Warum wir mehr Sortenvielfalt brauchen

Hast du gewusst, dass wir in den letzten 100 Jahren rund 75 Prozent der Sortenvielfalt weltweit verloren haben? Auch in Österreich ist das sichtbar: Viele alte Gemüse-, Obst- und Getreidesorten sind verschwunden – für immer. Der Verein Arche Noah bewahrt, was sonst verloren geht: für Ernährungssicherheit, Klimaschutz und unsere Gesundheit.

Nicht nur in fernen Ländern, sondern auch hier in Österreich dominieren auf den Feldern heute nur noch wenige, leistungsfähige Sorten, die sich für industrielle Landwirtschaft und Massenproduktion eignen. Die Vielfalt ist dabei auf der Strecke geblieben.

Arche Noah: Ein sicherer Hafen für gefährdete Sorten

In Schiltern bei Langenlois in Niederösterreich hat sich eine Initiative ganz dieser bedrohten Sortenvielfalt verschrieben: Die Arche Noah, gegründet 1989 von Gärtner:innen und Bäuer:innen, die das Saatgut wieder in die eigenen Hände nehmen wollten. Ihre Vision: Eine Landwirtschaft, die vielfältig, unabhängig und zukunftsfähig ist – statt abhängig von Konzernen und Monokulturen.

Heute bewahrt die Arche Noah tausende alte Sorten: von Paradeisern über Käferbohnen bis hin zu Haferwurzel, Dinkel, Apfelraritäten und Melde. Der Verein betreibt einen Schaugarten, eine umfangreiche Saatgutbibliothek und engagiert sich in Bildung, Forschung und Politik. Wir waren bei ihnen zu Besuch.

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Alte Sorten sind unsere Zukunft

Sortenvielfalt bedeutet Widerstandsfähigkeit. Wenn der Klimawandel zu trockenen Sommern, neuen Schädlingen oder extremen Wetterereignissen führt, können vielfältige Sorten besser darauf reagieren. Einige kommen mit Hitze eher zurecht, andere mit kargem Boden oder Nässe. Vielfalt auf dem Feld ist wie ein stabiles Netzwerk: Fällt ein Teil aus, federn andere Sorten wieder ab.

Außerdem hat Sortenvielfalt auch gesundheitliche Vorteile: Alte Sorten bringen oft mehr Geschmack, mehr sekundäre Pflanzenstoffe, mehr Farbe und oft weniger Unverträglichkeiten. Eine vielfältige Ernährung stärkt unser Immunsystem und bringt Abwechslung auf den Teller und in unseren Bauch.

Das große Sortensterben – auch bei uns in Österreich

Stell dir vor, du setzt beim Pokerspiel alles auf eine Karte. Wenn die nicht funktioniert, hast du verloren. So funktioniert Landwirtschaft mit zu wenig Sortenvielfalt: Keine Vielfalt = kein Plan B. Durch die Industrialisierung der Landwirtschaft hat sich der Fokus auf wenige, leicht vermarktbare und „besser“ aussehende Sorten verengt. In Österreich wachsen heute auf den meisten Feldern immer dieselben Sorten, weil sie gut mit Maschinen zu ernten und lange haltbar sind. Die Vereinheitlichung der Sorten bedeutet: alle Pflanzen haben ähnliche Stärken, aber auch die gleichen Schwächen. Bei Extremwetter, Krankheiten oder Schädlingen gibt es dann keine Ausweichmöglichkeiten mehr. Es können ganze Ernten ausfallen.

Die Arche Noah hält diesem Trend ein klares „Nein“ entgegen und zeigt, dass vielfältiger Anbau auch wirtschaftlich, genussvoll und klimafit sein kann.

Sortenvielfalt als Klimaschutzmaßnahme

In der Klimakrise müssen wir Landwirtschaft neu denken. Es braucht Sorten, die lokal angepasst, widerstandsfähig und vielfältig sind. Denn je größer die genetische Basis einer Kulturpflanze, also Pflanzen, die vom Menschen angebaut, gezüchtet und gepflegt werden, desto höher ihre Chance, sich an neue Bedingungen anzupassen.

Die Arche Noah arbeitet deshalb daran, samenfeste Sorten zu erhalten, sprich: Sorten, deren Saatgut wiederverwendet werden kann. Das ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern macht Bäuer:innen unabhängig von großen Konzernen.

Was die Arche Noah konkret tut
  • Erhaltung und Anbau: Im Schaugarten in Schiltern wachsen über 500 verschiedene Kulturpflanzensorten, alles biologisch und vieles in Handarbeit.
  • Wissen weitergeben: In Workshops, Kursen und Publikationen lernt man, wie man Saatgut gewinnt, alte Sorten anbaut und bewahrt.
  • Forschung und Entwicklung: Gemeinsam mit Landwirt:innen und Gärtner:innen entwickelt der Verein neue, robuste Sorten auf Basis alter Vielfalt.
  • Politisches Engagement: Arche Noah kämpft für gerechte Saatgutgesetze, gegen Patente auf Leben und für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft.
  • Netzwerk aufbauen: In ganz Europa arbeitet die Arche Noah mit Initiativen zusammen, um die Sortenvielfalt zu stärken.
Was du tun kannst

Sortenvielfalt beginnt bei dir zu Hause. Denn was auf unseren Tellern landet, beeinflusst auch, was auf den Feldern wächst:

  • Pflanze alte Sorten – im Garten, am Balkon oder auf der Fensterbank. Saatgut gibt es zum Beispiel im Arche Noah Online-Shop oder bei Food Coops.
  • Kauf vielfältig ein – am besten auf Märkten, bei Biohöfen oder direkt bei Betrieben, die alte Sorten kultivieren.
  • Sprich darüber – je mehr Menschen die Bedeutung von Sortenvielfalt kennen, desto mehr Schutz bekommt sie.
  • Unterstütze die Arche Noah – als Mitglied, Spender:in oder Freiwillige:r.
Vielfalt sichert die Zukunft

Was heute selten, schrumpelig oder „nicht marktfähig“ erscheint, kann morgen als Lösung in der Klimakrise beitragen. Deshalb ist es wichtig, die Sortenvielfalt zu bewahren.

Die Arche Noah zeigt uns, wie das gehen kann: Mit Herz, Verstand und einer klaren Vision für eine unabhängige, vielfältige und gerechte Landwirtschaft in Österreich und darüber hinaus.

Mehr Infos & Mitmachen: www.arche-noah.at
Besuchenswert: Der Schaugarten in Schiltern (NÖ), geöffnet von Mai bis Oktober

Über die/den Autor:In

Julia Zander
Julia Zander
Julia studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaften in Wien und sprang danach direkt in die Medienwelt. Sie ist vor oder hinter der Kamera zu sehen. Ihr Ziel ist es, Geschichten zu erzählen, die Menschen inspirieren. Zuletzt arbeitete sie beim PULS4 Nachhaltigkeitsmagazin KLIMAHELDiNNEN.

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