Ein Zierrasen mag ordentlich aussehen, bietet Wildtieren aber rein gar nichts. Aber nur wenige Wochen ohne Mähen behebt dieses Problem. Der mähfreie Mai verwandelt Gärten in blühende Lebensräume für Insekten, Vögel und Kleintiere.
Wir Menschen lieben Ordnung. Und was sieht ordentlicher aus als ein frisch gemähter Zierrasen? Alles einheitlich grün, gleich lang, kein sogenanntes Unkraut. Doch diese Ordnung hat einen hohen Preis.
Ein Zierrasen ist eine künstlich geschaffene Grünfläche, die meist nur aus wenigen Grasarten besteht – also nahezu eine Monokultur. Aus Sicht der Natur sind viele unserer Gärten ein ökologischer Leerraum.
Auf Zierwiesen sind kaum Tiere zu finden. Kein Wunder, ohne blühende Pflanzen gibt es keine Nahrung für Insekten. Und ohne Insekten gibt es auch wenig Gründe für Vögel, vorbeizuschauen.
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Mehr InformationenVerwandlung des Gartens
Hören wir aber im mähfreien Mai für einen Monat auf, unseren Rasen zu mähen, setzt eine erstaunliche Verwandlung ein. Schon nach zwei Wochen wird die Fläche sichtbar bunter, denn Blühpflanzen wie Gänseblümchen, Klee, Löwenzahn und Gundermann haben plötzlich eine Chance, Blüten zu entwickeln.
Die Pollen der Blumen dienen dann Bestäubern wie Wildbienen, Schmetterlingen und Hummeln als Nahrung. Gerade Wildbienen sind auf heimische Blühpflanzen angewiesen. Viele Arten sind unmittelbar vom Aussterben bedroht. Längeres Gras bietet zudem Unterschlupf und Bruträume für kleine Tiere: Käfer, Heuschrecken, Spinnen und Raupen leben zwischen den Halmen.
Wo Insekten leben, sind auch Meisen, Amseln und Rotkehlchen nicht weit. Sie ernähren sich von Insekten und nützen unsere Gärten als Buffet. Vor allem zur Brutzeit brauchen Vögel große Mengen an Insekten, um ihre Jungtiere zu füttern.
Fünffache Artenvielfalt auf ungemähten Flächen
Studien zeigen: Die Artenvielfalt und Anzahl der bestäubenden Insekten können sich auf ungemähten Flächen um das bis zu Fünffache erhöhen. Das ist ein bemerkenswert großer Effekt, wenn man bedenkt, wie einfach die Maßnahme umzusetzen ist. Wir müssen einen Monat lang einfach nichts tun – und haben dadurch sogar weniger Arbeit. Eine Naturschutzaktion, bei der man sich mit gutem Gewissen zurücklehnen darf.
Der mähfreie Mai
Der Mai markiert den Beginn der Hauptblütezeit vieler Wildpflanzen. Und besonders diese ersten Blüten im Frühling sind wichtig als Nahrung für Schmetterlinge und andere Insekten.
Diese „Frühblüher“ geben bestäubenden Insekten nach dem Winter die erste wichtige Energie.
Im Frühling ziehen viele Vögel zudem ihre Jungen auf – mit entsprechend großem Appetit. Sie brauchen in dieser Zeit besonders viele Insekten, die sie vor allem in blühenden Wiesen finden.
Privatgärten sind enorm wichtig für den Artenschutz
In Österreich verfügen rund drei Millionen Haushalte über eigene Grünflächen, etwa 2,2 Millionen davon über einen eigenen Garten. Zusammen ergibt das eine gewaltige Fläche. Wenn nur ein Bruchteil davon naturnaher gestaltet wird, entsteht ein Netzwerk aus wertvollen Lebensräumen.
Dass viele Arten seltener werden, hängt direkt damit zusammen, dass unsere Landschaften immer eintöniger werden. Wiesen verschwinden, Hecken werden entfernt, Wildpflanzen verdrängt. Kurzum: Österreich verliert die Vielfalt.
Von den rund 500 Lebensraum-Typen, die es in Österreich gibt, ist rund die Hälfte als gefährdet oder stark gefährdet eingestuft. 33 Lebensräume – also etwa sieben Prozent – sind sogar vom vollständigen Verschwinden bedroht. Indem wir unsere Gärten nicht (vollständig) mähen, können wir dieser Entwicklung viel entgegensetzen.
Geht da nicht Platz für uns verloren?
Gerade Kinder haben in naturnahen Gärten viel mehr zu entdecken. Und Spielflächen kann man weiterhin kurz halten – aber eben nicht den ganzen Garten.
Ein Gleichgewicht ist möglich: ein Stück für Ballspiele, der Rest für Wildtiere. Der mähfreie Mai kann also kommen.