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Zwentendorf: Die Geschichte eines Neins

Es war fertig gebaut und musste nur noch ans Netz gehen. Vor 45 Jahren kam es aber anders: Österreich entschied sich bei der Volksabstimmung dagegen, dass das Atomkraftwerk Zwentendorf in Betrieb genommen wird. Die Anti-Atomkraftbewegung hat damit gezeigt, dass es sich immer lohnt, zu kämpfen. Selbst dann, wenn die Situation hoffnungslos erscheint.

Es war knapp am 5. November 1978. 30.000 Stimmen entschieden über das Schicksal des Atomkraftwerks Zwentendorf – und damit auch über jenes von Österreich. 50,47 Prozent Wahlberechtigten entschieden sich gegen das Atomkraftwerk. Einen Monat später beschloss der Nationalrat das Atomsperrgesetz und hat damit Atomkraftwerke verboten.

Die Volksabstimmung war das Ende eines langen Protests. Die Vorzeichen waren schlecht. Denn das Atomkraftwerk im niederösterreichischen Zwentendorf war bereits fertig gebaut. Dennoch demonstrierten ab 1975 Menschen dagegen, dass es ans Netz geht. In ganz Österreich entstanden Gruppen und Bürgerinitiativen, die Widerstand leisteten.

Günther Pfaffenwimmer gründete mit fünf Studienkolleg:innen im April 1975 den Arbeitskreis Atomenergie. „Und da war schon klar, das Atomkraftwerk ist fertig und sollte im Herbst in Betrieb gehen. Wir haben gesagt, wir machen jetzt trotzdem Widerstand“, erinnert er sich zurück. Die Aktivist:innen haben Flugblätter verteilt, Broschüren und Pickerl verkauft, Veranstaltungen organisiert und Interviews gegeben. Auf Letzteres hat man sich gut vorbereitet. „In unseren wöchentlichen Sitzungen haben wir in einem Rollenspiel probiert, wie das ist, wenn man Für- und Wider-Diskussionen macht auf der Bühne. Das geht nicht mit langen Erklärungen“, erzählt Pfaffenwimmer.

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Pfarrämter waren gute Kunden

In Graz war die Wohngemeinschaft von Doris Pollet-Kammerlander die Drehscheibe des steirischen Widerstands gegen das Atomkraftwerk. Die Wohnung war nicht nur Treffpunkt, sondern auch Lager für Zeitschriften, Plakate und Flugblätter. „Die besten Kunden bei uns waren die Pfarrämter. Sämtliche Pfarrämter in der Steiermark haben bei uns die Materialien bestellt, haben Veranstaltungen pro und kontra Zwentendorf durchgeführt. Dadurch ist diese Bewegung so stark gewachsen“, lässt Pollet-Kammerlander wissen.

In der Anti-Atomkraftwerksbewegung engagierten sich Menschen mit den verschiedensten Hintergründen. Sie kam aus linken Studierendengruppen und Kirchen, waren bürgerlich und zum Teil auch rechts. Es gab Spannungen, aber der gegenseitige Respekt hielt sie zusammen, die Ablehnung des Atomkraftwerks einte sie. Sie zweifelten an der Sicherheit des Atomkraftwerks, machten sich Sorgen um mögliche Langzeitfolgen und fragten sich, was mit dem radioaktiven Atommüll passieren soll. Letzteres ist bis heute ungeklärt. Sie protestierten auf der Straße und nutzten die Informationskampagne der Regierung, um vor Atomkraft zu warnen.

Mit der Informationskampagne wollte die Regierung Bedenken und Ängste rund um die Kernenergie zerstreuen. Doch das Ganze endete in einem Desaster. Zu den Vorträgen kamen mehrheitlich Gegner:innen der Atomkraft – und sie nutzten die Bühne, um ihre Kritik an der Atomkraft zu äußern.

Bewegung war von Anfang an motiviert

Die Stimmung in der Anti-Atomkraftwerksbewegung war von Anfang an gut. Und das, obwohl die Ausgangslage hoffnungslos schien. Die Aktivist:innen haben genügend Druck ausgeübt, sodass der Nationalrat im Juni 1978 eine Volksabstimmung beschlossen hat. „Dann ist das aufgegangen in eine Riesenaktion“, sagt Pfaffenwimmer. Die Aktivist:innen haben den ganzen Sommer durchgearbeitet. Sogar die Kronen Zeitung hat geholfen. Über Tage hinweg hat sie eine Serie mit Pro- und Kontra-Artikeln zu Atomkraftwerken gebracht.

Am 5. November hat sich dann eine knappe Mehrheit gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf ausgesprochen. Den Erfolg der Bewegung führt Pollet-Kammerlander darauf zurück, dass es eine Ein-Punkt-Bewegung war. Es gab einen Fokus: das Atomkraftwerk Zwentendorf. Und das machte die Mobilisierung einfach. Intern wurden auch andere Fragen diskutiert. Über Wirtschaft, Energie und Konsum. „Es ist wichtig zur Mobilisierung einen Fokus zu haben, ein Thema. Aber was genauso wichtig war nachher, genau diesen Fragen nachzugehen“, hält Pollet-Kammerlander fest.

45 Jahre Zwentendorf
Das Atomkraftwerk Zwentendorf wurde fertig gebaut, ist aber nie in Betrieb gegangen. © Adobe Stock

Ein solches Ein-Punkt-Thema erkennt Pollet-Kammerlander auch heute. Im Klimawandel. „Das ist heute in aller Munde. Das kann man hernehmen und man kann sagen, das ist das Thema, mit dem wir an die Öffentlichkeit gehen. Gleichzeitig erklären wir, was damit alles zusammenhängt und wo überall die Schrauben angesetzt oder gelockert werden müssen“, meint sie.

Österreich lehnt Atomkraft bis heute ab

Die Proteste gegen Zwentendorf und die Volksabstimmung haben gezeigt, dass Engagement immer wichtig ist. Sogar dann, wenn die Ausgangslage nicht die beste ist. Es war der Anfang der starken Ablehnung von Atomkraft in der österreichischen Bevölkerung. Und sie war der erste laute Aufschrei der österreichischen Umweltbewegung. Ein paar Jahre später gründete sich die grüne Partei. In ihren Reihen viele, die zwischen 1975 und 1978 für ein atomfreies Österreich gekämpft haben.

Übrigens: Das Atomkraftwerk produziert heute doch Strom. Sonnenstrom.

Die Natur kehrt an ihren Platz zurück

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Es ist das Zuhause von Wildpferden, Dungkäfern und seltenen Kleearten. Das Auenreservat Marchegg gehört der Natur – und ist damit ein Beispiel für gelungene Renaturierung. Von diesen Projekten braucht es mehr. 

Ein kurzes Aufstampfen hat sie verraten. Wahrscheinlich war eine Fliege lästig. Im Marchegger Auenreservat sind die wild lebenden Konik-Pferde aber eigentlich gut getarnt. Man muss schon genau hinschauen, wenn man die grau-braunen Pferde zwischen den Blättern der Bäume entdecken will. Und manchmal hilft nicht einmal das. WWF-Experte Michael Stelzhammer kennt die Pferde und das Reservat wie kein anderer. Und selbst er muss manchmal schummeln, um die Pferde zu finden. Mit einer App kann er die Leitstute peilen. So ist das eben, wenn sich Tiere auf 80 Hektar frei bewegen können.

Pferde als Naturschützer

Die Konik-Pferde mögen für so manche Besucher:innen eine Attraktion sein. Aber eigentlich leisten sie im Auenreservat einen wichtigen Naturschutzjob. Das Gebiet wurde zwischen 2011 und 2019 renaturiert. Das heißt, der March und ihren Auen wurde auf einer Länge von rund 20 Kilometern das zurückgeben, was wir Menschen ihr in den 100 Jahren davor genommen haben: die Natur. Ab den 1920er Jahren hat man damit begonnen, die March zu regulieren. Der Fluss konnte nicht mehr seinem natürlichen Lauf folgen, sondern wurde in eine Art Kanal umgebaut. Dafür wurden unter anderem die Ufer zubetoniert. Schiffe konnten so leichter durch die March fahren. Für die Artenvielfalt war das aber eine Katastrophe.

