Alternative Wirtschaft: Ein besseres Leben für alle?

Im Kapitalismus müssen Gewinne immer weiter steigen. Dieser Wachstumsdruck sorgt für viele Probleme – Klimakrise, Ungleichheiten und Teuerung sind nur einige davon. Wir müssen Wirtschaft neu denken. Aber wie? Kann unser System auch ohne ständiges Wachstum funktionieren? Darum ging’s bei der diesjährigen Beyond Growth Conference in Wien. Menschen aus Wirtschaft, Wissenschaft, NGOs und Sozialpartnerschaften diskutierten dort über ein gutes Leben für alle. Wir waren vor Ort.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Bist du glücklich?

In unserer kapitalistischen Wirtschaft geht es vor allem um die Steigerung von Gewinnen. Dieser ständige Wachstumsdruck führt nicht dazu, dass es möglichst Vielen gut geht. Wir haben es lang genug auf diese Art probiert, müssen uns aber eingestehen: Viele Menschen arbeiten und sind trotzdem armutsgefährdet. Andere erwirtschaften immensen Reichtum durch Ausbeutung ganzer Regionen.

Was das Ganze noch befeuert: Medien, Werbung und unser soziales Umfeld wollen uns oftmals wahrmachen, dass wir bestimmte (materielle) Dinge unbedingt brauchen, um glücklich zu sein. Dabei geht es meist um Konsum, der Geld kostet und Ressourcen verbraucht. Der erwünschte Effekt bleibt dennoch oft aus, glücklicher ist man danach nicht unbedingt.

Ein Beispiel: Menschen wollen sich einer Gruppe zugehörig fühlen, was oft über einen bestimmten Kleidungsstil ausgedrückt wird. Man kauft sich also z.B. teure Markenkleidung. Allein dadurch wird man aber nicht plötzlich Teil der Gesellschaft. Man kann sich immer noch allein fühlen, hat zusätzlich aber noch ein Loch in der Geldbörse und die ausbeuterische Kleidungsindustrie unterstützt.

Gleichzeitig haben viele Menschen das Gefühl, dass die wirklich wichtigen Dinge im Leben nicht genug Platz bekommen. Freund:innen, Familie, eine sinnstiftende Tätigkeit – all das steht im Kapitalismus im Hintergrund. Unsere Wirtschaft kann auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen nicht unendlich wachsen. Es treten immer mehr Probleme auf, unser System stößt an seine Grenzen. Eine Alternative muss her.

Krisen als Chance

Dass die aktuellen Krisen die Schwachstellen unseres Systems aufdecken, können wir aber auch als Chance nutzen und unsere Wirtschaft umbauen. Es bleibt die Frage, ob materieller und monetärer Wohlstand vielleicht doch nicht das Maß aller Dinge ist. Was brauchen wir stattdessen, um wirklich glücklich zu sein? Wie sieht unser Weg in eine lebenswerte Zukunft aus? Und ist ein gutes Leben für alle innerhalb ökologischer Grenzen überhaupt möglich?

Die Expert:innen der Konferenz meinen: Ja. Es ist jedoch wichtig, dass wir uns wieder auf unsere Grundbedürfnisse zurückbesinnen. Also auf das, was wir wirklich brauchen, um glücklich zu sein. Dabei geht es um Bedürfnisse, die jeder Mensch hat, unabhängig von Alter oder Herkunft. Also beispielsweise wohnen, essen, schlafen, Mobilität, Bildung, Zugang zu technischer Infrastruktur. Aber auch soziale Kontakte und Gemeinschaft.

Diese Bedürfnisse stehen in unserer Leistungsgesellschaft nicht im Vordergrund. Der Kapitalismus bedeutet vor allem Profitsteigerung für einige wenige. Das führt nicht zu langfristigem und nachhaltigem Wohlstand für alle – und zerstört unseren Planeten. Ein „Weiter wie bisher“ können wir uns also nicht erlauben, es würde direkt zum Kollaps unserer Ökosysteme und somit unserer Lebensgrundlage führen.

