Wenn sich in den Räumen viele Pflanzen befinden, sollte man öfters lüften. Da sich viel Feuchtigkeit darin sammelt.
  • Schlafräume: Hier gilt, nachts kann gekippt werden. Wem das zu kalt ist, der sollte nach dem Aufstehen gründlich durchlüften.
  • Badezimmer: Nachdem Duschen oder Baden sollte man sofort lüften, um die zusätzlich entstandene Feuchtigkeit entweichen zu lassen. Sonst kann sich hier schnell Schimmel bilden.
  • Küche: Durch das Kochen entsteht ebenfalls Feuchtigkeit, auch hier gilt, Dunstabzug verwenden und gründlich lüften.

Aufgepasst: Wenn die Fenster in Wohnräumen häufig mit Kondenswasser beschlagen sind, ist das meist ein Zeichen, dass zu wenig gelüftet oder falsch geheizt wird.

Fenster & Türen dichthalten

Vor allem bei älteren Fenstern und Türen können Fugen, Spalten und Ritzen sehr Luft durchlässig sein: Kalte Luft strömt ungehindert hinein und wertvolle Wärme entweicht. Um das zu verhindern, könnt ihr eure Fenster mit einem Schaumstoff- oder Gummidichtungsband abdichten. Türen können beispielsweise mit einem Zugluftstopper oder einer Bürstenabdichtung abgedichtet werden. Die Abdichtungen bekommt man in jedem Baumarkt in unterschiedlichen Ausführungen.

Wer zudem Rollläden und Vorhänge nachts schließt, kann den Wärmeverlust zusätzlich um bis zu 20 Prozent verringern.

Aufgepasst: Achtet darauf, dass Vorhänge oder Möbel nicht den Heizkörper verdeckten. Sonst kann sich die Wärme nicht optimal im Raum verteilen.

Weitere wertvolle Tipps, um einfach und trotzdem effektiv Energie zu sparen, erfährt ihr in folgenden Beiträgen:

Land der toten Töchter

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Mehr Informationen

Im Rahmen der „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ haben Meri Disoski, Vorsitzende der Grünen Frauen Österreich, und Viktoria Spielmann, Vorsitzende der Grünen Frauen Wien und die FREDA zu einer Lesung und Podiumsdiskussion wider die Gewalt eingeladen.

Im ersten Teil der Veranstaltung stellt Yvonne Widler ihr neues Buch „Heimat bist du toter Töchter“ vor und gibt einen Einblick in ihre Recherchearbeit zu Femiziden in Österreich.

In der anschließenden Podiumsdiskussion rücken folgende Fragen ins Zentrum:
  • Wie ist das hohe Gewaltausmaß an Frauen zu erklären, was können und müssen Gesellschaft und Politik dagegen tun?
  • Wie gut sind unsere Gewaltschutzgesetze, wo gibt es noch Verbesserungsbedarf? –
  • Welche Maßnahmen wurden in den vergangenen Jahren in der Justiz gesetzt, um Phänomenen wie Victim Blaming und Bagatellisierungen von Gewalt in der Justiz entgegen zu wirken?

Stream von der Veranstaltung direkt auf Youtube anschauen

Es diskutieren:
  • Justizministerin Alma Zadić
  • Kriminologin Isabel Haider
  • Yvonne Widler, Autorin von „Heimat bist du toter Töchter“
  • Nikolaus Tsekas von der NEUSTART-Beratungsstelle für Gewaltprävention
  • Moderation: Journalistin Raphaela Scharf

Jede dritte Frau von Gewalt betroffen

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Angriffe, Vergewaltigungen, Stalking. Jede dritte Frau in Österreich hat körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. In den meisten Fällen geht die Gewalt von den Partner:innen aus. Das zeigt ein neuer Bericht der Statistik Austria. Auch Genitalverstümmelung wird hierzulande zunehmend zum Thema. 

Jede dritte Frau in Österreich hat ab dem Alter von 15 Jahren bereits körperliche oder sexuelle Gewalt erleben müssen. Das zeigte eine Befragung der Statistik Austria, die im Rahmen des Auftakts für die Sensibilisierungskampagne „16 Tage gegen Gewalt“ präsentiert wurde. Fast jede sechste Frau im Erwachsenenalter war von Androhungen körperlicher Gewalt betroffen. Viele Frauen erleben gleichzeitig unterschiedliche Gewaltformen – von Angriffen bis hin zu Stalking.

Gewalt geht meistens von Partner:innen aus

761.786 Frauen wurden laut Statistik Austria ab dem Alter von 15 Jahren innerhalb oder außerhalb von intimen Beziehungen Opfer von körperlicher Gewalt (23,47 Prozent), fast gleich viele Frauen erlebten zudem sexuelle Gewalt (23,75 Prozent). Von mindestens einer der beiden Gewaltformen betroffen waren 1.119.934 Frauen zwischen 18 und 74 Jahren. Das sind 34,5 Prozent aller Frauen in diesem Alter. 282.480 aller Frauen ab 15 Jahren in Österreich (8,7 Prozent) sind bereits vergewaltigt worden. Androhungen körperlicher Gewalt mussten fast eine halbe Million Österreicherinnen (15,25 Prozent) erleben.

Die Statistik zeigt zudem, dass die Aggression in mehr als einer halben Million Fälle vom eigenen Partner oder der eigenen Partnerin ausgeht. Der Anteil von Gewaltbetroffenen, die sich aktuell in einer Partnerschaft befinden oder jemals befunden haben, liegt bei 16,4 Prozent. Von den Frauen, die in einer früheren Beziehung körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren haben, haben mehr als die Hälfte auch körperliche Verletzungen davongetragen.

Gewalt wiederholt sich

Weiters gaben 8,3 Prozent der Frauen laut Statistik Austria in einer aktiven oder früheren Beziehung an, von Androhungen körperlicher Gewalt in einer intimen Beziehung betroffen gewesen zu sein. Fast 37 Prozent haben Erfahrungen mit psychischer Gewalt in einer Partnerschaft gemacht. Besonders auffällig ist das Muster in konfliktgeladenen Beziehungen: Über 81 Prozent aller Frauen, die in vergangenen Partnerschaften körperliche Gewalt erfahren, berichteten von wiederholten Angriffen in neuen Beziehungen. In etwa der Hälfte der Fälle von Vergewaltigungen oder versuchten Vergewaltigungen hat es sich um Wiederholungstaten gehandelt. Über 7,7 Prozent der Frauen machen in mehr als einer Beziehung Gewalterfahrungen.