Fehler der Vergangenheit behoben

Im letzten Jahrzehnt hat man versucht, diese Fehler der Vergangenheit rückgängig zu machen. Unter anderem wurde der Beton am Flussufer entfernt. Dadurch konnten natürliche Flussbette entstehen. Nebenarme wurden wieder an die March angebunden und von Tieren und Pflanzen schnell zurückerobert. In der Au wurden über 20 Hektar Feuchtwiesen und Sutten, kleine Mulden im Boden gesichert. Zum Teil wurden Sutten auch wieder ausgebaggert. Diese füllen sich mit Wasser, wenn es stark geregnet hat oder der Grundwasserstand hoch ist. „Dadurch leben dort keine Fische drinnen, aber sie sind eine Kinderstube für Amphibien und die total spannenden Urzeitkrebse“, erzählt Stelzhammer.

„Dort, wo man der Natur die Freiheit oder den Freiraum gibt, sich wieder zu entfalten, dort nimmt sie ihn sich innerhalb kurzer Zeit.“

Dass im Zuge der Renaturierungsmaßnahmen die Konik-Pferde im Auenreservat angesiedelt wurden, ist kein Zufall. Ihre Lebensweise trägt entscheidend dazu bei, dass sich die Natur ihren Platz zurückholen kann. Sie sind keine Rasenmäher, die die Wiese innerhalb kürzester Zeit kurz schneiden. Sie fressen manche Stellen kahl, an anderen bleiben Gras und Pflanzen höher stehen. Genau davon profitieren Insekten und Vögel. Bodenbrütende Vögel zum Beispiel finden so immer wieder Nischen, wo sie ihre Nester verstecken können. Das kürzere Gras wiederum erleichtert es ihnen, Nahrung zu finden.

Seltener Klee ist in die Auen zurückgekehrt

Michael Stelzhammer kann aber auch ein ganz besonderes Erfolgserlebnis berichten: Auf der Weide im Auenreservat gab es zwei seltene Kleearten. Die Naturschützer:innen haben sich besondere Mühe gegeben, um diese zu erhalten. Dafür haben sie beispielsweise händisch gemäht. Trotzdem waren die beiden Kleearten irgendwann einmal weg. Zwei Jahre nachdem die Pferde in das Auenreservat gezogen sind, waren beide Kleearten wieder da. „Die Pferde schaffen dort, wo sie sich wälzen und mit den Hufen scharren, einen offenen Boden. Diese sandigen, offenen Flächen brauchen die Kleearten, um zu keimen“, erklärt Stelzhammer. Mittlerweile kommen beide Kleearten auf den gesamten 80 Hektar vor – verbreitet von den Konik-Pferden auf ihren Wanderungen.

Renaturierung Marchegg
Die Konik-Pferde leisten im Auenreservat in Marchegg einen wichtigen Naturschutzjob. © Markus Englisch
Nebenarme voller Leben

Es geht weiter zur March. Sie trennt Österreich und die Slowakei. Michael Stelzhammer zeigt von einem Steg aus auf das gemächlich fließende Wasser. Heute ist es ein Teil der March, früher war es vom Hauptfluss getrennt. Viele Nebenarme sind dadurch auch ausgetrocknet. In der March selbst sieht man noch Rückstände von den befestigten Ufern, wie sie steil ins Wasser abfallen. Auf mehreren hundert Metern wurden die Ufer aber bereits zurückgebaut. Die March hat so einen Teil ihres natürlichen Laufs zurückbekommen. Das Flusssystem ist wieder intakt, das spürt man, wenn man diesen Abschnitt der March besucht. Vögel singen am Ufer und im Wasser flitzen Fische hin und her.

Zahl der Jungfische steigt

„Mit unserer Renaturierung haben wir es geschafft, dass wir in den Bereichen, die wir renaturiert haben, innerhalb von einem oder eineinhalb Jahren die Jungfischmenge verdreifacht haben“, lässt Stelzhammer wissen. Bevor die March reguliert wurde, war sie das artenreichste Gewässer in Österreich. Pro Hektar Wasserfläche sind bis zu einer Tonne Fische herumgeschwommen. Indem der Mensch in die Natur eingegriffen hat, sind immer mehr Arten verschwunden. Aktuell leben fünf bis zehn Prozent der ursprünglichen Fischmasse in der March. Umso erfreulicher ist die Nachricht, dass die Zahl der Jungfische steigt.

Ohne die Renaturierungsmaßnahmen wäre das nicht möglich. Fische brauchen ruhige Stellen, flache Ufer und Sandbänke, um sich natürlich vermehren zu können. Und das finden auch die Vögel toll. Denn für manche von ihnen sind die kleinen Fische Nahrung. Nicht umsonst singen in den Bäumen neben der March so viele Vögel.

Unregulierte Flüsse schützen vor Hochwasser

Von unregulierten Flüssen haben aber auch wir Menschen etwas. Sie sind Hochwasserschutz. „Nur wenn ich Flüssen und dem Wasser, das im Hochwasserfall sehr hochsteigt, Platz gebe, bekomme ich eher ein Breitwasser und kein Hochwasser. Das heißt, die Hochwasserwellen bleiben viel niedriger und richten viel weniger Schäden an als in kanalisierten, regulierten Flüssen“, erklärt Stelzhammer. Gleichzeitig bringen unregulierte Flüsse mehr Wasser in die Au. Sie fließen langsamer und können so die Au besser mit Wasser versorgen. Das ist gerade in Trockenperioden von besonderer Bedeutung.

Renaturierung Marchegg
WWF-Experte Michael Stelzhammer kennt das Auenreservat wie kein anderer. © Markus Englisch
Es braucht mehr Projekte wie in Marchegg

Der Natur geht es in Österreich nicht gut. 80 Prozent der Lebensräume, die innerhalb der EU geschützt sind, sind in Österreich in keinem guten Zustand. Angesichts dessen sind Renaturierungsmaßnahmen ein Schritt in die richtige Richtung. „Dort, wo man der Natur die Freiheit oder den Freiraum gibt, sich wieder zu entfalten, dort nimmt sie ihn sich innerhalb kurzer Zeit“, betont Stelzhammer den Nutzen. Aber im Moment kommen solche Projekte wie in den March-Thaya-Auen nur tröpfchenweise. Es braucht mehr davon und es braucht sie vor allem in einem viel größeren Maßstab. Im EU-Renaturierungsgesetz sieht Stelzhammer eine große Chance. Dieses wird auf EU-Ebene noch verhandelt. Es zu beschließen, wird allerdings ein Kraftakt, denn es hat viele Gegner:innen, vor allem von konservativer Seite.

Was die March betrifft, gibt es jedenfalls gute Nachrichten: Österreich und die Slowakei haben sich darauf geeinigt, das gesamte Renaturierungspotenzial auszuschöpfen. Schifffahrtspläne, die in den vergangenen Jahren verfolgt wurden, werden damit ad acta gelegt. Stattdessen sollen die March und ihre Auen in den kommenden Jahren als Naturflusslandschaft wiederhergestellt werden.

Der Dungkäfer liebt die Pferdeäpfel

Bis dahin erholen sich die Arten im Auenreservat Marchegg. Wie zum Beispiel der Dungkäfer, der die Pferdeäpfel liebt, die auf den gesamten 80 Hektar verteilt liegen. „Die Weidefläche ist der Dungkäfer-Hotspot. Ein Drittel der Arten, die hier vorkommen, sind vom Aussterben bedroht oder gefährdet“, lässt Stelzhammer wissen. Sie leisten einen guten Naturschutzjob, die Konik-Pferde. Und das, obwohl sie den überwiegenden Teil des Tages fressen und vor sich hindösen.

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    5 Fakten über Antibiotika in der Tierhaltung

    Durch die Tierhaltung landen immer wieder Krankheitserreger im Fleisch, gegen die kein Antibiotikum mehr hilft. Das gefährdet auch Menschenleben – allerdings auf anderem Wege, als die meisten von uns vermuten. Ein neues Tierarzneigesetz soll den Einsatz von Antibiotika strenger regulieren.

    In Europa sterben jedes Jahr mehr als 35.000 Menschen, weil Bakterien resistent gegen Antibiotika sind. Das bedeutet, dass die Medikamente nicht mehr gegen diese Bakterien helfen. Manche dieser resistenten Bakterien stammen aus der Tierzucht. Denn wie in der Humanmedizin werden auch in der Tiermedizin große Mengen an Antibiotika eingesetzt. Das Problem: Manche Bakterien bei Tieren sind bereits resistent. Durch den häufigen Antibiotikaeinsatz vermehren sich diese Resistenzen immer weiter. Diese Bakterien können im Fleisch stecken und über den Kontakt mit kontaminierten Produkten im menschlichen Körper landen.

