Mobil rund um die Uhr

„Den nutzt doch am Land niemand.“ – Der öffentliche Nahverkehr im ländlichen Raum hat einen schlechten Ruf. Zu selten, zu unpraktisch und nicht zuverlässig genug. Doch dieses Vorurteil hält nicht stand. Ein Pilotprojekt in Norddeutschland zeigt gerade eindrucksvoll: Wenn das Angebot gut ist, wird es auch auf dem Land genutzt.

Das Projekt SMILE24 (Schlei-Mobilität: Innovativ, Ländlich, Emissionsfrei – 24/7) testet seit Anfang 2023, wie ein zukunftsfähiger öffentlicher Verkehr am Land aussehen kann. Ein Jahr später zeigt sich: Die Mobilitätswende im ländlichen Raum ist möglich, wenn man sie wirklich will.

Das Problem ist nicht der Wille, sondern das Angebot

In vielen Regionen sind die Menschen auf das eigene Auto angewiesen. Der Bus kommt nur alle paar Stunden, fährt am Wochenende gar nicht oder hält kilometerweit entfernt vom Wohnort. Öffis am Land? Für viele Menschen nicht vorstellbar. Dabei wünschen sich laut Umfragen viele mehr Unabhängigkeit vom Auto aus Kostengründen, aus ökologischer Überzeugung oder weil sie selbst nicht mehr fahren können oder wollen.

Genau hier setzt das Projekt SMILE24 an. Es will zeigen, dass öffentlicher Verkehr im ländlichen Raum durchaus funktionieren kann: alltagstauglich, zuverlässig und für viele nutzbar. Seit Anfang 2023 läuft der Pilotversuch in der Schleiregion in Schleswig-Holstein, zwischen Kappeln, Schleswig und Eckernförde. Koordiniert und finanziert wird das Ganze vom Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein (NAH.SH).

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Ein vernetztes Mobilitätssystem rund um die Uhr

Das Besondere an SMILE24: Hier wurde nicht einfach nur der Fahrplan angepasst. Stattdessen wurde ein umfassendes, vernetztes Mobilitätskonzept entwickelt, das verschiedene Angebote sinnvoll kombiniert:

  • Elektrische Expressbusse auf den Hauptlinien, die häufiger und länger fahren und direkter angebunden sind
  • Tourismuslinien mit Fahrradmitnahme in der Ausflugssaison
  • Der Nahshuttle: ein flexibles On-Demand-Angebot, buchbar per App oder Telefon, mit über 3.600 virtuellen Haltestellen
  • Bikesharing mit Leihrädern an über 50 Stationen
  • Carsharing mit E-Autos in festen Tarifen für Gelegenheitsfahrten

All diese Angebote sind zum Nahverkehrstarif nutzbar, auch mit dem Deutschlandticket. Das macht das öffentliche Fahren nicht nur flexibel, sondern auch leistbar.

Nach einem Jahr zeigt sich: Öffis am Land funktionieren

Ein Jahr nach Projektstart zeigen erste Auswertungen: Das Angebot wird angenommen. Immer mehr Menschen steigen auf öffentliche Verkehrsmittel um. Auch Unternehmen unterstützen den Wandel, indem sie ihren Mitarbeitenden das Deutschlandticket zur Verfügung stellen. Pendeln ohne eigenes Auto wird dadurch endlich auch im ländlichen Raum realistisch.

Die wichtigste Erkenntnis: Nicht der ländliche Raum ist das Problem, sondern das mangelnde Angebot. Wenn gute, zuverlässige und flexible Alternativen vorhanden sind, werden sie auch genutzt. Damit widerlegt SMILE24 eines der hartnäckigsten Vorurteile in der Mobilitätsdebatte.

Was SMILE24 für die Mobilitätswende bedeutet

SMILE24 ist ein Vorzeigeprojekt – nicht, weil es eine perfekte Lösung liefert, sondern weil es zeigt, was möglich ist, wenn Mobilität neu gedacht wird. Es verbindet digitale Tools mit realen Bedürfnissen, flexible Angebote mit sozialen und ökologischen Zielen.

Die Mobilitätswende darf sich nicht auf Städte beschränken. Gerade in ländlichen Regionen entscheidet sich, ob sie gelingt. Öffis am Land sind ein Schlüssel zur Klimagerechtigkeit – und zu mehr sozialer Teilhabe, Lebensqualität und Unabhängigkeit.

Öffentlicher Verkehr am Land ist machbar

Das Projekt beweist, dass öffentlicher Verkehr im ländlichen Raum funktionieren kann.
Was es dafür braucht:

  • Ein umfassendes, durchdachtes Angebot
  • Politischen Willen zur Umsetzung
  • Den Mut, Mobilität nicht nur als Technikfrage, sondern als Teil des sozialen Wandels zu begreifen

SMILE24 setzt ein starkes Zeichen. Es zeigt, dass ländliche Mobilität nicht an der Realität scheitern muss, sondern an politischen Entscheidungen. Wenn öffentlicher Verkehr am Land so selbstverständlich wie Strom, Wasser oder Internet verstanden wird, dann können solche Projekte auch woanders umgesetzt werden. Sie zeigen: Eine klimafreundliche, gerechte Mobilität ist nicht nur eine Frage der Großstadt, sondern auch eine Frage des Willens und des Angebots.

Über die/den Autor:In

Julia Zander
Julia Zander
Julia studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaften in Wien und sprang danach direkt in die Medienwelt. Sie ist vor oder hinter der Kamera zu sehen. Ihr Ziel ist es, Geschichten zu erzählen, die Menschen inspirieren. Zuletzt arbeitete sie beim PULS4 Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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