Jede fünfte Frau wird gestalkt

Mehr als ein Viertel aller Frauen hat zudem Gewalt außerhalb von intimen Beziehungen erlebt. Vier Prozent sind Opfer von Vergewaltigungen durch Fremde geworden. Stalking betraf jede fünfte Frau. Das sind fast 710.000 Frauen, die etwa unerwünschte Nachrichten oder Geschenke, obszöne, drohende oder stumme Anrufe erhalten haben. 736.613 Frauen haben hierzulande sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Das ist mehr als jede vierte Frau, die mindestens einmal erwerbstätig war. Zu den häufigsten Formen der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz zählen unangemessenes Anstarren oder anzügliche Blicke, sexuelle Witze oder übergriffige Bemerkungen über ihren Körper oder ihr Privatleben und unerwünschter Körperkontakt.

Genitalverstümmelung auch in Österreich Thema

Auch die weibliche Genitalverstümmelung (FGM), der nach Schätzungen weltweit 200 Millionen Frauen ausgesetzt sind, wird in Österreich zunehmend zum Thema. Besonders verbreitet ist die Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsteile im Kindesalter in der Sahelzone sowie im Nordosten Afrikas, in Indonesien, aber auch auf Teilen der Arabischen Halbinsel. Das Rote Kreuz schätzte in einer Aussendung am Freitag die Zahl der betroffenen Mädchen und Frauen in Österreich auf 6.000 bis 8.000.

Für die Umfrage wurde eine Stichprobe von insgesamt 6.240 in Privathaushalten lebenden Frauen im Alter von 18 bis 74 Jahren herangezogen. Sie wurden von Oktober 2020 bis März 2021 befragt. Die Erhebung wurde im Auftrag von Eurostat und dem Bundeskanzleramt durchgeführt. (APA, 25.11.2022)

Hilfe für Betroffene:

Weltklimakonferenz: Ergebnisse sind enttäuschend

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Mit enttäuschenden Ergebnissen ist am Sonntag die Weltklimakonferenz zu Ende gegangen. Es gibt keine konkreten Pläne, wie die Treibhausgase künftig reduziert werden sollen. Kleiner Lichtblick ist die Einigung auf einen Entschädigungsfonds für ärmere Länder, die am stärksten von den Folgen der Klimakrise betroffen sind. Doch auch da sind noch viele Fragen offen.

Die Zeit drängt. Wir bekommen die Folgen der Klimakrise immer mehr zu spüren. Es müssen Maßnahmen gesetzt werden, damit unser Planet auch in Zukunft noch lebenswert ist. Doch bei der Weltklimakonferenz (COP27) in Ägypten konnten sich die rund 200 Teilnehmerstaaten gerade einmal auf ein Minimalergebnis einigen. „Das Ergebnis ist enttäuschend. Bei der Emissionsreduktion sind wir keinen wesentlichen Schritt vorangekommen. Zu vielen Ländern fehlt noch der Mut für mehr Entschlossenheit und Tempo beim Klimaschutz“, schlussfolgert Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Kein Plan, um Treibhausgase zu reduzieren

Der Ausstoß von Treibhausgasen ist auf dem höchsten Stand. Einen konkreten Plan, wie diese reduziert werden können, sucht man im Abschlussbericht der COP27 jedoch vergeblich. Und das, obwohl man mittlerweile weiß, dass die vom Menschen verursachte Zunahme der Treibhausgase dazu führt, dass sich die Erde aufheizt – und zwar schneller als sich Ökosysteme anpassen können. Bei der COP27 haben die Staaten indes gerade einmal die frühere Entscheidung, Schritt für Schritt aus Kohle auszusteigen, bekräftigt. „Die erzielte Einigung bei der COP27 ist ernüchternd. Es ist nicht gelungen, sich auf ambitioniertere Ziele im Bereich der Emissionsreduktionen zu einigen. Die Welt ist nicht auf dem richtigen Kurs. Ich habe den Eindruck, vielen ist nicht klar, dass unsere Existenz auf dem Spiel steht“, schreibt Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf Twitter.

Die Staaten halten zwar am 1,5 Grad-Ziel fest. Doch daran festhalten reicht nicht aus, um es auch zu erreichen. Nähergekommen ist man dem 1,5 Grad-Ziel bei der COP27 jedenfalls nicht. Dafür wäre ein Ausstieg aus fossilen Energieträgern mehr als notwendig. Stattdessen erreichen viele Staaten immer noch nicht die Klimaziele. Und uns läuft die Zeit davon.

Entschädigungsfonds soll eingerichtet werden

Auf eine Sache konnten sich die Staaten dann aber doch einigen. Es soll ein Geldtopf eingerichtet werden, um die Länder des Globalen Südens, die am stärksten von den Folgen der Klimakrise betroffen sind, finanziell zu unterstützen. Denn durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Stürme häufiger. Enorme Bedrohungen sind auch der Anstieg des Meeresspiegels und Verwüstungen. Davon betroffen sind im Moment vor allem Länder des Globalen Südens, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben und denen finanzielle Mittel fehlen, um sich anzupassen und Schäden zu kompensieren. Erst im Sommer waren große Teile Pakistans überschwemmt, 1.500 Menschen haben dabei ihr Leben verloren. In Ostafrika herrscht die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten, die Menschen leiden Hunger.

Dass sich die Staaten auf diesen Entschädigungsfonds geeinigt haben, ist ein gutes Zeichen. Einfach waren die Verhandlungen aber nicht. Erst nach Druck der als G77 bekannten Gruppe, die sich aus 130 Ländern des Globalen Südens zusammensetzt, kam es zu dieser Entscheidung. Die USA haben den Entschädigungsfonds zunächst blockiert, auch die Europäische Union hat anfangs eine zurückhaltende Position eingenommen.

Details werden erst 2023 geklärt

Viele Details zum Entschädigungsfonds sind aber noch offen. So bleibt unklar, wer wie viel in diesen Topf einzahlt. Besprochen wird das erst bei der nächsten Weltklimakonferenz 2023 in Dubai. Bis dahin wird also kein Geld aus diesem Fonds fließen, um die ärmeren Länder finanziell zu unterstützen.

