Die Klimakrise bringt uns einen ganzjährigen Pollenflug. Allergiker:innen müssen daher früher und länger Maßnahmen gegen die lästigen Symptome ergreifen. Neue Therapien und Apps helfen aber, die Beschwerden zu lindern.
Frühlingszeit heißt für rund ein Fünftel der Österreicher:innen Augenjucken, Niesattacken und verstopfte Nase. Eineinhalb bis zwei Millionen Menschen leiden hierzulande an Heuschnupfen. Im Gegensatz zu normalem Schnupfen, den Viren oder Bakterien auslösen, ist Heuschnupfen eine allergische Reaktion auf Pollen. Sobald sie die Pflanzen freisetzen, wandern sie durch die Luft und lösen die Beschwerden aus.
Klimakrise sorgt für frühen Pollenflug
Und hier kommt die Klimakrise ins Spiel. Aufgrund der steigenden Wintertemperaturen schicken Pflanzen ihre Pollen immer früher los. Im vergangenen Jahr hat die Pollenzeit im Osten Österreichs bereits etwa 300 Tage angedauert. Ein Rekord, den das Jahr 2024 gleich brechen könnte. Denn heuer war der Winter besonders mild. Insbesondere der frühlingshafte Februar hat beinahe alle Temperaturrekorde gebrochen. Nach vorläufigen Berechnungen von GeoSphere Austria war er 5,5 Grad wärmer als im Schnitt der letzten drei Jahrzehnte.
Die extrem warmen Wintertemperaturen ließen Haselbüsche schon im Jänner Pollenkörner ausstoßen. Und etwa einen Monat früher als im langjährigen Schnitt wurden in den Messstellen schon Pollenkörner der Esche gefunden. Im Frühling startet dann die Blüte der Gräser. Und sogar zur Weihnachtszeit schwirren Pollen der von Stadtgärtnereien gepflanzten Purpurerlen durch die Luft, sagt Helmut Zwander vom Kärntner Pollenwarndienst. Mit anderen Worten: Allergiker:innen haben das ganze Jahr über keine Ruhe mehr.
Wenig Lebensqualität während der Pollenzeit
Während sich andere am Grün erfreuen, bedeutet es für Menschen mit Heuschnupfen mitunter eine große Belastung. „Viele Allergiker:innen leiden während der Pollenzeit unter Schlafstörungen, einem Leistungsabfall bei der Arbeit und in der Schule sowie an Einschränkungen bei Freizeitaktivitäten“, erklärt Helmut Zwander. Der vermeintlich harmlose allergische Schnupfen könne außerdem auch allergisches Asthma auslösen.
Eingeschleppte Pflanzen verschärfen Pollensituation zusätzlich
Aber nicht nur hohe Wintertemperaturen, sondern auch eingeschleppte Pflanzen verschärfen die Pollensituation. Bereits Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde Ragweed aus den USA nach Europa verfrachtet. Es ist in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland weit verbreitet, und gelangte bereits gen Westen bis nach Tirol und Kärnten.
Auch der Einjährige Beifuß sorgte laut den Experten im Vorjahr mit einer starken Blüte im Spätherbst für heftige Beschwerden. Er stammt ursprünglich aus Asien und vom Balkan. Neuerdings im pannonischen Tiefland anbaubare Olivenhaine könnten zusätzlich „in nicht allzu ferner Zukunft für Belastungen bei Menschen sorgen, die sensibel auf Pollen von Ölbaumgewächse reagieren“, sagen Expert:innen. Lokal könne auch der sich aktuell ausbreitende „Götterbaum“ die Schleimhäute reizenden Pollenflug bringen.
App für Bestimmung des persönlichen Allergie-Risikos
Dem sind wir aber nicht schutzlos ausgeliefert. Österreichweit gibt es 25 strategisch positionierte Messstellen, sogenannte Pollenfallen, wo regelmäßig der Pollengehalt in der Luft gemessen wird. Dank dieser Daten kann man sehr genau ein persönliches Allergie-Risiko ermitteln. Es ist über eine kostenlose App namens Pollen+ für Android und iOS verfügbar oder über die Internetseite des Polleninformationsdienstes abrufbar.
Das kann ich gegen Heuschnupfen tun
Mit Pollenschutzgittern und Luftreinigern in den Wohnräumen kann man die Belastung gut senken. „Vor allem sollten sie den Pollen möglichst aus dem Weg gehen“, sagt Fritz Horak vom Allergiezentrum Wien West. Die Symptome lassen sich auch von speziellen Wirkstoffen (Antihistaminika und Kortison) lindern. Es gibt auch eine Allergen-spezifische Immuntherapie (AIT), bei der das Immunsystem im Zeitraum von mehreren Jahren lernt, die Allergie-Auslöser zu tolerieren. „Circa 70 bis 80 Prozent der Behandelten berichten über eine Besserung der Symptome“, berichtet Horak. Die Chancen dafür stünden umso besser, umso früher mit einer Immuntherapie begonnen wird. All diese Behandlungsmethoden werden angesichts der Klimakrise zukünftig an Bedeutung gewinnen.
So weiß ich, ob ich Heuschnupfen habe
Wer sich jetzt fragt „Hilfe, hab ich Heuschnupfen?“, der sollte seine Symptome erst einmal beobachten. Treten Beschwerden wie verstopfte Nase, Niesattacken und juckende Augen jedes Jahr etwa zur gleichen Zeit auf und dauern über mehrere Wochen an, könnte tatsächlich eine Pollenallergie dahinterstecken. Dann sollte man auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen und die Symptome abklären. (Red./APA)