Das Atomkraftwerk, das nie Strom lieferte
Am 5. November 1978 sagte Österreich Nein zur Atomkraft und schrieb damit Geschichte. Das Atomkraftwerk Zwentendorf ging nie ans Netz, wurde aber zum Symbol für Demokratie und Umweltschutz. Jetzt soll der 5. November als „Zwentendorf-Feiertag“ an diese Entscheidung erinnern.
Zwentendorf an der Donau, Niederösterreich, rund 30 Kilometer westlich von Wien: Hier steht das einzige Atomkraftwerk Österreichs. Was noch einzigartig ist: Es wurde nie in Betrieb genommen. Das AKW wurde in den 1970er Jahren errichtet und sollte nach seiner Inbetriebnahme eine Leistung von rund 700 Megawatt liefern können. Der Bau war abgeschlossen und die Anlage technisch einsatzbereit. Doch bevor der Reaktor aktiviert werden konnte, entschied das Volk über seine Zukunft.
Am 5. November 1978 stimmten 50,47 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher gegen die Inbetriebnahme. Damit war Zwentendorf das weltweit einzige fertiggestellte Atomkraftwerk, das nie Strom produzierte. Die Entscheidung war knapp, aber wegweisend. Und das in einer Zeit, in der viele Länder auf Atomenergie setzten. Österreich entschied sich für einen anderen Weg. Der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky hatte die Volksabstimmung auf Druck der Bevölkerung angesetzt und akzeptierte das Ergebnis. Seit 1999 ist Österreichs Atomfreiheit in der Verfassung festgehalten.
Das Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich verbietet die Nutzung von Kernkraft zur Energiegewinnung sowie die Herstellung, Lagerung, den Transport, die Erprobung und den Einsatz von Atomwaffen in Österreich.
Es baut auf dem 1978 beschlossenen Atomsperrgesetz auf, das durch die Volksabstimmung zustande kam.
Vom Reaktor zum Bildungsort
Das AKW-Gebäude steht bis heute – ein grauer Betonriese am Donauufer, umgeben von Solarpaneelen. Eigentümerin ist die EVN, die das Kraftwerk zu einem Schulungs- und Forschungszentrum umgebaut hat. Hier üben Technikerinnen und Ingenieure den Umgang mit Reaktortechnik und Sicherheitsabläufen. Auch internationale Organisationen wie die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) nutzen Zwentendorf für Trainings.
Symbol für Energiewende
Neben einem Lernort ist das Gelände auch zu einem Symbol für den Wandel geworden. Auf dem Dach und in der Umgebung wurden Photovoltaikanlagen installiert, die heute Strom aus Sonnenenergie liefern. Wo einst Atomstrom geplant war, fließt heute nachhaltiger und erneuerbarer Strom.

Erinnerung mit künstlerischen Mitteln
Rund 47 Jahre nach der Volksabstimmung wird am 5. November 2025 erstmals der sogenannte „Zwentendorf-Feiertag“ begangen. Initiator ist der Philosoph und Künstler Kilian Jörg, der gemeinsam mit einem internationalen Team einen ökologischen Feiertag etablieren möchte. Gefördert wird das Projekt durch das Volkskundemuseum Wien, wo ein Abendprogramm mit künstlerischen Interventionen, Musik und Vorträgen stattfindet. Zu den Mitwirkenden zählen unter anderem die Umwelthistorikerin Sophia Rut von der BOKU Wien, der Atomschutzbeauftragte Raphael Zimmerl, der Anti-Atom-Aktivist Thomas Neff und das Bläserensemble Federspiel, das eigens die Hymne „Sounds, not Reactors“ komponiert hat. Der Eintritt ist frei.
Ein Nein, das bleibt
Zwentendorf steht für mehr als nur eine Entscheidung gegen Atomkraft. Es ist ein Symbol dafür, dass die Menschen mitbestimmen können und wollen – auch gegen wirtschaftliche und politische Interessen. In einer Zeit, in der Klimakrise und Energiepolitik wieder zu zentralen Themen geworden sind, erinnert Zwentendorf daran, dass nachhaltige Entscheidungen nicht nur technologisch, sondern auch gesellschaftlich getroffen werden. Es zeigt, dass ökologische Verantwortung und Demokratie untrennbar miteinander verbunden sind. Das Atomkraftwerk an der Donau hat nie Strom erzeugt und wurde doch zu einem der einflussreichsten Bauwerke der Zweiten Republik.
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