    Ab Jänner 2024 tritt daher ein neues Tierarzneimittelgesetz (TAMG) in Kraft. Das Gesetz soll den Einsatz von Antibiotika bei Tieren strenger kontrollieren. Ziel ist es, die Entstehung von Antibiotikaresistenzen zu reduzieren und gleichzeitig das Wohlbefinden der Tiere zu verbessern. Wir haben mit Antibiotikaresistenz-Expertin Annemarie Käsbohrer gesprochen. Sie ist Leiterin der Abteilung Öffentliches Veterinärwesen und Epidemiologie an VetMeduni. Gemeinsam gehen wir den wichtigsten Fragen über Antibiotika auf den Grund.

    1. Wie entstehen Antibiotikaresistenzen?

    Antibiotika sind Medikamente, die zur Behandlung von bakteriellen Infektionen eingesetzt werden. Sie wirken, indem sie die Bakterien abtöten oder ihre Vermehrung stoppen. „Das größte Problem mit Antibiotika ist, dass Bakterien lernen können, sich gegen die Wirkung der Medikamente zu wehren. Einmal erlernt, geben sie dieses Wissen an andere Bakterien weiter“, erklärt Käsbohrer. Die Folge: Die Antibiotika wirken nicht mehr. Dadurch können sich resistente Bakterien ungehindert vermehren und zu schweren Infektionen führen, die man nicht mehr behandeln kann.

    2. Können Antibiotikaresistenzen von Tieren auf Menschen übertragen werden?

    Ja, Bakterien, die gegen Antibiotika resistent sind, können von Tieren auf Menschen übertragen werden. Das kann passieren, wenn wir Fleisch oder tierische Produkte essen, die solche Bakterien enthalten. Aber auch, wenn wir direkt mit Tieren in Kontakt kommen, die diese Bakterien in sich tragen.

    Ein Beispiel dafür ist der MRSA-Keim: Staphylococcus aureus, die nicht resistente Variante, ist ein Keim, der überall in der Natur zu finden ist – auch auf der Haut von vielen Menschen und Tieren. Bei gesunden Menschen löst er meist keine Krankheitssymptome aus. Ist das Immunsystem eines Menschen aber geschwächt, kann dies zu Hautentzündungen, Muskelerkrankungen bis hin zu lebensbedrohlichen Krankheiten wie Lungenentzündung oder Herzinnenhautentzündung führen. Der Keim kann von Mensch zu Mensch übertragen werden. Häufig wird er aber auch von Tieren auf Menschen übertragen, beispielsweise auf Personal in der Tierhaltung oder im Schlachthaus. Durch Antibiotika ließ sich der Keim früher sehr sicher abtöten. In den 70er Jahren wurde er allerdings durch einen zu häufigen und falschen Antibiotikaeinsatz immun und baute Resistenzen auf. Was bedeutet, dass manche Antibiotika nicht mehr wirken und ggf. den Menschen nicht heilen können. Das hat bis heute auch Todesopfer gefordert.

    Resistente Bakterien können über den Kontakt mit Tieren oder kontaminierten Lebensmittel auch im Fleisch und schließlich in unserem Körper landen. © Adobe Stock
    Resistente Bakterien können über den Kontakt mit Tieren oder kontaminierten Lebensmittel auch im Fleisch und schließlich in unserem Körper landen. © Adobe Stock
    3. Antibiotika im Schnitzel: Nehmen wir beim Essen Antibiotika auf?

    Nein, obwohl Tieren im Bedarfsfall Antibiotika verabreicht werden, gelangen die Medikamente nicht in unser Essen. Das liegt daran, dass Tiere, die mit Antibiotika behandelt werden, zunächst nicht für die Lebensmittelproduktion verwendet werden dürfen. „Das bedeutet, wenn ich eine Milchkuh habe, die krank ist und Antibiotika bekommt, darf ich die Milch von dieser Kuh für eine bestimmte Zeit nicht verkaufen“, so Käsbohrer. Erst nach Ablauf einer vorgegebenen Wartezeit dürfen die Tierprodukte wieder verarbeitet werden. Dann ist die Menge an Antibiotika in den Produkten auf ein sicheres und für den Menschen unbedenkliches Niveau gesunken.

    Dieser Prozess wird von der Lebensmittelaufsicht streng überwacht. Bei Nichteinhaltung, also wenn in einem Produkt dennoch Rückstände gefunden werden, muss der Betrieb mit einer hohen Strafe rechnen, bis hin zur Schließung.

    4. Kann man in der Landwirtschaft resistente Keime vermindern?

    „Ja, um resistente Bakterien in der Landwirtschaft zu reduzieren, müssen Antibiotika aber richtig verwendet werden“, erklärt Käsbohrer. Das bedeutet, Antibiotika sollten nur dann eingesetzt werden, wenn sie zur Behandlung von Krankheiten unbedingt erforderlich sind. Ein wichtiger Punkt im neuen TAMG ist daher das Verbot, Antibiotika zur Vorbeugung einzusetzen. Auch das langjährige Verbot des Einsatzes für die Ertragssteigerung wird bekräftigt. Damit Tiere gesund bleiben, ist es wichtig, dass sie unter guten Haltungsbedingungen leben. Stress, schlechtes Futter und zu wenig Platz können die Tiere schwächen und krank machen. Die verbesserte Tierhaltung spielt daher eine wesentliche Rolle in diesem neuen Gesetz.

    Monitoring: Um den Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft künftig besser zu überwachen, hat die Behörde ein Monitoringsystem entwickelt. Dabei wird der Antibiotikaeinsatz erfasst und ausgewertet. Das bedeutet: Wenn ein Betrieb im Vergleich zum Durchschnitt der Branche übermäßig viele Antibiotika verwendet, darf die Behörde diesem Betrieb Maßnahmen vorschreiben. Dazu gehören beispielsweise Schulungen und Beratung sowie die Verbesserung der Haltungsbedingungen. Im Extremfall darf die Behörde vorschreiben, die Anzahl der Tiere auf dem Hof zu reduzieren.

    Antibiogramm: Um die Ausbreitung von Krankheitserregern zu verhindern, ist es wichtig, kranke Tiere zu isolieren und in kleinen Gruppen zu halten. Die kranken Tiere sollen künftig noch häufiger auch einem Antibiogramm-Test unterzogen werden. Das bedeutet, sie werden getestet, um herauszufinden, welche Erreger ihre Krankheit verursachen. Anschließend wird getestet, welche Antibiotika gegen den Erreger wirken und ob bereits Resistenzen bestehen. Das Ergebnis hilft den Tierärzt:innen, das richtige Medikament auszuwählen und verhindert, dass weitere Resistenzen entstehen.

    5. Was können wir machen, damit sich Resistenzen nicht weiter vermehren?

    „Nicht nur die Landwirtschaft kann dazu beitragen, Antibiotikaresistenzen zu reduzieren, sondern auch wir als Verbraucher:innen“, erklärt Käsbohrer. Der erste Schritt besteht darin, unser eigenes Verhalten im Umgang mit Antibiotika zu überdenken. Das bedeutet, Antibiotika nur dann einzunehmen, wenn sie medizinisch wirklich notwendig sind. Der Kauf von qualitativ hochwertigen Produkten spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Eindämmung von Antibiotikaresistenzen. „Es ist besser, etwas weniger, dafür aber qualitativ hochwertige Produkte zu kaufen. Produkte, bei denen wir wissen, woher sie stammen und wie sie produziert und angebaut wurden“, betont die Abteilungsleiterin.

    Erneuerbare-Wärme-Paket: Das musst du wissen

    Das Erneuerbaren-Wärme-Paket liegt vor. Gasheizungen dürfen nicht mehr in Neubauten und der Heizungstausch wird gefördert. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte. 

    Bis 2040 soll Österreich klimaneutral sein. Das heißt, Kohle, Öl und Gas haben ein Ablaufdatum. Sie schaden der Umwelt und machen uns abhängig von nicht-demokratischen und kriegführenden Ländern wie Russland. Alternative Heizmöglichkeiten wie Fernwärme oder Wärmepumpen können hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sie sind klimafreundlicher und machen uns unabhängiger. Damit künftig stärker sauber geheizt wird in Österreichs Häusern und Wohnungen, kommt das Erneuerbaren-Wärme-Paket. Eine Milliarde Euro sind dafür im Budget für 2024 vorgesehen.