Begünstigt werden sollen jedenfalls jene Länder des Globalen Südens, die am stärksten gefährdet sind. Umstritten ist, ob China ein Empfängerland sein wird. Das asiatische Schwellenland beharrt zwar darauf. Die westlichen Industrienationen sehen das jedoch anders. Da China seine Wirtschaft industrialisiert, verursacht es sehr hohe Treibhausgasemissionen. Zudem verweisen die Industrienationen auf die Wirtschaftskraft Chinas.

Staaten sollen Klimaschutzpläne nachbessern

Es werden als keine einfachen Verhandlungen bei der nächsten Weltklimakonferenz werden. Bis dahin haben sich die teilnehmenden Staaten auch eine Hausaufgabe gegeben. Spätestens bis zur COP28 in Dubai sollen sie ihre Klimaschutzpläne nachbessern. Diese sind Großteils nämlich nicht ausreichend. Es ist eine freiwillige Aufgabe.

Jedes Kind hat Rechte

Kinder sollen sich wohlfühlen. Sie sollen denken dürfen, ernst genommen werden und sich in ihrem Sein frei entfalten können. All das sollen die Kinderrechte garantieren. Sie sind der Grundstein für eine kinderfreundliche Welt.

„A g’sunde Watschen“ schadet doch nicht, vielmehr gehört sie zu einer guten Erziehung. Eine veraltete Erziehungsmaßnahme sollte man meinen. Doch Fakt ist, dass auch in österreichischen Familien körperliche Gewalt alltäglich ist. Gewalt gegen Kinder hat viele Gesichter. Denn neben physischer Misshandlung gibt es auch andere Formen der Gewalt wie Vernachlässigung, sexuelle Übergriffe, finanzielle Ausbeutung oder psychische Gewalt. Dabei gehört ein gewaltfreies Leben zu den UN-Menschenrechten und so auch zu den Rechten jeden Kindes. Mit der 1989 beschlossenen UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder erstmalig eigene, an ihre speziellen Bedürfnisse angepasste Rechte erhalten. Diese Rechte sind weltweit vertraglich festgehalten worden und von nahezu allen Staaten anerkannt. Anlässlich des Internationalen Tags der Kinderrechte am 20. November schauen wir uns die UN-Kinderrechte sowie die österreichischen Kinderrechte genauer an.

Die Entstehung der UN-Kinderrechtskonvention

Vor über 30 Jahren, am 20. November 1989, wurde von den Vereinten Nationen die Kinderrechtskonvention verabschiedet. Sie besteht aus 54 Artikel, die jedem Kind, also jedem Mädchen und Jungen bis zum 18. Lebensjahr grundlegende politische, soziale, ökonomische, kulturelle und bürgerliche Rechte zusichert. Ziel dieser Rechte ist, dass alle Kinder auf der Welt gesund und sicher aufwachsen und sich gut entfalten können. Auch jegliche Form von Gewalt, also physische und psychische, ist verboten. Mit der Kinderrechtskonvention werden Kinder und Jugendliche erstmalig als selbstständige Träger:innen von Rechten anerkannt, die als solche auch respektiert werden müssen. Die oberste Regel der Kinderrechte dabei lautet: Das Wohl des Kindes steht immer an erster Stelle. Dementsprechend muss gehandelt werden. Die Konvention wurde von 196 Staaten unterzeichnet und gilt damit als der erfolgreichste Völkerrechtsvertrag aller Zeiten.

Die vier Grundprinzipien der Kinderrechtskonvention

Die 54 Rechte, die in der UN-Kinderrechtskonvention formuliert sind, beruhen auf folgenden vier Grundprinzipien. Diese besagen, dass Kinder zu einer besonders schutzbedürftigen Gruppe mit ganz speziellen Bedürfnissen gehören:

  • Kindeswohl: Bei allen Entscheidungen, die Kinder und Jugendliche betreffen, muss das Wohl des Kindes besonders berücksichtigt werden. Das gilt sowohl bei Gesetzen, vor Gericht als auch bei besonderen Maßnahmen. Das Wohl des Kindes soll immer an erster Stelle stehen.
  • Mitbestimmung: Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Belangen zu beteiligen, die sie betreffen. Sie dürfen mitreden, sich versammeln und haben das Recht auf eine eigene Meinung. Dazu gehört beispielsweise das Wahlrecht, das in Österreich von 18 auf 16 herabgesetzt wurde.
  • Entwicklung: Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Schutz vor Gewalt, Ausbeutung und Kinderarbeit. Sie dürfen nicht geschlagen oder misshandelt werden. Dementsprechend ist auch die g’sunde Watschen verboten!
  • Verbot der Diskriminierung: Alle Kinder und Jugendliche sind gleich und haben die gleichen Rechte. Benachteiligt zu werden, weil sie eine andere Hautfarbe, Herkunft, Sprache, Geschlecht oder Ähnliches haben, ist nicht zulässig.

Diese Grundprinzipien dienen als Basis für die UN-Kinderrechte. Zu denen gehören beispielsweise das Recht auf Bildung und auch das Recht auf Gesundheit. Das heißt, Kinder haben das Recht zu lernen und eine Ausbildung zu machen, die ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten entspricht (Artikel 28). Das Recht auf Gesundheit beinhaltet, dass alle Kinder das Recht haben gesund zu leben, Geborgenheit zu finden und keine Not erleiden zu müssen (Artikel 24). Auch Spiel und Freizeit ist ein Grundrecht, das jedem Kind zusteht. So heißt es, im Artikel 31, dass Kinder das Recht haben zu spielen, sich zu erholen und künstlerisch tätig zu sein. Alle UN-Kinderrechte findet ihr hier.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Kinder sind von den Folgen der Klimakrise besonders stark betroffen. Jedes Jahr sterben rund 1,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren durch Umweltschäden wie verseuchtes Wasser, Smog und Giftstoffen oder an Naturkatastrophen wie Dürre oder Überschwemmungen. Laut Klima-Risiko-Index des UN-Kinderhilfswerks sind fast die Hälfte aller Mädchen und Jungen auf der Erde von den Auswirkungen des Klimawandels extrem stark gefährdet. Dennoch hat es bis 2021 kein Recht auf eine gesunde Umwelt gegeben.

Damit Kinder ihr Potenzial jedoch bestmöglich entwickeln können, benötigen sie eine intakte und saubere Umgebung. Eine gesunde Umwelt ist dabei genauso essenziell wie eine ausreichende finanzielle Absicherung, gute Bildung und Entfaltungsmöglichkeiten. Das bedeutet, Kindeswohl und Umweltschutz sind untrennbar miteinander verbunden. Deshalb forderte der UN-Kinderrechtsrat 2021 auch, dass Staaten für die negativen Folgen der Klimakrise auf Kinder Verantwortung übernehmen müssen und dass jedes Kind ein Recht auf eine gesunde Umwelt hat.

