Tropische Korallenriffe erreichen Kipppunkt
Was die Regenwälder am Land sind, sind die Korallenriffe im Meer. Die bunten Ökosysteme sind die Kinderstube von unzähligen Meerestieren, schützen die Küsten und sind enorm wichtig für die Ernährung von Millionen Menschen auf der ganzen Welt.
Viele dieser Korallenriffe werden in den kommenden Jahrzehnten sehr wahrscheinlich absterben. Sie haben ihren Kipppunkt erreicht. Zu diesem Schluss kommt der neue Global Tipping Points Report. Darin fassen 160 Klimaforschende aus 23 Ländern ihre aktuellen Forschungsergebnisse zu mehr als 20 wichtigen Elementen in unserem Klimasystem zusammen.
Klima-Kipppunkte: Die Forschung definiert mehr als 20 wichtige Elemente im Klimasystem, die mit steigender Erderhitzung drohen, unumkehrbar zu kippen. Haben sie ihren Zustand erst einmal verändert, ist das nur noch schwer oder gar nicht mehr rückgängig zu machen. Wichtige Elemente im Klimasystem sind zum Beispiel die Warmwasser-Korallenriffe, der Golfstrom und der Amazonasregenwald.
Mit seiner starken Erwärmung nähert sich unser Planet rasant katastrophalen und unumkehrbaren Kipppunkten – so die Warnung der Forschenden. „Wir steuern rapide auf mehrere Kipppunkte des Erdsystems zu, die unsere Welt verändern könnten und zerstörerische Folgen für Menschen und Natur hätten“, betonte Tim Lenton von der Universität Exeter. Die Forschenden sehen es als essenziell an, Kipppunkte zu vermeiden, um schwerwiegende, nicht mehr rückgängig zu machende Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern. Es seien beispiellose und sofortige Maßnahmen von politischen Entscheidungsträgern in aller Welt notwendig.

Korallenriffe wahrscheinlich verloren
Ein Kipppunkt ist dem Bericht zufolge mit dem großen Korallensterben bereits erreicht. Die Temperaturschwelle für diesen Kipppunkt liege bei schätzungsweise 1,2 Grad – und sei bei der derzeitigen Erderwärmung von etwa 1,4 Grad schon überschritten. Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass sich die Erderwärmung noch bei 1,5 Grad stabilisieren lasse, sei mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 99 Prozent davon auszugehen, dass Warmwasser-Korallenriffe verloren seien.
Der Amazonas-Regenwald ist durch eine Kombination aus klimabedingten Dürren und Abholzung ebenfalls gefährdet: Die Schwelle, ab der ein weitreichendes Absterben droht, sei niedriger als bisher angenommen – das untere Ende der angenommenen Spanne, an der das System kippen könnte, liege nun bei den schon fast erreichten 1,5 Grad, heißt es im Bericht.
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Weitere InformationenGolfstrom in Gefahr
Die in Europa landläufig als „Golfstrom“ bekannte Atlantische Umwälzströmung (AMOC) könnte womöglich ebenfalls schon bei einer Erderwärmung von unter zwei Grad kollabieren, nehmen die Forscher an. Dies würde in Nordwesteuropa zu deutlich kälteren Wintern führen und unter anderem die Bedingungen für die Landwirtschaft in großen Teilen durcheinanderwirbeln. Das hätte drastische Folgen für unsere weltweite Ernährungssicherheit. Prognosen zur Entwicklung des Strömungssystems gelten allerdings noch als sehr unsicher.
„Wir müssen mehr tun und uns schneller bewegen, um positive Kipppunkte zu erreichen.“
Seit ihrer letzten Bestandsaufnahme vor zwei Jahren sehen die Forschenden auch Fortschritte beim Wandel. „Es gab eine radikale weltweite Beschleunigung, darunter die Verbreitung von Solarenergie und Elektroautos. Aber wir müssen mehr tun und uns schneller bewegen, um positive Kipppunkte zu erreichen“, sagte Lenton. Bestenfalls ergäben sich Kettenreaktionen – etwa zwischen den Bereichen Energie, Verkehr und Heizen. „Wir müssen viel mehr positive Kipppunkte identifizieren und auslösen“, so das Team. (APA/Red)