    Neubauten künftig auch ohne Gas

    Kohle- und Ölheizungen sind in Neubauten bereits verboten. Künftig dürfen auch keine Gasheizungen mehr installiert werden. Es macht keinen Unterschied, ob es sich um Einfamilienhäuser, mehrgeschossige Wohnbauten oder Betriebsgebäude handelt. Das Verbot gilt für alle neuen Bauvorhaben. Stattdessen sollen die Gebäude künftig unter anderem mit Wärmepumpen, Pellets und Fernwärme geheizt werden.

    Umstieg wird gefördert

    Für all jene, die eine Kohle-, Öl- oder Gasheizung zu Hause haben, soll der Umstieg finanziell erleichtert werden. Der Staat übernimmt bis zu drei Viertel der Kosten, die beim Heizungstausch anfallen. Je nach Heizung sind das zwischen 20.000 und 28.000 Euro. Für all jene Menschen, die wenig Geld haben, werden sogar bis zu 100 Prozent gefördert. So soll zum Beispiel auch eine ältere Frau mit niedriger Pension ihre Heizung tauschen können. Damit spart sie Energie und Geld.

    Höhere Förderungen für Mietwohnungen

    Damit Vermieter:innen die Kosten eines Heizungstausches nicht ihren Mieter:innen umhängen, werden die Förderungen für Mietwohnungen im mehrgeschossigen Wohnbau erhöht. Die Basisförderung beträgt je nach zentralem Heizsystem 45.000 Euro. Pro zentralisierter Wohnung kommen 4.000 Euro dazu und der Sanierungsbonus wird auf 300 Euro pro Quadratmeter verdreifacht.

    Mehrwertsteuer für Sonnenstrom-Anlagen fällt

    Gute Nachrichten gibt es auch für all jene, die zu Hause Sonnenstrom produzieren wollen. Für Sonnenstrom-Anlagen, die auf Wohnhäusern, Wohnungen sowie öffentlichen und für das Gemeinwohl genutzten Gebäuden errichtet werden, wird für die nächsten zwei Jahre die Mehrwertsteuer gestrichen. Das gilt für die Anlagen inklusive Zubehör. Dadurch muss man künftig keine bürokratischen Förderanträge mehr ausfüllen und auf das Geld warten. Man zahlt einfach gleich weniger.

    Sanierungsbonus verdreifacht

    Zudem soll so viel Energie und Wärme wie möglich in den Wohnräumen gehalten werden. Das heißt, Fenster, Türen, Wände und Dächer müssen dicht sein. Manche werden dafür ihr Haus oder ihre Wohnung neu dämmen müssen. Die Mittel für den Sanierungsbonus werden daher nun auf 300 Millionen Euro aufgestockt und damit verdreifacht.

    Auch Wirtschaft profitiert

    Mit dem Paket soll unsere Art zu heizen, klimafreundlicher werden. Die Kosten dafür müssen wir aber nicht alleine tragen, der Staat unterstützt uns dabei. Davon profitieren nicht nur Umwelt und Mensch, sondern auch die Wirtschaft. Denn wenn wir uns eine neue Wärmepumpe kaufen oder unser Haus neu dämmen, sind das wichtige Aufträge für Elektro- und Installationsbetriebe. Klimaschutz kurbelt so auch die Wirtschaft an und sichert Arbeitsplätze.

    Unwetter: So viel Anteil hat die Klimakrise

    Computersimulationen können uns zeigen, wie sich die Klimakrise auf Extremwetter auswirkt. Klimaforscher Douglas Maraun erklärt uns im Gespräch, ob es die Unwetter in Südösterreich auch ohne Klimakrise gegeben hätte. Die Antwort ist eine andere, als wir erwartet hätten.

    Der Sommer ist zwar vorbei, aber der Schrecken steckt vielen Steier:innen und Kärtner:innen noch in den Knochen. Im August hat Starkregen Teile der Südsteiermark und Unterkärntens in Katastrophengebiete verwandelt. Wetterstationen haben Rekorde gemeldet. Noch nie hat es in so kurzer Zeit so viel geregnet.

    Ist das noch normales Wetter?

    Kaum war der Regen vorbei, ist die nächste Gefahr nachgerückt: Hangrutschungen. Zerstörte Häuser, blockierte Straßen und abgeschnittene Ortschaften waren die Folge. In vielen Gemeinden dauern die Aufräumarbeiten bis heute an. Nach den Unwettern stellt sich unweigerlich die Frage: Ist das noch normales Wetter? Hätte es diese Unwetter auch ohne Klimakrise gegeben?

    Attributionsforschung hat Antworten

    Die sogenannte Attributionsforschung hat es sich zur Aufgabe gemacht, solche Fragen wissenschaftlich zu beantworten. Wer allerdings ein klares Ja oder Nein als Antwort erwartet, wird von Douglas Maraun schnell eines Besseren belehrt.

    Maraun ist einer der führenden Klimaforscher Österreichs und hat als Leitautor am letzten Weltklimabericht der IPCC mitgeschrieben. Er lehrt und forscht am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz.

    „Der Klimawandel löst Unwetter nicht aus, nimmt aber auf jedes einzelne Wetterereignis Einfluss.“

    „Wahrscheinlich hätte es diese Unwetter auch ohne Klimawandel gegeben“ sagt der Klimaforscher und holt sofort zu einem Aber aus. „Die Unwetter werden aber stärker.“ Wer fragt, ob ein Gewitter von der Klimakrise verursacht ist, stelle die Frage falsch, so Maraun.

    Zwei wissenschaftliche Lager

    In der Attributionsforschung gebe es zwei Lager, erzählt uns Douglas Maraun. Die einen beschäftigen sich mit der Auftrittswahrscheinlichkeit von Extremwettern. Ihre Ergebnisse werden von Journalist:innen oft verkürzt wiedergegeben. Schlagzeilen wie „Studie zeigt: Hitzewellen im Juli ohne Klimawandel praktisch unmöglich“ stoßen ihm sauer auf, denn sie vermitteln ein falsches Bild. „Der Klimawandel löst solche Ereignisse nicht aus, nimmt aber auf jedes einzelne Wetterereignis Einfluss.“

    Zuverlässigere Aussagen zu Intensität von Unwettern

    Maraun gehört zum anderen Lager. Er und seine Kolleg:innen forschen zur Intensität von Wetterereignissen. Das heißt: Er stellt sich nicht die Frage, ob Unwetter häufiger werden, sondern, ob sie stärker werden. Hier ließen sich bereits zuverlässige Aussagen treffen, ist der Klimaforscher überzeugt.

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    Simulationen helfen der Wissenschaft

    Für seine Forschungen nutzt Douglas Maraun Computersimulationen. Dazu lässt er einen Computer zum Beispiel ein echtes Unwetter eins zu eins nachspielen.

    Der Computer verwendet dafür reale Messdaten von Wetterstationen, wie etwa Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit. „Wir konnten Ereignisse so simulieren, wie sie tatsächlich stattgefunden haben“, erzählt der Klimaforscher.

    „Ein Grad Erwärmung kann Gewitter um 14 Prozent stärker machen.“

    Das zeigt, wie exakt Computersimulationen arbeiten. Um nun die Auswirkungen der Klimakrise zu untersuchen, simuliert Maraun das Unwetter erneut, diesmal mit einer niedrigeren Temperatur. Anschließend vergleicht er die beiden Simulationen. „Ein Grad Erwärmung kann die Intensität eines Gewitters um 14 Prozent erhöhen“, erzählt der Forscher. Eine höhere Gewitterintensität kann größere Regenmengen bedeuten, höhere Windgeschwindigkeiten und mehr Blitze.

    Auch Hangrutschungen lassen sich simulieren

    Mithilfe von Simulationen untersucht Douglas Maraun auch Hangrutschungen. In einem gebirgigen Land wie Österreich gehören sie zu den größten Gefahren, die mit starkem Regen verbunden sind. In einer Studie hat er ein großes Hangrutschereignis in der Südoststeiermark untersucht. 3000 Hangrutschungen gab es dort 2009.

    „Wenn der Klimawandel ungebremst weitergeht, dann wären bis zu 40 Prozent größere Flächen von Hangrutschungen betroffen“, erzählt Maraun von den Ergebnissen der Simulationen. Bei einer Erwärmung von 1,5 Grad, also jenem Anstieg, der im Pariser Klimaabkommen festgeschrieben ist, wären es nur um 10 Prozent mehr.