Wie geht es weiter?

Es braucht also die Einführung alternativer Konzepte. Eine spannende Alternative, die bei der Konferenz besprochen wurde, ist die bedingungslose Grundversorgung.

Dabei sollen die Grundbedürfnisse aller Menschen gedeckt werden, unabhängig von ihrem Einkommen oder Status. Zum Beispiel durch gratis Öffis, Kinderbetreuung und eine Garantie auf leistbares Wohnen und gesunde Ernährung. Die Erfüllung von Bedürfnissen wird so von der Erwerbsarbeit entkoppelt und passiert nicht auf Kosten anderer. Müssen sich Menschen weniger Gedanken um die Sicherung ihrer Existenz machen, haben sie meist auch keine Angst mehr vor Veränderungen. Menschen können sich dann viel besser auf Maßnahmen einlassen, die notwendig für die Bekämpfung der Klimakrise und weiterer aktueller Probleme sind.

Ein wichtiger Faktor ist bei dieser Idee, dass die Verantwortung für die Sicherung der Grundbedürfnisse nicht allein beim Individuum liegt, sondern bei der Gesellschaft als Ganzes. Es geht um die wirtschaftliche Orientierung am Gemeinwohl.

Weitere Lösungen und Aspekte, die bei der Konferenz besprochen wurden, sind Arbeitszeitverkürzungen, ein gerechteres Steuersystem sowie Steuern auf Vermögen und Erbschaften, Maximaleinkommen, die Förderung der Kreislaufwirtschaft, konsum- und werbungsfreie Räume. Ebenso müssen Image, Arbeitsbedingungen und Bezahlungen von wirklich systemerhaltenden Jobs wie im Lebensmittelhandel, im Pflege- oder Reinigungsbereich verbessert werden. Auch die verstärkte Demokratisierung der Wirtschaft mit mehr Möglichkeiten zur Teilhabe und Mitbestimmung war Thema, zum Beispiel über Bürger:innenräte.

Viel zu lange war die Devise, dass es wirtschaftliche Mechanismen gäbe, in die man nicht eingreifen könne oder solle. Jedoch ist auch die Wirtschaft ein System, das von Menschen geschaffen wurde – wir können es also auch wieder verändern. Sie muss nicht unbedingt den Regeln des freien Markts folgen, sondern kann nach den eigentlichen Wünschen der Menschen umgestaltet werden.

Positive Vision für die Zukunft

Zusammenfassend: Um ein gutes Leben für alle innerhalb planetarer Grenzen zu ermöglichen, müssen wir statt Gewinnsteigerungen für einige wenige wieder unsere Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Was brauchen wir unbedingt? Auf welchen gesellschaftlichen Bereichen sollte unser Fokus liegen?

Dabei geht es nicht um Verzicht. Es stimmt zwar: Einige Dinge werden sich verändern und Umstellung ist nicht immer einfach. Aber die Schaffung von existenzieller Sicherheit für alle bedeutet Freiheit. Es geht darum, dass es uns allen besser geht und dass wir wieder mehr Zeit und Energie für die Dinge haben, die wirklich wichtig sind. Es geht um die nachhaltige Verbesserung unserer Lebensqualität und eine positive Vision für die Zukunft.

Über die/den Autor:In

Mira Dolleschka
Mira Dolleschka
Mira studierte Umwelt- und Bioressourcenmanagement und war durch ihr Engagement in der Klimaschutzbewegung schon früh im Bereich der Öffentlichkeits- und politischen Arbeit tätig. Ihr Ziel: Verständnis zu schaffen für die großen Herausforderungen unserer Zeit. Der Fokus liegt dabei auf Umweltschutz, Klimakrise und sozialer (Un)Gerechtigkeit. Zuletzt arbeitete sie beim Moment Magazin.

Ähnliche Artikel

Up-to-date bleiben

38FollowerFolgen
1,658FollowerFolgen
155FollowerFolgen
249AbonnentenAbonnieren

Neueste Beiträge