Warum Photovoltaik so billig wurde
Aus einer einst teuren Nischenware wurde innerhalb von 50 Jahren eine massentaugliche Technologie, die die weltweite Energiewende vorantreibt. Die Kosten für Photovoltaik-Anlagen sind seit den 1970er-Jahren um mehr als 99 Prozent gesunken. Eine neue Studie des amerikanischen Massachusetts Institute of Technology lüftet das bemerkenswerte Geheimnis hinter diesem Preisverfall.
Solarenergie ist heute überall, von Entwicklungsländern bis hin zu reichen Industrienationen. Keine andere Technologie hat die weltweiten Energiemärkte mehr verändert. Eine Studie des MIT (Massachusetts Institute of Technology) hat nun das Geheimnis hinter diesem radikalen Preissturz gelüftet. Die Forscher fanden heraus, dass es nicht nur einzelne Erfindungen waren, sondern ein komplexes Netzwerk aus 81 verschiedenen Durchbrüchen, die Photovoltaik zu einem globalen Motor der Energiewende machten.
Innovationen von unerwarteter Seite
Die MIT-Wissenschaftler identifizierten eine Reihe von Durchbrüchen (von 1970 bis heute), die weit über die Solartechnik hinausgingen und sich über Technologie, Politik, Software und effizientere Installationsprozesse erstreckten.
Beispiele für Hardware-Innovationen: Die Forschung in der Halbleiter-Industrie ermöglichte die Drahtsägetechnik (wire-sawing), die große Siliziumblöcke viel dünner und mit stark reduzierten Abfällen in Solarzellen zerteilt. Auch Fortschritte in der Metallurgie und Glasherstellung spielten eine entscheidende Rolle.
Experten wie Kostantsa Rangelova vom Think Tank Ember betonen, dass diese kleinen, aufeinander aufbauenden Verbesserungen erst durch „Lernen durch Tun“ und Skaleneffekte (Massenproduktion) vervielfacht wurden. Dadurch wurde Solarenergie, in den Worten der IEA, zur billigsten Stromform der Geschichte.
Die Rolle von Politik und Prozessen
Die Forscher unterschieden bei ihrer Analyse zwischen den Kosten für die PV-Module und den sogenannten BOS-Kosten (Balance-of-System – alles andere, was für eine Anlage benötigt wird, wie Montage und Verkabelung).
BOS-Kosten hängen stark von sogenannten weichen Technologien ab. Damit sind Prozesse gemeint, die nicht physisch sind. Hier liegt oft der größte Zeit- und Kostenfresser. Innovationen wie schnellere Genehmigungsverfahren für neue Projekte oder sogar Gesetzesreformen spielten eine überraschend wichtige Rolle. Während die Modul-Innovationen oft aus Forschungslaboren kamen, wurden viele systemische Fortschritte und Prozesse durch politische Entscheidungen von Regierungen vorangetrieben.
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Weitere InformationenSonnenenergie am Wendepunkt
Die langfristigen Kostensenkungen zeigen ihre Wirkung: Im Juni 2023 erzeugte Solarenergie in der EU erstmals mehr Strom als jede andere Quelle. Ein historischer Meilenstein. Expert:innen sehen darin einen positiven Wendepunkt, an dem bereits kleine Veränderungen großes Wachstum bewirken können.
Die Lektion für die Zukunft
Der nächste Kostensprung wird genauso stark von Prozessen, Richtlinien und Software abhängen wie von Materialien und Hardware. KI-gesteuerte Design-Tools und Robotik könnten die Installation beschleunigen und weiter Kosten senken, indem sie Verzögerungen vermeiden. Ein weiterer Schlüssel zum Erfolg ist die Modularität, also die Bauweise aus kleineren, standardisierten und leicht reproduzierbaren Teilen. Das hilft bereits auch bei der effizienten Produktion von Batterien.
Als neue Herausforderung rückt das Recycling in den Fokus. Obwohl Solarpaneele im Schnitt 30 Jahre halten, sind sie derzeit nicht einfach zu demontieren. Angesichts der steigenden Zahl alternder Anlagen arbeiten Wissenschaftler:innen weltweit daran, das Recycling zu verbessern, kostengünstigere Verfahren zu entwickeln und die Wiederverwendung älterer Paneele zu fördern.
Die MIT-Forscher sind überzeugt: Wer aus dieser Analyse lernt, kann die Bedingungen schaffen, damit der nächste Entwicklungssprung in der Solartechnik genauso wirkungsvoll wird wie der letzte.