    Die Erkenntnisse der Attributionsforschung zeigen also eines klar auf: Es macht einen Unterschied, ob wir eine Erwärmung von eineinhalb Grad oder von über drei Grad haben. Das gilt für alle Extremwetterereignisse.

    Klimaschutz lohnt sich

    Zurück zu den Unwettern im Süden Österreichs. Aller Wahrscheinlichkeit nach hätte es also die Unwetter des heurigen Sommers auch ohne Klimakrise gegeben. „Die Klimawandel verändert das Auftreten von Wetterlagen nur schwach“, erläutert der Klimaforscher.

    Seine Computersimulationen zeigen aber, dass die Klimakrise sehr wohl einen Unterschied macht. „Die spürbare Änderung passiert in der Intensität“, fasst es der Klimaforscher zusammen. Selbst wenn die Klimakrise Hitzewellen, Unwetter und Dürren nicht direkt auslöst, sie macht sie stärker. Und das heißt für uns: Wir müssen alles denkbar Mögliche tun, um die Klimakrise abzuschwächen. Denn mit jedem Zehntel Grad, um das es wärmer wird, wird unser Wetter extremer. Noch haben wir es in der Hand, das zu verhindern. Das ist es, was die Attributionsforschung leisten kann. Indem sie zeigt, wie sehr sich Klimaschutz lohnt.

    Der Hof, wo der Boden lebt

    Bio-Landwirtschaft geht auch groß. Das zeigen Maria Harmer und ihr Vater Robert am Gutshof Alt-Prerau. Auf 1.700 Hektar bauen sie Gemüse und Getreide an und schützen dabei den Boden.

    Das Handy zeigt am Display bereits die SMS mit der Tarifinfo Tschechien an, wenn man die Straße entlang nach Alt-Prerau fährt. Der Gutshof der Harmers ist noch in Österreich. Genauer gesagt im niederösterreichischen Weinviertel. Tschechien grenzt aber direkt an Alt-Prerau. Maria Harmer betreibt hier mit ihrem Vater Robert eine biologisch-dynamische Landwirtschaft.

    Landwirtschaft, die den Boden schützt

    Die Harmers zeigen: Bio-Landwirtschaft geht auch groß. Landwirtschaftliche Betriebe können auch so anbauen, dass sie nicht die Böden zerstören, Wildtieren den Lebensraum stehlen und Trinkwasserspeicher an ihre Grenzen bringen. Dass der Boden gesund ist, ist für Maria und Robert Harmer das Wichtigste. Denn nur so bleibt er fruchtbar und kann mit Stresssituationen wie Trockenheit umgehen.

    Dem Boden nehmen und geben

    Dafür sorgt eine logische Fruchtfolge. Auf Alt-Prerau gilt: Dem Boden wird nicht nur genommen, sondern auch gegeben. Es werden Sorten angebaut, die dem Boden viele Nährstoffe entziehen. Zum Beispiel Kartoffel und Zuckerrüben. Aber es werden auch Sorten angebaut, die dem Boden dabei helfen, wieder Humus aufzubauen. Damit der Boden fruchtbar bleibt, werden zum Beispiel Zwischenfrüchte angebaut oder das Stroh von Getreide und Mais am Feld liegengelassen. Das ist Futter für den Boden und seine Bewohner wie Regenwürmer. Die Bodenlebewesen zersetzen dieses Material und wandeln es in Humus um. Das macht Düngemittel auf Alt-Prerau überflüssig.

    biologisch-dynamische Landwirtschaft
    Maria Harmer betreibt am Gutshof Alt-Prerau eine biologisch-dynamische Landwirtschaft. © Markus Englisch
    Gesundes Niemandsland

    Insgesamt 1.700 Hektar Fläche bewirtschaften die Harmers. 500 Hektar in Österreich, 1.200 in Tschechien. Unterhält man sich mit Robert Harmer, dann erfährt man nicht nur viel über biologisch-dynamische Landwirtschaft, sondern auch über Zeitgeschichte. Denn, dass Alt-Prerau so groß ist, wie es heute ist, hat mit dem Fall des Eisernen Vorhangs zu tun. Zwischen der Staatsgrenze und dem Eisernen Vorhang war eine Fläche, die niemanden gehörte und die niemand nutzte. Das sogenannte Niemandsland. Nach dem Zusammenfall des sozialistischen Ostens hat Robert Harmer dort Land gepachtet, später konnte er es kaufen. Der Boden im Niemandsland war gesund. Gesünder als jener in Österreich.

    Bio seit 1984

    Zu diesem Zeitpunkt hatte Robert Harmer seinen Betrieb bereits auf biologische Landwirtschaft umgestellt. 1984 hat er damit begonnen. „Für einen großen Betrieb war es damals nicht einfach, von den zuständigen Behörden Verständnis zu bekommen“, sagt er. Aber letztendlich ist es ihm gelungen. Unter anderem hat er den Kindernahrungsmittelproduzenten Hipp mit Bio-Karotten beliefert.

    „Der Mensch gibt dem Tier, das Tier gibt der Pflanze, die Pflanze gibt dem Tier.“

    Seit 17 Jahren ist der Gutshof Alt-Prerau auch Demeter zertifiziert. Demeter ist ein weltweiter Bioverband mit strengen Regeln für biologische Landwirtschaft. Ausschlaggebend dafür war, dass sich nebenan ein Landwirt mit Rindern angesiedelt hat. Für Demeter müssen nämlich Ackerbau und Viehhaltung kombiniert werden. „Wir haben mit den benachbarten Rinderbetrieben wertvolle Partner, mit denen wir eine Futter-Mist-Kooperation eingegangen sind. Wir bekommen Mist und sie bekommen Futtermittel“, beschreibt Maria Harmer die Zusammenarbeit. Davon profitiert der Boden. „Die Rinderhaltung ist essenziell für den Betrieb. Sie fördert die Fruchtbarkeit im Boden und die Qualität ist nachweislich besser“, hält Robert Harmer fest. „Der Mensch gibt dem Tier, das Tier gibt der Pflanze, die Pflanze gibt dem Tier“, führt Tochter Maria weiter aus.

    Unabhängig vom Weltmarkt

    Die Art und Weise, wie auf Alt Prerau gearbeitet wird, führt dazu, dass kein Dünger benötigt wird. „Wir versuchen hier auf unserem Betrieb so unabhängig wie möglich zu sein. Wir verzichten auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, auf Düngemittel“, sagt Maria Harmer. Alles, was die Harmers brauchen, haben sie. Bis auf den Diesel für die landwirtschaftlichen Geräte, den müssen sie zukaufen. Alles andere ist ein geschlossener Kreislauf, mit dem Vorteil, dass sie unabhängiger vom Weltmarkt sind. Sie brauchen weder Pestizide noch Dünger zukaufen.

    Bodenschutz als oberstes Ziel

    Den Boden zu schützen, ist das oberste Ziel der Harmers. Biologisch-dynamische Landwirtschaft ist für sie daher alternativlos. Maria Harmer: „Ich bin aufgewachsen mit der biologischen und biologisch-dynamischen Landwirtschaft und für mich ist das das einzig Richtige, um für die nächsten Generationen einen gesunden, lebendigen Boden und guten Boden zu haben.“

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      Was wir in Zukunft anbauen

      Unsere Landwirtschaft braucht neue Perspektiven. Denn durch den Klimawandel werden Landwirt:innen neue Sorten anbauen müssen. Die Saatgutentwicklung muss dafür der Zeit voraus sein. 

      Klimawandel, Pflanzenkrankheiten und Ernährungstrends – diese drei Herausforderungen verändern die Landwirtschaft laufend. Wenn es immer wärmer und trockener wird, werden die Pflanzen anfälliger für Schädlinge. Um darauf reagieren zu können, brauchen die Landwirt:innen entsprechendes Saatgut. Für die Züchtung ist das nicht einfach, denn sie muss immer schon ein paar Jahre im Voraus wissen, was in Zukunft auf den Feldern gebraucht wird.

      Bis zu 13 Jahre bis eine neue Sorte angebaut werden kann

      „Wir denken immer in Zyklen von mindestens zehn Jahren“, erklärt Josef Fraundorfer, Geschäftsführer von Saatbau Linz. Bis eine neue Sorte angebaut werden kann, durchläuft sie einen aufwendigen Prozess. Aus rund 200.000 Prüfkandidaten wird jenes Saatgut ausgewählt, das die gewünschten Eigenschaften aufweist. Das heißt: Entweder gut mit Trockenheit zurechtkommt, stärkere Halme hat, um Starkregen und Wind zu trotzen, oder resistent gegen Viruserkrankungen ist. Die Pflanze wird dann über mehrere Jahre getestet und durchläuft das amtliche Zulassungs- und Prüfungsverfahren. Am Ende sind rund 13 Jahre vergangen.