Das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt wurde Oktober 2021 durch den UN-Menschenrechtsrat und im Juli 2022 durch die UN-Generalversammlung als grundlegendes Menschenrecht anerkannt.

Kinderrechte in Österreich

In Österreich ist das Übereinkommen über die Kinderrechte im Jahr 1992 in Kraft getreten. Österreich war damit nach Schweden, Finnland und Norwegen der vierte Staat weltweit, der gewaltfreie Erziehung gesetzlich verankert hat – allerdings nur auf Stufe eines einfachen Bundesgesetzes. Das heißt, die Kinderrechte sind vom Nationalrat nicht in die Verfassung verankert worden. Die Rechte der Kinder vor dem Gericht oder vor Behörden unmittelbar anzuwenden, war daher nicht möglich bzw. schwierig. Erst 2011, also 19 Jahre später, hat der österreichische Nationalrat beschlossen, einen Teil der Kinderrechte in abgeschwächter Form in die Bundesverfassung aufzunehmen. Daraus entstanden die sogenannten Rechte der Kinder (BVG Kinderrechte).

Die 8 Artikel der österreichischen Kinderrechte

Artikel 1: Das Wohl der Kinder steht immer an erster Stelle. Das heißt, bei allen Maßnahmen, die ein Kind betrifft, muss es immer vorrangig sein, dass es dem Kind gut geht. Es hat Anspruch auf Schutz und Fürsorge, damit es sich bestmöglich entwickeln und entfalten kann.

Artikel 2: Recht auf beide Eltern. Das heißt, jedes Kind hat das Recht, beide Elternteile regelmäßig zu treffen und direkten Kontakt mit ihnen zu pflegen. Außer, wenn dem Kind der Kontakt nicht guttut. Zudem hat jedes Kind, das dauerhaft oder vorübergehend nicht bei seiner Familie wohnt oder mit ihr Kontakt hat, Anspruch auf einen besonderen Schutz und Beistand vonseiten des Staates.

Artikel 3: Kinderarbeit ist verboten. Das heißt, in Österreich dürfen Kinder erst dann arbeiten, wenn sie nicht mehr schulpflichtig sind. (Die Schulpflicht dauert elf Schulbesuchsjahre, sie endet spätestens mit Vollendung des 18. Lebensjahres.)

Artikel 4: Die Meinung von Kindern zählt. Das heißt, immer dann, wenn es um Entscheidungen geht, von denen ein Kind betroffen ist, ist die Meinung des Kindes zu berücksichtigen – es hat das Recht mitzureden, seine Meinung zu sagen und Wünsche zu äußern.

Artikel 5: Gewalt gegen Kinder ist vom Gesetz verboten. Das heißt, jedes Kind hat ein Recht, gewaltfrei erzogen zu werden. Also eine Erziehung ohne körperliche oder seelische Bestrafung, Ausbeutung, sexuellen Missbrauch usw. Wenn ein Kind trotz Schutzmaßnahmen Opfer von Gewalt oder von Ausbeutung geworden ist, hat es das Recht auf Wiedergutmachung und auf Wiederherstellung seiner körperlichen und seelischen Gesundheit.

Artikel 6: Besonderer Schutz für Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Das heißt, Kinder mit Behinderung müssen besonders geschützt werden. Sie sollen im täglichen Leben die gleichen Möglichkeiten haben wie nicht-behinderte Kinder. Deshalb sollen sie im alltäglichen Leben besonders unterstützt werden.

Artikel 7:  Ausnahmefälle! Die Artikel 1,2,3,4 und 6 dürfen in Österreich nur in Ausnahmefällen eingeschränkt werden, und zwar dann, wenn durch die Artikel die Rechte anderer Menschen verletzt werden.

Artikel 8: Die Kinderrechte müssen von allen beachtet werden. Das heißt, die Bundesregierung, die Landesregierung und die Gemeinden müssen dafür sorgen, dass die Kinderrechte beachtet werden. Auch alle sonstigen staatlichen Einrichtungen und privaten Stellen müssen sich in Österreich an das Kinderverfassungsrecht halten.

Die UN-Kinderrechts-Prüfung

Jeder Staat, der die UN-Kinderrechtskonvention unterschrieben hat, verpflichtet sich alles zu tun, um die Kinderrechte einzuhalten. Um das zu überprüfen, kommt es alle fünf Jahre von den Vereinten Nationen zu einer Kinderrechts-Prüfung. Bei der letzten Überprüfung in Österreich 2019/2020 kam heraus, dass die Kinderrechte sehr mangelhaft umgesetzt worden sind. Grund für die harte Kritik war unter anderem das Kopftuchverbot an Schulen, fehlende Inklusion von Kindern mit Behinderungen und auch die Behandlung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge.

Die UN-Kinderrechtsschule: Stellt euch vor, es ist Schule und jede:r will hin

Damit Kinder nicht gänzlich auf die (Un-)Fähigkeit der Erwachsenen bei der Umsetzung und Einhaltung ihrer Rechte angewiesen sind, sondern selbst für sich einstehen können, ist es wichtig, dass sie ihre Rechte gut kennen. „Nur wenn Kinder ihre Rechte kennen, können sie selbst aktiv werden und die Gesellschaft von heute und morgen mitgestalten. Aus diesem Grund legen wir, von UNICEF, den Schwerpunkt unserer Arbeit hier in Österreich darauf, die Kinderrechte bekannter zu machen und im Alltag der Mädchen und Buben, sei es in der Schule, oder in der eigenen Gemeinde, zu verankern“, erklärt Christoph Jünger, Geschäftsführer von UNICEF Österreich.

Aus diesem Grund gibt es seit Herbst 2022 in Österreich die UN-Kinderrechtsschulen. Unter dem Motto „Wir leben Kinderrechte“ unterstützt UNICEF Schulen dabei, die UN-Kinderrechtskonvention im Unterricht und im Schulalltag zu verankern. In den Kinderrechteschulen lernen Kinder und Jugendliche nicht nur ihre Rechte kennen. Sie erleben ihre Schule als einen Ort, an dem Kinderrechte gelebt werden. Das hilft ihnen auch bei ihrer Entwicklung. Denn wer weiß, was er oder sie kann, darf und was ihm oder ihr zusteht, wird selbstbewusster, setzen sich aktiv für seine Rechte und die von anderen ein und gestalten so die Zukunft positiv mit. Mitmachen kann jede österreichische Schule, den Link dafür, gibt es hier.

