Sharing: Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser

Teilen statt besitzen. Das funktioniert nur reibungslos, wenn wir die geteilten Dinge auch gut behandeln. Eine Studie der WU Wien zeigt, welche Regeln bei Carsharing & Co. zu einem achtsamen Umgang führen.

„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“ Ein Grundsatz der Ethik, den wir alle schon oft gehört und wahrscheinlich auch selbst schon gesagt haben. Er soll uns daran erinnern, moralisch zu handeln und anderen Menschen mit Respekt zu begegnen. Teil dieser ethischen Regel ist es auch, fremdes Eigentum so behandeln, als wäre es das eigene. Diese Denkweise brauchen wir besonders dann, wenn Dinge von vielen verschiedenen Menschen genutzt werden.

Teilen als Geschäftsmodell

Das ist zum Beispiel bei Geschäftsmodellen der Sharing-Economy der Fall. Die Idee: Gegenstände, Fortbewegungsmittel und sogar Wohnungen zu teilen, statt sie zu besitzen. Das ist sinnvoll, denn keiner von uns braucht einen Gegenstand rund um die Uhr. Wenn wir uns Dinge teilen, muss die Wirtschaft insgesamt deutlich weniger Produkte herstellen. Das spart Ressourcen und wir persönlich sparen uns Geld. Am häufigsten treffen wir Sharing-Konzepte in Österreich bei Autos und E-Scootern an.

Die Schattenseite von Sharing-Konzepten

Doch es gibt auch Schattenseiten, wenn wir uns Dinge teilen. Welche, das zeigt ein Spaziergang durch jede größere Stadt in Österreich. E-Scooter. Sie sind überall. Sie stehen und liegen mitten auf Gehwegen, versperren Radwege und Straßen. Unachtsam abgestellte Scooter sind insbesondere für sehbehinderte Menschen ein gefährliches Hindernis. Auch Vandalismus ist ein Problem. Scooter landen in Schächten, Kanälen und Flüssen oder werden mutwillig beschädigt. So muss der Scooter-Verleih die Geräte oft lange vor Ende ihrer eigentlichen Lebenszeit ersetzen.

„Eine deutsche Studie zeigt, dass viele Leihroller nach 6 Monaten entsorgt werden.“

Ist ein Sharing-Konzept nicht gut durchdacht, wird es schnell von der Klimalösung zum Klimaproblem. Weil wir sorglos mit den Scootern umgehen, halten sie nur sehr kurz. Eine Studie der Deutschen Energieagentur zeigt, dass viele Leihroller durchschnittlich nur 6 Monate auf der Straße sind. Und so ein Scooter braucht in der Herstellung viele Ressourcen und große Mengen an Energie. Beides verursacht Emissionen. Und auch die Entsorgung des Akkus ist mit Problemen verbunden.

Studie zu Regeln von Sharing Economy

Kurz gesagt: Damit Sharing-Konzepte funktionieren und tatsächlich nachhaltig sind, müssen sich alle auch an die Spielregeln halten. Wie diese Spielregeln aussehen können, hat sich eine Forschungsgruppe der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU) in einer Studie angesehen. Ihren Blick haben sie nicht nur auf Auto- und E-Scooterdienste gerichtet, sondern auch auf Gemeinschaftsgärten und Unterkunftplattformen wie Airbnb. Die zentrale Frage war bei allen Angeboten: Wie müssen die Regeln aussehen, damit Nutzer:innen sich besonders kooperativ verhalten?

 Vertrauen statt Bestrafen

Die Forscher:innen haben dabei zwischen zwei Arten von Regeln unterschieden.

  • Harte Regulationen: Davon spricht man, wenn ein Sharing-Dienst Belohnungen und Bestrafungen nützt, um das gewünschte Verhalten zu erreichen. Ein Carsharing-Dienst kann zum Beispiel Zusatzkosten verrechnen, wenn wir ein Fahrzeug mit leerem Tank oder grob verschmutzt zurückgeben.
  • Sanfte Regulationen: Hier setzen man auf Information und Vorbildwirkung. Ein E-Scooter-Dienst kann zum Beispiel in einer App erklären, warum es wichtig ist, die Roller nicht mitten am Gehweg zu parken.

In Laborexperimenten hat die Forschergruppe untersucht, welche dieser beiden Regelarten besser funktioniert. Das überraschende Ergebnis: Sanfte Regulationen haben eher kooperatives Verhalten hervorgerufen als Strafen und Belohnungen. Die Studie empfiehlt Sharing-Diensten daher, eher auf Vertrauen und gute Kommunikation zu setzen. Das erhöht die Chance, dass sich Nutzer:innen an die Regeln halten.

Sanfte Regulationen können zwar auch nicht verhindern, dass ein paar wenige Menschen Geräte falsch abstellen oder beschädigen. Die große Mehrheit an Nutzer:innen verhalte sich aber so kooperativer, sagt die Studie. Bisher nutzen die in Österreich vertretenen Sharing-Anbieter vor allem harte Regulation. Würden sie ihr Regelwerk anpassen, wäre also durchaus mit einem positiven Effekt zu rechnen.

Über die/den Autor:In

Markus Englisch
Markus Englisch
Markus studierte TV- und Medienproduktion in Wien. Sein größter Antrieb als Journalist ist es, die Klimakrise für alle Menschen begreifbar zu machen. Zuletzt war er als Redakteur bei PULS 4 tätig und leitete das Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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