      Ernte auf Weltreise schicken

      Man kann diese Zeit aber auch verkürzen, lässt Fraundorfer wissen. Dafür schickt man die Ernte um die Welt. Beispielsweise wird der Mais, der im Herbst im Linzer Umland geerntet wird, in Chile sofort wieder angebaut. Denn, wenn es bei uns kalt ist, ist es dort warm. Das Saatgut aus Chile wird dann im Frühjahr wieder bei uns angebaut. So könnte man den Prozess um fünf Jahre verkürzen.

      Saatgutentwickler:innen nutzen ohnehin schon die Gegebenheiten von unterschiedlichen geografischen Regionen. Auf Flächen in der Türkei, Rumänien oder Bulgarien testen sie Sorten, die mit Trockenheit besser zurechtkommen. Im Westen Europas wiederum kommen neue Pilz- und Virusstämme vor. Hier kann man testen, welche Sorten dagegen resistent sind.

      Wintergetreide profitiert

      In Zukunft wird die Landwirtschaft vor allem mit Trockenheit, Unwettern sowie Krankheiten und Schädlingen zu kämpfen haben. Winterhärte hingegen macht keine Probleme. Wintergetreide wird im Herbst angebaut und kann durch die wärmeren Winter früher geerntet werden. Sommergerste und Sommerweizen werden hingegen verschwinden.

      Felder werden sich verändern

      Es gibt aber auch Kulturen, die wir in Zukunft häufiger auf heimischen Feldern sehen werden. Sonnenblumen kommen beispielsweise gut mit Trockenheit klar. Kichererbsen auch. Diese müssen aber noch so gezüchtet werden, dass sie den Starkregen hierzulande besser aushalten. Linsen, Hirse, Bohnen und Soja sind ebenfalls Zukunftssorten.

      Oliven werden bereits angebaut

      Mit der Frage, welche Sorten in Österreich Zukunft haben, beschäftigt sich auch der Wiener Verein Agro Rebels. Seit ein paar Jahren versuchen sie, Oliven in Österreich zu etablieren und den Landwirt:innen so neue Perspektiven zu bieten. Sie haben bereits 30 Partnerunternehmen, pro Jahr kommen rund zehn neue dazu. Die meisten Olivenhaine stehen im Marchfeld, denn gerade im Osten Österreichs wird es immer wärmer und trockener. Zumindest für die Olivenbäume ist das optimal.

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      Forschungsprojekt zu Erdnüssen

      In Bayern wiederum hat die Landesanstalt für Landwirtschaft nun die ersten Erdnüsse geerntet. Auch hier will man herausfinden, welche Sorten sich gut für den Standort eignen. Erdnüsse kommen ebenfalls gut mit Trockenheit zurecht, denn sie wachsen schnell. Schon wenige Wochen nach der Aussaat reichen ihre Wurzeln in bis zu zwei Meter Tiefe, wodurch sie leichter an Wasser kommen.

      Newcomer kommen veganer Ernährung entgegen

      Die Folgen des Klimawandels verändern die Landwirtschaft. Für die Landwirt:innen gibt es aber Perspektiven in Form von neuem Saatgut. Viele dieser Newcomer und Aufsteiger tragen nicht nur dem klimatischen Wechsel, sondern auch dem Trend zur veganen Ernährung Rechnung, der mehr Eiweißproduktion auf den Feldern nötig macht. (APA/Redaktion)

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      Schatten statt Hitze

      Die ersten Bäume sind gefallen. Dass es im Zuge der Umbauarbeiten am Bahnhof Langenlois nicht mehr werden, darum kümmert sich aktuell die Bürgerinitiative „Schatten statt Hitze!“. Wir waren vor Ort.

      Langenlois, eine kleine Gemeinde im Herzen Niederösterreichs, bekannt vor allem für ihre Schaugärten. Darunter die Kittenberger Erlebnisgärten. Mit über 50 Themengärten ist er der größte Schaugarten Österreichs. Auch das Bahnhofsviertel hat lange Zeit zu den Vorzeigeprojekten der Gemeinde gezählt. Viele Jahre ist das Gelände von der ÖBB verpachtet worden. Dadurch ist ein prächtiger Schrebergarten neben dem anderen entstanden. Jeder für sich eine kleine grüne Oase inmitten der Stadtgemeinde. Besonders bemerkenswert sind die zahlreichen alten Obstbäume, darunter Marillen-, Zwetschken- und Apfelbäume, einige von ihnen bereits mehrere Jahrzehnte alt.

      Als wir am Bahnhof Langenlois ankommen, ist von den einstigen grünen Oasen kaum noch etwas übrig. Statt Bäumen, Kräuter- und Gemüsebeeten sehen wir jetzt Baggergruben, abgerissene Hütten und Baumaterial. Seit September laufen hier Umbauarbeiten auf Hochtouren. Auf der Baustelle treffen wir Marion und Max. Sie sind Mitbegründer:innen der Bürgerinitiative „Schatten statt Hitze!“. Marion ist zudem ehemalige Schrebergarten-Pächterin. Wir haben mit ihnen über ihre Bürgerinitiative gesprochen und den Wunsch nach einem klimafitten Bahnhofsviertel.

      Der Wunsch nach Mitbestimmung

      David gegen Goliath – so könnte man die aktuelle Debatte um den Ausbau des Bahnhofsviertels in Langenlois wohl am besten beschreiben. Für den Ausbau der Kamptalbahn plant die ÖBB den Bahnhof umzugestalten und barrierefrei zu machen. So weit, so gut. Jedoch soll dabei der gesamte grüne Bahnhofsstreifen samt Schrebergärten, Bäume und Sträucher entfernt werden. Zum Missfallen vieler Langenloiser:innen. Darum haben sie die Bürgerinitiative „Schatten statt Hitze!“ gegründet. Sie fordern Transparenz, Mitsprache und den größtmöglichen Erhalt des Baumbestandes.

      Das einst grüne Bahnhofsviertel wird aktuell umgebaut. Aus grün wird grau. Die Bürgerinitiative "Schatten statt Hitze" setzt sich dagegen ein.
      Aufgrund der Umbauarbeiten mussten die Pächter:innen bis Ende August ihre Gärten räumen. Dort, wo einst Bäume standen und Schatten spendeten, sollen breite Bahnsteige erstehen. © Markus Englisch
      Grün erhalten und integrieren

      Viel Zeit, sich auf die Umbauarbeiten einzustellen, hat Gartenpächterin Marion nicht gehabt, erzählt sie uns. „Anfang des Jahres haben alle sechs Pächter:innen ein Schreiben von der ÖBB erhalten, dass der Garten bis Ende August geräumt werden muss.“ Was genau hier entstehen soll, wurde trotz mehrfacher Nachfrage bei der Gemeinde und der ÖBB, nicht mitgeteilt. „Es war ein Gefühl der Machtlosigkeit.“ Um endlich gehört zu werden, haben die Anwohner:innen eine Petition gestartet. Denn viele Fragen waren bis dato offen: Wie erfolgt der Bahnhofsumbau? Wie steht es um die Lärmbelastung? Gibt es die Möglichkeit, das Areal mitzugestalten? Und vor allem: Muss mit den Gärten auch der gesamte Baumbestand weichen?

      „Wir haben die Chance, in Langenlois einen Bahnhof der Zukunft zu gestalten.“

      Bei einem Rundgang durch die ehemaligen Schrebergärten zeigen uns Max und Marion, wie sie sich ihr grünes Bahnhofsviertel vorstellen. „Statt den Grünstreifen abzureisen und zuzubetonieren, wünschen wir uns, dass aus den ehemaligen sechs privaten Schrebergärten ein Park am Bahnhof für die Öffentlichkeit wird“, sagt Max. Mit ausreichender Bepflanzung, Wasserfontänen, Ruheplätzen, durchlässigen Oberflächenbefestigungen für Parkplätze, Radwege und Gastronomiemöglichkeiten. Die Initiative möchte zudem das Bahnhofsviertel als grünes Grätzel in die „Grüne Achse“ Langenlois integrieren. Die Grüne Achse ist eine durchgehende, verkehrsberuhigte Strecke. Sie verläuft durch das gesamte Stadtgebiet.