Steuer auf Zufallsgewinne kommt

Energieunternehmen sind die großen Profiteure der Krise. Nun sollen sie auch etwas zur Bekämpfung dieser Krise beitragen. Die Regierung hat für Gas- und Ölkonzerne eine Zufallsgewinnabgabe beschlossen, für Stromproduzenten kommt ein Preisdeckel. Zwei bis vier Milliarden Euro soll das der Staatskasse bringen.

Die Preise steigen und steigen. Im Oktober ist die Inflation auf elf Prozent geklettert. Für immer mehr Menschen bedeutet das eine enorme Belastung. Während sie darum kämpfen, über die Runden zu kommen, profitieren speziell Energieunternehmen von den hohen Preisen. Sie machen höhere Gewinne, weil der Angriffskrieg Wladimir Putins auf die Ukraine die Energiepreise in die Höhe treibt. Diese Zufallsgewinne werden künftig in Österreich besteuert. Eine Maßnahme, die gerecht ist. Denn, wer von der Krise profitiert, soll sich auch daran beteiligen, diese zu bewältigen.

Zufallsgewinne werden mit 40 Prozent besteuert

Im Kern sind es zwei Steuern, die nun im Nationalrat beschlossen wurden. Einerseits die Zufallsgewinnabgabe, die auf Gas- und Ölkonzerne abzielt. Dafür wird berechnet, welchen Gewinn das betroffene Unternehmen zwischen 2018 und 2021 durchschnittlich erwirtschaftet hat. Wenn der Gewinn ab Juli 2022 mehr als 20 Prozent höher liegt als dieser Durchschnittswert, muss das Unternehmen 40 Prozent dieses Zufallsgewinns abgeben. Eine Ausnahme gibt es für Unternehmen, die nachweislich in Erneuerbare Energien investieren. Für sie reduziert sich der Steuersatz auf 33 Prozent. Zusätzlich muss das betroffene Unternehmen für die Zufallsgewinne die volle Körperschaftssteuer von 24 bzw. 25 Prozent zahlen. Das bedeutet, dass die Zufallsgewinne mit bis zu 65 Prozent besteuert werden können.

Deckel bei Strompreisen

Die Stromkonzerne profitieren von den hohen Gaspreisen. Denn dadurch wird auch der Strompreis an der Börse in die Höhe getrieben. Der Strompreis richtet sich nämlich nach dem teuersten Kraftwerk. Das heißt, selbst wenn mit Erneuerbaren Energien günstig Strom produziert wird, kostet der trotzdem so viel wie Strom, der aus teurem Gas produziert wurde. Daher hat der Nationalrat neben der Zufallsgewinnabgabe einen Preisdeckel für Stromkonzerne beschlossen. Kostet eine Megawattstunde Strom mehr als 140 Euro, werden vom Erlös daraus 90 Prozent abgezogen.  Für Betriebe, die in Erneuerbare Energien investieren, wird der Preisdeckel bei 180 Euro eingezogen.

EU-Verordnung gibt Rahmenbedingungen vor

Vorreiter sind Italien, Spanien, Ungarn und Großbritannien. Sie begrenzen die Zufallsgewinne bereits seit längerem. Anfang Oktober haben sich die EU-Mitgliedsstaaten auf eine Übergewinnsteuer geeinigt. Sie gibt die rechtlichen Rahmenbedingungen vor, die einzelnen Mitgliedsstaaten können sie strenger ausgestalten. Österreich hat das getan. Unter anderem ist die Zufallsgewinnabgabe höher. Laut EU-Verordnung muss diese bei mindestens 33 Prozent liegen.

Einnahmen sollen Entlastungspakete finanzieren

In Österreich wird die Zufallsgewinnabgabe rückwirkend mit 1. Juli 2022 gelten, der Strompreisdeckel ab 1. Dezember 2022. Die Maßnahmen sollen bis Ende 2023 gelten. Die Regierung rechnet damit, dass der Staat durch diese Abgaben zwei bis vier Milliarden Euro einnehmen wird. Das Geld wiederum soll für die Entlastung der Bürger:innen verwendet werden. Zum Beispiel für die Finanzierung der Stromkostenbremse.

Klimagerechtigkeit: Wer zahlt für die Schäden?

Es herrscht ein Ungleichgewicht zwischen dem reichen Globalen Norden und dem wirtschaftlich armen Globalen Süden. Während die Industriestaaten einen Großteil zur Klimakrise beigetragen haben, um ihren Wohlstand aufzubauen und zu sichern, leiden die kaum industrialisierten Länder heute am meisten unter den Folgen. Die Verantwortung für Loss and Damage, also von der Klimakrise verursachte Verluste und Schäden, steht bei der Weltklimakonferenz zur Diskussion.

Dürre, Überflutungen und Hitzewellen. Es wird heißer, trockener, es stürmt öfter. Wir spüren die Auswirkungen der Klimakrise immer mehr. Doch in manchen Weltgegenden zeigen sich diese stärker als in anderen. Die Bevölkerung der Länder des Globalen Südens ist davon am stärksten betroffen. In Somalia zum Beispiel herrscht die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten, die Menschen leiden Hunger und müssen ihre Heimat verlassen. Im Sommer haben Millionen Menschen in Pakistan ihre Heimat verloren. Während der Monsunzeit zwischen Juni und September hat es dieses Jahr mehr geregnet als normal. Zusätzlich sind die Gletscher besonders stark geschmolzen. Große Teile des Landes waren überflutet. 1.500 Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Vor der Monsunzeit herrschte in Pakistan eine Hitzewelle mit um die 50 Grad.

Klimakrise verschärft Verwundbarkeiten

Beide Länder haben gemein, dass ihnen die Mittel fehlen, um sich an solche Extremwetterereignisse und Katastrophen anzupassen. Die Klimakrise ist somit ein Multiplikator: Sie verschärft die bereits bestehenden Verwundbarkeiten vieler wirtschaftlich ärmerer Länder.

