Grün statt Grau ist das Motto in immer mehr europäischen Städten. Auch die norddeutsche Stadt Hamburg handelt danach und zeigt, wie nachhaltige Stadtentwicklung aussehen kann. Mit einer Aktion werden Betonflächen „abgepflastert“ und in blühende Grünräume verwandelt.
Durch Entsiegelung wird nicht nur das Stadtbild verschönert, sondern auch ein wichtiger Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz geleistet. Auch in Österreich wird die Notwendigkeit, Flächen zu entsiegeln, immer offensichtlicher.
Hamburg macht es vor: „Abpflastern“ statt neu pflastern
In Hamburg ist die Mitmach-Kampagne „Abpflastern“ gestartet. Ziel ist es, versiegelte Flächen wie Betonplatten, Pflastersteine oder Asphalt aufzubrechen und durch Pflanzen zu ersetzen. Die Aktion wird vom City Science Lab der HafenCity Universität gemeinsam mit dem Verein Code for Hamburg und dem Netzwerk lokalkraft organisiert.
Über eine Online-Plattform können Bürger:innen öffentliche Flächen ab fünf Quadratmetern melden, die ihrer Meinung nach entsiegelt werden sollten – etwa eine Straßenecke, ein Parkplatz oder ein Gehweg. So wurde zum Beispiel bereits eine Ecke im Stadtteil Lokstedt erfolgreich begrünt.
Michael Ziehl vom City Science Lab betont gegenüber der Tagesschau: „Wenn viele Menschen mitmachen, entstehen neue Hinweise für Flächen, die bislang unentdeckt geblieben sind – und doch großes Potenzial für Entsiegelung bieten.“
12-Jähriger bringt die Steine ins Rollen
Die Idee stammt ursprünglich aus den Niederlanden – genauer gesagt aus einem freundschaftlichen Wettbewerb zwischen den Städten Amsterdam und Rotterdam. Dabei ging es darum, möglichst viele versiegelte Flächen zu begrünen. Unter dem Namen „Tegelwippen“ – auf Deutsch etwa „Gehwegplatten kippen“ – wurde die Aktion zum Vorbild für viele weitere Städte.
Auch in Hamburg stieß die Idee auf Begeisterung – nicht zuletzt dank des Engagements eines zwölfjährigen Schülers: Toni Will aus dem Stadtteil Altona erfuhr in einer Kindersendung vom niederländischen „Tegelwippen“-Wettbewerb. Die Idee ließ ihn nicht mehr los. Über zwei Jahre lang setzte er sich dafür ein, das Projekt auch in seiner Heimatstadt umzusetzen. Mit seiner Präsentation vor der Bezirksversammlung überzeugte er schließlich die Entscheidungsträger – und tatsächlich: In der Hamburger HafenCity fand nun die offizielle Kick-off-Veranstaltung statt. Ein schönes Beispiel dafür, dass man nie zu jung ist, um etwas zu bewegen.
Warum Entsiegelung so wichtig ist
Versiegelte Flächen können kein Regenwasser mehr aufnehmen. Das belastet die Kanalisation, erhöht die Gefahr von Überschwemmungen bei Starkregen und verschärft Hitzeprobleme in dicht bebauten Gebieten. Beton speichert Wärme und verschärft die städtische Aufheizung – eine zunehmende Gesundheitsgefahr, vor allem für ältere Menschen und Kinder.
Grünflächen hingegen wirken wie natürliche Klimaanlagen: Sie kühlen die Umgebung durch Verdunstung, spenden Schatten, verbessern die Luftqualität und bieten Lebensraum für Tiere und Pflanzen. Sie machen Städte nicht nur schöner, sondern auch widerstandsfähiger gegenüber den Folgen der Klimakrise – sei es Hitze, Dürre oder Starkregen.
Österreich: Ein Land unter Beton
Auch in Österreich ist die Versiegelung ein massives Umweltproblem. Laut Umweltbundesamt werden täglich rund 11 Hektar Boden verbaut – das entspricht etwa 16 Fußballfeldern pro Tag. Davon wird ein Großteil dauerhaft versiegelt, also so verändert, dass der Boden seine natürlichen Funktionen verliert.
Insgesamt sind bereits 17 Prozent der Landesfläche Österreichs versiegelt – ein Spitzenwert im europäischen Vergleich. Besonders betroffen sind urbane Räume wie Wien, Linz und Graz. In der Bundeshauptstadt sind laut Stadtverwaltung rund 40 Prozent der Fläche versiegelt.
Das hat gravierende Folgen: Boden, der versiegelt ist, kann kein Wasser mehr aufnehmen, kein CO₂ mehr speichern und keine Nährstoffe für Pflanzen liefern. Damit geht eine wichtige Ressource verloren – auch für die Landwirtschaft, das Klima und die Artenvielfalt. Ein versiegelter Boden lässt sich zudem nur schwer wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzen.
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Mehr InformationenEntsiegelung: Schlüsselmaßnahme für den Umwelt- und Klimaschutz
Städte entsiegeln heißt: Hitze reduzieren, Wasserhaushalt verbessern, Lebensqualität steigern. Entsiegelung ist eine effektive und vergleichsweise kostengünstige Maßnahme für den Klima- und Umweltschutz.
In Österreich braucht es deshalb:
- klare gesetzliche Vorgaben zur Reduktion neuer Versiegelung
- Förderungen für städtische und private Entsiegelungsprojekte
- Bürger:innenbeteiligung, um lokal sinnvolle Maßnahmen umzusetzen
Egal ob Schulhof, Parkplatz oder Gehweg – jede entsiegelte Fläche trägt zum gesunden Stadtklima bei.
„Abpflastern“ für eine lebenswerte Zukunft
Die Hamburger Aktion zeigt, wie Entsiegelung mit Bürgerbeteiligung funktionieren kann. Auch in Österreich braucht es mehr solcher Initiativen – lokal, kreativ und mit politischem Rückhalt. Denn der Boden unter unseren Füßen ist mehr als nur Fläche – er ist Lebensgrundlage, Klimaschützer und Zukunftsressource zugleich. Es wird Zeit, ihn wieder atmen zu lassen.