      Ein besonderes Anliegen ist ihnen, dass die vorhandenen Bäume, Sträucher und Grünflächen bewahrt und in die Planung integriert werden. „Gerade in Zeiten der Klimakrise und des Artensterbens sollte Umweltschutz oberste Priorität haben. Wir haben die Chance, in Langenlois einen Bahnhof der Zukunft zu gestalten. Der den Anforderungen unserer Zeit entspricht und Pionier-Charakter hat. Was wir dazu brauchen, ist ein transparenter und ehrlicher Austausch“, betont Max.

      Offene Gespräche zeigen erste Ergebnisse

      Erreicht werden soll dies durch offene und nachhaltige Gespräche zwischen der ÖBB, der Gemeinde und der lokalen Bevölkerung. Die erste Möglichkeit dazu hat sich Anfang August ergeben. Denn die Petition ist bei den Anrainer:innen gut angekommen. Innerhalb von drei Monaten haben über 500 Personen unterzeichnet. Dadurch ist es zu einem ersten Gespräch mit Vertreter:innen der ÖBB und dem Langenloiser Bürgermeister Harald Leopold gekommen.

      Im Zuge der Modernisierung der Kamptalbahn in NÖ wird auch der Langenloiser Bahnhof umgebaut. Klingt gut, wären da nicht viele Schrebergärten und alte Bäume, die dafür weichen müssen. Die Initiative "Schatten statt Hitze" setzt sich dagegen ein.
      Statt den grünen Bahnstreifen komplett zu entfernen, wünschen die Langenloiser:innen sich einen Park am Bahnhof. Dies wäre auch trotz der neuen, breiteren Bahngleise durchaus möglich, meint die Bürgerinitiative. Aufgrund der Umbauarbeiten mussten die Pächter:innen bis Ende August ihre Gärten räumen. Dort, wo einst Blumen blühten, sollen breite Bahnsteige erstehen. © Markus Englisch

      „Beim ersten Gespräch zeigten sich die Vertreter:innen der ÖBB sowie auch der Bürgermeister offen für Nachhaltigkeit und Grünraumgestaltung. Wir haben aber gemerkt, dass bei der Planung in erster Linie noch immer technische Parameter und erst dann auch ökologische und soziale herangezogen werden“, so Marion. Ein zentrales Anliegen der ÖBB ist beispielsweise die Sicherheit ihrer Züge. Die neuen Gleise befinden sich in unmittelbarer Nähe zu den Bäumen. Das kann potenziell zu Unfällen führen. Beispielsweise durch herabfallende Äste oder die Notwendigkeit von vermehrten Wartungsarbeiten. Darüber hinaus ist die Errichtung eines Regenwasser-Versickerungsbeckens erforderlich. Deshalb hat die ÖBB auch beabsichtigt, die Bäume zu fällen. „Letztendlich konnten wir eine mündliche Zusage für den Erhalt der Baum- und Strauchreihe in den Schrebergärten aushandeln. Das war natürlich ein erster großer Erfolg für uns“, sagt Marion.

      Kampf um jeden Baum

      Als Anfang September die ersten Bauarbeiten begonnen haben, schien die ursprüngliche Zusage in Vergessenheit geraten zu sein. „Diese Woche haben wir mit den Vorarbeitern und Baggerführern um jeden Baum, jeden Strauch und jeden Quadratmeter noch unverdichteten Boden gekämpft“, erzählt Max. Die Initiative drängte die Bauarbeiter dazu, den Sicherheitsabstand zu den neuen Gleisanlagen erneut zu überprüfen. Um so zu verhindern, dass sie mehr Bäume roden als unbedingt nötig. Am Ende konnten sie so 18 Bäume retten, während neun gefällt werden mussten. „Das war bitter. Hat uns aber motiviert, unseren Einsatz für ein grünes Bahnhofsviertel weiter voranzutreiben“, erklärt Max.

      © Markus Englisch
      „Die ersten Erfolge sind erzielt. Damit aber keine weiteren wertvollen Böden versiegelt und Bäume gerodet werden, heißt es weiterzuarbeiten und sich für einen klimafitten Bahnhof einzusetzen“, erklärt Max von „Schatten statt Hitze“. © Markus Englisch
      So geht es weiter in Langenlois

      Die Bauarbeiten am Bahnhof Langenlois werden voraussichtlich Ende des Jahres abgeschlossen sein. Bis dahin sind Max, Marion und viele weitere Anrainer:innen täglich am Bahnhof anzutreffen. Mit dem Ziel, möglichst viele Bäume, Sträucher oder Grünfläche zu retten.

      „Die Bürgerinitiative hat uns gezeigt, dass es sich lohnt, sich zusammenzuschließen .“

      Geplant sind außerdem weitere Gespräche mit den Vertreter:innen der ÖBB und der Gemeinde. „Die Bürgerinitiative hat uns gezeigt, dass es sich lohnt, sich zusammenzuschließen und gemeinsam für eine Sache starkzumachen. Das empfehle ich auch allen anderen Bürger:innen, die aktiv an der Umgestaltung ihrer Gemeinde teilhaben möchten“, erklärte Max. Anfang 2024 startet zudem das Pilotprojekt Transformator:in. Dabei sollen die Bürger:innen aus Langenlois die Flächen am Bahnhof – die nicht für die Versickerungsanlage und die Bahngleise benötigt werden – mitgestalten können. „Auch dort werden wir unsere Vision eines grünen, bepflanzten, schattenspendenden Freiraums einbringen. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Vorstellung eines klimafreundlichen Bahnhofsviertels Wirklichkeit wird“, hoffen Marion und Max. Langenlois ist ein gutes Beispiel dafür, dass Einsatz und Entschlossenheit von Bürger:innen etwas bewirken kann.

      Für Unterstützung und Erfahrungsaustausch mit ähnlichen Initiativen sind die Langenloiser:innen übrigens immer offen. Schatten statt Hitze!“ unterstützen.

      Schule der Hoffnung

      Zahra Hashimi wollte sich nicht damit abfinden, dass Mädchen und junge Frauen in Afghanistan nicht mehr in die Schule dürfen. Sie hat die Omid Online School gegründet – und gibt gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen 600 Schülerinnen Hoffnung.

      Es gibt traurige Geschichten. Die will Zahra Hashimi aber nicht erzählen. Sie erzählt lieber jene, die Hoffnung machen. Zum Beispiel die von einer jungen Frau, die sich bis vor kurzem nicht vor einer Gruppe sprechen traute und jetzt Lehrerin ist. Oder die von zwei Schwestern, die nicht wussten, wie man ein Handy einschaltet und jetzt zu den besten in ihrer Klasse gehören. Klassenbeste in der Online-Schule von Zahra. Denn sie leben in Afghanistan. Dort haben die Taliban Mädchen und jungen Frauen verboten, zur Schule zu gehen.

      Etwas bewirken wollen

      Zahra hat die Machtübernahme der Taliban im August 2021 von Österreich aus beobachtet. Hier lebt sie seit 2015. „Als ich gesehen habe, dass die Schülerinnen vor dem geschlossenen Schultor stehen, mit Uniform, mit Büchern, aber nicht hineindurften, habe ich mir gedacht, ich muss etwas tun“, sagt Zahra. Sie hat Demos organisiert, war mehrmals im Parlament. Gebracht hat das nichts. Sie wollte aber etwas bewirken.

      Am Anfang war eine Instagram-Story

      Also hat Zahra eine Story auf Instagram gepostet: Sie zahlt 50 afghanischen Mädchen den Internetzugang und unterrichtet sie in Mathematik. In Afghanistan hat sie an der pädagogischen Hochschule studiert. Gemeldet haben sich 300 Schülerinnen. Und nicht nur das: Auch Studentinnen und Lehrerinnen haben Kontakt aufgenommen. Sie wollten mit ihr gemeinsam eine Schule aufbauen. „In weniger als zehn Tagen haben wir eine Schule gegründet. Unser Ziel war, einfach bei den Schülerinnen zu sein. Wir haben gar nicht gedacht, dass das so groß wird“, hält Zahra fest. Im April 2022 ging die Omid Online School online.