Ob und wie diesen Staaten dabei geholfen werden soll, sich an die sich verändernden Klimabedingungen anzupassen, ist Thema auf der diesjährigen Weltklimakonferenz (COP27) in Sharm el-Sheikh in Ägypten. Jedoch nicht zum ersten Mal. Bereits 2009 haben die Industriestaaten des Globalen Nordens zugesagt, die Länder des Globalen Südens ab 2020 jährlich mit 100 Milliarden US-Dollar bei Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen zu unterstützen. Eingehalten wurde diese Zusage bisher nicht. 2020 haben die Industriestaaten rund 83 Milliarden US-Dollar bereitgestellt. Laut einem Bericht, der bei der COP27 präsentiert wurde, brauchen die ärmeren Länder bis 2030 jedoch 2,4 Billionen Dollar jährlich für den Klimaschutz.

Anpassung nicht immer möglich

Unter dem Begriff Loss and Damage, auf Deutsch Schäden und Verluste, wird diskutiert, wie ärmere Länder dabei unterstützt werden können, mit den Folgen des Klimawandels umzugehen. Darunter können Schäden fallen, die durch Extremwetterereignisse wie Starkregen oder Dürre verursacht wurden. Gleichzeitig aber auch durch langsam voranschreitende, aber ebenso schlimme Veränderungen wie der Anstieg des Meeresspiegels. Das sind Situationen, an die sich Menschen schwer bis gar nicht anpassen können. Das bedeutet, dass Betroffene mitunter ihre Heimat verlassen müssen und ihr Hab und Gut verlieren. Das wiederum kann psychische Schäden hervorrufen. Ist eine Anpassung an die veränderten Bedingungen möglich, fehlen oft die Mittel.

Suche nach Schuldigen schwierig

Die menschliche Moral sagt uns: Zahlen muss der, der den Schaden verursacht hat. Wenn wir beim Ausparken ein anderes Auto beschädigen, ist klar, dass wir für den Schaden aufkommen müssen. Doch bei der Klimakrise ist es nicht so einfach, die Schuldigen zu finden. Historisch gesehen sind es vor allem Nordamerika und Europa, die die meisten CO2-Emissionen verursacht und damit am stärksten zur Klimakrise beigetragen haben. Aktuell sind aber auch Schwellenländer wie China und Indien Treiber der Energiekrise. Der Grund: Sie industrialisieren ihre Wirtschaft. Ein Prozess, den die Länder Nordamerikas und Europas bereits ab Mitte des 18. Jahrhunderts durchgemacht haben. Und auf dem der Wohlstand dieser Länder beruht.

Extremwetterereignisse werden wahrscheinlicher

Finanzieller Ausgleich für Loss and Damage ist ein umstrittenes Thema. Schon allein deshalb, weil es schwierig ist, zu sagen, welche Schäden auf die Klimakrise zurückzuführen sind und wer genau dafür verantwortlich ist. Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wahrscheinlicher. Um sich zu versinnbildlichen, was das bedeutet, können wir uns einen gezinkten Würfel vorstellen. Die Zahl sechs steht für Extremwetterereignisse. Wird die Zahl fünf mit einer sechs übermalt, verdoppelt sich die Wahrscheinlichkeit, die Zahl Sechs zu würfeln. Man weiß aber nicht, ob man die originale Sechs gewürfelt hat oder die manipulierte Sechs. Ebenso weiß man nicht, ob ein bestimmtes Extremwetterereignis wie eine Dürre ohnehin aufgetreten wäre oder durch die Klimakrise verstärkt wurde.

Schäden werden hoch sein

Die Schäden werden zusätzlich sehr hoch sein und auch weiterhin steigen. Die Industrieländer werden nicht bereit und womöglich auch nicht in der Lage sein, derart hohe Geldsummen aufzubringen. Hinzu kommt, dass in vielen ärmeren Ländern Korruption ein großes Problem ist. Ob in diesen Ländern das Geld dann auch wirklich dafür verwendet wird, um die Schäden zu kompensieren und Anpassungsmaßnahmen zu treffen, ist daher fraglich.

Ausgleichszahlungen sind aber nicht die einzige Möglichkeit, die Länder des Globalen Südens und ihre Bewohner:innen zu unterstützen. Über konkrete Projekte kann man den Betroffenen direkt helfen. Beispielsweise, indem man in Systeme investiert, die frühzeitig vor Naturkatastrophen warnen. Oder indem die Industriestaaten ärmere Länder dabei unterstützen, Erneuerbare Energien wie Photovoltaik-Anlagen zu errichten, um umweltfreundlicher Energie zu produzieren.

Auch mit Wissen unterstützen

In jedem Fall müssen die reicheren Länder die ärmeren unterstützen. Nicht nur finanziell, sondern auch mit technischem Wissen. Denn die Schäden und Verluste werden steigen. Je heißer es auf der Erde wird, desto mehr Menschen werden die Auswirkungen spüren. Es müssen aber mehr als nur Einmalzahlungen sein. „Damit es nicht bei willkürlichen, einmaligen Zusagen für den Wiederaufbau nach Katastrophen- und Klimaschäden bleibt, braucht es ein klares Bekenntnis zu einem eigenen Finanztopf“, sagt Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace, gegenüber der APA.

Erste Länder stellen Gelder bereit

Worauf sich die Staaten bei der COP27 einigen werden, ist aktuell noch nicht absehbar. Dänemark hat bereits als erstes Land angekündigt, 100 Millionen Kronen an Kompensation zu zahlen. Umgerechnet sind das 13,5 Millionen Euro. Österreich will in den nächsten vier Jahren mindestens 50 Millionen Euro zur Verfügung stellen, um Loss and Damage zu finanzieren. Zudem sind bis 2026 340 Millionen Euro für internationale Klimaprojekte vorgesehen.

Energie vom Feld ernten

Bis 2030 will Österreich den Strom zur Gänze aus Erneuerbaren Energien gewinnen. Wasser, Wind und Sonne sollen dabei helfen. Im niederösterreichischen Bruck an der Leitha ist nun eine Agri-Photovoltaik-Anlage ans Netz gegangen. Sie arbeitet mit der Kraft der Sonne, verbraucht wenig Platz und macht so landwirtschaftliche Nutzung rund um die Paneele möglich.

Lässt man im niederösterreichischen Bruck an der Leitha den Ecoplus-Park hinter sich und fährt weiter Richtung Pachfurth, tut sich auf einem Feld auf der rechten Straßenseite eine große Photovoltaik-Anlage auf. Es ist aber keine normale PV-Anlage, es ist eine Agri-PV-Anlage. Sie kombiniert Landwirtschaft und Stromerzeugung. Noch sieht man vor allem Erde zwischen den Solarpaneelen. Bei genauerem Hinsehen entdeckt man aber bereits kleine grüne Halme aus dem Boden wachsen. Weizen, Soja, Mohn und Mais sollen auf der fünf Hektar großen Fläche unter anderem wachsen. Parallel dazu erzeugen 5.704 Photovoltaik-Module Strom für rund 1.000 Haushalte. Ans Netz gegangen ist die Agri-PV-Anlage Anfang November.

