Beitragsbild: © World Economic Forum / Greg Beadle

Laut dem Planetary Health Check 2025 sind inzwischen sieben von neun sogenannten planetaren Belastungsgrenzen überschritten. Das bedeutet: Unsere Erde verliert ihre natürliche Widerstandskraft. Erstmals hat nun auch die Ozeanversauerung einen kritischen Wert erreicht. Die Konsequenzen dieser Versauerung sind noch alarmierender, als es auf den ersten Blick scheint.

Der Planetary Health Check des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) ist ein jährlich erscheinender Bericht, der den Gesundheitszustand unseres Planeten zusammenfasst. Der diesjährige Bericht ist Anfang Oktober erschienen und liest sich wie ein Hilferuf.

Er stützt sich auf das international anerkannte Konzept der Planetary Boundaries. Das sind neun wissenschaftlich definierte Belastungsgrenzen. Sie zeigen an, wie weit die Menschheit die natürlichen Systeme der Erde beansprucht hat.

Planetary Health Check 2025
Die Grafik zeigt eine Visualisierung der neun Belastungsgrenzen unserer Erde. Sieben von neun Grenzen sind überschritten, zeigt der Planetary Health Check 2025. © PIK

Das Überschreiten jeder einzelnen Belastungsgrenze hat weitreichende Konsequenzen auf die Widerstandskraft unserer Erde. Je weiter sich die Werte in die Hochrisikozone verschieben Risiko, desto größer ist die Chance, dass Kipppunkte erreicht werden und unumkehrbare Schäden entstehen. Der Bericht gilt als wichtiger Referenzpunkt in der Umwelt- und Klimaforschung und macht deutlich, wie nah wir uns bereits an gefährlichen Schwellen bewegen.

Quote Icon

„Die Menschheit verlässt ihren sicheren Handlungsraum und erhöht so das Risiko, den Planeten zu destabilisieren“

Johan Rockström

Die sieben überschrittenen Grenzen sind laut Bericht: Klimawandel, Integrität der Biosphäre, Veränderung der Landnutzung, Veränderung der Süßwassersysteme, Veränderungen im Stickstoff- und im Phosphorkreislauf, Eintrag menschengemachter Substanzen sowie auch die Ozeanversauerung.

„Mehr als drei Viertel der lebenswichtigen Erdsystem-Funktionen befinden sich nicht mehr im sicheren Bereich. Die Menschheit verlässt ihren sicheren Handlungsraum und erhöht so das Risiko, den Planeten zu destabilisieren“, sagte PIK-Direktor Johan Rockström, Co-Autor des Planetary Health Check 2025. Der Zustand der Erde verschlechtere sich massiv. Rockström zählt zu den renommiertesten Klimaforschern der Welt.

Nur Luftverschmutzung und Ozonschicht im sicheren Bereich

Zwei der ausgewiesenen Belastungsgrenzen liegen laut Forschern noch im sicheren Bereich: die Belastung durch Aerosole (Luftverschmutzung) und die Ozonschicht. Sobald eine Grenze überschritten wird, steigt laut Forschern das Risiko, die wichtigen Funktionen der Erde dauerhaft zu schädigen, und die Wahrscheinlichkeit, dass Kipppunkte überschritten werden, die Veränderungen unumkehrbar machen. Die Wissenschafter beobachtet diese Grenzen anhand zentraler Indikatoren.

Dieses Messgerät wird ins Meer abgelassen, um physikalische Parameter wie Leitfähigkeit, Temperatur und Tiefe sowie Wasserproben aus verschiedenen Tiefen zu gewinnen. Daraus lässt sich dann der pH-Wert ermitteln. © NOAA / Dan

Hauptursache für die Ozeanversauerung ist laut Planetary Health Check 2025 die Verbrennung fossiler Energieträger, verstärkt durch Abholzung und Landnutzungswandel. Ozeane nehmen etwa große Mengen des menschengemachten Kohlendioxids aus der Atmosphäre auf, wodurch ihr Wasser saurer wird. Durch diese Faktoren verlieren die Meere zunehmend ihre stabilisierende Rolle im Erdsystem, wie das Forscherteam mitteilte.

Die Folgen seien spürbar: Kaltwasserkorallen, tropische Riffe und arktische Ökosysteme gerieten unter Druck. Zudem ergeben sich demnach negative Folgen für ganze Nahrungsketten und die Ernährungssicherheit auch des Menschen. So zeigen laut PIK winzige Meeresschnecken, sogenannte Flügelschnecken, bereits Schädigungen an ihren Schalen.

Flügelschnecken sind Sie eine wichtige Nahrungsquelle für Fische und Wale. Gehen ihre Bestände durch die Versauuerung des Meerwassers zurück, wäre das fatal. ©

Wissenschaft sieht Ozean-Versauerung als „Warnsignal“

„Die Entwicklung geht eindeutig in die falsche Richtung. Die Ozeane versauern, Sauerstoffwerte sinken, und marine Hitzewellen nehmen zu. Damit wächst der Druck auf ein System, das für stabile Lebensbedingungen auf unserem Planeten unverzichtbar ist“, so die Co-Leiterin des „Planetary Boundaries Science Lab“ und Leitautorin des Berichts, Levke Caesar. Die Versauerung sei ein unübersehbares Warnsignal, dass die Stabilität der Erde in Gefahr sei, sagte die US-amerikanische Ozeanografin und Mitglied der Initiative „Planetary Guardians“, Sylvia Earle.

Quote Icon

„Auch wenn die Diagnose ernst ist, besteht weiterhin die Chance, diese Entwicklung umzukehren.“

Johan Rockström

Entwicklung umkehrbar

Der Planetary Health Check 2025 ist auch ein Appell an Politiker, Wirtschaft und Gesellschaft, die Lebensgrundlagen besser zu schützen. „Beispiele wie der Rückgang der Luftverschmutzung durch Aerosole und die Erholung der Ozonschicht zeigen, dass wir die globale Entwicklung umsteuern können. Auch wenn die Diagnose ernst ist, besteht weiterhin die Chance, diese Entwicklung umzukehren“, sagte PIK-Direktor Rockström. Unser Planet sendet uns Alarmzeichen. Wir müssen zuhören und handeln.