Die reichsten zehn Prozent der Menschheit verursachten in den vergangenen 30 Jahren zwei Drittel der Erderwärmung.
Der sehr hohe Ausstoß von Treibhausgasen durch die „Superreichen“ wird immer wieder von Forschern betont oder kritisiert. Jetzt hat ein Forschungsteam mit Beteiligung aus Österreich neue Zahlen vorgelegt. Ihr Ergebnis: Von 1990 bis 2020 waren die reichsten zehn Prozent der Menschen für etwa zwei Drittel der Erderwärmung verantwortlich. Das reichste eine Prozent allein war für rund ein Fünftel des Anstiegs verantwortlich. Bei den jährlichen Weltklimakonferenzen geht es oft um die großen Unterschiede: Wer verursacht den Klimawandel, und wer leidet am meisten darunter? Im Jahr 2019 waren die reichsten zehn Prozent der Welt für fast die Hälfte der Emissionen verantwortlich. Die ärmsten 50 Prozent dagegen verursachten nur etwa ein Zehntel. Diese Ergebnisse veröffentlichten Wissenschafter:innen des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (NÖ) und von der ETH Zürich in einer neuen Studie im Fachmagazin „Nature Climate Change“.
Weitreichende Ungerechtigkeit
Die meisten Menschen aus den oberen zehn Prozent der Welt lebten in der untersuchten Zeit in den USA, in der EU, in Indien und China. Gleichzeitig leiden viele Länder im globalen Süden stärker unter den Folgen der Erderwärmung, obwohl sie nur wenig dazu beigetragen haben. Forschende nennen das eine „bekannte Ungerechtigkeit zwischen Ursache und Wirkung“. Das Forschungsteam hat nun eine Methode verbessert, mit der sie berechnen können, wie viel bestimmte Gruppen zu den Treibhausgasen, der Erwärmung und der Zunahme von Extremwetter wie Dürren beigetragen haben.
Neue Zahlen
Von den 0,61 Grad Celsius, um die die weltweite Durchschnittstemperatur im Jahr 2020 höher war als 1990, stammen 65 Prozent von den reichsten zehn Prozent der Menschen. Das reichste eine Prozent allein ist für 20 Prozent verantwortlich, und die obersten 0,1 Prozent für etwa acht Prozent, steht in der Studie.
Hätten alle Menschen auf der Welt so wenig Treibhausgase ausgestoßen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung, wäre die Temperatur seit 1990 kaum gestiegen. Wenn aber alle so viele Emissionen hätten wie die reichsten zehn, ein oder 0,1 Prozent, wäre die Temperatur um 2,9, 6,7 oder sogar 12,2 Grad Celsius gestiegen.
Reiche haben mehr Verantwortung
Die Forschenden zeigen, dass allein die reichsten zehn Prozent in den USA und China eine zwei- bis dreifache Zunahme von Hitzewellen in besonders gefährdeten Regionen wie dem Amazonas oder dem Mittelmeerraum verursacht haben. Das alles zeigt: Reiche Menschen tragen eine große Verantwortung für die Klimakrise. Aber gerade ihre Lebensweise und ihr wirtschaftliches Verhalten können auch ein wichtiger Hebel sein, um die Folgen der Klimakrise zu bremsen.
Die Studie zeigt, dass wohlhabende Menschen, die viele Treibhausgase ausstoßen, stark zum Auftreten von Klimaextremen beitragen. Deshalb sei eine Klimapolitik wichtig, die ihre Emissionen gezielt senkt, sagt die Hauptautorin Schöngart. Der Leiter des IIASA-Klimaprogramms, Carl-Friedrich Schleussner, warnt davor, das Thema als reine Theorie abzutun. Wenn man die wichtige Rolle der Reichsten in der Klimapolitik nicht ernst nimmt, verpasst man einen der wichtigsten Hebel, um künftige Gefahren zu verringern. (Red./APA)