Solarpaneele ändern ihre Position

Mit Agri-PV-Anlagen können Landwirt:innen doppelt ernten: sowohl Lebensmittel als auch Strom. Die PV-Module nehmen dabei kaum Platz ein. Am Sonnenfeld in Bruck verbrauchen sie zwei Prozent der Fläche. Der Großteil, nämlich 80 Prozent, kann landwirtschaftlich genutzt werden. Die Module sind zudem flexibel. So können sie dem Verlauf der Sonne folgen. Indem die Position geändert werden kann, kann auch die Intensität des Schattens, den die Paneele werfen, gesteuert werden. Denn die Pflanzen brauchen zum Wachsen genug Sonnenlicht. Bei Niederschlag stehen die Module im 70 Grad-Winkel, damit die Feuchtigkeit gut zum Boden gelangen kann. Durch den Schatten der Module bleibt zudem der Boden länger feucht. Blickt man auf den trockenen Sommer in der Ostregion zurück, ist das ein bedeutender Faktor.

Zwischen den Solarpaneelen sollen unter anderem Soja, Roggen und Leinensaat wachsen.

Ihre Position kann aber auch verändert werden, damit Landwirt:innen beispielsweise mit Traktoren am Feld fahren können. Der Wechsel vom horizontal ausgerichteten Bewirtschaftungsmodus in den Trackingmodus, in dem die Solarzelle am meisten Strom produzieren kann, dauert rund zehn Minuten. Bei Niederschlag stehen die Module im 70 Grad-Winkel, damit die Feuchtigkeit gut zum Boden gelangen kann. Durch den Schatten der Module bleibt zudem der Boden länger feucht. Blickt man auf den trockenen Sommer in der Ostregion zurück, ist das ein bedeutender Faktor.

Platz für Biodiversität

Am Sonnenfeld soll auch die Biodiversität gefördert werden. Daher werden auf den übrigen 18 Prozent Blühstreifen und Bienenweiden gepflanzt, von denen Insekten, nistende Vögel, Hasen und Rotwild profitieren. „Das Sonnenfeld zeigt, dass wirtschaftliche Optimierung und ökologische Optimierung funktionieren“, sagte Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, bei der Eröffnung des Sonnenfelds. Der Klima- und Energiefonds fördert Projekte, die notwendig sind, um bis 2030 den Strom zur Gänze aus Erneuerbaren Energien zu gewinnen – wie jenes in Bruck an der Leitha.

Am Anfang war die Skepsis

Die Erfahrungen mit Agri-PV-Anlagen sind in Österreich noch rar. 2019 wurde die erste Anlage in Betrieb genommen: die Pilotanlage in Guntramsdorf. Projektentwickler Joachim Payr von EWS Consulting musste daher einiges an Überzeugungsarbeit leisten. „Wir sind eine landwirtschaftlich geprägte Gruppe, die sich mit Energie beschäftigt. Vor zwei, drei Jahren haben wir noch gesagt, auf unsere Äcker stellen wir nichts“, sagt Michael Hannesschläger, Geschäftsführer des Energieparks Bruck, der das Sonnenfeld nun leitet. Auch Grundeigentümer Beppo Harrach stand dem Vorhaben zunächst skeptisch gegenüber. Der Acker sei für landwirtschaftliche Produktion und nicht für Energieerzeugung dar, war er lange Zeit überzeugt.

Payr konnte sowohl Harrach als auch den Energiepark von den Vorteilen einer Agri-PV-Anlage überzeugen. Unter anderem bieten die Module Schutz vor Hagel und können einem trockenen Boden entgegenwirken. Sollte es zu klimabedingten Ernteausfällen kommen, haben die Landwirt:innen immer noch die Stromproduktion als Einnahmenquelle. „Es war dann nicht mehr so sehr die Frage, ob man das umsetzt, sondern wie man das umsetzt, um viel Ertrag zu erwirtschaften“, lässt Harrach wissen. In der Agri-PV-Anlage sieht er einen Weg, wo sich die Landwirtschaft in Zukunft hinbewegen kann. Dass sich die Energieerzeugung mit landwirtschaftlicher Produktion an einem Ort vereinen lässt, sorgt für Akzeptanz. Sowohl bei den Landwirt:innen als auch in der Gesellschaft.

Die Solarpaneele sind so angeordnet, dass Landwirt:innen ihre Felder wie gewohnt beackern können.
Viel Potential in Agri-PV-Anlagen

Mit diesem Projekt wird „innovatives Neuland betreten“, so Klimaministerin Leonore Gewessler. Sie sieht in dem Sonnenfeld „riesiges Potential“ für die Zukunft. Wie auch Joachim Payr. Ein Fünftel des Gesamtstromverbrauchs in Österreich könnte durch Agri-PV-Anlagen gedeckt werden. „Da wollen wir in den nächsten Jahren hin“, sagt er.

Damit das gelingen kann, muss das System hinter der Anlage laufend optimiert werden. Aus diesem Grund wird das Sonnenfeld von einem Team der Universität für Bodenkultur (BOKU) wissenschaftlich begleitet. Untersucht wird, wie die Landwirt:innen die Fläche am besten mit Maschinen bewirtschaften können, welchen Einfluss die Anlage auf die Biodiversität hat und welche Pflanzen am besten wachsen. Der Anbau von Mais beispielsweise ist ein gewagtes Experiment, weil die Pflanze recht hochwächst. Trotzdem wird sie angebaut. „Weil wir wissen wollen, was passiert“, meint Hannesschläger.

Acht Forschungszonen für viele Erkenntnisse

Das Sonnenfeld wurde in acht Forschungszonen unterteilt. In diesen befinden sich unterschiedliche Module mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Die Abstände zwischen den Modulen sind je nach Zone zwischen sechs, neun und zwölf Metern breit. Auf einer Hälfte wird von Harrach und seinem Team konventionelle Landwirtschaft betrieben. Auf der anderen ist er mit Bio-Landwirt:innen eine Kooperation eingegangen. Zudem dienen eine brachliegende Fläche sowie eine landwirtschaftlich genutzte Fläche ohne Solarpaneele als Vergleichsflächen. Mit den Erkenntnissen aus dem Sonnenfeld in Bruck soll die Software hinter der Anlage verbessert werden. Damit eine Agri-PV-Anlage in Zukunft das Interesse von mehr Landwirt:innen weckt.