      Hoffnung für 600 Schülerinnen

      Omid – das heißt Hoffnung. Und die Online-Schule bedeutet genau das für rund 600 Schülerinnen. Sie sind motiviert – und das, obwohl sie kein offizielles Abschlusszertifikat bekommen. Denn das afghanische Bildungsministerium hat die Omid Online School nicht anerkannt. Probiert habe man das schon, sagt Zahra. Aber die Taliban wollten dafür die Daten aller Schülerinnen und Lehrerinnen. Und sie wollten, dass Zahra sämtliche Inhalte von Social Media und anderen Medien entfernt. „Das Einzige, was ich gehört habe, ist, ich bin zu westlich, als dass ich ein Vorbild für Mädchen in Afghanistan sein kann“, erzählt sie.

      „Diese Motivation motiviert mich immer.“

      Die Schülerinnen kommen trotzdem in ihre Online-Klassen. Denn sie wollen lernen. Sie nutzen jede Chance, die sie bekommen können. „Wenn ich diese Mädchen sehe, sage ich: oh wow. Sie wissen schon, dass sie keine Zukunft haben, was Arbeit und Bildung betrifft, aber sie sind trotzdem so motiviert und wollen weiterlernen“, betont Zahra. „Diese Motivation motiviert mich immer.“ Sie erzählt die Geschichte von einem Mädchen, dessen Eltern nicht wollen, dass sie in der Omid Online School lernt. Sie sehen darin, wie auch die Taliban, ein westliches Projekt. Man könne nicht wissen, was die Tochter lernt. Sie gibt aber nicht auf. Von ihrem Bruder will sie sich Internet holen, um zumindest ihre Hausübungen zu machen.

      Sicherheit geht vor

      Der Unterricht findet über Google Meet statt. Die Kameras sind aus – sicher ist sicher. Wenn eine Lehrerin die Kamera trotzdem einschalten muss, dann sollte sie eine Maske tragen. „Anfang des Jahres hatten wir 1.400 Schülerinnen. Wir wissen nicht, ob unter denen jemand von der Regierung ist“, beschreibt Zahra das Sicherheitsrisiko. 95 Prozent der Lehrerinnen leben in Afghanistan. Wenn die Taliban eine von ihnen finden, finden sie alle, ist sich Zahra sicher. Vorsicht ist daher das oberste Gebot. Bisher ist alles gut gegangen.

      Lernen nach afghanischem Lehrplan, aber für internationale Stipendien

      Der Schwerpunkt liegt auf den Hauptfächern wie Mathematik und Englisch. Drei- bis viermal pro Woche werden die Schülerinnen in diesen Fächern unterrichtet. „Wir suchen nach Online-Stipendien bei internationalen Universitäten und wir wollen, dass die Schülerinnen vorbereitet sind“, lässt Zahra wissen. Nebenfächer wie Geografie oder islamische Geschichte werden in Form von Seminaren ein-, zweimal im Monat unterrichtet. Man hält sich an den afghanischen Lehrplan. Im ersten Jahr hatten sie die Hoffnung, dass die Schulen wieder für Mädchen öffnen. Das ist nicht passiert. Für die 12. Klasse hat das Bildungsministerium aber eine Abschlussprüfung angeboten. Die Schülerinnen der Omid Online School haben diese Prüfung geschafft und ein Abschlusszertifikat bekommen.

      Schule braucht Spenden

      Zahra unterrichtet nicht mehr selbst, sie leitet die Omid Online School. Nebenbei hat sie bisher als Community- und Content-Managerin bei Fremde werden Freunde gearbeitet, jenem Verein, zu dem auch die Omid Online School gehört. Nun ist sie in Bildungskarenz. Wie auch die 35 Lehrerinnen arbeitet sie ehrenamtlich. Den Lehrerinnen wird aber der Internetzugang bezahlt. Pro Monat sind das 500 Euro, die allein über Spenden finanziert werden. Denn Förderungen gibt es für die Omid Online School keine. Und für die Schülerinnen ist sie kostenlos. Spenden ist daher der einfachste Weg, um die Omid Online School und die Mädchen und jungen Frauen in Afghanistan zu unterstützen. Man kann aber auch Zeit spenden und administrative Aufgaben übernehmen, wenn man helfen möchte.

      Hoffnung auf Veränderung

      Für Zahra bleibt die Hoffnung. Nicht, dass die Taliban ihre Politik ändern. Aber, dass die Frauen in Afghanistan etwas verändern. Es wird lange dauern, sagt sie. „Aber dann sind wir da.“

      Reparaturbonus startet wieder

      Ab dem 25. September kann der Reparaturbonus wieder beantragt werden. Nach etlichen Betrugsverdachtsfällen mit gefälschten Rechnungen wird der Bonus nun direkt an die Kund:innen ausbezahlt. Nicht mehr an die Reparaturbetriebe. Ansonsten ändert sich nichts.

      Erhalten und behalten

      Verlängert man die Lebenszeit aller in der EU vorhandenen Waschmaschinen, Laptops, Staubsauger und Handys um nur 1 Jahr, spart das 4 Millionen Tonnen CO2. Dafür müsste man 2 Millionen Autos stilllegen. Das sind rund ein Drittel aller in Österreich zugelassenen PKW. Um Reparaturen wieder lohnenswerter zu machen, gibt es seit 2022 landesweit einen Reparaturbonus vom Bund. Damit soll die Kreislaufwirtschaft in Schwung kommen und Nachhaltigkeit gefördert werden. Bis zur Pause im Sommer wurde der Bonus über 670.000 Mal eingereicht und knappe 70 Millionen Euro Reparaturkosten gefördert. Insgesamt stehen bis 2026 rund 130 Millionen Euro zur Verfügung.

      Hälfte der Reparaturkosten bis zu 200 Euro

      Der Bund übernimmt 50 Prozent der Rechnung bis zu einem Betrag von maximal 200 Euro pro Gerät.

      Gefördert werden:

      • Elektro- und Elektronikgeräte, welche sich üblicherweise in privaten Haushalten befinden
      • Geräte, die mit Netzkabel, Akku, Batterie oder Solarmodulen betrieben werden

      Nicht gefördert werden:

      • Autos
      • Geräte, welche für die Inbetriebnahme nicht erneuerbare Energiequellen benötigen
      • Geräte, welche Strom produzieren, jedoch nicht mit Strom betrieben werden
      • Leuchtmittel
      • Waffen
      Neue Auszahlungsregel

      Beantragt werden kann der Reparaturbonus von Privatpersonen schnell und unkompliziert auf einer eigens dafür eingerichteten Homepage. Voraussetzung ist ein Wohnsitz in Österreich. Nach etlichen Betrugsverdachtsfällen wird der Bonus künftig nicht mehr an die Betriebe ausgezahlt, sondern direkt an die Kund:innen. Diese nehmen den Bon wie bisher zum Betrieb mit, müssen die Reparatur künftig aber vorfinanzieren. Der Betrieb reicht den Bonus dann bei der Kommunalkredit ein, die das Geld direkt auf das Konto des Kund:innen überweist.

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      Reparatur schont Ressourcen

      80.000 Tonnen Elektroschrott fallen jährlich in unserem Land an. Was kaputt geht, wird in unserer Wegwerfgesellschaft schnell und unkompliziert ersetzt. Gerade bei Elektroartikeln stehen die neuesten Modelle immer hoch im Kurs. Geht die Waschmaschine kaputt, kaufen wir eine neue. Streikt das Handy, freuen wir uns, einen guten Grund für den Kauf des neuesten Modells zu haben. An Reparatur denken wir mittlerweile oft gar nicht mehr. Kein Wunder, wenn die Reparatur der alten Waschmaschine schnell so teuer wird, wie eine neue aus dem Angebot. Zurück bleibt jährlich ein großer Berg Elektroschrott und eine sterbende Reparaturwirtschaft. Ressourcen werden verschwendet. Natur und Klima belastet.

      Langlebige und reparaturfreundliche Produkte bevorzugen

      Ganz unverständlich ist die Wegwerfmentalität aus der Sicht der Konsumierenden nicht. Oft ist es einfacher, Produkte zu ersetzen, als sie kostengünstig reparieren zu lassen. Die Industrie setzt wenig darauf, besonders reparaturfreundliche Geräte auf den Markt zu bringen. Sie sollen schließlich verkauft werden und das in immer kürzeren Abständen. Eine lange Lebenszeit ist dabei kontraproduktiv. Daher lohnt sich bereits bei Anschaffung ein Blick auf Reparaturfreundlich- und Langlebigkeit. Die Politik ist außerdem gefordert, dahingehend mehr globale Standards zu schaffen und die Hersteller stärker in die Verantwortung zu nehmen. Geräte müssen in Zukunft einfacher zu reparieren sein. Ganz egal, woher sie kommen.