Buchtipp: Periode ist politisch

Schon früh lernen Frauen und Menschen, die menstruieren, dass die Periode Privatsache ist. Doch das ist sie nicht. Der Umgang mit ihr ist mehr als politisch. Warum, das erklärt Menstruationsaktivistin Franka Frei in ihrem ersten Buch. Bei all der Ernsthaftigkeit des Themas verliert sie nicht den Humor.

Eine Welt, in der Tampons, Period Pantys und Co. als Statussymbol gelten und nicht das Budget belasten. In der sich niemand für Blutflecken schämen muss. In der offen über die Menstruation gesprochen wird und Menstruierende, die unter Beschwerden leiden, unterstützt werden. Es ist eine Utopie. Aber es wäre eine Welt, in der die Periode nicht länger als Privatsache gilt. Denn genau das ist sie nicht. In ihrem Buch „Periode ist politisch“ schreibt Aktivistin Franka Frei ein Manifest gegen das Menstruationstabu. Informativ, aufklärend und gleichzeitig mit viel Humor.

Blut ist nicht gleich Blut

Die Realität ist aktuell weit von einer Utopie entfernt. Junge Frauen und Menschen, die menstruieren, lernen früh, nicht über die Periode zu sprechen, Periodenartikel heimlich auszutauschen und still vor sich hinzuleiden, wenn sie monatlich von Bauchkrämpfen geplagt werden. Und passiert es einmal, dass ein Blutfleck auf einem Kleidungsstück sichtbar ist, werden sie verachtet. Dabei herrscht eine Doppelmoral. Denn Blut ist nicht gleich Blut. In Actionfilmen zum Beispiel gilt: Je mehr Blut, desto besser. Ein Symbol für Kampfgeist und Stärke. „Ob wir es als ekelhaft empfinden, scheint vor allem daran zu liegen, wo es herkommt“, schlussfolgert Franka Frei. Apropos Herkunft: Menstrualblut und Sperma werden bis heute noch oft miteinander verglichen, manche stellen Menstruieren sogar dem Masturbieren gegenüber. Als wäre Menstruieren eine freie Entscheidung.

Wie Männer Menstruation erklären

In der Geschichte finden sich viele abstruse Theorien wie diese – vorrangig von Männern. Unter anderem Pythagoras, der meinte, Frauen würden menstruieren, weil sie zu viel essen. Der Rechtsmediziner Richard von Krafft-Ebing, laut dem die Menstruation Frauen zu „Furien, Mörderinnen und Brandstifterinnen“ mache. Oder Paracelsus, der im 16. Jahrhundert überzeugt war, Menstrualblut sei giftig. Übrigens eine Theorie, die erst 1958 medizinisch widerlegt wurde. Für solche Vorstellungen muss Frei gar nicht erst in die Vergangenheit blicken, es gibt sie auch heute noch. Zum Beispiel Donald Trump, der unangenehme Kritik einer Journalistin auf die Periode zurückgeführt und ihr damit Zurechnungsfähigkeit abgesprochen hat. An all jene, verteilt die Menstruationsaktivistin im Laufe des Buches goldene Erdbeeren, die Negativ-Auszeichnung für vermeintliche Menstruationstheoretiker:innen.

Aktivistinnen klären auf

Franka Frei unternimmt Exkurse in die Vergangenheit, um zu erklären, wie die Menstruation zum Tabu wurde. Die meiste Zeit bleibt sie aber in der Gegenwart, um die politische Dimension aufzuzeigen. Sie nimmt ihre Leser:innen mit zu Aktivistinnen nach Indien, Pakistan, Bangladesch und Nepal. Sie stellt starke Frauen vor, die Aufklärungsarbeit leisten und ebenfalls versuchen, das Menstruationstabu zu durchbrechen. Die Autorin zeigt anhand dieser Länder aber auch einen Teufelskreis auf, der durch die Stigmatisierung der Menstruation entsteht. Häufig verwenden Menstruierende einen einfachen Stofffetzen, den sie danach mit Wasser auswaschen. Getrocknet werden diese oft an dunklen Stellen, zum Beispiel unter dem Bett. Weil die Blutflecken niemand sehen darf. Eine Brutstätte für Keime, Entzündungen sind die Folge. Periodenarmut, also mangelnder Zugang zu Menstruationsartikeln, Hygiene, Bildung und Abfallentsorgung, betrifft Menstruierende auf der ganzen Welt.

“Wir müssen anfangen, offener mit dem Thema umzugehen, auch um auf Missstände, Probleme oder Wissenslücken aufmerksam zu machen und für mehr Aufklärung zu sorgen.”

Das Menstruationstabu schadet der Gesundheit von Frauen. Nicht nur durch unhygienische Menstruationsartikel. Zyklusbedingte Krankheiten wie Endometriose, die Hormonstörung polizystisches Ovarialsyndrom (PCOS) und das prämenstruelle Syndrom (PMS) sind mangelhaft erforscht. Zum Nachteil aller Betroffenen. „Wir müssen anfangen, offener mit dem Thema umzugehen, auch um auf Missstände, Probleme oder Wissenslücken aufmerksam zu machen und für mehr Aufklärung zu sorgen. Nur dann können gesundheitliche Fragen allumfassender und Diagnosen schneller gestellt werden, damit zusammenhängende Forschungslücken geschlossen und Heilungsmethoden entdeckt werden“, fordert die Menstruationsaktivistin.

Miteinander reden und das Tabu brechen

Kommunikation ist für Franka Frei der Schlüssel. Frauen und Menschen, die menstruieren, müssen offen über ihre Periode sprechen können. Sie müssen sie ohne Scham beim Namen nennen können. „Durch die Tabuisierung der Periode fehlt uns selbst der Zugang dazu. Die Folgen: fehlendes Wissen, wenig Aufklärung, Mythen, Stigmatisierung, Verwirrung und Missverständnisse – eine gigantische Abwärtsspirale“, argumentiert Frei. Diese Grenzen können durch Kommunikation durchbrochen werden.

„Wäre Menstruation genauso normal wie Zähneputzen, würden mehr Betroffene sich trauen, periodenbedingte Beschwerden zu thematisieren“, ist sich die Autorin sicher.  Und vielleicht kommen wir so in die utopisch anmutende Welt, wie sie Frei im letzten Kapitel beschreibt. Ein Schritt in diese Richtung, ist, „Periode ist politisch“ zu lesen.

„Periode ist politisch“ ist 2020 im Heyne Verlag erschienen.

Über die/den Autor:In

Nicole Frisch
Nicole Frisch
Nicole studiert Politikwissenschaft und Internationale Entwicklung an der Universität Wien. Das Ziel: Die Weltpolitik verstehen – und das Verstandene mit möglichst vielen Menschen teilen. Ihren Weg in den Journalismus hat sie über die NÖN gefunden. Ihre Schwerpunkte sind soziale Gerechtigkeit, Menschenrechte, Migration und Vergangenheitspolitik.

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