Steht man am Sonnenfeld in Bruck und dreht sich im Kreis, fallen einem Windräder auf. Und eine Biogasanlage. Allesamt Symbole der Energiewende.

WMO-Befund stellt verheerende Diagnose

Das Weltklima ist in schlechter Verfassung und damit eine unmittelbare Bedrohung für die Menschheit. Das sagt die Weltwetterorganisation (WMO) in einem neuen Bericht. Er richtet sich vor allem an jene, die gerade in Ägypten über die Zukunft der Welt verhandeln.

Einmal im Jahr sollten wir zur Vorsorgeuntersuchung gehen. Das empfehlen die meisten Ärzt:innen und die Gesundheitskasse. Bei so einem Gesundheitscheck geben wir Blut- und Harnproben ab, lassen uns abhören, wiegen und Blutdruck messen. Am Schluss erhalten wir einen Befund zu unserem Gesundheitszustand. Manche von uns sollten mehr Sport machen, andere weniger rauchen oder die Ernährung umstellen. Auch die Weltwetterorganisation macht solch einen Gesundheitscheck einmal im Jahr. Allerdings haben sie nur einen einzigen Patienten: das Weltklima.

In ihrem Jahresbericht warnt die Organisation seit Jahrzehnten, dass der Zustand des Weltklimas sich jedes Jahr verschlechtert. Aber heuer fällt der vorläufige Befund besonders drastisch aus. Die Daten sollen alle verhandelten Personen auf der UN-Weltklimakonferenz COP27 erinnern, was auf dem Spiel steht.

Die wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen

Die vergangenen acht Jahre deuten sich laut des WMO-Befundes als wärmste der Aufzeichnungen an. Die weltweite Durchschnittstemperatur lag zuletzt schätzungsweise rund 1,15 Grad über dem Durchschnitt der vorindustriellen Zeit.  Hitzewellen, Dürren und Flutkatastrophen haben in diesem Jahr Millionen Menschen betroffen und Milliardenkosten verursacht.

Menschen im globalen Süden leiden am meisten unter den Folgen der Klimakrise. Und das, obwohl sie am wenigsten verantwortlich seien, sagt WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. Bis Mitte des Jahres waren unter anderem durch extrem langanhaltende Dürren im Osten Afrikas bis zu 19,3 Millionen Menschen von unsicheren oder unzureichendem Zugang zu Nahrungsmitteln betroffen. Die Fluten in Pakistan kosteten mindestens 1.700 Menschen das Leben und vertrieben fast acht Millionen Menschen aus ihrer Heimat.

Hitzetote in Europa

Auch in Europa forderte die Klimakrise Menschenleben. Mindestens 15.000 Menschen sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit Jahresbeginn an den Folgen der schweren Hitzewellen in Europa gestorben. Darunter seien etwa 4.500 Todesfälle in Deutschland, fast 4.000 in Spanien und mehr als 3.200 in Großbritannien.

Die drei Monate von Juni bis August waren in Europa die heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die außergewöhnlich hohen Temperaturen führten zur schwersten Dürre, die der Kontinent seit dem Mittelalter erlebte.

Bilder des ausgetrockneten Pos im Norden Italiens gingen um die Welt. © Adobe Stock
Für viele Gletscher ist es bereits zu spät

Forscher:innen können aus Gebirgsgletschern viel über den Zustand des Weltklimas ablesen. Sie sind Schlüsselindikatoren für Klimaänderungen, sozusagen eine Art globales Fieberthermometer. Umso drastischer, dass das Schmelzen der Gletscher in diesem Jahr enorm an Fahrt aufgenommen hat.

In den Alpen wurden durchschnittliche Verluste von drei bis vier Metern der Gletschereisdicke gemessen, deutlich mehr als im bisherigen Rekordjahr 2003. Der Grönländische Eisschild schmolz das 26. Jahr in Folge, außerdem fiel am höchsten Punkt des Eisschilds im August 2021 erstmals Regen statt Schnee.

In der Schweiz nahm das Volumen der Gletscher in den vergangenen zwanzig Jahren um mehr als ein Drittel ab. „Für viele Gletscher ist es bereits zu spät und das Schmelzen wird für Hunderte, wenn nicht Tausende Jahre weitergehen, mit enormen Auswirkungen für die Wasserversorgung“, so Taalas.

Der Meeresspiegel steigt rasant

Das Tempo des Meeresspiegel-Anstiegs hat sich seit 1993 verdoppelt, stellt der WMO-Bericht fest. Allein seit Jänner 2020 stieg der Meeresspiegel um fast 10 Millimeter auf einen neuen Rekordstand an. Der Anstieg in den vergangenen zweieinhalb Jahren macht zehn Prozent des Gesamtanstiegs der vergangenen knapp 30 Jahre aus, in denen dieser mithilfe von Satellitenmessungen beobachtet wurde. Für Küstenregionen und tiefliegende Staaten ist das eine enorme Bedrohung.

Mehr Klimagase denn je

Die Konzentration der wichtigsten Treibhausgase – Kohlendioxid (CO₂), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) – hat im abgelaufenen Kalenderjahr einen neuen Höchststand erreicht, bei Methan war die Zunahme sogar so groß wie nie. Auch im noch laufenden Jahr stieg die Konzentration aller drei Gase in der Atmosphäre weiter an. „Wir haben so hohe Werte an Kohlendioxid in der Atmosphäre, dass das 1,5-Grad-Ziel kaum noch in Reichweite ist“, hält WMO-Generalsekretär Taalas fest. Je höher die Erderhitzung sei, desto schlimmer würden die Auswirkungen.

Deutlicher könnte ein Befund der Weltwetterorganisation kaum ausfallen. Die Diagnose liegt schwarz auf weiß vor uns. Der schlechte Gesundheitszustand des Weltklimas fordert schon heute unzählige Menschenleben. Auch in Europa. Die internationale Gemeinschaft hat sich bereits auf viele Klimaziele verständigt, auch dieses Mal werden neue Versprechen folgen. Wir müssen uns nur immer wieder daran erinnern, dass wir Klimaschutzmaßnahmen nicht nur beschließen, sondern auch umsetzen müssen.